1. Geschichte der Industrialisierung in Österreich 2. Arbeitsbegriff, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit in speziellen Berufsfeldern im 18. und 19. Jahrhundert 3. Das Problem der Kinderarbeit und erste Kinderarbeitsverbote 4. Die Bedeutung des Sonntags, das Verbot der Sonntagsarbeit und die kirchlichen Feiertage 5. Das Entstehen von Arbeitervereinen und Gewerkschaften und ihr Kampf für bessere Arbeitsbedingungen 6. Von der Krankenfürsorge der Fabrikanten zur Krankenversicherung 7. Die Entwicklung moderner Arbeitszeiten bis zum Washingtoner Arbeitszeitübereinkommen von 1919 8. Arbeitszeit heute
Literaturempfehlungen Österreichische Industriegeschichte GmbH (Hg.), Österreichische Industriegeschichte, 3 Bde., Wien 2003f.; Ludwig Brügel, Soziale Gesetzgebung in Österreich 1848 bis 1918. Eine geschichtliche Darstellung, Wien 1918; Ernst Bruckmüller, Sozial-Geschichte Österreichs, Wien-München 1985; Franz Homala, Geschichte der Gewerkschaften, Wien 1922; Roman Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Wien 1995; Anton Tautscher, Wirtschaftsgeschichte Österreichs auf der Grundlage abendländischer Kulturgeschichte, Berlin 1974; Ferdinand Treml, Wirtschafts- und Sozialgeschichte Österreichs, Wien 1969; Rudolf Weiler (Hg.), Der Tag des Herrn. Kulturgeschichte des Sonntags, Wien-Köln-Weimar 1998.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich I. Wichtige Weichenstellungen in den 200 Jahren davor: Die Entdeckung Amerikas: 1492 durch Christoph Kolumbus; Konflikt England Spanien endet 1588 mit der Vernichtung der spanischen Armada; Reichtum an Edelmetallen; Transfer von Kartoffeln und Mais nach Europa. Reformation und Gegenreformation: 31.10.1517 Anschlag der 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg durch Martin Luther; Religionskriege und Gegenreformation (30jähriger Krieg 1618 – 1648); in Österreich Sieg der Gegenreformation durch die Schlacht am Weißen Berg (1620) Die Niederlage der Türken vor Wien 1683: Zurückdrängung des Osmanischen Reiches in Richtung Bosporus; Rückeroberung Ungarns; Aufblühen des Levantehandels
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Die „Glorious Revolution“ in England 1688: beendet Konflikt zwischen Parlament und Krone; durch Absetzung von König James II. endet dessen Rekatholisierungspolitik; Ausschluss von Katholiken von der englischen Thronfolge; 1689 unterzeichnet der neue König Wilhelm von Oranien die „Declaration of Rights“. Die Aufklärung: In Ö Zeit Maria Theresias (1740 – 1780) und Joseph II. (1780 – 1790); für Kant ist Aufklärung der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit; Aufblühen der Naturwissenschaften.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich II. Einzelne Aspekte der Industrialisierung: II.1. Beginn der Industrialisierung: Beginn in England ab ca. 1760; Voraussetzungen: a) liberale wirtschaftliche Rahmenbedingungen, b) ausreichend Kapital und c) Innovationskraft (Erfindungen); auf dem Kontinent setzt die Industrialisierung erst 20 bis 40 Jahre später ein; der Industrialisierung geht eine „protoindustrielle“ Phase voraus: in dieser arbeiten Manufakturen im sogenannten Verlagssystem = eine Form der Gütererzeugung, bei der der Verleger die Rohstoffe beschafft und den Absatz organisiert, während die Produktion in Heimarbeit erfolgt. Unmittelbare Auslöser der Industrialisierung waren die englischen Erfindungen vor allem im Textilbereich, bei der Eisen- und Stahlerzeugung und der Nutzung der Dampfkraft.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Englische Erfindungen und Erfinder: a) Spinnmaschine: James Hargreaves und Richard Arkwright (ca. 1760); b) Verbesserung der Eisenproduktion: Abraham Darby (1700); c) Verbesserung der Stahlproduktion: Henry Cort (1784); d) Erfindung der Dampfmaschine: ames Watt (1782). Österreichische Erfindungen und Erfinder: a) Verbesserung der Dampfmaschine: Johann Fichtner (1822); b) Bau der ersten österr. Pferdeeisenbahn: Franz Anton Ritter von Gerstner (1825/26); Fotoapparat: Friedrich Voigtländer; Schiffsschraube: Josef Ressel; Nähmaschine: Josef Madersperger; Lithographie: Alois Senefelder; Verwebung von Kautschukfäden: Johann Nepomuk Reithoffer
