Marx-engels-lenin-stalin-institut beim zk der sed


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In Holland 
 
Ich  will  jetzt  noch  versuchen,  einige  charakteristische  Erscheinungen  aus  anderen 
kapitalistischen Ländern der Welt zu kennzeichnen. In Holland, wo der Sitz der Amsterdamer 
Gewerkschaftsinternationale  ist,  sehen  wir  schwere  Differenzen  zwischen  den  Führern  der 
Amsterdamer  Gewerkschaften  Oudegeest  und  Steenhus  einerseits  und  Fimmen  andererseits. 
In  Amsterdam  hat  die  oppositionelle  Bewegung  innerhalb  der  Gewerkschaften  bereits  Fuß 

gefaßt.  Ein  Kennzeichen  dafür,  daß  auch  in  Holland  momentan  die  Bewegung 
vorwärtsmarschiert,  ist,  daß  zum  Beispiel  der  Vorstand  der  NAS
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  versucht  hat,  Fimmen 
aufzufordern,  eine  Konferenz  einzuberufen,  um  den  linken  Flügel  in  den  freien 
Gewerkschaften zu verstärken. 
 
In Belgien 
 
Hier  sehen  wir  seit  April  auf  Grund  der  Kämpfe  der  Bergarbeiter  eine  vollständige 
Umwandlung. Die reformistische Gewerkschaftszentrale in Belgien verlangte unter anderem 
von  der  Brüsseler  Zentralstelle  des  Metallarbeiterverbandes  den  sofortigen  Ausschluß  der 
Kommunisten. Die Generalversammlung der Brüsseler Metallarbeiter hat gegen eine Stimme 
den  Vorschlag  abgelehnt,  und  es  ist  der  Gewerkschaftszentrale  in  Belgien  bis  jetzt  nicht 
gelungen, irgendwelche organisatorischen Maßnahmen gegen die Kommunisten anzuwenden 
und Kommunisten auszuschließen. Anfang Juni, nach verschiedenen Wirtschaftskämpfen, hat 
sich  aus  dem  Metallarbeiterverband  ein  Komitee  von  zwölf  Funktionären,  ohne 
Kommunisten,  gebildet,  das  versucht,  innerhalb  der  belgischen  Arbeiterbewegung  die 
Bestrebungen  der  Einheitsgewerkschaftsbewegung  einzuleiten  und  zu  fördern,  und  das  auf 
das schärfste gegen den Ausschluß von Kommunisten protestiert. In letzter Zeit ist in der von 
der Opposition gegründeten linken Gewerkschaftszeitung „Die Einheit” ein Aufruf erschienen 
gegen den antisowjetischen Block und für das anglo-russische Komitee. 
 
In Italien 
 
Die interessanteste Erscheinung auf dem Gebiete der Gewerkschaftsbewegung ist Italien. Dort 
sehen  wir,  daß  seit  der  Betriebsbesetzung  1920  mit  steigender  Kraft  des  Faschismus  zu 
gleicher  Zeit  die  Gewerkschaften  geschwächt  wurden  und  daß  besonders  in  den  ersten 
Monaten  Mussolini  dazu  überging,  die  Gewerkschaften  zu  unterdrücken.  An  die  Stelle  der 
früheren Gewerkschaften traten die faschistischen, und sie versuchten, in den verschiedenen 
Situationen den Kämpfen der Arbeiterschaft nicht nur glatt auszuweichen, sondern sie auch zu 
hemmen. Ich möchte einige Beispiele der Gewerkschaftsarbeit aus Italien anführen. Im April 
fand  eine  Konferenz  der  Textilarbeiter  statt,  an  der  hundert  Delegierte  aus  allen  Bezirken 
teilnahmen und wo die verschiedenen Abstimmungen zeigten, daß sich der steigende Einfluß 
der Kommunisten bemerkbar machte. Für die kommunistischen Resolutionen wurden über 30 
Prozent  der  Stimmen  abgegeben,  für  die  Resolution  der  Maximalisten
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  23  Prozent  und  die 
restlichen  46  Prozent  für  die  Reformisten.  Auf  der  vorjährigen  Konferenz  waren  es  nur  11 
Prozent für die Kommunisten. Wir sehen in einem Jahre eine Verdreifachung der Stimmen. 
Die  gleichen  Anzeichen  zeigen  sich  in  anderen  Verbänden,  zum  Beispiel  bei  der 
Vorstandswahl  des  Chemiearbeiterverbandes,  bei  der  die  Reformisten  2000  Stimmen 
erhielten, die Maximalisten 800 Stimmen und die Kommunisten 548 Stimmen. Bei der letzten 
Wahl  hatten  wir  noch  keine  hundert  Stimmen.  Mit  dem  Steigen  des  kommunistischen 
Einflusses  in  den  verschiedenen  Gewerkschaften  sehen  wir  zugleich  den  Niedergang  der 
faschistischen  Gewerkschaften.  Darauf  hat  eine  ungeheure  Hetzkampagne  gegen  die 
Kommunisten eingesetzt; bei der Aufstellung eigener Listen bei der Betriebsrätewahl werden 
die  Kommunisten  aus  den  Gewerkschaften  ausgeschlossen.  In  Italien,  wo  die  Reformisten 
                                                 
