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„Die Internationale”, 
12. Juli 1925, Sonderheft zum Reichsparteitag.

X. PARTEITAG DER 
KOMMUNISTISCHENPARTEI DEUTSCHLANDS 
 
Berlin, 12. bis 17. Juli 1925 
 
Ansprache zur Eröffnung 
 
12. Juli 1925 
 
Parteigenossen  und  Parteigenossinnen!  Der  X.  Parteitag  der  Kommunistischen  Partei 
Deutschlands  ist  hiermit  eröffnet.  Die  heutige  Tagung  hat  insofern  eine  historische 
Bedeutung, weil hier in demselben Gebäude, in dein dieser Parteitag abgehalten wird, vor 6½ 
Jahren die ersten Führer und die Avantgarde des revolutionären Proletariats ebenfalls tagten 
und die Wurzel legten zu dem Stamm, der zu einem Baum angewachsen ist. Als im Dezember 
1918  unter  der  Führung  von  Karl  Liebknecht  und  Rosa  Luxemburg  in  dem  Festsaal  dieses 
Gebäudes die revolutionären Arbeiter Deutschlands tagten, um zu dem Kampf der deutschen 
Arbeiterklasse  und  zu  allen  politischen  Aufgaben  Stellung  zu  nehmen,  da  ahnte  keiner,  daß 
aus dieser kleinen Gruppe eine große, gewaltige Sektion einer Weltpartei werden sollte. Noch 
ahnte  damals  keiner,  daß  jene  geistigen  und  theoretischen  Führer  im  Kampfe  für  das 
Weltproletariat  neben  vielen  Tausenden  schon  so  bald  auf  dem  Schlachtfeld  der  Freiheit 
fallen würden. 
Vom Jahre 1918 bis zum Jahre 1925 haben wir eine Kette großer historischer Ereignisse für 
das Weltproletariat zu verzeichnen. Als im Jahre 1920, ebenfalls in Berlin, der revolutionäre 
Teil  der  USPD  mit  dem  Spartakusbund  verschmolz  und  als  hier  zu  den  verschiedenen 
politischen  Fragen  Stellung  genommen  wurde,  da  sah  man  bereits,  daß  diese  Partei,  die  zu 
einem Baum angewachsen war, in der Entwicklung der Bewegung des Weltproletariats eine 
große  revolutionäre  Rolle  spielen  würde.  Heute  beweist  die  Zusammensetzung  des 
Parteitages, die Tatsache, daß aus allen Gauen Deutschlands die revolutionären Arbeiter aus 
den  Großbetrieben  vertreten  sind,  daß  wir  in  unserer  Partei  die  klassenbewußten  Arbeiter 
haben,  die  Stellung  nehmen  wollen  zu  den  wichtigsten  ernsten  Gegenwarts-  und 
Zukunftsproblemen. 
Der gesamte Parteitag tritt in einer Situation zusammen, da bereits durch die Beschlüsse des 
Zentralausschusses  der  Partei  vom  Januar  und  Mai,  wie  auch  durch  die  Beschlüsse  der 
erweiterten  Exekutive  dokumentiert  wurde,  daß  die  pazifistische  Ära  im  Weltmaßstabe 
beendet  ist  und  daß  sich  mit  dem  Wachsen  des  Imperialismus  die  kriegerischen  Konflikte 
verschärfen.  Wir  sehen,  daß  mit  der  gewaltigen  Entwicklung  der  Komintern  die  Idee  des 
Kommunismus in der ganzen Welt vorwärtsschreitet. Bereits vor zwei Jahren hat unser Führer 
Lenin,  der  den  Reihen  des  revolutionären  Proletariats  durch  den  Tod  entrissen  wurde, 
angekündigt, daß sich der Schwerpunkt der Revolution nach Ostasien verlagern könnte, und 
er  dachte  dabei  an  jene  gewaltige  revolutionäre  Entwicklung  der  Kolonialvölker  in  China, 
Marokko und Indien. 
Der  Parteitag  erinnert  sich  ferner  der  Tatsache,  daß  wir  ein  Jahr  der  sogenannten 
Stabilisierung Deutschlands hinter uns haben. Wir sehen, daß die deutsche Arbeiterschaft, das 
deutsche  werktätige  Volk  in  der  Daweskolonie  nicht  nur  von  der  deutschen  Bourgeoisie 
geknechtet  wird,  sondern  auch  durch  die  Bestimmungen,  die  im  Londoner  Abkommen  von 
der internationalen Bourgeoisie festgelegt worden sind. 
Wir sehen, daß sich gerade in den letzten Wochen und Monaten die ersten Auswirkungen des 
Sachverständigengutachtens in Deutschland zeigten, wir sehen, daß nach der Inflationswelle 
des  Jahres  1923  eine  Geldkrise  entstand,  eine  Kreditkrise  aufkam  und  heute  eine  wirklich 
ernste Produktionskrise vor uns steht, die sich in den nicht genügenden Absatzmöglichkeiten 