Geschichte der Industrialisierung in Österreich II.2. Industrie und Handwerk: Handwerk in Zünften organisiert, hielt an traditionellen Produktionsmethoden fest; Staat versucht die starren zünftischen Strukturen aufzubrechen; Kommerzialgewerbe liberalisiert, Polizeygewerbe bleibt traditionell; Manufakturen und Fabriken werden staatlich durch Privilegien gefördert. II.3. Verlag und Manufaktur: Manufakturen produzieren im Verlags-system (= die zentrale Manufaktur steuert mit wenigen Be-schäftigten oft tausende Heimarbeiter); Vorteil für Unternehmer: niedere Lohnkosten und geringer Kapitaleinsatz; Vorteil für Heimarbeiter: Möglichkeit eines Nebenverdienstes, Verbleib im gewohnten sozialen Umfeld; Vorteil für den Staat: armutsbe-kämpfende Wirkung des Verlagssystems; Nachteil: geringe Arbeitsproduktivität, Qualitätskontrolle, Trägheit des Systems.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich II.4. Die Fabrik: Arbeitet wie die Manufaktur arbeitsteilig, war aber zentral organisiert und mechanisiert; Entstehen neuer Führungseliten = selbständige Unternehmer; Staat fördert die Manufakturen und Fabriken durch Aufhebung der Niederlagsrechte 1774 (=Zwangs-maßnahmen zum Anbieten von Waren, verschafft einer Kaufmannsgruppe Wettbewerbsvorteile). Neue Unternehmer kommen teils aus dem Ausland (Italien und Frankreich, England), teils aus dem Inland (aus der Aristokratie und dem Bürgertum); Kameralismus = der Staat wird selbst zum wichtigen Unternehmer.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich III. Hemmnisse der Industrialisierung: Der Industrialisierung Österreichs standen Engpässe in den Bereichen Energie und Verkehrswege entgegen. III.1. Engpass Energie: Bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren Holz und Holzkohle die wichtigsten Energielieferanten für den privaten und gewerblichen Bereich. Mit wachsender Bevölkerung (und der Rodung von Wäldern zur Gewinnung von Ackerland) und beginnender Industrialisierung setzt ab der zweiten Hälfte des 18. Jhdts. eine gravierende Energiekrise ein. Größte Energiever-braucher waren der Hausbrand, die Salinen und die Eisenwerke. Dem Energiemangel wirkte man entgegen durch Dezentralisierung der Produktion, Erhöhung der Holzproduktion (durch Verbesserung der Waldbewirtschaftung, Erlassung von Waldordnungen, Verbesserungen in der Köhlerei) und Energiesparen.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Statistische Daten: Brennholzbedarf Wiens: 1760 – 400.000 fm; 1800 – 750.000 fm Holztransport durch Schwemmbetrieb: 75% über die Donau (60% aus NÖ, 25% aus OÖ, 15% aus Bayern, S und T), 20% über Wienerwaldflüsse und 5% über den Wiener Neustädter Kanal (aus dem südlichen NÖ) Ab dem 19. Jahrhundert wird Holz und Holzkohle vermehrt durch Braunkohle und Mineralkohle substituiert. So wurden in Ö im Jahr 1800 erst 20.000 Tonnen (t) Mineralkohle gefördert; 1830: 37.015 t; 1841: 104.136 t; 1850: 189.076 t. Dieser Prozess wurde staatlich gefördert durch die Verknüpfung von Fabriksprivilegien mit einer verpflichtenden Mineralkohleverwendung.