Ein historischer und volkskundlicher Spaziergang durch die Gemeinde Feistritz an der Gail
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- Ziel
- Schwierigkeitsgrad und Dauer
- Hinweise und Empfehlungen
- Kirchgang
- Wanderung zur Filialkirche Maria Magdalena
- Elektrizitätswerk wurde 2008 das 1. Österreichische Fledermaushaus
- Literatur (in Auswahl)/Weiterführende Hinweise
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Ein historischer und volkskundlicher Spaziergang durch die Gemeinde Feistritz an der Gail
Ziel: Feistritz/Gail, polit. Gemeinde Feistritz an der Gail, polit. Bezirk Villach-Land Anreise: Bei der Anreise über die A 2 (Südautobahn) aus Richtung Villach Abfahrt Richtung Hermagor (sog. Gailtalzubringer), dann Weiterfahrt auf der B 111 bis zur Abzweigung nach Feistritz/Gail. Dort folgt man nach dem Kreisverkehr der ehemaligen Bundesstraße in den Ort Richtung Gemeindeamt. Ausgangspunkt: Parkplatz vor dem Gemeindeamt; weitere Parkmöglichkeiten befinden sich vor der Pfarrkirche, die über dem Ort liegt, jedoch auch gut zu Fuß zu erreichen ist, sowie vor der in westlicher Richtung von Pfarrkirche und Friedhof liegenden Aufbahrungshalle. Sehenswürdigkeiten: Dorfplatz in Unter- und Oberfeistritz, Bauernhäuser, Bespiele für ländliche Industriearchitektur (Kunstmühle und Elektrizitätswerk), Pfarrkirche St. Martin, Kirchenfelsen mit hölzernem Übergang über den namengebenden Bach; fakultativ: Filialkirche Maria Magdalena am Beginn der Bergwiesen (ca. 30 min zu Fuß von der Pfarrkirche/Parkplatz der Aufbahrungshalle entfernt) bzw. Elektrizitätswerk (1920 errichtet), heute auch Standort des „1. Österreichischen Fledermaushauses“. Schwierigkeitsgrad und Dauer: Einfacher Spaziergang durch den Ort, der leicht zu bewältigen ist. Auch die Pfarrkirche ist ohne größere Anstrengungen und zudem mit dem PKW erreichbar, ebenso die Filialkirche Maria Magdalena, zu der eine asphaltierte, stellenweise etwas ansteigende Straße (Richtung Feistritzer Alm) führt. Für den Rundgang durch den Ort, die Besichtigung der Kirche und den Rückweg in den Ort sollten ca. zwei Stunden eingeplant werden. Bei einer Besichtigung der Filialkirche ist noch diese Wegstrecke (Fußweg in eine Richtung ca. 30 min) einzuberechnen. Das Elektrizitätswerk ist ca. 2 km vom Ort entfernt und liegt an der Landstraße nach Vorderberg. Es ist sowohl zu Fuß (ca. 30 min) wie mit dem Auto (Parkplatz vor dem Gebäude) erreichbar. Hinweise und Empfehlungen: Da der Pfarrhof nach wie vor besetzt ist, ist die Pfarrkirche tagsüber im Regelfall geöffnet, auf jeden Fall ist die Vorhalle offen, sodass ein Blick in das Kircheninnere möglich ist. Die Filialkirche Maria Magdalena ist nicht zugänglich (ausgenommen am Vormittag des Ostermontag und am 22. Juli, dem Patrozinium). Ein Fenster, das von der Vorhalle in den Kirchenraum führt, erlaubt jedoch einen Einblick in den Sakralraum. Für die Besichtigung des im Elektrizitätswerk eingerichteten „Fledermaushauses“ wird auf die Homepage der Arge NATURSCHUTZ verwiesen.
