Ernst Thälmann Reden und Aufsätze
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Entsprechend dem Beispiel der
Nationalsozialistischen Frick-Regierung in Thüringen diktierte aber die Brüning-Regierung mit Zustimmung der Sozialdemokratie die schändliche Kopfsteuer, Tabak und Getränke wurden noch mehr besteuert. Die Steuern der Großkapitalisten wurden verringert, die Steuern des arbeitenden Volkes erhöht! Die Volksbetrüger versprachen die hohen Schulden und Zinslasten von des Bauern Schulter zu nehmen; die Schulden und Zinslasten der Bauernschaft wachsen aber von Tag zu Tag. Die Bauernwirtschaft ist größtenteils an die Banken und Geldwucherer verpfändet, der Bauer ist deren Schuldknecht, muß mit Frau und Kindern bis zur Erschöpfung für diese Blutsauger schuften. Die aus der Staatskasse zur Um- und Entschuldung der. Landwirtschaft bereitgestellten Milliardensummen - wie bei der kapitalistischen Osthilfe - werden von der Regierung in die Taschen der Großbauern und Junker geschoben. Der werktätige Bauer muß dafür die höheren Steuern bezahlen. Den Volksbetrügern lief vor den Wahlen der Mund mit sozialen Versprechungen über. Jetzt aber fuhren sie brutal den Ausschluß der arbeitslosen Söhne und Töchter der werktätigen Bauern aus der Arbeitslosenunterstützung durch. Die Volksbetrüger versprachen Hilfe für die Bauernsöhne durch Siedlung im Osten Deutschlands . In Wirklichkeit wird mit den Staatsgeldern lediglich bankrotten Großagrariern der Boden zu hohen Preisen abgekauft, den Siedlern werden wucherische Kaufpreise berechnet; sie können nicht existieren, sind nach kurzer Zeit bankrott und als billige Arbeitskräfte den Gutsherren ausgeliefert. Statt einer Hilfe für die Landarmen nutzen die Großbauern und Junker wie auch die grundbesitzende Kirche und der Staat die Massenarbeitslosigkeit und den damit gesteigerten Bodenhunger durch Hochschrauben der Pachtzinsen für die bäuerlichen Pachtparzellen aus. Die Not des Volkes ist für sie Quelle des Reichtums. Die Volksbetrüger versprachen Hilfe durch die Zölle, durch Einfuhrscheinsystem, Roggenstützung usw. Großagrarier und Großhändler machten damit glänzende Spekulationsgeschäfte, erhöhten der bäuerlichen Wirtschaft die Ausgaben für Futtermittel, Saatgut, verteuerten den Arbeitern und Angestellten und Millionen der Kleinbauern das Brot, schränkten für die bäuerliche Wirtschaft den Absatzmarkt ein, verschärften die Agrarkrise. Die Volksbetrüger versprachen Sicherung der Absatzmöglichkeit durch Vereinheitlichung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens. Gesichert wurde damit die größere Abhängigkeit der Bauern von den kapitalistischen Genossenschaften, die mit des Bauern Geld den Absatz der Standardprodukte der Großbauern und Junkerwirtschaften organisieren und den Bauern ganz an die Wand drücken. Die Hitler und Konsorten versprachen Herabsetzung der Preise für Geräte, Kleider, Schuhe, für alle industriellen Bedarfsartikel durch Kampf gegen die Truste und Konzerne. In Wirklichkeit treten sie mit den Sozialdemokraten und den anderen bürgerlichen Parteien für die hohen Industriezölle ein, bewilligten im Reichstag 7 Millionen Mark für den Mansfeld- Konzern der jüdischen Großbankiers und 100fachen Millionäre Wolff und Goldschmidt, unterstützten die industriellen Preiswucherer. Die sozialdemokratischen Betrüger versprachen euch Kampf gegen die imperialistischen Kriegsrüstungen, gegen Panzerkreuzer , aber wie alle die anderen Parteien