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich III.2. Engpass Verkehrswege: Wichtigste Verkehrswege waren bzw. wurden die Straßen, die Wasserwege und die Eisenbahn. III.2.1. Straßen: Seit dem 18.Jhdt. große Fortschritte im Straßenbau (Unterbau, gewölbter Oberbau, größere Straßenbreite, mehr Fel-genbreite oder geringeres Höchstgewicht der Fuhrwerke); wichtige Straßenbauprojekte: Teilausbau der Brennerstraße (ab 1777), An-legung eines Karrenweges über den Brenner (ab 1785), weitere Ausbauwelle in ganz Ö zwischen 1820 und 1840; hohe Zuwachs-rate der Transporte z.B. über den Brenner: 1800: 19.000 t, 1835: 75.000 t, 1840: 100.000 t pro Jahr; Anwachsen der Mautstellen: 1841 gab es in Ö ca 410 Mautstellen; steigende Reisegeschwin-digkeit durch Bau einer Pferdeeisenbahn bzw. Dampfeisenbahn (Postkutschen 8 – 15 km/h, Pferdeeisenbahn 16 km/h); Hemmnisse: Rottfuhrwesen wird ab 1750 zunehmend durch Spediteure ersetzt.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich III.2.2. Wasserwege: Die Donau und ihre Nebenflüsse flossen in die falsche Richtung (W nach O) und ins falsche Meer; starke Strömung macht Transporte nur flussabwärts möglich – Schiffziehen auf der Donau durch Sträflinge = Todesstrafe auf Raten; daher zuneh-mende Verwendung von Dampfschiffen und Bau einer künstlichen Nord-Süd-Verbindung in Richtung der Adriahäfen; Bau des Wiener-Neustädter Kanals 1794 begonnen bis 1803 nach den Plänen von Sebastian von Maillard. Länge ca. 60 km, Höhenunterschied 93 m, 46 Schleusen; diente vor allem dem Gütertransport von Kohle, Holz, Erz und Ziegeln; verlor durch die Konkurrenz der Eisenbahn seine Bedeutung, 1878 erfolgte die letzte Schiffsfahrt; wurde später teilweise zugeschüttet.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich III.2.3. Die Eisenbahn: War die größte Neuerung im Verkehrswesen und wurde zum Sinnbild der industriellen Revolution. Vorangehende Innovationen: 1767 entwickelt Richard Reynolds anstelle der hölzernen gusseisernen Muldenschienen; 1789 führt William Jessop die pilzförmigen Schienen ein, bei denen das Rad das Führungsprofil trägt; 1820 entwickelt John Berkinshaw die schmiedeisernen Schienen – etwa zeitgleich erfolgte der Übergang von hözernen Lang- zu Querschwellen. 1814 wurde von George Stephenson (1781-1848) die Lokomotive „Mylord“ entwickelt. 1829 trug eine von ihm konstruierte Weiterentwicklung, die „Rocket“, den Sieg gegen drei Konkurrenzprodukte davon. Eisenbahnbau international: Die erste moderne Eisenbahnstrecke stammt ebenfalls von Stephenson und führte von Liverpool nach Manchester (Eröffnung am 15. September 1832).
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Eisenbahnbau in Österreich: Pferdeeisenbahn Linz – Budweis: eröffnet 1832, erbaut von Franz Anton Ritter von Gerstner, 128,8 km lang. Kaiser-Ferdinand-Nordbahn (von Wien über Brünn nach Krakau und Bochina): erste dampfgetriebene Eisenbahn in Ö; die erste Teil-strecke Florisdorf – Deutsch-Wagram wurde 1837 eröffnet; in der Folge von Alois von Negrelli bis Olmütz erweitert und 1856 bis Krakau ausgebaut. Auf der Nordbahn wurde der erste Nachtverkehr Europas eingeführt; auf dieser Strecke gab es auch das erste Eisenbahnunglück Österreichs (in Mähren) mit mehreren Schwer- u. Leichtverletzten. Während die ersten Bahnen durch Aktiengesellschaften finanziert wurden, stieg infolge von Aktienspekulationen, Problemen bei der Finanzierung usw. der Staat in den Bahnbau ein.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Erste Staatsbahnperiode von 1842 bis 1854: Ende 1854 waren von insgesamt 1433 km Eisenbahnstrecke 994 km (ca. 69%) im Staatsbesitz. Durch unglückliche Finanzpolitik Kaiser Franz Josef I. mussten ab 1855 die Staatsbahnen an private, teils ausländische Interessenten verkauft werden. Zweite Staatsbahnperiode von 1873 bis 1918: Nach dem Börsenkrach von 1873 waren zahlreiche Privatbahnen zahlungsunfähig. Der Bahnausbau ging in der Folge an den Staat über, teils wurden Privatbahnen vom Staat zurückgekauft. 1884 umfasste das staatliche Bahnnetz bereits 5.103 km. Geburtsstunde der „kaiserlich-königlichen Staatsbahnen“. Verstaatlichungen, denen sich zunächst nur die Südbahn entziehen konnte.