Der im (frühen) 12. Jahrhundert erstmals genannte Ort Feistritz an der Gail (slow. Bistrica na Zilji) liegt zu beiden Seiten des namengebenden ehemaligen Wildbaches und bestand ursprünglich aus zwei getrennten Ortsteilen. Der obere, wohl ältere Teil trug in der slowenischen Haussprache des Gebietes die Bezeichnung Dvorc (Höflein), der untere Teil, das heutige Unterfeistritz, den eigentlichen Ortsnamen Feistritz (slow. Bistrica). Feistritz zählt heute rund 615 Einwohner und ist eine der kleinsten politischen Gemeinden Kärntens, die im Übrigen nur aus diesem Ort und der gleichnamigen Katastralgemeinde besteht. Seit 1424 ist Feistritz Pfarrsitz. Von 1906 bis 1972 war Feistritz eine eigene Gemeinde, wurde mit 1. Jänner 1973 wiederum mit Hohenthurn vereinigt und mit 1. Jänner 1991 erneut als eigene politische Gemeinde wiederhergestellt.
Feistritz war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts der einwohnerstärkste Ort des Gailtales und eines der Zentren der Untergailtaler Pferdezucht. Die geographische Lage nahe des bedeutenden, durch das Kanaltal führenden Handels- und Verkehrsweges und die naturräumlichen Voraussetzungen mit den für die Zucht von Norikerpferden geeigneten, im Talboden entlang der Gail gelegenen Mooswiesen begünstigten die Tätigkeiten der Bauern dieses Gebiets als Fuhrleute, Säumer und Pferdezüchter. Aufgrund ihrer slowenischen
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Haussprache treten sie in den Quellen als sog. „windische Säumer“ auf. Als solche waren sie bis zum Bau der Eisenbahn im Warentransport zwischen Friaul, Krain und dem salzburgisch- bayerischen Raum tätig. 1850 wurde Feistritz Teil der damaligen Großgemeinde Hohenthurn.
Der Ausgangspunkt am D ORFPLATZ ist zugleich jener Ort, an dem alljährlich am Pfingstmontag das sog. Kufenstechen stattfindet, das Teil des Untergailtaler Kirch- tagbrauchtums ist. Dieser Reiterbrauch, bei dem die unverheirateten Burschen des Ortes, ohne Sattel auf den hier gezüchteten Norikerpferden im scharfen Ritt mit einer Eisenschlögel (slow.-mundartl. Koleč) eine auf einem Pfahl steckende hölzerne Kufe (Fasl) zerschlagen, findet zwar auch in zahlreichen anderen Orten des Unteren Gailtales statt, dem Feistritzer Kirchtag kommt jedoch, wie der Volkskundler Oskar Moser einmal festgehalten hat, bei der Überlieferung dieses Brauchtums eine besondere Bedeutung zu. Dieses setzt sich im Wesentlichen aus drei Hauptelementen zusammen: dem gemeinsamen Kirchgang der Mädchen und Burschen am Vormittag, dem Reiterbrauch des Kufenstechens und dem daran anschließenden Lindentanz am Nachmittag. Begleitet werden die drei Elemente von Musik und dem freien Gesang (sog. „Wildgesang“) des autochthonen Liedgutes der Region. Organisation und Ablauf sind seit Jahrhunderten weitestgehend festgefügt und unterscheiden sich in den einzelnen Orten des Tales nur unwesentlich. Die unverheirateten Mädchen und Burschen des jeweiligen Ortes, denen Organisation und Ausrichtung im Rahmen der „Burschenschaft“ (slow.-mundartl. Konta) obliegt, tragen dabei die traditionelle Untergailtaler Tracht.
Die Sänger, die ebenso wie die Musik unter der Linde Aufstellung nehmen, beginnen ein Lied, dann folgt die Musik und in scharfem Ritt geht es an der Kufe vorbei. Dieser Vorgang dauert so lange, bis die Kufe durch die Schläge in Stücke geht. Jeder Ritt wird mit Lied und Musik begonnen. Ist die Kufe zerschlagen, bringen zwei Mädchen in Tracht einen
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Blumenkranz, den sie dem Kranzhalter überreichen. Nun reiten die Burschen erneut an der Kufe vorbei, ehe ein Bursch – entweder jener, der die Kufe endgültig zerschlagen hat oder der, der als nächster aus der Gruppe der Reiter ausscheidet – den Blumenkranz erhält.
