Ernst Thälmann Reden und Aufsätze
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Verhältnis der objektiven und subjektiven Schwierigkeiten
Die dritte Frage ist die nach dem Verhältnis der objektiven und subjektiven Schwierigkeiten. Ich habe schon im Referat darauf hingewiesen, daß es unzulässig ist, objektive Schwierigkeiten als eine Entschuldigung für Passivität, für mangelnde Kämpfe usw. zu benutzen. Es gab in dieser Frage, was außerordentlich erfreulich ist, in der Diskussion eine völlige Übereinstimmung. Wir haben an der Frage der zusätzlichen Schwierigkeiten der Krise wie Erwerbslosigkeit usw. bezüglich der Führung von Streiks schon gezeigt, daß sie zwar einerseits die Führung der Streiks komplizierter machen, daß aber andererseits diese objektiven Faktoren auch wieder die Führung von Massenkämpfen erleichtern. Wir müssen stets beide Seiten des Prozesses sehen. Nicht nur die Schwierigkeiten, sondern auch die revolutionären Faktoren, die sich aus ein und derselben Tatsache ergeben. Eine solche Fragestellung ist auch notwendig bei der Behandlung der internationalen Bedeutung der deutschen Revolution. Bei den großen Schwierigkeiten, die sich für die deutsche Revolution auf Grund des Versailler Systems ergeben, wobei das deutsche Proletariat nicht nur auf die Front der deutschen Bourgeoisie stößt, sondern auch auf die größere Front der Siegermächte in der ganzen Welt, wachsen auch zugleich die revolutionären Faktoren in Deutschland im Rahmen dieses Versailler Systems. Lenin hat z.B. über diese Frage auf dem II. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale u.a. gesagt: „Das Resultat dieses Krieges ist eine scharfe Zuspitzung aller kapitalistischen Gegensätze - der Krieg hat gegen eine viertel Milliarde Menschen in eine Lage gebracht, die einer kolonialen Lage entspricht… Der Versailler Friedensvertrag hat Deutschland und eine ganze Reihe anderer Staaten in Verhältnisse gestellt, die ihre wirtschaftliche Existenz materiell unmöglich machen. Sie sind vollständig rechtlos gemacht und erniedrigt worden. Wir haben schließlich nicht mehr als eine viertel Milliarde, in denen natürlich nur die Spitzen, nur die Kapitalisten von der Aufteilung der Welt den Nutzen davontragen… Ich erinnere an dieses Bild der Welt, weil alle grundlegenden Gegensätze des Kapitalismus, des Imperialismus, die zur Revolution führen, alle grundlegenden Gegensätze in der Arbeiterbewegung, die zum erbittertsten Kampf gegen die II. Internationale geführt haben… - all das ist verknüpft mit der Teilung der Bevölkerung der Erde… Es ist klar, daß bei einer solchen Lage das Anwachsen der Empörung der Arbeiter, das Anwachsen der revolutionären Stimmungen und Ideen, das Anwachsen der elementaren Massenstreiks unvermeidlich ist… Der Krieg hat eine unerhörte Verschärfung aller kapitalistischen Gegensätze mit sich gebracht. Das ist die Ursache der tiefen revolutionären Gärung, die immer mehr anschwillt.“ Wir sehen also hier ganz klar, was Lenin aufgezeigt hat. Einerseits: Die ungeheuer starke Abhängigkeit Deutschlands auf Grund der ganzen Bestimmungen des Versailler Systems, die Tatsache, daß Deutschland ein unterdrücktes Land ist, dessen Werktätige nicht nur von der deutschen Bourgeoisie ausgebeutet werden, sondern sich gleichfalls in den Klauen der Siegermächte, in den Fesseln des Versailler Systems befinden. Daraus ergibt sich die größere Schwierigkeit für das deutsche Proletariat, die Notwendigkeit, nicht nur den Kapitalismus in Deutschland zu stürzen, sondern darüber hinaus Deutschland aus dem System des Weltimperialismus