bekannten sie sich zur Politik des Panzerkreuzers, zur Politik der Kriegsrüstungen gegen die Sowjetunion. Die nationalsozialistischen und deutschnationalen Betrüger versprachen euch Kampf zur Zerreißung des Youngplanes, Beseitigung der Reparationslasten, Austritt aus dem Völkerbund , aber sie wagten nicht einmal im Reichstag für den kommunistischen Antrag auf Einstellung der Reparationszahlungen, Austritt aus dem Völkerbund zu stimmen. Vielmehr gab Hitler dem internationalen Finanzkapital nach der Wahl in der Presse die Versicherung, daß auch das „Dritte Reich“ die Reparationszahlungen leisten werde. Die Nationalsozialisten unterstützten die Einführung der neuen und Aufrechterhaltung der bisherigen Youngsteuern des arbeitenden Volkes. Steigerung der Not der Bauernschaft - das ist das Ergebnis der versprochenen „Hilfe“. Pfändung, Zwangsversteigerungen, Wegnahme der letzten Kuh, Enteignung, Verjagung von der Scholle, Bettelstab - das ist für die Bauern der Inhalt der Politik der Volksbetrüger von den Sozialdemokraten bis zu den Nationalsozialisten , wie sie auch die Verelendung der Arbeitermassen und die Ruinierung des städtischen Mittelstandes bedeutet. Die einzige Hilfe liegt in eurem Kampf an der Seite des revolutionären Proletariats! Die werktätige Bauernschaft kann von diesen Parteien, vom bürgerlichen Parlament und von der Brüning-Schiele-Regierung keine Hilfe erwarten . Die KPD, die Partei des revolutionären Marxismus, hat im Landes- und Reichsparlament immer wieder Anträge auf Steuerfreiheit für die bäuerliche Ackernahrung, Erlaß bäuerlicher Schulden, Beseitigung der bauernfeindlichen Zölle, der hohen Pachtabgaben usw. gestellt, und immer wieder hat die Front von den Sozialdemokraten bis zu den Nationalsozialisten die Anträge niedergestimmt. Die Kommunisten erwiesen sich immer wieder als die einzigen, ehrlichen Freunde der werktätigen Bauernschaft. Bauern! Eure Hilfe liegt in eurem gemeinsamen Kampf an der Seite des revolutionären Proletariats! Die Kommunistische Partei hilft euch diesen Kampf gegen Not, Ausbeutung und Enteignung zu organisieren, geht führend voran. Schon wurden unter Führung der Kommunisten in verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein, Sachsen, Brandenburg Zwangsversteigerungen der werktätigen Bauern mit Hilfe der Arbeiter verhindert. In Süd- Mecklenburg haben Bauerndelegierte unter Führung der KPD die gemeinsame Verweigerung der Rückzahlung von Krediten beschlossen und organisieren die gemeinsame Verhinderung der Zwangsversteigerungen. So gilt es auch den Kampf gegen die Pachtzinsen und den Kampf gegen die Steuerlasten, gegen alle Arten der Ausbeutung und Ausraubung in breitester Front zu organisieren und zu führen. Die Kommunistische Partei hilft mit ganzer Kraft die einheitliche Kampffront der werktätigen Bauernschaft zu bilden, durch Bauerndelegierten- Konferenzen, Bauernkomitees, Stärkung der revolutionären Bauernorganisationen, antifaschistische Volkskongresse usw., die gemeinsame Front der kampfgewillten Bauernschaft im engsten Bündnis mit dem Proletariat zu schmieden. Nur die gemeinsame Kampffront vermag auch den imperialistischen Kriegstreibern in den Arm zu fallen, den faschistischen Terror, die Faschisierung Deutschlands endgültig zu zerschlagen, das kapitalistische System der Ausplünderung, des Hungers der Massen, das System der sozialen und nationalen Knechtschaft des Volkes durch die sozialistische Revolution zu beseitigen. Der