schließt sich der sog. Lindentanz an, den der Burschenführer mit seiner Tänzerin eröffnet. Der Tanz selbst stellt
eine Abfolge von Umgang und eigentlichem Tanz dar; dieser wie- derum besteht aus unterschiedlichen Me- lodien, zu denen lang- sam
und schnell
(Polka) getanzt wird. Burschen und Mädchen am Dorfplatz in Unterfeistritz anlässlich eines Kirchtages Ende der 1920er-Jahre (© Wiesflecker)
Der Kirchtag findet seine Fortsetzung bei Musik, Tanz und Unterhaltung am Dorfplatz oder in einem Gasthaus. Der lokalen Überlieferung nach verdankt das Kufenstechen seine Entstehung einem Sieg über die im ausgehenden 15. Jahrhundert auch im Gailtal eingefallenen Türken. Bei deren Abwehr sei es den Bauern gelungen, einen der Anführer gefangen zu nehmen. Am Dorfplatz von Feistritz soll er an einen Pfahl gebunden und in Folge von den vorbeireitenden Bauern mit einer Keule erschlagen worden sein. Nach einer anderen Erzählung soll es einem Bauern aus Saak gelungen sein, den Kommandanten der türkischen Truppe im Kampf zu töten, was zum Rückzug der Türken aus dem Gebiet geführt habe. Nach seiner Rückkehr ins heimatliche Dorf habe er sein Heldenstück anhand einer Tonne, die auf einem Pfahl gesteckt wurde, demonstriert. Tatsächlich dürfte das Kufenstechen in Kopie ritterlicher Spiele entstanden sein, die ihrerseits ihr Vorbild in der römischen Quintana haben, einer in einem Lager an einem mannshohen Holzpflock ausgeführten soldatischen Übung. Das höfische Turnier des Mittelalters kennt solche Wettstreite, ebenso die höfische Welt der Barockzeit in Form von Ring- und Karussellspielen. Die Pferdezucht und Säumerei dürfte dieses Vorbild von Reiterspielen, die seit dem ausgehenden Mittelalter breiteren Kreisen der Bevölkerung bekannt waren, aufgenommen und modifiziert haben. Fruchtbarkeitsriten, wie die Einführung des jungen Burschen und des jungen Mädchens in die Welt der Erwachsenen, wie sie auch heute noch die Aufnahme in die Burschenschaft markiert, mögen ebenso Pate gestanden haben wie der Wunsch, seinen Mut im Umgang mit Pferden beweisen zu können.
Am Dorfplatz befindet sich seit 1914 ein in Form einer Steinpyramide errichtetes und von einem Doppeladler gekröntes Denkmal, das an die Befreiungskriege zwischen 1809 und 1813 (gegen die Franzosen) erinnert. Im Osten des Platzes ist an einigen wenigen Häusern (Nr. 68 und 69) die ursprüngliche Architektur der Untergailtaler Bauernhäuser abzulesen, für die das zu ebener Erde gemauerte Wohn- und Wirtschaftsgebäude und das hölzerne Obergeschoss mit langem Balkon (Gang) kennzeichnend waren. Obergeschosse in Steinbau waren bis ins 20. Jahrhundert die Ausnahme.
Der Weg führt nun vom Gemeindeamt Richtung Oberfeistritz. Ehe der obere Dorfplatz mit Dorfbrunnen und Linde erreicht wird, liegt rechter Hand das ehemalige K ASTENHAUS der
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Herrschaft Wasserleonburg. Seine ursprüngliche Architektur ist durch Umbauten zu Beginn der 1980er-Jahre zwar kaum noch auszunehmen, erinnert jedoch in seiner massiven Struktur an seine ursprüngliche Funktionalität als herrschaftlicher Getreidespeicher, der 1858 als Schulgebäude adaptiert wurde, ehe er in private Hand überging.