herauszureißen. Lenin zeigt darüber hinaus jedoch, daß das Versailler System zugleich „die Ursache der tiefen revolutionären Gärung, die immer mehr anschwillt“ ist. Diese andere Seite müssen wir auch aufs stärkste unterstreichen. Es besteht sonst die Gefahr, daß wir nur die Schwierigkeiten sehen und nicht auch diese revolutionären Faktoren. Im Mittelpunkt steht die Frage des Krieges Ich komme nun zu einer weiteren Frage, die im Mittelpunkt unseres ganzen Plenums stand: Die Frage des Krieges. Verschiedene Genossen haben in der Diskussion sehr gute und ergänzende Ausführungen gemacht, Verbesserungsvorschläge zur Resolution, ernste Anregungen dazu, was wir jetzt auf dem Gebiete unserer praktischen Antikriegsarbeit und im Kampf für Verteidigung der Sowjetunion und der chinesischen Sowjetrevolution in den Mittelpunkt unserer Arbeit rücken müssen. Aber die Gesamtdiskussion zeigte noch immer eine Unterschätzung der Gefahr des Interventionskrieges. Noch nicht alle Genossen haben verstanden, wie ernst die Lage ist, wie sehr wir den Kampf gegen den Interventionskrieg in den Mittelpunkt unserer gesamten Arbeit rücken müssen. Nehmen wir zum Beispiel einen sehr charakteristischen Artikel aus der „Berliner Börsenzeitung“. Dieses Blatt des Finanzkapitals schreibt am 23. Februar: „Das Vordringen der Japaner in der Mandschurei bedroht ohne Zweifel russische Interessen und ist zugleich eine Bedrohung des Sowjetprestiges im Fernen Osten… Dennoch wird in Sowjetrußland nur vom bevorstehenden Krieg gesprochen und man bereitet sich auf ihn, wie auf eine unvermeidliche Katastrophe vor... Moskau bereitet sich inzwischen, gewissermaßen für alle Fälle, auf einen ‚aufgezwungenen’ Krieg vor. Ein Eisenbahnzug nach dem andern wird mit Kriegsmaterial, Lebensmitteln und mit Kohlen und Metallen beladen nach dem Osten befördert. Die Zufuhr von Lebensmitteln nach Moskau und nach den anderen großen Städten gerät dadurch ins Stocken... Einzelheiten über Kriegsvorbereitungen der Sowjetunion werden natürlich geheim gehalten, jedoch verlautet, daß die russische Heerführung das äußerste Sibirien mit Wladiwostok nicht zu halten beabsichtige, sondern erst bei der Baikal-Linie Widerstand leisten werde, da die Russen dort strategisch im Vorteil sein würden. Eine Entscheidung dürfte jedoch erst im Frühjahr nach der Schneeschmelze zu erwarten sein.“ Wir sehen die klare Sprache der deutschen Bourgeoisie. Diese führende Zeitung des Finanzkapitals spricht vom Krieg gegen die Sowjetunion als einer selbstverständlichen Tatsache. Sie zweifelt gar nicht daran, daß es zu diesem Kriege kommt. Das ist die eine Seite. Man erkennt zwar den Friedenswillen der Sowjetunion heuchlerisch an, aber berichtet zugleich so viel über Kriegsvorbereitungen, daß letzten Endes der Eindruck entsteht: Die Sowjetunion will den Krieg. Das ist eine raffinierte Methode der betrügerischen antibolschewistischen Lügenhetze. Welche Schlußfolgerungen ergibt sich für uns? Es ist klar, daß wir viel stärker die Rolle der Sowjetunion als Hort des Friedens herausarbeiten müssen. Wird z.B. in unserer Presse die Rede des Genossen Litwinow in genügendem Maße ausgewertet? Unsere Genossen in den Redaktionen versagen in dieser Frage. Genossen, ich will nur das eine mit der größten Schärfe und dem größten Nachdruck aussprechen: Die Frage unseres Kampfes gegen den imperialistischen Krieg, die Frage der Verteidigung der Sowjetunion, die aktivste Massenmobilisierung unter der Losung: „Hände weg von China! Gegen die Aufteilung Chinas durch die Imperialisten! Für den Schutz der chinesischen Sowjetgebiete!