sozialistische Ausweg Die Volksrevolution unter Führung der Kommunistischen Partei bringt den werktätigen Bauern als sofortige Hilfe: Land durch entschädigungslose Enteignung des Großgrundbesitzes! Streichung aller Schuldenlasten! Aufhebung des Zinswuchers! Beseitigung der Pachtabgaben! Befreiung der kleinen Bauern von allen Steuern und Abgaben! Sowjetdeutschland zerreißt die nationalen Sklavenketten, schüttelt die Last der Reparationszahlungen ab, so wie Sowjetrußland sich aus den Klauen des internationalen Finanzkapitals befreite und mit einem Federstrich die imperialistischen Fesseln beseitigte. Sowjetdeutschland ist, gestützt auf seine Rote Armee, auf die ganze Masse des arbeitenden Volkes in Stadt und Land, auf das Bündnis mit Sowjetrußland und auf die Unterstützung der von der Kommunistischen Internationale geführten revolutionären Arbeiter und Bauern aller Länder, die einzige Garantie für den Frieden! Sowjetdeutschland , sozialistischer Aufbau, das bedeutet Rettung aus der Krise, Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit, Steigerung des Bedarfs an landwirtschaftlichen Produkten durch Hebung der Konsumkraft der Massen, Nutzbarmachung der modernen Technik auch für die Bauernschaft und damit Verminderung ihrer Arbeitslast, Ermöglichung des achtstündigen Arbeitstages auch für den Bauern und die Bäuerin, des Sechsstundentages für die Bauernjugend! Sowjetdeutschland , das bedeutet sozialen und kulturellen Aufstieg der arbeitenden Massen und ihrer Kinder. Das alles zeigt uns das heroische Beispiel des sozialistischen Aufbauwerkes unserer russischen Brüder und Schwestern. Vorwärts, Bauern an der Seite der Arbeiterschaft unter Führung der Kommunistischen Partei! Vorwärts zum Kampf gegen die kapitalistischen Räuber, gegen die Volksbetrüger, gegen die imperialistischen Kriegstreiber, gegen den kapitalistischen Staat! Vorwärts zur nationalen und sozialen Befreiung! Deutschland den Arbeitern und Bauern! Es lebe Sowjet-Deutschland! Hamburg, den 25. März 1931. Mit kommunistischem Gruß Ernst Thälmann, Vorsitzender der KPD Neue Deutsche Bauernzeitung Nr. 4/1931 Thälmanns Kampfgruß an die Jugend „Der Jugendverband wächst im Feuer der reaktionären Anschläge“ Zu eurem 6. Reichsjugendtag euch die heißesten revolutionären Kampfgrüße! Euer Jugendtag muß ein Tag der großen revolutionären Massenmobilisierung gegen die Durchführung der faschistischen Diktatur in Deutschland werden. Vor euch steht die Aufgabe, die Massen des Jungproletariats in der revolutionären Einheitsfront zu organisieren. Der Jugendverband kann nur im Kampf gestählt werden. Er wächst in diesem Kampf und im Feuer der reaktionären Anschläge und Verfolgungen erst recht zur eisernen und kühnen Avantgarde des deutschen Jungproletariats heran. Die Bourgeoisie und die Sozialdemokratische Partei wollen die Arbeiterjugend mit brutaler Macht niederhalten. Deshalb rauben sie dem Jungproletariat, genau so wie den erwachsenen Arbeitern, das Recht auf die Straße. Sie bedrohen die Organisationen des Jungproletariats und hoffen, mit Gewalt die Sammlung der Jugend, des ganzen werktätigen Volkes in Stadt und Land im Lager der proletarischen Revolution zu verhindern. Die Regierenden, als Beauftragte ihrer kapitalistischen Hintermänner, glauben, durch ihre Verbotsmaßnahmen das Jungproletariat an der Sammlung in der revolutionären Einheitsfront und am Kampf gegen die wachsende faschistische Gefahr verhindern zu können. Das Jungproletariat und