für  die  deutsche  Wirtschaft  zeigt.  Wir  sehen,  daß  auch  die  deutsche  Arbeiterschaft  zu 
erkennen  beginnt,  daß  das  Dawesabkommen  nicht  nur  die  Knechtung  der  deutschen 
Arbeiterschaft, der Beamten, der Kleinbauern und des Mittelstandes bedeutet, sondern daß die 
Auswirkungen  auch  ihre  politische  Bedeutung  für  die  gesamten  proletarischen  Massen  der 
Welt  haben.  Ich  will  nur  darauf  hinweisen,  daß  die  englischen  Gewerkschaften  samt  und 
sonders  auf  dem  Standpunkt  stehen,  daß  das  Sachverständigengutachten  auch  für  sie  eine 
Verschärfung  der  wirtschaftlichen  Lage  bedeutet.  Die  englische  Arbeiterschaft  versteht,  daß 
auch  ihre  Lage  sich  genauso  verschärft  wie  die  der  deutschen  Arbeiterschaft,  daß  auch  sie 
genauso unterdrückt wird. 
In  den  letzten  Jahren  haben  wir  Tausende  auf  dem  Schlachtfelde  der  Freiheit  verloren.  Ich 
glaube,  daß  es  die  vornehmste  Aufgabe  des  Parteitages  ist,  dieser  Tausende,  sowohl  der 
Führer  des  revolutionären  Proletariats  wie  auch  der  großen  Masse  der  hingeschlachteten 
Proletarier, die auf dem Schlachtfelde der Freiheit gefallen sind, zu gedenken. 
Wir  haben  ferner  auch  unserer  Kämpfer  zu  gedenken,  die  heute  in  den  Verließen  und 
Festungen  der  Bourgeoisie  schmachten  und  die  von  dort  aus  den  Gruß  an  den  Parteitag 
übersenden: daß sie ihre innere politische Überzeugung und die Idee des Kommunismus auch 
in den Verließen hochhalten und verteidigen. 
Ich  glaube  aussprechen  zu  können,  daß  der  Parteitag  den  vielen  Tausenden  unserer  Brüder, 
die in den Gefängnissen schmachten, revolutionäre Kampfesgrüße übersendet, und ich hoffe, 
daß  die  deutsche  Arbeiterklasse  die  Kraft  aufbringen  wird,  nicht  nur  für  die  Durchführung 
einer  Amnestie  zu  kämpfen,  sondern  auch  durch  Kampf  jene  Festungen  zu  öffnen,  damit 
unsere Kämpfer die Freiheit begrüßen können. 
Ich  habe  gesehen,  daß  die  Delegierten  sich  zu  Ehren  all  der  Kämpfer  erhoben  haben,  und 
spreche euch hiermit den Dank aus. 
 