“ muß in den Mittelpunkt unserer gesamten Agitation und Propaganda gerückt werden. Unser Kampf gegen den imperialistischen Krieg muß mit allen Fragen unseres Kampfes gegen die deutsche Bourgeoisie und ihre Stützen, mit allen Fragen der Innenpolitik aufs engste verbunden werden. Auch in dieser Frage muß unser jetziges Plenum einen großen Ruck für die gesamte Parteiarbeit auslösen. Streiks, Betriebsarbeit und RGO Ich komme zur fünften Frage: Den Streiks, der Betriebs- und der RGO-Arbeit. Es ist überflüssig, in dieser Frage das zu wiederholen, was für die Verbesserung der Arbeit auf diesem Gebiet so klar und ernst durch den Genossen Dahlem gesagt wurde. Die große Wichtigkeit einer radikalen Verbesserung unserer Arbeit auf diesem Gebiet steht auch in engster Verbindung mit unserer Antikriegsarbeit, die besonders vom Genossen Remmele hervorgehoben wurde. Wir müssen sehen, daß die Frage unseres Kampfes gegen den Krieg damit verbunden ist, daß wir an allen Stellen den Massenwiderstand auslösen und steigern und Fundamente der Massenbewegung schaffen, die unseren Angriff gegen die imperialistischen Kriegsrüstungen und Kriegstreibereien ermöglichen. Eine Frage, die in der Diskussion zu kurz gekommen ist, betrifft das Problem der Unorganisierten. Wenn wir sagen, daß wir tiefer in die Oppositionsarbeit an der inneren Gewerkschaftsfront hineinsteigen sollen, daß wir eine Bresche in die ADGB-Front, die Front der reformistischen Gewerkschaften schlagen müssen, so bildet das keinen Widerspruch zu der Betonung der großen Bedeutung der unorganisierten Arbeiter. Auch die Unorganisierten gewinnt man nur auf unserer Klassenlinie, im Kampf gegen die sozialdemokratischen und reformistischen Betrugsmanöver, in der Mobilisierung für die Verteidigung ihrer Lebensinteressen. Zur Frage der Streikstrategie hat Genosse Thesen die größten Fehler vertreten. Thesen sagt: Der Fehler der Bezirksleitung im Ruhrgebiet habe darin gelegen, „daß wir uns durch eine Reihe von Umständen 14 Tage bis drei Wochen vor dem Januar haben verleiten lassen, die Losung des Massenstreiks herauszugeben“. Was bedeutet das? Das ist eine Gegenüberstellung des Massenstreiks zu den ökonomischen Teilstreiks, das ist eine Darstellung, als wenn die Parole des politischen Massenstreiks die allgemeine Streikrüstung abgeschwächt habe. Das ist also die fehlerhafte Theorie, daß die „Überpolitisierung“, die zu starke Herausarbeitung politischer Fragen Schuld am Mißlingen der Streikbewegung sei. Genosse Thesen erklärt ferner: „Wenn wir die Frage der siegreichen Streiks in materieller Beziehung so in den Vordergrund stellen, besteht meiner Auffassung nach die Gefahr, daß wir aus dieser Sackgasse, in der wir uns befinden, nicht herauskommen, nicht zu größeren Teilstreiks kommen.“ Genosse Thesen neigt also zu der Auffassung, daß die Streiks fast überhaupt nicht siegreich sein können, daß bei ihnen fast nichts materiell für die Arbeiter herausspringen kann. Ist das unsere Einstellung? Unsere Forderung auf Auslösung, Organisierung und Entfaltung von Kämpfen und Streiks ist doch eine Frage der Verteidigung der Lebensinteressen der Arbeiter. Und ich sage weiter: Über das jetzige Lebensniveau hinaus müssen die Forderungen der Arbeiterschaft durchgekämpft werden. Entspricht die Auffassung Thesens der Leninschen Feststellung, auf die ich im Referat hingewiesen habe, daß die Arbeiterschaft einen greifbaren Vorteil sehen muß, um zu kämpfen? Natürlich können wir als Kommunisten nicht nur die Frage stellen, ob ein paar Pfennige Lohnerhöhung herausspringen oder