seine Organisation, der Kommunistische Jugendverband, marschieren trotz alledem im Geiste Liebknechts und Lenins vorwärts. Vor dem Jugendverband steht die Aufgabe, die Sammlung des Jungproletariats in der revolutionären Einheitsfront voranzutreiben durch die Liquidierung der SAJ als Massenorganisation. Der Jugendverband muß gleichzeitig einen breiten Einbruch in die bürgerlichen und katholischen Jugendverbände organisieren, um auch diese jugendlichen Arbeiter in die Klassenfront einzubeziehen. Der 6. Reichsjugendtag muß ein Auftakt werden für den weiteren unaufhaltsamen Vormarsch. Jugendgenossen! Kämpft mit aller der Jugend eigenen revolutionären Leidenschaft gegen die wachsende imperialistische Kriegsgefahr! Stellt euch wie ein Mann schützend vor das sozialistische Vaterland aller Werktätigen, die Sowjetunion! Entfaltet machtvoll das Sturmbanner des Kommunismus, das Sturmbanner der Jugend der proletarischen Revolution! Im Namen des Zentralkomitees der KPD Ernst Thälmann Die Rote Fahne, 5.4.1931 Die Lage in Deutschland und die Aufgaben der KPD Bericht auf dem 11. Plenum des EKKI Die Entwicklung in Deutschland ist sehr kompliziert, eigenartig und mit ihren neuen Erscheinungen äußerst interessant, weil neue Fragen auftauchen, die die Komintern und die deutsche Partei zwingen, dazu konkreter Stellung zu nehmen. Im Rahmen meines Berichtes ist es ja, wie jeder verstehen wird, nicht im entferntesten möglich, selbst alle taktischen Fragen und allgemeinen Probleme, die sich aus der eigenartigen Analyse der gegenwärtigen Situation ergeben, zu behandeln. Ich beschränke mich deshalb auf solche Probleme, die auch für die Entwicklung in anderen kapitalistischen Ländern von Interesse und für die Parteien von Vorteil sind, aus denen alle Sektionen der KI und KJI etwas lernen können. In den Mittelpunkt meines Berichtes will ich die These setzen, daß Deutschland unter den gegenwärtigen Bedingungen eines der schwächsten Kettenglieder in der Kette des imperialistischen Weltsystems darstellt. Wir können diese Behauptung aufstellen, auch wenn man in völliger Übereinstimmung mit der Analyse des Genossen Manuilski davon ausgeht, daß durch die großen Ereignisse in China, die letzten neueren Klassenkämpfe in Indien, die für die verschiedenen kapitalistischen Länder Europas von eminenter revolutionärer Bedeutung sind, die Entwicklung in diesen Ländern weiter fortgeschritten ist als in Deutschland oder in Polen. Trotzdem kann man die Behauptung aufstellen, daß Deutschland gegenwärtig eines der schwächsten Kettenglieder im Weltsystem des Kapitalismus darstellt. An Hand der heutigen Verschärfung der Klassensituation, der Umgruppierung der Klassenkräfte, der Zersetzung der bürgerlichen Parteien und der SPD und SAJ, der schnellen Entwicklung der Kommunistischen Partei und zuletzt an Hand der neuen Ereignisse in Young-Deutschland will ich das beweisen. Diese These, die wir aufstellen, hängt nicht nur zusammen mit den objektiven Bedingungen, sondern auch der subjektive Faktor, die Kommunistische Partei und ihre Erfolge und Fortschritte im Kampfe um die Eroberung der Mehrheit des Proletariats sind bei dieser allgemeinen Betrachtung von nicht untergeordneter Bedeutung. Ich will in meinem Bericht darauf verzichten, bezüglich der Analyse der Gesamtsituation und der Darstellung der Krise ausführlicheres Material zu bringen. Einerseits ist das überflüssig, nachdem Genosse Manuilski bereits über die gegenwärtige Entwicklung