Dorfplatz in Unterfeistritz mit dem sog. „Franzosen- denkmal“ und dem Gemeindeamt (© Wiesflecker) Dorfplatz in Oberfeistritz um 1890 (© Wiesflecker)
Der D ORFPLATZ VON O BERFEISTRITZ war 1804 jener Ort, an dem Erzherzog Johann bei seinem Besuch in Feistritz empfangen wurde. Da der kaiserliche Prinz am traditionellen Kirchtag einlangte, fand ihm zu Ehren ein zweites Kufenstechen statt, über das er in seinem Tagebuch festhielt: Als ich in Feistritz anlangte, fand ich die Bursche[n] eben mit einer Übung beschäftigt, welche sie das Kufenstechen nennen; es wird an einem Pfahl eine Kufe wie jene der Salzkufe beweglich sich herum drehend horizontal aufgestellet sehr dick, auf diese rennen die Burschen zu Pferde /:ungesattelt:/ mit der Eisernen vorstech Stangen /:sehr schwer:/ und schlagen darauf oder stechen sie hinein, bis alles zertrümmert ist. Seither findet das Feistritzer Kufenstechen am Pfingstmontag nacheinander im oberen (14 Uhr) und im unteren Ortsteil (15 Uhr) statt. Das platzbestimmende Gebäude (Nr. 19) – heute mit dem Namen „Gasthof Alte Post“ – verweist auf die für größere Gasthäuser der Gegend typische Architektur. Im Unterschied zu den Bauernhäusern waren bei diesen auch die Obergeschosse bereits im 19. Jahrhundert in Stein gemauert. Bei diesem Objekt weist die gegliederte Fassade Flachreliefs des 19. Jahrhunderts auf, die eine Postkutsche und einen Doppeladler zeigen, wenngleich das Gebäude nicht der erste Standort der Postmeisterei im Ort war. Östlich des Platzes befindet sich ein hierher versetzter Bildstock, der heute zwei Mosaikreliefs des Gailtaler Künstlers Franz Kaplenig trägt. Durch die an den Platz anschließende Häuserzeile, in der sich am Haus Nr. 12 noch die ursprüngliche bäuerliche Architektur mit den hölzernen Obergeschossen ablesen lässt, geht es – mit kleineren Steilstücken – Richtung Pfarrkirche. Ist die Hochfläche (vom Dorfplatz in Oberfeistritz sind es ca. 15 min Fußweg) erreicht, führt die Straße rechter Hand in die Bergwiesen und weiter auf die 1700 m hochgelegene Feistritzer Alm. Ebenfalls von hier ausgehend führt eine Forststraße in den Feistritzer Graben und von dort auf den Bartolosattel, einem Übergang zwischen Gail- und Kanaltal, und die Achomitzer Alm. Die zwischen der Weggabelung liegende, 1986 errichtete Aufbahrungshalle enthält ein großflächiges Mosaik von Franz Kaplenig mit dem Titel „Die Barmherzigen“. Wendet man sich gegen Osten so gelangt man zur P FARRKIRCHE , die mit dem sie umgebenden Friedhof auf einem nur von Westen zugänglichen Felsen liegt. Der einstige Wehrcharakter der Anlage ist noch abzulesen. Ein Sakralbau ist in Feistritz seit 1182 nachgewiesen. Der örtlichen Überlieferung nach soll sich dieser jedoch im Ort befunden Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten haben. Der heutige Kirchenbau ist eine spätgotische Anlage mit einem einstigen Wehrturm, den seit der Barockzeit bis zum Brand des Jahres 1885 ein Zwiebelturm krönte.