nicht. Das ist nicht die Hauptfrage. Aber einfach davon absehen, diese Frage der Verteidigung der konkreten Forderungen negieren - das wäre ein Sektierertum, ein umgestülpter Opportunismus. Genossen, das wäre ein Ansporn für die Bourgeoisie, ihre Angriffe auf die Lebenshaltung der Arbeiter zu verstärken. Die Ausführungen des Genossen Saefkow waren im allgemeinen richtiger und zweifelsohne interessant für das Plenum. Aber wenn er davon spricht, daß es „einen gewissen Grad von Depression in den Betriebsbelegschaften“ gibt, so muß man sagen, es wäre verkehrt, in solchen einzelnen Erscheinungen die Ursache für die Schwäche unserer Erfolge in der Frage der Kämpfe zu suchen. Umgekehrt: Unsere Schwächen sind die Ursache für solche Stimmungen, falls sie vorhanden sind. Um keinen Preis darf man sich hinter den Massen verstecken. Saefkow hat das zwar nicht „ getan, aber es besteht eine gewisse Gefahr, daß sich solche Schlußfolgerungen daraus ergeben können. Eine zweite Frage: Genosse Saefkow sagt: „Die Fluktuation ist die Ursache, daß das innere Leben der RGO und der roten Verbände nicht so vorhanden ist, wie es sein muß.“ Umgekehrt wäre es richtig gewesen. Eben dadurch, daß ein so schwaches inneres Leben vorhanden ist, dadurch entsteht die Fluktuation. Auch aus dieser Tatsache gilt es praktische Konsequenzen zu ziehen. Ebenso war ein schwacher Punkt in den Ausführungen des Genossen Selbmann, der in der Angelegenheit der Entsendung von Delegationen auf die reformistischen Gewerkschaftsbüros, den Fehler der sächsischen Bezirksleitung verteidigen wollte. Dazu muß man sagen: Nur ja keine Neuauflage der Theorie „Zwingt die Bonzen!“ Die sächsischen Genossen sollten diesen Fehler selbstkritisch sofort korrigieren. Die Umstellung der Betriebsarbeit im ganzen Leben der Partei, wie sie in der Resolution und im Referat gefordert wurde, ist keine Kleinigkeit. Genosse Ulbricht hat in der Diskussion sehr stark versucht, an Hand von Beispielen und Tatsachen anfeuernd und belebend auf die Arbeit der Partei in dieser Hinsicht einzuwirken. Ebenso Genosse Schulte. Auch Genosse Schehr hat gleichfalls konkrete Beispiele aus den Erfahrungen in Braunschweig und dem ganzen Bezirk vorgetragen, die einerseits die Erfolge , in der Frage des politischen Massenstreiks und auch erfolgreicher ökonomischer Streiks, andererseits Schwächen der Arbeit beleuchten. Das Plenum muß in die gesamte Partei einen solchen Geist hineintragen, daß die Beschlüsse in dieser Frage unverzüglich und mit größter Energie in Angriff , genommen und gemeinsam mit den schöpferischen Kräften der Massen zur Durchführung gebracht werden. Zur Arbeit unter den Erwerbslosen Einiges zur Erwerbslosenfrage: Wir haben 61/4 Millionen Erwerbslose in Deutschland. Gestern brachte eine Zeitung die Meldung, daß wir daneben etwa 6 Millionen Kurzarbeiter haben. Angesichts dieser riesigen Millionenarmee muß man untersuchen, wieso es trotzdem keine nennenswerten Massenaktionen der Erwerbslosen gibt. Welche praktischen Möglichkeiten bestehen, um diese Arbeit zu fördern? Erstens: Eine bessere Verbindung mit den Betrieben muß geschaffen werden. Zweitens: Eine offensive Linie in der Richtung der Erwerbslosenforderungen, vor allem der Forderung nach Arbeitslosenversicherungen auf Kosten der Unternehmer. Drittens: Zäheste Verteidigung aller bestehenden Einrichtungen und Kampf für ihren Ausbau, für die Erfüllung der Erwerbslosenforderungen. Viertens: Stärkste politische Arbeit unter den Erwerbslosen, ihre Heranziehung zu allen Kampagnen, Einsatz der Erwerbslosen bei Streiks, im antifaschistischen