34
  NAS  (Nationales  Arbeitersekretariat)  eine  niederländische  Gewerkschaftsorganisation,  die  im  Jahre  1893 
gegründet wurde und in der die anarcho-syndikalistische Richtung vorherrschte. Das NAS gehörte für kurze Zeit 
(1927) der RGI an. 
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 Maximalisten - die Vertreter des Zentrismus in der Sozialistischen Partei Italiens. Die Maximalisten unter der 
Führung  von  Lazzari  und  Serrati  bildeten  während  des  ersten  Weltkrieges  und  danach  die  Mehrheit  in  der 
Sozialistischen Partei. 

und  die  Maximalisten  entschlossen  sind,  die  energischsten  Maßnahmen  gegen  die 
Kommunisten zu unternehmen, wird die Spaltung in nächster Zeit unvermeidlich sein. 
 
In den nordischen Ländern 
 
In  Skandinavien,  besonders  in  Dänemark,  sehen  wir,  daß  die  nicht  sehr  starke  Partei  der 
Kommunisten  doch  einen  großen  Einfluß  auf  die  Gewerkschaftsbewegung  hat.  Bis  vor 
kurzem war es noch nicht möglich, gut arbeitende Fraktionen aufzubauen. Heute bestehen in 
über 18 Verbänden Fraktionen, und die letzten Wirtschaftskämpfe in Dänemark haben bereits 
gezeigt, daß auch die Gewerkschaftsbürokratie heute mit allen Mitteln versucht, wie bei uns 
in den Jahren 1922 und 1923, die Spaltung in den Gewerkschaften vorzunehmen. 
In Finnland sehen wir trotz des weißen Terrors einen großen Einfluß der illegal arbeitenden 
Kommunisten  in  den  finnischen  Gewerkschaften.  Von  dem  Vorstand  der  gesamten 
Gewerkschaften, der 20 Mitglieder zählt, sind nur 4 bei den Reformisten, 16 sympathisieren 
mit uns und vertreten den Standpunkt der Einheitsfront im internationalen Maßstabe. 
In Norwegen besteht eine legale Kommunistische Partei, aber drei Gruppierungen innerhalb 
der Gewerkschaftsbewegung, die die Einheitsarbeit ungeheuer schwächen. 
 
In Rumänien und Jugoslawien 
 
Hier  sehen  wir,  daß  trotz  der  Unterdrückung  die  revolutionäre  Gewerkschaftsarbeit  weitere 
Fortschritte  macht.  Wenn  in  Rumänien  die  revolutionären  Gewerkschaften  heute  30000 
Mitglieder zählen und die Reformisten 20000, so ist das ein Zeichen dafür, daß - obwohl die 
Kommunistische Partei verboten ist - die Gewerkschaftsbewegung ungeheure Bedeutung hat. 
 
In Ungarn 
 
Dort ist hervorzuheben, daß die Sozialdemokraten dazu übergingen, mit der Regierung einen 
Vertrag abzuschließen, nach dem in Zukunft die Landarbeiter nicht mehr gewerkschaftlich zu 
organisieren  sind,  so  daß  die  Sozialdemokraten  offen  als  Helfershelfer  der  reaktionären 
Horthy-Regierung auftreten. 
 
In Bulgarien 
 
Die gesamte Gewerkschaftsbewegung ist vollständig aufgelöst, und es wird in den nächsten 
Monaten sehr schwierig sein, bei dem blutigen Zankoff-Regiment in diesem Lande ernsthaft 
Fuß zu fassen. 
 
Die  Gewerkschaftsentwicklung  in  verschiedenen  anderen  Ländern  Europas  ist  nicht  so 
bedeutend.  Erwähnenswert  ist  noch  aus  Asien,  daß  in  China  die  Verhandlungen  so  weit 
gediehen sind, daß die 450000 organisierten Mitglieder der Gewerkschaften dazu übergehen 
werden,  sich  der  Roten  Gewerkschaftsinternationale  anzuschließen.  Auch  in Japan  zeigt  die 
Bewegung Fortschritte, die eine Radikalisierung in den Anfangsstadien darstellen. 
 