in Deutschland an verschiedenen Stellen gesprochen hat; andererseits hat die deutsche Partei schon im letzten Zentralkomitee den besonderer Charakter der jetzigen Krise ausführlich behandelt. Unser Bericht wird sich deswegen vornehmlich mit den Fragen der revolutionären Praxis beschäftigen, um auf diese Art eine zweckmäßige Ergänzung zum Referat des Genossen Manuilski zu bringen. Dabei werde ich im wesentlichen behandeln: 1. Wie weit die Tendenzen der revolutionären Krise in Deutschland bereits fortgeschritten sind. 2. Wie stark an dieser Entwicklung der subjektive Faktor, d. h. die richtige Klassenlinie unserer Partei unter Führung der Komintern beteiligt war. 3. Die Bedeutung unserer Politik für die weitere Entwicklung der revolutionären Krise; und 4. welche Grundzüge unsere Politik haben muß, welche Haupterfolge vorhanden sind und welche Schwächen und Mängel andererseits liquidiert werden müssen. Zunächst einige Bemerkungen über die Entwicklung in Deutschland. Ich setze dabei voraus, daß den Genossen die allgemeinen ökonomischen Tatsachen in Deutschland bekannt sind, und ich will deshalb nur noch einige neue Faktoren anführen. Wir haben im Monat Februar in Deutschland ein neues Anwachsen der Haldenbestände im Bergbau zu verzeichnen. Infolgedessen finden momentan neue Massenentlassungen im Bergbau statt. Im Ruhrgebiet sind jetzt wieder über 10000 Bergarbeiter bis Ende März gekündigt worden. In der Stahlindustrie und Eisenproduktion sind bis zur zweiten Märzhälfte ebenfalls Betriebseinschränkungen, Stillegungen und Feierschichten angekündigt. In der Landmaschinenindustrie (deren Entwicklung ja im Vergleich zu der in der UdSSR besonders wichtig ist) kann die Produktionskapazität nur noch zu 33 Prozent ausgenützt werden. Die Erwartungen, die die Bourgeoisie im Herbst und Winter auf eine Wendung der ökonomischen Lage im Frühjahr hegte, haben nur ganz geringe Aussichten, erfüllt zu werden. Das Amtliche Institut für Konjunkturforschung schätzt z.B. für dieses Jahr das auf dem Baumarkt investierte Kapital auf höchstens 5,5 Milliarden Mark gegenüber 7 Milliarden im Jahre 1930 und sogar 9 Milliarden im Jahre 1929. Besonders katastrophal ist die Lage auf dem Kapitalmarkt. Tagesgeld kostete im Januar 5,10 Prozent und in der letzten Februarwoche bereits 6,04 Prozent Zinsen gegenüber London mit 1,6 Prozent, Amsterdam mit 1,3 Prozent, Paris 1,9 Prozent und New York 1,6 Prozent. Natürlich ist für die nächsten Monate mit einer leichten saisonmäßigen Belebung in Deutschland zu rechnen. Aber selbst das Amtliche Institut für Konjunkturforschung in Deutschland gibt schon jetzt zu, daß im Jahresdurchschnitt 1931 Produktion und Umsatz geringer und die Arbeitslosigkeit größer sein werden, als der Durchschnitt im Jahre 1930, das doch schon ein Jahr der Krise war. Selbst nach bürgerlichen Berechnungen kann die Saisonbelebung den Arbeitsmarkt höchstens um zirka l Million Erwerbslose entlasten. Also auch bei dieser rein schematischen Berechnung, die von der Besonderheit der gegenwärtigen Krise als einer zyklischen Krise im Rahmen der allgemeinen Krise des kapitalistischen Weltsystems völlig absieht, werden wir diesen Sommer damit rechnen müssen, daß ca. 4 Millionen Erwerbslose in Deutschland bleiben. Bei der Vertiefung der Krise in Deutschland und bei dem Fehlen jeglicher Faktoren in der ganzen Welt dafür, daß eine wesentliche Belebung der Wirtschaft in wichtigen kapitalistischen Ländern eintritt, vielleicht