Massenkampf usw., zur Entfaltung eines größeren politischen Lebens unter den Erwerbslosen. Fünftens: Ausnutzung der Erwerbslosenarbeit zum Einbruch in die Massen der freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter. Sechstens: Gegen den „Arbeitsbeschaffungs“schwindel des ADGB und stärkste Mobilisierung für unsere Erwerbslosenforderungen. Die Disposition der Kräfte im Lager der Bourgeoisie Einige Bemerkungen zur Disposition der Kräfte im Lager der Bourgeoisie. Genosse Duddins hat zu dieser Frage einige Ausführungen gemacht, auf Grund deren einige Bemerkungen notwendig sind. Welche Partei vertritt am entschlossensten den Kurs des Finanzkapitals? Zweifelsohne die Deutschnationalen. Darum sagen wir, daß Hugenberg der Einpeitscher und Antreiber des faschistischen Kurses des Finanzkapitals ist. Darum arbeiten wir auch in der Resolution heraus, daß Hugenberg sich in den Nationalsozialisten die Massenbasis geschaffen hat. Gegenwärtig sind nach langem Zögern die Kandidaten der Bourgeoisie zu den Reichspräsidentenwahlen benannt worden. Die Deutschnationalen mit dem Stahlhelm und die Nationalsozialisten stellen gesonderte Kandidaturen auf. Bedeutet das einen Widerspruch zu unserer Auffassung, wonach die Nazis die Massenbasis für Hugenberg abgeben? Keineswegs! Hier handelt es sich bei den verschiedenartigen Kandidaturen im Lager der Bourgeoisie einerseits um taktische Manöver, andererseits um eine gewisse Konkurrenz, die aber wie Lenin einmal gesagt hat, nicht über die Konkurrenz zweier Sektionschefs in einem Büro hinausgeht. Die Sonderkandidatur der Nazis und der Deutschnationalen erleichtert zum Beispiel der SPD ihre Parole, Hindenburg zu wählen. Umgekehrt bringt die Hitler-Kandidatur auch eine gewisse Entspannung bei den nationalsozialistischen Anhängern, die sonst teilweise rebellieren würden. Die Duesterberg- Kandidatur des Stahlhelm schließlich ist praktisch eine Wahlhilfe für Hindenburg. Das Proletariat darf sich von diesem ganzen Spiel und Konkurrenzkampf nicht bluffen lassen. Und wie stellt sich nun die Rolle des Zentrums dar? Das Zentrum kann seine heutige Funktion als führende Regierungspartei vor allem deshalb zunächst behaupten, weil es, wie wir in unserer Resolution sagen, „als einigender Faktor der Faschisierung“ am besten die wechselseitige Ausnutzung der SPD und der Nazis ermöglicht. Zur Frage des Luxemburgismus Nur einige Bemerkungen zur Frage des Luxemburgismus. Man kann darauf verzichten, in dieser Frage sich ausführlicher mit dem Genossen Münzenberg auseinanderzusetzen, weil erstens seine Erklärungen hier vorliegt, in der Münzenberg die Unrichtigkeit seiner Äußerung über das Verhältnis Rosa Luxemburgs zum Leninismus selbst feststellt, obwohl es sich hier um eine Unklarheit in einer Frage handelt, die in der letzten Zeit öfter gestellt wurde. Es ist unmöglich, die Fehler Rosa Luxemburgs mit den objektiven Verhältnissen im Deutschland der Vorkriegszeit zu rechtfertigen. Lenin und die deutsche Arbeiterklasse Zur weiteren Klärung dieses Problems möchte ich noch einen Artikel des Genossen Lenin zur Stellung Rosa Luxemburgs in der russischen Parteidiskussion erwähnen. Es handelt sich um jenen Artikel, von dem Lenin in seinem Brief an August Bebel spricht, auf den ich schon im Referat hingewiesen habe. Lenin hat diesen Artikel in deutscher Sprache geschrieben und der „Neuen Zeit“ übersandt, aber Kautsky lehnte die Aufnahme ab. Der Artikel, der in seiner deutschen Fassung bisher nur in der russischen Ausgabe der Werke Lenins erschienen ist, enthält u.a. folgende Sätze: „Die