Die dem Turm vor- gebaute Halle wurde 1885 in Stil der Neu- gotik errichtet und war ursprünglich nach drei Seiten offen. Das ei- gentliche Kirchenpor- tal
ist ein
reich profiliertes trichterför- miges Spitzbogenpor- tal mit einer kreuz- blumenverzierten Kiel- bogenkrönung. Seit- lich finden sich Fialen über einer Blattwerk- und einer Kopfkon- sole. Pfarrkirche Feistritz/Gail (Foto: Carmen Hebein)
Über dem Scheitel ist die mit Andrä Kanich 1520 bezeichnete Tartsche des einstigen Baumeisters zu sehen. Die Nordseite der Kirche zählt drei Spitzbogenfenster, davon zwei Lanzettfenster mit Maßwerk; das dritte ist zur Hälfte vermauert. Auch an der Südseite findet sich ein solches Fenster. Das Langhaus der Pfarrkirche ist dreijochig mit Sternrippengewölben. Das erste, westliche, Joch unter dem Turm ist etwas schmäler. Das Langhaus öffnet sich im mittleren Joch südlich durch eine rundbogig abgefaste Öffnung in die Seitenkapelle, die ein einfaches Kreuzrippengewölbe mit skulpiertem Schlussstein besitzt, im dritten, östlichen Joch in die Sakristei, die man durch ein barockes Portal betritt. Das Langhaus ist gegenüber dem Altarraum leicht nach Norden verschoben. Der Altarraum ist einjochig mit 5/8-Schluss und besitzt ein Sternrippengewölbe mit rundem Schlussstein.
Den Chor zieren die 1948 freigelegten Wand- malereien an den Wänden und Gewölben, die aus dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts stammen dürften. Ihr Erhaltungszustand ist allerdings schlecht. In der Triumphbogenlaibung finden wir Dar- stellungen der Klugen und Törichten Jungfrauen. Die beiden untersten Heiligen – Barbara und Dorothea – sind als Ganzfiguren ausgeführt. An der Nordwand neben dem ersten Fenster hat sich das Fragment einer Darstellung des Mose erhalten, ebenfalls an der Nordwand findet sich die Darstellung einer wundertätigen Messe des hl. Leonhard und darüber der Krönung Mariens, an der Südwand sind Christus als Weltenrichter mit der Muttergottes und Johannes der Täufer zu sehen.
Abb. rechts: Christus als Weltenrichter. Detail aus den spätgotischen Fresken im Altarraum der Pfarrkirche, Friedrich von Villach zugeschrieben (© Wiesflecker)
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Möglicherweise ist diese Figurengruppe das Fragment einer Weltgerichtsdarstellung. Die Chorschlusswand zieren vier Heilige mit Spruchbändern – u. a. hll. Petrus, Paulus (?) und Johannes Evangelist – sowie zwei Engel. Im Gewölbe des Chores finden sich die vier Kirchenväter, Evangelistensymbole, möglicherweise die Darstellung zweier Evangelisten, Engel- und Prophetenbüsten.
Der Hochaltar ist ein spätbarocker Steinaltar, den – wie der an der Rückseite angebrachten Votivinschrift zu entnehmen ist – 1762 der Wasserleonburger Schlossherr und Patronatsherr Johann Andreas Freiherr Sembler von Scharfenstein gestiftet hat. Der Mittelaufbau besteht aus verschiedenfarbigen Steinsäulen. Die vier Altarfiguren stellen als Innenfiguren den hl. Antonius Eremita und die hl. Luzia bzw. als Außenfiguren den Kirchenpatron hl. Martin und die hl. Apollonia dar. Nach dem Kirchenbrand des Jahres 1885 wurde dieser Altar in der Seitenkapelle aufgestellt und durch einen neugotischen Altar, dessen Figuren sich heute zum Teil an den Chorwänden befinden, ersetzt. 1998 wurde der Hochaltar wiederum an seinen ursprünglichen Platz rückgeführt.