Wir sehen, daß sich neben der Scheinstabilisierung im Weltmaßstabe, mit dem Wachsen des 
Imperialismus, zu gleicher Zeit auch die inneren Gegensätze verschärfen. Wir wissen, es ist 
unvermeidlich,  daß  kriegerische  Konflikte  entstehen,  die  Stichflammen  kommender 
Weltbrände zeigen sich bereits. Es bestätigt sich schon heute, was Lenin in seinen Reden und 
Schriften  voraussagte,  daß  gerade  in  der  jetzigen  Epoche  mit  dem  Ausbruch  eines  Krieges 
stark zu rechnen ist. Dem Proletariat ist die Möglichkeit gegeben, den kapitalistischen Staat 
zu zerschlagen und an dessen Stelle die proletarische Diktatur zu setzen. 
Heute sehen  wir die ersten ernsten politischen Konflikte, die sich in den Kämpfen in China 
und Marokko zeigen. Wie der Leninismus nicht nur bei den sogenannten kultivierten Völkern 
Einfluß  gewonnen  hat,  dafür  ist  der  Kampf  eines  400-Millionen-Volkes,  wie  des 
chinesischen, ein neues revolutionäres Zeichen. 
Die  Tatsache,  daß  heute  Millionen  kämpfen,  daß  die  chinesischen  und  die  anderen 
Kolonialvölker  sich  nicht  mehr  von  dem  Imperialismus  der  kapitalistischen  Länder 
unterdrücken  lassen  wollen,  zeigt  mehr  denn  je  die  Notwendigkeit  des  Bündnisses  der 
Arbeiter und Bauern der ganzen Welt. 
Dasselbe  sehen  wir  in  Marokko,  wo  die  Rifkabylen  mit  militärischen  Maßnahmen  zur 
Erringung der Freiheit gegen den spanischen und französischen Imperialismus vorgehen. Der 
Kampf der Rifkabylen kostet dem französischen Imperialismus ungeheure Gelder, erschwert 
die  Finanzlage  Frankreichs  aufs  neue  und  bedeutet  das  Aufflammen  der  revolutionären 
Bewegung  auch  in  Frankreich.  Die  französischen  Kommunisten  stellen  dem  französischen 
Militarismus die Kampfmethoden entgegen, wie sie Genosse Lenin vermittelt hat. 
Ich erinnere daran, daß die Genossen der Kommunistischen Partei Frankreichs, sowohl in den 
Parlamenten wie auf verschiedenen Kongressen und Tagungen der letzten Zeit, die Fackel der 
Internationale  erhoben  haben,  wie  es  Karl  Liebknecht  erstmals  am  2.  Dezember  1914  und 
dann am 1.Mai 1916 mit der revolutionären Jugend in den Straßen Berlins getan hat. Wenn in 
dem französischen Parlament und auf dem letzten Kongreß in Paris, wo etwa 2200 Delegierte 