Artikel der Genossin Rosa Luxemburg in den Nummern 42/43 der „Neuen Zeit“ üben eine Kritik über mein russisches Buch die Krise in unserer Partei... Die Genossin Rosa Luxemburg unterschiebt mir geradezu den Gedanken, daß alle Vorbedingungen zur Durchführung einer großen und äußerst zentralisierten Arbeiterpartei in Rußland bereits vorhanden sind. Wieder eine tatsächliche Unwahrheit. Nirgends in meinem Buch habe ich diesen Gedanken ausgesprochen, geschweige vertreten. Etwas anders lautete und lautet die von mir vertretene These: Ich bestand nämlich darauf, daß alle Vorbedingungen bereits vorhanden sind, um die Beschlüsse des Parteitags anzuerkennen, und daß schon die Zeit vorbei sei, ein Parteikollegium durch einen Privatzirkel zu ersetzen. Ich brachte die Beweise ein, daß gewisse Akademiker in unserer Partei ihre Inkonsequenz und Unstandhaftigkeit offenbarten, und daß sie gar kein Recht hatten, ihre Disziplinlosigkeit in den Schuh der russischen Proletarier zu schieben. Die Arbeiter Rußlands haben schon oft, bei den verschiedensten Gelegenheiten sich für das Befolgen der Parteitagsbeschlüsse ausgesprochen. Es ist geradezu lächerlich, wenn die Genossin Luxemburg eine dahingehende Äußerung für eine „optimistische“ erklärt... Rosa Luxemburg will über die jetzige Lage unserer Partei sprechen und ignoriert dabei vollständig unseren Parteitag, der eigentlich den echten Grundstein unserer Partei gelegt hat.... Genossin Rosa Luxemburg ignoriert majestätisch die konkreten Tatsachen unseres Parteikampfes und deklamiert großmütig über Fragen, die unmöglich ernst diskutiert werden können... Der Leser, der sich die Mühe nehmen wird, die Urquellen unseres Parteikampfes kennen zu lernen, wird leicht begreifen, daß die Äußerungen der Genossin Rosa Luxemburg über den Ultrazentralismus, über die Notwendigkeit einer stufenweisen Zentralisation u.d.m. konkret und praktisch ein Spott über unseren Parteitag sind, abstrakt und theoretisch (wenn hier von einer Theorie die Rede sein kann), nichts als eine Verflachung des Marxismus, als Mißbrauch der wirklichen Marx’schen Dialektik usw. sind.“ Dieser Artikel, den die deutsche Sozialdemokratie unter der Führung Bebels und Kautskys den deutschen Arbeitern vorenthielt, zeigt in klarster Form die Fehler Rosa Luxemburgs und die Methode Lenins, der ihre große Bedeutung als Revolutionärin anerkannte und sich trotzdem nicht scheute, gegen ihre falschen Auffassungen den schärfsten prinzipiellen Kampf zu führen. Auch hier erhärtet sich die Tatsache, die sich ja aus der gesamten Geschichte und Praxis der bolschewistischen Partei ergibt: Allein der Bolschewismus verkörperte in der II. Internationale die bedingungslose Anwendung und Fortführung des Marxismus, die Verwirklichung des Vermächtnisses von Marx und Engels. Um diese internationale Rolle des Bolschewismus handelt es sich, auf sie hat uns jetzt vor allem der Brief des Genossen Stalin mit größtem Nachdruck hingewiesen. Das war die große Tatsache, auf die Genosse Neumann hingewiesen hat, daß der Leninismus der Marxismus in der Epoche des Imperialismus und der Weltrevolution ist, der entsprechend der Situation und den geschichtlichen Aufgaben angewandt und fortentwickelt wurde, auf der Grundlage der wissenschaftlichen Fundamente, die Marx und Engels gegeben hatten. Wenn der Genosse Münzenberg sagt, wie er selbst während des Krieges mit Lenin zusammen war, so muß man die Frage um so schärfer stellen. Es gibt bei uns Genossen, die nicht eine solche Schule durchgemacht haben. |
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