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Weitere wichtige Bahnstrecken: Die Südbahn (Wien Gloggnitz; Gloggnitz – Mürzzuschlag = Weltkulturerbe Semmeringbahn, erbaut von Carl Ritter von Ghega; Mürzzuschlag – Triest) Kaiserin-Elisabeth-Westbahn: Wien – Linz – Salzburg Kaiser-Franz-Josefs-Bahn: Wien – Tulln – Gmünd – Eger – Pilsen Kronprinz-Rudolf-Bahn: Amstetten – Judenburg – Villach – Laibach, stellte die Verbindung zwischen der Kaiserin-Elisabeth-Bahn und der Südbahn her. Graz-Köflacher-Bahn: stellte die Verbindung vom Köflacher Braunkohlerevier nach Graz her.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich IV. Währung – Börse – Finanzierung: In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kommt es zur Einführung des Papiergeldes in Ö (Wiener Banco-Zettel); wegen Finanzierung der Kriege gegen Napoleon wird immer mehr Papiergeld gedruckt; Folge: Staatsbankrott von 1811; zur Wiederherstellung geordneter finanzieller Verhältnisse wird 1816 die k.k. privilegierte Nationalbank gegründet. Kapitalbedarf der Manufakturen (protoindustrielle Phase) war eher gering; hoher Kapitalbedarf in der industriellen Phase; der Wechsel wird zum wichtigsten Finanzierungsinstrument der Industrie. Gründung der Wiener Börse 1771: soll dem Staat neue Kreditquellen erschließen; es werden zunächst nur Staatspapiere und Wechsel gehandelt; später auch Aktien (1848 erst sieben Aktiengesellschaften in Ö).
Geschichte der Industrialisierung in Österreich V. Die neuen Arbeiter: Eine neue Klasse = Arbeiterschaft entsteht; komplexe Arbeitsschritte werden in viele kleine, leicht erlernbare Teilschritte zerlegt (= arbeitsteilige Fabrik), dies ermöglicht den Einsatz einer Vielzahl ungelernter Arbeiter, senkt die Kosten, erhöht die Produktivität. Es entsteht große Diskrepanz zwischen ungelernten Arbeitern und Facharbeitern (hoher Status, sehr gute Bezahlung, vielfach im Ausland rekrutiert). Arbeitsverhältnisse waren schlecht für ungelernte Arbeiter, vielfach bis zu 16 Stunden pro Tag. Frauen und Kinder bilden bis zur Hälfte der Belegschaft; ungleiche Entlohnung für Männer, Frauen und Kinder, nämlich 4:2:1.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich VI. Rahmenbedingungen der Industrie im absolutistischen Staat: Merkantilismus = mehr Menschen sollen ein wirtschaftliches Wachstum erzielen und dieses über Steuern die Staatskassen füllen, ein Handelsbilanzüberschuss soll erzielt werden (durch Import von billigen Rohstoffen und Export von teuren Fertigprodukten); restriktive Zollpolitik. Liberale Wirtschaftspolitik zielt auf Befreiung von allen Hemmnissen und regulativen Fesseln, gegen zünftischen Protektionismus. Unterschied Österreich – Deutschland: Österreich produziert zum einen Waren für die allgemeinen Lebensbedürfnisse und zum anderen ausgesprochene Luxusgüter, Deutschland primär Waren für einen wohlhabenden Mittelstand.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich VII. Für die Industrialisierung geeignete Branchen: VII.1. Die k.k. Wollzeugfabrik: 1672 in Linz durch den Osttiroler Christian Sind gegründet; nach 80 Jahren m Privatbesitz geht das unterkapitalisierte Unternehmen in Staatseigentum über; die Manufaktur wird in der Folge zum größten österr. Unternehmen und beschäftigt zwischen 1760 und 1790 ca. 50.000 Menschen (davon etwa 5% in der zentralen Fabrik und 95% als Lohnspinner in Heimarbeit). Niedergang ab der Zeit der Kriege gegen Napoleon. VII.2. Die Textilindustrie: Durch sie wird die industrielle Revolution ausgelöst; ist in der ersten Hälfte des 19. Jhdts. Der wichtigste Industriezweig; Erfindung der Spinnmaschine durch James Hargreaves (achtspindelige „Jenny“); Richard Arkwright erfindet den Spinnmschinentypus des 20. Jhdts. (= „Waterframe“) bereits 1769 und wird auch zum Erfinder der arbeitsteiligen Fabrik.