aus den Betrieben tagten, die 1200000 Arbeiter vertraten, gegen die große Kriegsgefahr und 
gegen  die  kapitalistische  Offensive  in  Frankreich  Front  gemacht  wurde,  so  ist  auch  dieser 
Massenkongreß  wiederum  ein  Zeichen  der  revolutionären  Kraft,  die  die  Partei  in  der 
Arbeiterschaft ist. Ich glaube, daß zu gleicher Zeit auch die deutsche Arbeiterklasse und der 
deutsche  Parteitag  sich  der  Aufgaben  bewußt  sein  müssen,  daß  bei  diesen  imperialistischen 
Konflikten  die  deutsche  Arbeiterklasse  ihre  Bedeutung  erkennt,  die  sie  für  die  zukünftige 
weltpolitische  revolutionäre  Entwicklung  hat.  Wir  sehen,  daß  momentan  durch  die 
Verhandlungen  über  den  Garantiepakt,  über  das  Sicherheitsangebot,  über  den  Eintritt 
Deutschlands  in  den  Völkerbund  in  der  Bourgeoisie  gewisse  Meinungsverschiedenheiten 
bestehen. Wir erinnern ferner daran, daß zu gleicher Zeit die deutsche Bourgeoisie versucht - 
trotzdem  sie  durch  ihre  nationale  Demagogie  die  Massen  täuscht  -,  sich  durch  einen 
sogenannten  Schwanzimperialismus  den  kriegerischen  Absichten  des  Weltimperialismus 
anzuschließen.  Wenn  Deutschland  in  den  Völkerbund  eintritt  und  der  Garantiepakt 
angenommen  wird,  so  bedeutet  das,  daß  Deutschland  Aufmarschgebiet  werden  soll  für  den 
Fall, daß die Imperialisten der Welt militärisch gegen die Sowjetunion vorgehen. Jedoch die 
heutige Epoche ist eine ganz andere als im Jahre 1914. Wir wissen, daß sich ein Sechstel der 
Welt, die Sowjetunion, in den Händen der Arbeiter und Bauern befindet. Daß die Sowjetunion 
existiert,  bedeutet  zugleich  die  Verschärfung  der  inneren  Gegensätze  der  Imperialisten.  In 
China,  Marokko  und  anderen  Gebieten  ist  der  Einfluß  der  Arbeiter  der  Sowjetunion  von 
großer Bedeutung, und der englische Imperialismus versucht energisch, erstens ökonomische 
Maßnahmen  zu  ergreifen,  um  die  Sowjetunion  zu  blockieren,  und  zweitens  die 
militärstrategischen  Pläne  auszuarbeiten  um  den  Kampf  gegen  das  einzige  Land  der 
proletarischen  Diktatur  vorzubereiten.  Die  deutsche  Arbeiterklasse  geht  in  dieser  wirklich 
ernsten Bewegung langsam dazu über, auf internationalem Gebiete die Einheitskampagne der 
Gewerkschaftsbewegung  zu  unterstützen,  was  ebenfalls  eine  ernste  revolutionäre  Waffe  der 