Der 1762 vom Wasserleonburger Schlossherrn Johann Andrä Sembler gestiftete Hochaltar in der Pfarrkirche (© Wiesflecker)
Spätgotische Madonna in der Pfarrkirche (© Wiesflecker)
In der Taufkapelle hat neben einem barocken Taufbecken auch das Fragment einer spätgotischen Lichtsäule mit Wappentartschen Aufstellung gefunden, das bis 1998 in der Mensa des Seitenaltares eingemauert war. Im Zuge der Umgestaltung des Kirchenraumes wurden die Fehlstellen ergänzt und die Säule hierher übertragen. Auf der Rückwand der Seitenkapelle findet sich u. a. eine barocke Maria Königin-Statue. Unter den Konsolenfiguren im Kirchenraum sind u. a. eine spätgotische, Friedrich von Villach zugeschriebene und später überarbeitete Madonna mit Kind (um 1460), die sich über dem Tabernakel des Seitenaltares
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten befindet, zu nennen, ein spätbarocker hl. Florian über dem Eingang zur Sakristei und ein gleichfalls spätbarocker Erzengel Michael im Altarraum. Aus der Zeit der Neugestaltung des Kirchenraumes nach dem Brand von 1885 stammen die neugotische Kanzel (1887, überarbeitet 1938) mit den Darstellungen der vier Evangelisten und des Mose, der Kreuzweg (1889) im Nazarenerstil mit Aufschriften in slowenischer Sprache und die 1890 vom Egger Orgelbauer Franz Grafenauer geschaffene Orgel. Links und rechts vom Eingang zur Taufkapelle befinden sich die Grabsteine mit Wappendarstellungen des Wasserleonburger Schlossherrn Christian Proy von Burgwalden und seiner aus der Mölltaler Gewerkenfamilie Putz stammenden Frau Anna. Proy, der Urgroßneffe der Wasserleonburger Schlossherrin Anna Neumann, hatte von dieser deren Gailtaler Besitz geerbt, dessen Verwalter er zuvor gewesen war. 1625 kam er bei einem Grenzstreit auf der Göriacher Alm ums Leben, als er – wie auch der Inschrift zu entnehmen ist – von Kanaltalern überfallen und tödlich verwundet wurde.
Das 1769 von Baron Sembler, dem Stifter des Hochaltars, errichtete P FARRHOFGEBÄUDE , wurde im 19. Jahrhundert umgestaltet. Zu den Resten seiner barocken Ausstattung gehört die im südwestseitigen Zimmer des Obergeschosses befindliche Putzspiegeldecke mit Medaillons und Dekormalereien. In den Supraporten finden sich Reste von Landschaftsmalereien.
In die Friedhofsmauer, deren Wehrcharakter im älteren Teil noch auszunehmen ist, sind spätbarocke bis neugotische Wandnischen eingelassen. In diesen finden sich ebenso wie in der Fassade der Kirche Grabsteine in deutscher und slowenischer Sprache, deren älteste aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts stammen. Der neueste Teil der Friedhofsmauer trägt Bilder des aus Feistritz gebürtigen und heute in Unterkärnten lebenden Künstlers Edwin Wiegele.
Der Rückweg ins Dorf kann auch über einen Steig angetreten werden, den man durch das südliche Friedhofstor betritt und der den Kirchenfelsen hinab Richtung Feistritzbach führt. Die Bachschlucht überquert man dabei über einen brückenartigen, gedeckten hölzernen Übergang, der im späten 19. Jahrhundert errichtet wurde und eine der wenigen in Kärnten noch erhaltenen GEDECKTEN H OLZBRÜCKEN ist. Von dort würde der Steig bergan in wenigen Minuten nach Achomitz führen. Folgt man jedoch den vom Übergang ins Tal führenden Weg, so erreicht man jenseits des Bachbettes wiederum Feistritz. Unweit des Baches, wenngleich leicht erhöht, ist am Fuß des Kirchenfelsens das mehrgeschossige Gebäude einer um 1900 errichteten K UNSTMÜHLE auszunehmen, die bis in die 1950er-Jahre in Betrieb war. In der Ebene angelangt, folgt man der Dorfstraße, die östlich des Bachbettes verläuft. Das Haus Nr. 86 erinnert in seiner massiven Bauweise an seine einstige Funktionalität als Gasthaus, mit dem eine Braugerechtigkeit verbunden war. Folgt man der Dorfstraße weiter in Richtung der einstigen Reichs- und späteren Bundesstraße, die bis zum Bau des sog. Gailtalzubringers der Hauptverkehrsweg durch die Dörfer des Unteren Gailtales war und den Höhenzug nach Achomitz in mehreren Serpentinen überwand, so stößt man auf bauliche Zeugnisse, die das langsame Einsickern von bürgerlichen Architekturelementen am Land deutlich machen. Zu sehen ist dies am Gebäude (Nr. 112), das um 1912 als „Villa“ errichtet und auch als solche bezeichnet wurde. Das an seiner Ostseite angebrachte großflächige Mosaik mit der Darstellung des Kufenstechens stammt aus den 1950er-Jahren. Die Aus- und Umgestaltung des an der ehemaligen Bundesstraße liegenden einstigen Gasthauses (Haus Nr. 79) im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts entsprach nicht nur der Funktion des Gebäudes, sondern auch dem Repräsentationsbedürfnis seines damaligen Eigentümers, des Gailitzer Bleifabrikanten Sebastian Mayr. Deutlich wird dies durch die straßenseitige, mit einem Torbogen eingefasste Einfahrt, den (heute zum Teil vermauerten oder verglasten) Arkadengängen im ersten Stock und einen ebenfalls mit Arkaden gestalteten Aufgang aus dem Hofraum in das erste
Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Obergeschoss. Die ehemalige Bundesstraße entlang führte der Weg vorbei an dem im Stil öffentlicher Bauten der Zwischenkriegszeit errichteten ehemaligen Zollwohngebäude (erbaut 1923/24) und schließlich wieder in den eigentlichen Ortsraum.