In der Sowjetunion 
 
Ein  paar  Äußerungen  noch  über  die  sowjetischen  Gewerkschaften.  In  der  Sowjetunion  sind 
momentan 6 Millionen organisierte Mitglieder in den Gewerkschaften, vielleicht sind es heute 
schon mehr als 6 Millionen. Die Gewerkschaftsbewegung der Sowjetunion bietet natürlich ein 
ganz anderes  Bild als die Gewerkschaftsbewegung in irgendeinem anderen  Lände der Welt. 
Während die revolutionäre Gewerkschaftsbewegung in den kapitalistischen Ländern das Ziel 

hat, die Gewerkschaften wieder in Klassenkampfinstrumente umzuwandeln, den Kapitalismus 
zu zerstören, haben die sowjetischen Gewerkschaften die Aufgabe, verantwortliche Mitarbeit 
am  Aufbau  des  Kommunismus  zu  leisten.  Die  sowjetischen  Gewerkschaften,  die 
entscheidenden  Einfluß  auf  die  Produktion  und  die  Lenkung  des  Staates  haben,  bestimmen 
die  Lebenshaltung  der  sowjetischen  Arbeiterklasse.  Die  sowjetische  Arbeiterschaft  ist  nicht 
ein  Instrument  des  Staates,  wie  es  die  Reformisten  fälschlich  behaupten,  sondern  der 
proletarische Staat ist ein Instrument der Arbeiterklasse. Im übrigen wird zur Zerstreuung der 
Lügenmeldungen, 
die 
verbreitet 
sind, 
die 
erste 
deutsche 
gewerkschaftliche 
Arbeiterdelegation,  die  jetzt  in  Leningrad  eingetroffen  ist,  nach  ihrer  Rückkehr  bei  der 
Berichterstattung den deutschen Arbeitern Aufklärung darüber geben, welche Fortschritte in 
der Sowjetunion zu verzeichnen sind. 
Ich will bei der Erörterung der internationalen Angelegenheiten der Gewerkschaftsbewegung 
jetzt noch kurz über die Betriebsrätebewegung im internationalen Maßstabe sprechen. 
 
Die Betriebsrätebewegung 
 
Die  Betriebsrätebewegung,  die  zwar  nur  in  einem  Teile  Europas  Fuß  gefaßt  hat,  ist  in 
Deutschland,  Österreich  und  der  Tschechoslowakei  gesetzlich  fundiert,  während  sie  in 
Frankreich erst beginnt, praktische politische Bedeutung zu erhalten. Auch in Italien beginnt 
diese Bewegung stärkere Wurzeln zu fassen. Ich habe darauf hingewiesen, daß in Italien, trotz 
der  Maßnahmen  Mussolinis,  die  Betriebsrätebewegung,  die  im  Jahre  1920  eine  so  große 
Bedeutung hatte, sich wieder zu heben beginnt und daß sich die ersten revolutionären Ansätze 
der Betriebsrätebewegung zeigen. 
Der wichtigste Keim der Entwicklung der Betriebsrätebewegung im internationalen Maßstabe 
ist Frankreich, weil in Frankreich mit dem Revolutionierungsprozeß der Gewerkschaften die 
Betriebsrätebewegung mehr und mehr an Boden gewinnt. Wir erkennen an den verschiedenen 
Beschlüssen  der  Konferenzen,  daß  man  sich  mit  den  Fragen  des  Achtstundentages,  der 
Arbeiterlöhne, der Streikstrategie und kürzlich am 4. Juli in Paris mit der Marokkokrise usw., 
also  mit  wirklich  ernsten  politischen  Problemen  beschäftigt  hat,  so  daß  auch  die 
Betriebsrätebewegung  in  der  internationalen  Einheitsbewegung  für  die  Zukunft  ernste 
Bedeutung haben wird. 
 