mit  dem  Weltproletariat  verbundenen  stärksten  Arbeiterklasse  gegen  die  Bestrebungen  und 
Maßnahmen des gesamten Weltimperialismus bedeutet. Wir glauben, daß auch der deutsche 
Parteitag  in  Verbindung  mit  der  Klarzeichnung  des  Imperialismus  überall  darauf  hinweisen 
muß, daß die internationale Bourgeoisie versucht, die Idee des Kommunismus zu vernichten. 
Die  Maßnahmen  gegen  das  Proletariat  in  den  verschiedenen  Ländern  der  Welt  verpflichten 
die  deutsche  Arbeiterklasse  und  die  Kommunistische  Partei,  darauf  die  größte 
Aufmerksamkeit  zu  verwenden.  Wir  sehen  im  Rheinland  wir  sehen  in  Polen,  in  Indien  und 
anderen Ländern diese reaktionären Maßnahmen. Besonders in Bulgarien werden Proletarier 
und  Bauern  niedergeschlagen  und  niedergemetzelt.  über  einhunert  Todesurteile  sind  bereits 
gegen  die  bulgarischen  Arbeiter  und  Bauern  vollstreckt,  die  gegen  das  blutige  Zankoff-
Regiment  rebellieren.  Auch  in  Deutschland  zeigt  sich  unter  der  Führung  der  Luther-
Stresemann-Regierung,  daß  die  Justiz  mit  allen  Mitteln  versucht,  die  Urteile  des 
Staatsgerichtshofes  und  die  Urteile,  die  zum  Beispiel  auf  Grund  der  Oktoberkämpfe  gefällt 
wurden,  nur  gegen  die  Kommunisten  scharf  anzuwenden.  Wenn  uns  der  Justizschrecken 
unsere besten Brüder raubt und in die Gefängnisse und Zuchthäuser bringt, so deshalb, weil 
man diese tapferen Kämpfer fürchtet. Es ist uns vor einigen Tagen gelungen, unsere Genossen 
Heckert und Pfeiffer aus der Untersuchungshaft herauszubekommen, ich will im Namen des 
Parteitages diese beiden  hier anwesenden Genossen freudigst begrüßen.  Und wenn wir jetzt 
Unterschriften  für  die  Amnestie  sammeln,  so  in  dem  Bewußtsein,  daß  unsere  gefangenen 
Helden  besonders  die  Oktoberkämpfer  in  Hamburg  und  Sachsen  im  Jahre  1923  -  in  den 
Kämpfen  wirklich  die  ernste  revolutionäre  Kraft  aufgebracht  haben,  deren  wir  zur 
Organisierung der Revolution bedürfen. 
Wir haben ferner auf dem Parteitag zu der außen- und innenpolitischen Situation Stellung zu 
nehmen.  Wir  glauben,  daß  dieser  Parteitag  in  der  Linie  der  Entwicklung  der  deutschen 
Arbeiterklasse  mit  dazu  beitragen  wird,  daß  er  einen  Fortschritt  bedeutet  für  die  innere 
revolutionäre  Stärkung  der  deutschen  Arbeiterklasse  und  das  langsame  Vordringen  der 

