Alles über Harry Harry Potter und der Sein der Weisen
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01 - Harry Potter und der Stein der Weisen
Gebrauche ihn klug, hatte es auf dem Zettel
geheißen. 223 Er musste es versuchen - jetzt. Er schlüpfte aus dem Bett und hüllte sich in den Umhang. Wo eben noch seine Füße waren, sah er jetzt nur noch das Mondlicht und Schatten. Ihm war merkwürdig zumute. Gebrauche ihn klug. Plötzlich war Harry hellwach. In diesem Umhang stand ihm ganz Hogwarts offen. Begeisterung durchströmte ihn. Er konnte überallhin, überall, und Filch würde es nie herausfinden. Ron grunzte im Schlaf Sollte Harry ihn wecken? Etwas hielt ihn zurück - der Umhang seines Vaters -, er spürte, dass er diesmal, dieses erste Mal, allein mit ihm sein wollte. Er stahl sich aus dem Schlafsaal, die Treppe hinunter, durch den Aufenthaltsraum und kletterte durch das Loch hinter dem Porträt. »Wer da?«, quakte die fette Dame. Harry sagte nichts. Rasch ging er den Korridor entlang. Wo sollte er hin? Mit rasend pochendem Herzen hielt er inne und dachte nach. Und dann fiel es ihm ein. Die verbotene Abteilung in der Bibliothek. Dort konnte er lesen, solange er wollte, solange er musste, um herauszufinden, wer Flamel war. Den Tarnumhang eng um sich schlingend ging er weiter. In der Bibliothek herrschte rabenschwarze Nacht. Harry war gruslig zumute. Er zündete eine Laterne an, um sich den Weg durch die Buchregale zu leuchten. Die Laterne schien in der Luft zu schweben, und obwohl Harry spürte, dass er sie in der Hand trug, ließ ihm der Anblick Schauer über den Rücken laufen. Die verbotene Abteilung lag ganz hinten in der Bibliothek. Er stieg umsichtig über die Kordel, die diesen Bereich von den andern trennte, und hielt seine Laterne hoch, um die Titel auf den Buchrücken zu lesen. 224 Sie sagten ihm nicht viel. Die abblätternden und ver- blassenden Goldlettern bildeten Wörter in Sprachen, die Harry nicht verstand. Manche Bücher hatten gar keinen Titel. Auf einem Buch war ein dunkler Fleck, der Blut schrecklich ähnlich sah. Harry sträubten sich die Nackenhaare. Vielleicht bildete er es sich nur ein, vielleicht auch nicht, aber er glaubte, von den Büchern her ein leises Flüstern zu vernehmen, als ob sie wüssten, dass jemand hier war, der nicht hier sein durfte. Irgendwo musste er anfangen. Er stellte die Laterne vorsichtig auf den Boden und suchte entlang der untersten Regalreihe nach einem viel versprechend aussehenden Buch. Ein großer schwarz-silberner Band fiel ihm ins Auge. Er zog das Buch mühsam heraus, denn es war sehr schwer, setzte es mit dem Rücken auf seine Knie und klappte es auf Ein durchdringender Schrei, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ, durchbrach die Stille - das Buch schrie! Harry schlug es zu, doch es schrie immer weiter, ununterbrochen, in einem hohen und trommelfellzerreißenden Ton. Er stolperte rückwärts und stieß seine Laterne uni, die sofort ausging. In panischer Angst hörte er Schritte den Gang draußen entlangkommen - er stopfte das schreiende Buch wieder ins Regal und rannte davon. Just an der Tür traf er auf Filch. Filchs blasse, wirre Augen sahen durch ihn hindurch und Harry wich vor Filchs ausgestrecktem Arm zur Seite und rannte weiter, den Korridor hinunter, die Schreie des Buches immer noch in den Ohren klingend. Vor einer großen Rüstung erstarrte er. Er war so überstürzt aus der Bibliothek geflohen, dass er nicht darauf geachtet hatte, wo er hinlief Um ihn her war es vollkommen dunkel, und vielleicht wusste er deshalb nicht, wo er sich 225 befand. Eine Rüstung stand in der Nähe der Küchen, das wusste er, doch er musste fünf Stockwerke darüber sein. »Sie haben mich gebeten, sofort zu ihnen zu kommen, Herr Professor, wenn jemand nachts umherstreift, und jemand war in der Bibliothek - in der verbotenen Abteilung.« Harry spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht strömte. Wo immer er auch war, Filch musste eine Abkürzung kennen, denn seine weiche, ölige Stimme kam näher, und zu seinem Entsetzen war es Snape, der antwortete: »Die verbotene Abteilung? Nun, dann können sie nicht weit sein, die kriegen wir schon.« Als Filch und Snape vor ihm um die Ecke bogen, gefror Harry zu einem Eiszapfen. Natürlich konnten sie ihn nicht sehen, doch der Korridor war eng, und wenn sie näher kämen, würden sie auf ihn prallen - trotz des Umhangs war er ja immer noch aus Fleisch und Blut. So leise er nur konnte, wich er zurück. Zu seiner Linken stand eine Tür einen Spaltbreit offen. Das war seine einzige Hoffnung. Den Atem anhaltend, um sie ja nicht zu bewegen, zwängte er sich hindurch, und als er es geschafft hatte, in das Zimmer zu gelangen, ohne dass Snape und Filch etwas bemerkten, wurde ihm leichter zumute. Sie gingen einfach vorbei und Harry lehnte sich tief atmend gegen die Wand und lauschte ihren leiser werdenden Schritten nach. Das war knapp gewesen, sehr knapp. Es dauerte