zur Pfarrkirche und weiter auf die Feistritzer Alm (Weg rechts von der Aufbahrungshalle) führt, erreichbar. Die ehemaligen Feistritzer Bergwiesen nehmen in der Geschichte und in der Erinnerungskultur des Ortes einen besonderen Platz ein. Die Strukturänderung in der Landwirtschaft seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts hat das Erscheinungsbild dieser jahrhundertealten Kulturlandschaft nachhaltig verändert. Heute – nach nur wenigen Jahrzehnten – führte der Weg auf die Feistritzer Alm überwiegend durch Wälder. Nur auf älteren Aufnahmen tritt uns die ursprüngliche Erscheinungsform dieser Fluren mit den Bergwiesen entgegen. Folgen wir der mündlichen Erzähltradition vor Ort, so waren diese Fluren jenes Gebiet, in das sich die Bewohner nach dem sog. Dobratschabsturz am 25. Jänner 1348 zurückgezogen haben. Wenngleich die wissenschaftliche Forschung diesen Bergsturz in seinen wahren Dimensionen und daher auch die lokale Überlieferung über die Ausmaße von Flut und Überschwemmungen zurechtgerückt hat, ist das Ereignis des Paulustages 1348 nach wie vor im lokalen kollektiven Gedächtnis tief verankert.
Das Gotteshaus war namengebend für die Bezeichnung der Flur „Ka- pala“ („bei der Kapelle“). Der Bau ist in seiner äußeren Erscheinung typisch für die ländliche Spätgotik. Er wurde 1522 vollendet. Darauf verweist die erhalten gebliebene Jahreszahl und der Hinweis auf den Baumeister, der sich dort verewigt hat: Andre Kanich stamez von Eckh, der zwei Jahre zuvor das Haupt- portal der Pfarrkirche gestaltet hatte. Wie in allen anderen Orten des Tales hatten sich auch die Bewohner von Feistritz während der Reformation dem neuen, evan- gelischen Glauben angeschlossen. Als die von Ferdinand II. ein- gesetzte Reformationskommission im Gailtal unterwegs war, wurde die Kirche in den Feistritzer Bergwiesen zum Rückzugsort der Anhänger der Lehre Luthers. Der Bau wurde allerdings rasch mit Waffengewalt eingenommen, der Geistliche vertrieben, die Bücher konfisziert und verbrannt, das Gotteshaus wieder dem katholische Kultus zugeführt.