klassenbewußten Arbeiterschaft  gegen den heute  noch stärkeren Teil des  Reformismus. Wir 
haben  verschiedene  innenpolitische  Probleme  ernster  Art  zu  besprechen.  Ernste  innere 
Überlegung,  theoretische  Klarheit  ist  notwendig,  um  die  Perspektive  richtig  zu  analysieren 
und  daraus  die  praktischen  Folgerungen  der  Taktik  zu  finden.  Wir  glauben,  daß  dieser 
Parteitag zu gleicher Zeit nicht nur ein revolutionärer Fortschritt für das deutsche Proletariat, 
sondern  auch  für  das  Weltproletariat  sein  wird.  Wenn  die  russische  Kommunistische  Partei 
von  1903  an  ununterbrochen  auf  dem  Blutwege  des  Zarismus  marschiert  ist  und  nach  der 
ersten  verlorenen  russischen  Revolution  von  1905  bis  zum  Jahre  1917  über  Niederlage  und 
Sieg  hinweg  vorwärtsschritt,  so  glaube  ich,  werden  wir  auch  bei  der  Entwicklung  in 
Deutschland - obwohl momentan hier nicht eine solch ernste Kampfsituation im Vordergrund 
steht  -  unbeirrt  den  gleichen  Weg  gehen.  Wir  müssen  uns  mehr  der  Tugend  widmen,  der 
kommenden Generation, daß sie in kommunistischem Sinne erzogen wird und in ihren Reihen 
noch mehr Mut, Tapferkeit und Glauben an den Sieg der proletarischen Revolution zeigt. Und 
wenn wir alle anderen Fragen noch erörtern, die in der Gegenwart und Zukunft an praktischen 
Aufgaben vor uns stehen, dann bin ich fest überzeugt, daß dieser Parteitag mit ein Parteitag 
sein  wird,  der  in  der  Linie  der  Revolutionierung  der  Massen  und  der  Organisierung  der 
Revolution  eine  internationale  Bedeutung  haben  wird.  Wir  sehen,  daß  die  Bourgeoisie  eine 
Kapitalsoffensive  vorbereitet.  Der  allgemeine  Kurs  der  Bourgeoisie  ist  -  trotz  aller 
Differenzen – ein reaktionärer, aber die Auswirkungen des Dawesgutachten zeigen sich noch 
nicht in dem Maße, wie es die nächsten Jahre mit sich bringen werden. 
Trotz alledem steht die Kommunistische Partei Deutschlands heute auf dem Standpunkt, daß, 
wenn sich auch heute noch ein großer Teil der Arbeiterschaft in den Reihen des Reformismus 
befindet,  wir  vorwärtsmarschieren.  Denn  wir  glauben  und  wissen,  daß  in  der  zukünftigen 
Entwicklung  diese  Massen  sich  von  den  Fahnen  des  Reformismus  lösen  und  zu  den  roten 
Fahnen  des  Klassenkampfes  eilen  werden.  Der  Parteitag  hat  unter  der  Parole  „rückwärts 
nimmer,  vorwärts  immer“  die  Aufgaben  zu  konkretisieren,  die  in  den  verschiedenen 
wirtschaftlichen und politischen Kämpfen notwendig sind. 
In diesem Sinne will ich zum Schluß jene Delegierten begrüßen, die von den verschiedenen 
Parteien  der  ganzen  Welt  hier  anwesend  sind:  die  Vertreter  der  französischen,  englischen, 
tschechoslowakischen, belgischen, italienischen und anderen Parteien, die zu gleicher Zeit ein 
Interesse an der Tagung des deutschen Parteitages haben und die dazu beitragen werden, daß 
sich jenes Band der Solidarität, das die Sektionen der III. Internationale verbindet, mehr und 
mehr  festigt.  Heute  ist  die  III.  Internationale  eine  Weltpartei,  heute  marschiert  die  Idee  des 
Kommunismus in der ganzen Welt. In diesem Sinne soll auch dieser Parteitag dazu beitragen, 
die Idee des Bolschewismus mehr und mehr in der deutschen Arbeiterklasse zu vertiefen, und 
die  Beschlüsse,  die  hier  gefaßt  werden,  sollen  uns  im  Entwicklungsstadium  der  Revolution 
Leitmotiv  für  die  Theorie  und  Praxis  des  Bolschewismus  sein,  in  den  Kämpfen,  die  der 
deutschen  Arbeiterklasse  noch  bevorstehen.  In  diesem  Sinne  begrüße  ich  die  anwesenden 
Delegierten  und  hoffe,  daß  dieser  Parteitag  unter  dem  revolutionären  Banner  des 
Klassenkampfes ernste und erfolgversprechende Arbeit leistet, daß die Maßnahmen, die wir in 
der  nächsten  Zeit  durchzuführen  haben,  von  bolschewistischem  Geiste  getragen  sind.  Wir 
werden  vorwärtsmarschieren  und  im  Verlaufe  der  verschiedenen  Kämpfe  und 
Kampfsituationen dazu übergehen, den Kapitalismus niederzuschlagen und die proletarische 
Diktatur aufzurichten.