einige Augenblicke, bis er das Zimmer, in dem er sich versteckt hatte, besser wahrnahm. Es sah aus wie ein nicht mehr benutztes Klassenzimmer. An der Wand entlang waren Tische und Stühle aufgestapelt und im Dunkeln konnte er auch einen umgedrehten Papierkorb erkennen. Doch an der Wand gegenüber lehnte etwas, das nicht den Eindruck machte, als ob es hierher ge- 226 hörte, etwas, das aussah, als ob jemand es einfach hier abgetellt hätte, um es aus dem Weg zu schaffen. Es war, auf zwei Klauenfüßen stehend, ein gewaltiger Spiegel, der bis zur Decke reichte und mit einem reich verzierten Goldrahmen versehen war. Oben auf dem Rahmen war eine Inschrift eingeprägt: NERHEGEB Z REH NIE DREBAZ TILT NANIEDTH CIN. Nun, da von Filch und Snape nichts mehr zu hören war, schwand Harrys Panik und er näherte sich dem Spiegel, um sich darin zu sehen und doch nichts zu sehen. Er musste die Hand vor den Mund schlagen, um nicht zu schreien. Er wirbelte herum. Sein Herz hämmerte noch rasender als vorhin bei dem schreienden Buch, denn er hatte nicht nur sich selbst im Spiegel gesehen, sondern eine ganze Ansammlung voll Menschen, die direkt hinter ihm standen. Doch das Zimmer war leer. Rasch atmend drehte er sich langsam wieder um und sah in den Spiegel. Da war es, sein Spiegelbild, weiß und mit furchtverzerrtem Gesicht, und dort, hinter ihm, spiegelten sich noch gut zehn andere. Harry blickte über die Schulter, doch immer noch war da niemand. Oder waren die vielleicht auch unsichtbar? War er tatsächlich in einem Zimmer voll unsichtbarer Menschen und war es die Eigenart dieses Spiegels, dass er sie spiegelte, unsichtbar oder nicht? Erneut blickte er in den Spiegel. Eine Frau, die unmittelbar hinter ihm stand, lächelte ihn an und winkte. Er die Hand aus, doch er fasste ins Leere. Wenn sie wirklich da wäre, dann würde er sie berühren, im Spiegel standen sie so nahe beieinander. Doch er spürte nur Luft - sie und die anderen existierten nur im Spiegel. Es war eine sehr schöne Frau. Sie hatte dunkelrotes Haar und ihre Augen - ihre Augen sind genau wie die meinen, 227 dachte Harry und rückte ein wenig näher an das Glas heran. Hellgrün - genau dieselbe Form, doch dann sah er, dass sie weinte; zwar lächelte, aber zugleich weinte. Der große, schlanke, schwarzhaarige Mann hinter ihr legte den Arm um sie. Er trug eine Brille und sein Haar war ziemlich durcheinander. Hinterm Kopf stand es ab, genau wie bei Harry. Harry war nun so nahe am Spiegel, dass seine Nase jetzt fast ihr Spiegelbild berührte. »Mum?«, flüsterte er. »Dad?« Sie sahen ihn nur an und lächelten. Und langsam sah Harry in die Gesichter der anderen Menschen im Spiegel und sah noch mehr grüne Augenpaare wie das seine, andere Nasen wie die seine, selbst einen kleinen alten Mann, der aussah, als ob er Harrys knubblige Knie hätte - Harry sah zum ersten Mal im Leben seine Familie. Die Potters lächelten und winkten Harry zu und er starrte zurück, die Hände flach gegen das Glas gepresst, als hoffte er, einfach zu ihnen hindurchfallen zu können. Er spürte ein mächtiges Stechen in seinem Körper, halb Freude, halb furchtbare Traurigkeit. Wie lange er schon so dastand, wusste er nicht. Die Spie- gelbilder verblassten nicht und er wandte den Blick nicht eine Sekunde ab, bis ein fernes Geräusch ihn wieder zur Besinnung brachte. Er konnte nicht hier bleiben, er musste sich zurück ins Bett stehlen. »Ich komme wieder«, flüsterte er, wandte den Blick vom Gesicht seiner Mutter ab und lief aus dem Zimmer. »Du hättest mich wecken können«, sagte Ron mit saurer Miene. »Komm doch heute Nacht mit, ich will dir den Spiegel zeigen.« 228 »Ich würde gern deine Mum und deinen Dad sehen«, sagte Ron begeistert. »Und ich will deine Familie sehen, alle Weasleys, du kannst mir deine anderen Brüder zeigen und überhaupt alle.« »Die kannst du jederzeit sehen«, sagte Ron. »Komm mich einfach diesen Sommer besuchen. Außerdem zeigt er vielleicht nur die Toten. Schade jedenfalls, dass du nichts über Flamel herausgefunden hast. Nimm doch von dem Schinken, warum isst du eigentlich nichts?« Harry konnte nichts essen. Er hatte seine Eltern gesehen und würde sie heute Nacht wieder sehen. Flamel hatte er fast vergessen. Das schien ihm nicht mehr besonders wichtig. Wen kümmerte es, was, der dreiköpfige Hund bewachte? War es im Grunde nicht gleichgültig, wenn Snape es stahl? »Geht's dir gut?«, fragte Ron. »Du guckst so komisch.« Wovor Harry wirklich am meisten Angst hatte, war, den Raum mit dem Spiegel nicht mehr zu finden. Weil Ron in dieser Nacht auch noch unter dem Umhang steckte, mussten sie langsamer gehen. Sie versuchten Harrys Weg von der Bibliothek aus wieder zu finden und zogen fast eine Stunde lang durch die dunklen Korridore. »Mir ist kalt«, sagte Ron. »Vergessen wir's und gehen wie- der ins Bett.« Download 0.74 Mb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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