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich In Ö beginnt die Industrialisierung mit der Gründung der Spinnerei Pottendorf 1801; war damals die größte Spinnerei auf dem Kontinent; in V beginnt die Industrialisierung um 1820 und in OÖ um 1830 ebenfalls auf dem Textilsektor; 1843 gibt es in Ö bereits 559.000 Spindeln, davon 387.000 in NÖ, 151.000 in V und ca. 17.000 in OÖ. VII.3. Das „gelbe“ und das „weiße“ Gold: Beginnend mit dem 15. u. 16. Jahrhundert gibt es in Ö einen Bergbauboom; vor allem Silber und Gold, Blei, Arsen und Quecksilber werden abgebaut; für die Industrialisierung interessanter als Gold und Silber wurden die Buntmetalle und Messing; Messing = Legierung aus Kupfer und Zink = Gold der Armen; 1841 gab es mit Ausnahme des Burgenlandes und von Vorarlberg in jedem der heutigen Bundesländer eine Messingfabrik.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Ein stabiler Pfeiler der österreichischen Wirtschaft war die Salzproduktion; Produktion betrug 1500 ca. 50.000 t, 1800: 77.000 t und 1847: 83.000 t; Standorte in Aussee, Hall i. Tirol, Hallstadt, Ebensee, Ischl und Hallein; das „weiße“ Gold galt als das „vornehmste Kleinod“ der Hofkammer. VII.4. Land der Hämmer: Die Eisenindustrie begründete den Ruf der österreichischen Industrie; daher in Bundeshymne „Land der Hämmer“; seit dem 16. Jhdt. Entfile auf Ö ein Sechstel der europäischen Produktion; Standortsvorteile durch große Erzlagerstätten, Holz und Wasserkraft; Innerberger Hauptgewerkschaft (Vorläufer der Alpine Montangesellschaft, frühkapitalistischer Zusammenschluss von 19 Schmelzhütten und 50 Hammerwerken seit 1625).
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Eisenproduktion in Ö: 1750: 20.000 t, 1800: 30.000 t, 1850: 95.000 t; wichtigster Produktionszweig im 18. und frühen 19. Jahrhundert war die Sensenherstellung (Sensenherren = schwarze Grafen); 1841 wurden in Ö 3,7 Mill. Sensen und 0,8 Mill. Sicheln erzeugt, war eine der wichtigsten und renommiertesten Exportbranchen. Waffenproduktion: Im 19. Jhdt hatte das Heer eine Friedensstärke zwischen 300.000 und 430.000 Soldaten (Landstreitmacht gehörte zu den größten in Europa); Heeresbedarf somit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor; Erzeugung von Geschützen, Gewehren, Pistolen, Geschossen usw.; Herstellung von Schießpulver erfolgte durch Private, Verkauf war ein Staatsmonopol; Herstellung auch von Uniformen und Schuhen. Maschinen und Instrumentebau: ursprünglich Aufgabe der Tischler und Schlosser; seit dem 19. Jhdt. Aufgabe der Eisenindustrie. Eisenbahnbau wurde wichtigster Wachstumsträger.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich VII.5. Baustoffindustrie: Durch Abwehr der Türkengefahr und Bevölkerungswachstum wird Bauboom in Ö ausgelöst; Barockstil; durch (Proto-)Industrialisierung werden große Investitionen in Infrastruktur ausgelöst; traditionelle Baustoffe waren Lehm, Stein und Holz; im 18. Jhdt. Löst der Ziegel den Stein als vorherrschenden Baustoff ab; große Ziegelwerke; von Alois Miesbach wird das größte Ziegelwerk der Habsburgermonarchie in der Umgebung von Wien geschaffen (ab 1830); ab 1850 beginnt das Eisen die Bautechnik zu revolutionieren. VIII. Die Position Österreichs im europ. Industrialisierungs-wettlauf: Prokopfeinkommen in Ö: 1700-1820: 112%, 1820-1870: 88%; Ursachen: Energiekrise, angewiesen auf ausländ. Unter-nehmer und Facharbeiter, Kapitalmangel, staatl. Großmacht- und Schuldenpolitik (1850: 14,5% der Männer zwischen 20 und 45 Jahre beim Militär), Rückgang der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung.
Geschichte der Industrialisierung in Österreich Anteil der Bevölkerung in der Land- u. Forstwirtschaft 1766-1850: Niederösterreich: 74% - 53% Oberösterreich: 81% - 61% Salzburg: 71% Steiermark: 76% - 75% Kärnten: 70% - 68% Tirol/Vorarlberg: 78% Böhmen: 88% - 58% Mähren: 85% - 57% Schlesien: 90% - 57% Küstenland: 92% - 67% Krain: 93% - 91%
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