Der Kampf um die Gewerkschaftseinheit und die 
deutsche Arbeiterklasse 
 
16. Juli 1925 
 
Genossen!  Im  Mittelpunkt  des  Parteitages  steht  nicht  nur  die  richtige  Einschätzung  der 
nationalen und internationalen Lage, aus der sich die taktischen Aufgaben der Partei für die 
Gegenwart  und  Zukunft  ergeben,  sondern  das  ernsteste  Problem,  welches  der  Parteitag  zu 
behandeln hat, ist in erster Linie die Frage: Wie und auf welcher Basis und durch welche in 
Frage kommenden Organisationen gewinnen wir die Massen für die proletarische Revolution? 
In Verbindung mit diesem außerordentlich ernsten Problem steht zugleich die Frage, wie wir 
als Kommunistische Partei eine Massenpartei bleiben werden und gegenüber der SPD und der 
gesamten Arbeiterklasse in Zukunft unsere Basis verbreitern. Die Gewerkschaftsfrage ist die 
wichtigste politische Frage, die mit in den Aufgabenbereich der gesamten Parteiarbeit gehört. 
Besonders in der heutigen Entwicklung zwischen zwei Wellen der Revolution müssen wir uns 
um  so  mehr  über  den  Charakter  einer  Massenpartei  und  einer  bis  ans  Ende  revolutionären, 
proletarischen Partei klarwerden. Je länger der Prozeß der Organisierung der Revolution ist, je 
schwieriger sich die Methoden des Kampfes gestalten, um so stärker müssen in den Massen 
das Kraftbewußtsein und der Glaube an den Sieg der proletarischen Diktatur geweckt werden. 
Dazu ist es in erster Linie notwendig, Gewerkschaftsmitglieder durch die Führung des Kampf 
es  um  die  nächstliegenden  wirtschaftlichen  Aufgaben  bis  zu  den  Aufgaben  des  politischen 
Kampfes,  für  die  Revolution  zu  gewinnen.  Daher  gehört  zur  Bolschewisierung  der 
Kommunistischen  Partei    das  theoretische  und  praktische  Verständnis,  daß  die 
Gewerkschaftsarbeit in den Mittelpunkt der politischen Arbeit der Gesamtpartei zu stellen ist. 
In  der  jetzigen  Epoche  hat  die  internationale  Gewerkschaftsbewegung  eine  ganz  andere 
Bedeutung  als  noch  bei  Ausbruch  des  Weltkrieges.  Die  Gewerkschaftsbewegung  hat, 
international betrachtet, nach dem Kriege zahlenmäßig ungeheure Fortschritte gemacht. Man 
rechnet  mit  einer  Mitgliederzahl  von  etwa  16  Millionen  in  der  Amsterdamer 
Gewerkschaftsinternationale;  die  der  Roten  Gewerkschaftsinternationale  angeschlossenen 
Verbände  haben  7  Millionen  Mitglieder,  dazu  kommen  noch  3  Millionen  Mitglieder  der 
Minderheits-  und  Propagandakommissionen,  die  mit  der  Profintern
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  eng  verbunden  sind. 
Innerhalb  der  ganzen  Welt  rechnet  man  mit  einer  Zahl  von  über  45  Millionen  organisierter 
Arbeiter. 
Welches  ist  nun  die  Rolle  der  Gewerkschaften  im  Kampfe  der  Arbeiterklasse  sowohl  in 
Deutschland wie in der ganzen Welt? In der Vergangenheit, noch bis zum Jahre 1900, waren 
die deutschen Gewerkschaften Kampforganisationen gegen die Bourgeoisie. Wir sehen zwar 
früher  schon  Tendenzen,  daß  die  Gewerkschaftsbürokratie  versucht,  in  der  Frage  des 
Massenstreiks,  der  Maifeier  usw.  einen  Standpunkt  einzunehmen,  der  vom  Klassenkampf 
abweicht. 
Im Kriege änderte sich der Kurs der Gewerkschaftsbürokratie, die Gewerkschaften wurden zu 
imperialistischen Zwecken ausgenutzt und wurden Hilfstruppen des kapitalistischen Staates. 
Ich  erinnere  nur  an  die  Burgfriedenspolitik,  an  das  Hilfsdienstpflichtgesetz,  an  das 
Streikverbot,  wonach  Streiks  nur  mit  Bewilligung  des  Generalkommandos  geführt  werden 
konnten.  Wir  haben  dann  im  Laufe  der  Entwicklung  während  des  Krieges  gesehen,  daß 
wirklich  ernste  imperialistische  Ansätze  seitens  der  Führung  der  Gewerkschaftsbürokratie 
hervortraten. Ich erinnere an Paul Müller, den damaligen Redakteur vom „Courier”, der unter 
                                                 
26
 Rote Gewerkschaftsinternationale (Profintern. 1921 bis Ende 1937.) - Die RGI vereinigte die revolutionären 
Gewerkschaften  der  verschiedenen  Länder.  Sie  bemühte  sich  ständig,  mit  dem  IGB  gemeinsame  Aktionen 
durchzuführen und kämpfte konsequent für die Klasseninteressen des Proletariats und für den Frieden. Die RGI 
setzte sich unermüdlich für die Herstellung der Einheit der Gewerkschaftsbewegung im Weltmaßstabe ein. 