mit geringfügigen Ausnahmen einzelner kleiner Länder, bedeutet diese Tatsache allein eine weitere anhaltende Senkung der Konsumkraft der Massen und damit gleichzeitig eine weitere Verengung des inneren Marktes für die deutschen Kapitalisten. Wie stark sich die Krise bereits im Rückgang des Umsatzes auswirkt, das ergibt sich aus den amtlichen Zahlen, wonach im vierten Quartal 1930 die Umsätze in Deutschland um 6 Milliarden, d. h. um 18 Prozent unter dem Umsatz des Vorjahres lagen. Selbst das bürgerliche Konjunkturinstitut stellt dazu fest, daß auch dieser verringerte Konsum „nur unter teilweiser Inangriffnahme von Sparreserven gehalten werden konnte“. Inzwischen ist die Arbeitslosigkeit um l Million gewachsen. Die Lage der Bauernschaft und des gewerblichen Mittelstandes ist bedeutend schlechter geworden. Die Löhne sind erneut gesunken. Die Kurzarbeit hat sich ungeheuer vermehrt. Es ist demnach klar, daß auch die Konsumkraft der Massen weiter gesunken ist, so daß sich auch der innere Markt immer mehr verengert. Und wie steht es mit dem Export? Bekanntlich ist der Rückgang des deutschen Exports im Verhältnis zu den übrigen kapitalistischen Ländern relativ geringer. Wie erklärt sich diese günstigere Entwicklung für Deutschland? Da ist einmal die Erleichterung des deutschen Exports durch die sogenannten Sachlieferungen im Rahmen der Reparationszahlungen. Durch die Annahme und die Durchführung der Bedingungen des Young-Planes wird diese Exportbegünstigung im Gegensatz zum Dawes-Plan immer mehr geschmälert und es werden immer weniger Waren auf Rechnung der Reparationszahlungen in den nächsten Jahren geliefert werden. Ein zweiter Punkt ist, daß der deutsche Export zu einem großen Teil nach Frankreich und den französischen Kolonien ging, und daß Frankreich bis jetzt von allen kapitalistischen Ländern am längsten von der Krise bis vor kurzer Zeit verschont blieb. Der dritte Punkt ist die Frage der kapitalistischen Rationalisierung. Abgesehen von den Vereinigten Staaten Amerikas hat der deutsche Kapitalismus die größten Fortschritte auf dem Gebiete der Rationalisierung gemacht. Er hat hier einen gewissen Vorsprung vor allen kapitalistischen Ländern. Und schließlich ist die besondere Verelendung der deutschen Arbeiterklasse, die starke Herabdrückung des Lebensniveaus des deutschen Proletariats gewissermaßen ein weiterer Vorzug des deutschen Kapitalismus, der dadurch in der Lage war, billigere Produkte auf dem Weltmärkte liefern und seine Exportmöglichkeiten steigern zu können. Wie steht es nun mit allen diesen Faktoren in der Zukunft? Alle diese Gründe fallen in steigendem Maße fort. Frankreich wird heute von der ökonomischen Krise ergriffen. In Frankreich sehen wir bereits die ersten Tatsachen der Verschärfung der Wirtschaftskrise. Es ist ganz verständlich, daß durch diese Lage auch der deutsche Export nach Frankreich eingeschränkt wird. Zweitens: Die deutschen Erfahrungen der kapitalistischen Rationalisierung werden von den übrigen kapitalistischen Ländern übernommen, wobei derjenige, der zuletzt rationalisiert, am besten rationalisiert, so daß selbst die Fortschritte der kapitalistischen Rationalisierung, die in den letzten Jahren in Deutschland gemacht wurden, durch die erhöhte Technik und verbesserte Rationalisierungsmethoden in den anderen kapitalistischen Ländern in den Download 5.01 Kb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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