Filialkirche Maria Magdalena in den Feistritzer Bergwiesen (© Wiesflecker)
Das Innere der Kirche bietet sich als kleiner, einfach gestalteter Sakralraum mit barocken Altären dar. Der Hauptaltar stammt aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts. Das Chronogramm im Altaraufsatz zeigt die Jahreszahl 1729, dürfte sich jedoch auf einen einstigen, dem hl. Newsletter Nr. 3/2017 © Geschichtsverein für Kärnten Isidor geweihten Seitenaltar beziehen. Die Mittelfigur zeigt die hl. Magdalena. Flankiert wird diese Statue von denen der hll. Katharina und Barbara. Der linke Seitenaltar zeigt die den hl. Philipp und den hl. Judas Thaddäus. Die Zuordnung der zweiten am Altarbild dargestellten Person als Judas Thaddäus ist jedoch nicht gesichert. Auch dieser Altar stammt aus dem beginnenden 18. Jahrhundert. Als Aufsatzbild finden wir eine Darstellung des Unterrichts Mariens. Der rechte Seitenaltar zeigt die Taufe Christi und ist Johannes dem Täufer geweiht. Das Altarbild dürfte einmal entfernt worden sein. An seine Stelle trat damals eine Darstellung des hl. Isidor, wie auch der Altarinschrift zu entnehmen ist. Heute präsentiert sich dieser Seitenaltar als ein Johannesaltar mit dem originalen Altarblatt. Der Aufsatz zeigt die hll. Leonhard und Laurentius. In der Kirche haben sich einige früh- bis spätbarocke Statuen erhalten haben, so eine Maria unter dem Kreuz, eine hl. Magdalena aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, ein Johannes der Täufer und ein großer Christus in der Trauer. Ein frühbarockes Kruzifix, spätbarocke Kreuzwegtäfelchen und ein spätbarockes Bild der hl. Notburga komplettieren die Ausstattung der Kirche, zu der noch die Kanzel aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und Teile des ursprünglichen Kirchengestühls der Barockzeit gehören. An der nördlichen Außenfassade der Kirche sind Fragmente von spät- gotischen/frühbarocken Wandmalereien (Kreuzigung und ein hl. Christophorus) zu sehen.
wurde 2008 das 1. Österreichische Fledermaushaus eingerichtet, nachdem sich in dem über mehrere Jahrzehnte leer- stehenden Gebäude eine Fledermaus- kolonie (sog. Kleine Hufeisennasen) angesiedelt hatte. Diese können nun im Gebäude live beobachtet werden. Eine Anmeldung zur Besichtigung ist erforder- lich.
Informationen dazu
auf:
http://www.arge-naturschutz.at/startseite/ weblog_14/ . Der Bau liegt ca. 2 km vom Ort entfernt an der Landstraße nach Vorderberg und ist auch zu Fuß gut erreichbar. Elektrizitätswerk, in dem heute auch das „1. Öster- reichische Fledermaushaus“ untergebracht ist (© Arge NATURSCHUTZ)
Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Kärntens. 3. Erweiterte und verbesserte Auflage bearbeitet von Gabriele Russwurm-Biró, Wien 2001. Herbert Michor, Geschichte des Dorfes Feistritz/Gail, Feistritz/Gail–Nötsch 1950/51. Oskar Moser, Das Gailtaler Kufenstechen. Nach neuen Forschungen und historischen Quellen. In: Carinthia I 156 (1966) 48–95. Wilhelm Neumann, Zur Geschichte des Kärntner Kufenstechens. Ein frühes Zeugnis aus der „Gegend“ nördlich Villach. In: Carinthia I 168 (1978) 195–205. Peter Wiesflecker, Feistritz an der Gail. Ein Dorf im Schnittpunkt dreier Kulturen, Feistritz/Gail 2003. Peter Wiesflecker, Buag nam dajte dobr čas“ – Das Untergailtaler Kirchtagsbrauchtum. In: a Jahr. Brauchtumslieder aus Feistritz/Gail und Umgebung. Gesammelt von Franz M ÖRTL
. Mit volkskundlichen Beiträgen von Peter W IESFLECKER , hg. von der Singgemeinschaft Oisternig, Klagenfurt 2008, 55–60. Peter Wiesflecker, Ein Kuss für den Kaiser. Das Untergailtaler Kirchtags- und Hochzeitsbrauchtum als Programmpunkt höfischer Reisen. In: KulturLandMenschen. Beiträge zu Volkskunde, Geschichte, Gesellschaft und Naturkunde (9–10/2016), 34–41.
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