anderem  folgendes  in  einem  Artikel  niederlegte:  „Die  deutschen  Fahnen  wehen  über 
Antwerpen hoffentlich für immer.“ In der Revolution und bei den späteren großen politischen 
Kämpfen  wurden  die  Gewerkschaften  durch  die  reformistische  Führung  der  größte 
Hemmschuh jeder revolutionären Entwicklung. Nicht nur in Deutschland, sondern überall in 
den  kapitalistischen  Ländern  sehen  wir  eine  ähnliche  Entwicklung.  Wie  sich  im 
Anfangsstadium  der  Gewerkschaften  zwischen  Ferdinand  Lassalle  und  Karl  Marx  ernste 
Differenzen  in  der  Frage  der  Existenznotwendigkeit  der  Gewerkschaften  zeigten,  so  wurde 
auch  in  der  späteren  Entwicklung,  zwar  nur  eine  kurze  Zeit,  der  Kampf  der 
Generalkommission  der  Gewerkschaften  mit  der  SPD  in  der  Frage  des  politischen 
Massenstreiks  geführt.  Schon  auf  dem  Gewerkschaftskongreß  in  Köln  1905  wurde  die 
Resolution für den politischen Massenstreik abgelehnt, in jener Zeit, als die Sozialdemokratie 
noch zeitweilig versuchte, die deutsche Arbeiterklasse zum Kampf gegen die Bourgeoisie zu 
mobilisieren. Schon auf dem Parteitag der SPD in Mannheim im Jahre 1906 zeigten sich in 
dieser Frage das reformistische Gesicht der SPD und der Einfluß der Gewerkschaftsbürokratie 
in der Sozialdemokratischen Partei. 
Während  die  Partei  als  höchste  Form  der  Klassenorganisation  nur  die  bewußten  Kämpfer 
umfaßt,  sind  die  Gewerkschaften  die  erste  primitive  grundlegende  Form  der 
Abeiterorganisation. Zuerst verstehen die Arbeiter, daß sie ihre Berufsinteressen gemeinsam 
mit  ihren  Berufskollegen  organisiert  vertreten  müssen;  diese  primitive  Erkenntnis  gewinnen 
sie  im  und  aus  dem  Produktionsprozeß  selbst.  Darüber  hinaus,  zur  politischen  Erkenntnis, 
kommen  sie  erst  durch  die  Partei.  Erst  durch  die  Partei  begreifen  sie,  daß  eine 
Klassenorganisation zur Vertretung ihrer Klasseninteressen notwendig ist. 
Der  Aufschwung  der  Arbeiterbewegung  ist  immer  mit  dem  Wachstum  der  Gewerkschaften 
verbunden,  jeder  Rückschlag  zeigt  sich  im  Rückgang  der  Zahl  der  Organisierten.  Nach  den 
großen  Leiden  und  Opfern  des  Weltkrieges  sehen  wir  eine  allgemeine  Radikalisierung  der 
Arbeiterklasse,  gefördert  durch  die  russische  Revolution  und  durch  die  Hoffnungen,  die  die 
Revolution  in  Mitteleuropa  erweckte,  sowie  durch  die  Zugeständnisse,  die  die  Bourgeoisie 
machte, um die Massen zu beruhigen. Ich erinnere daran, daß sich die deutschen Proletarier 
innerhalb 24 Stunden in der Revolution von 1918 den Achtstundentag  errungen haben, daß 
das  Betriebsrätegesetz,  wenn  auch  mit  allen  kapitalistischen  Bestimmungen,  gegen  die 
Bourgeoisie  erkämpft  wurde  und  auf  verschiedenen  Gebieten  wesentliche  Fortschritte  als 
Errungenschaften der Revolution zu verzeichnen waren. 
 

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