Internationale Charakteristik 
 
Es  lassen  sich  international  vier  charakteristische  Merkmale  in  der  Gewerkschaftsbewegung 
feststellen: 1. Wir sehen eine wachsende Revolutionierung der Gewerkschaften in den größten 
imperialistischen  Staaten  Europas  (England  und  Frankreich).  2.  Mit  der  besseren 
Lebenshaltung der sowjetischen Arbeiterklasse und der steigenden weltpolitischen Bedeutung 
der  sowjetischen  Gewerkschaften  wächst  das  Bestreben  für  die  internationale  Einheit  der 
Gewerkschaftsbewegung  der  ganzen  Welt.  3.  Selbst  in  Ländern  des  weißen  Terrors,  wie  in 
Finnland, Polen, Ungarn und den Balkanländern, wo die kommunistischen Parteien grausam 
unterdrückt  werden,  sind  die  Gewerkschaften  fast  das  einzige  Gebiet,  auf  dem  die 
Kommunisten  große  Erfolge  erringen  können.  Die  letzten  Monate  haben  gezeigt,  daß  die 
Kommunisten  in  den  Gewerkschaften  jene  Ideen  publizieren,  die  sie  anderswo  in  der 
Öffentlichkeit  nicht  erörtern  können,  weil  die  kommunistischen  Parteien  verboten  sind.  4. 
Trotz  der  revolutionären  Erfahrungen,  die  das  deutsche  Proletariat  im  Bürgerkriege 
gesammelt  hat,  ist  Deutschland  bisher  fast  das  einzige  große  Land  in  dem  die 
Linksschwenkung  der  Gewerkschaftsbewegung  noch  nicht  zum  Durchbruch  gelangte,  im 
Gegenteil, der ADGB ist heute noch der stärkste Hort der Reaktion innerhalb Amsterdams. 
Fassen  wir  diese  Gesamtlage  in  einem  plastischen  Bild  zusammen:  Die  englischen 
Imperialisten sitzen in London, bereiten den neuen Angriffskrieg gegen die Sowjetunion vor. 

Sie berechnen strategisch und militärisch ihre Kraft, sie rechnen mit der Kriegsflotte, mit den 
Kriegsfliegern  und  mit  den  imperialistischen  Vasallenstaaten,  und  sie  rechnen  mit  der 
konterrevolutionären  Gewerkschaftsbürokratie  der  verschiedenen  kapitalistischen  Länder. 
Man  muß  sich  fragen:  Auf  wen  können  sie  als  stärkeres  Hilfsmittel  neben  den  englischen 
Kriegsschiffen  gegen  die  Sowjetunion  rechnen  auf  die  englischen  Gewerkschaften  oder  den 
ADGB  in  Deutschland?  Ich  glaube,  wir  deutschen  Kommunisten  müssen  offen  auf  diesem 
Parteitag  zum  Ausdruck  bringen,  daß  heute  im  Zeichen  des  Garantiepaktes  die  Führer  des 
ADGB  das  sicherste  Instrument  der  Imperialisten  gegen  die  Sowjetunion  sind.  Auf  die 
englische  Gewerkschaftsbewegung  kann  Chamberlain  nicht  mehr  zählen,  weil  dort  der 
Revolutionierungsprozeß  eingesetzt  hat,  weil  dort  so  starke  Regungen  vorhanden  sind,  daß 
ein  Druck  auf  die  Labour  Party,  auf  die  englische  Bourgeoisie  und  auch  auf  die  Regierung 
ausgeübt  wird,  so  daß  diese  schon  vor  ernsten  Angriffsmaßnahmen  gegen  die  Sowjetunion 
zurückschrecken.  Auf  den  ADGB  können  Chamberlain  und  Luther  heute  noch  zählen,  weil 
noch kein starker linker Flügel in der deutschen Gewerkschaftsbewegung vorhanden ist, der 
die Massen mobilisiert. 
 
Internationale Bedeutung der deutschen Gewerkschaften 
 
Hieraus ersehen wir die ganze weltumfassende Bedeutung der deutschen Gewerkschaftsfrage. 
Eben weil sie international so wichtig ist und weil sie eine so große Bedeutung für die ganze 
Welt hat, deshalb muß die Gewerkschaftsfrage in den Mittelpunkt des X. Parteitages gestellt 
werden. Wir haben zu untersuchen, welches die Gründe für das Fehlen eines linken Flügels 
im  ADGB  nach  4  Jahren  Krieg  und  7  Jahren  revolutionärer  Kämpfe  sind  -  angesichts  der 
internationalen  Bewegung  für  die  Gewerkschaftseinheit  angesichts  der  wachsenden 
Bedeutung  der  sowjetischen  Gewerkschaften,  angesichts  des  Versailler  Friedens,  des 
Dawesplans  und  des  drohenden  Garantiepakts.  Der  Hauptgrund  ist  die  Schule  der 
opportunistischen  Sozialdemokratischen  Partei,  durch  die  Millionen  deutscher  Arbeiter 
gegangen  sind.  Auch  in  der  Kommunistischen  Partei  Deutschlands  sehen  wir  in  der 
Gewerkschaftsfrage noch die Wehen des Brandlerismus stark in Erscheinung treten, die sich, 
allgemein angedeutet, in der nicht genügenden Aktivität der kommunistischen Arbeit in den 
Gewerkschaften  äußern.  Wir  müssen,  wenn  wir  die  Frage  verstehen  wollen,  das  Verhältnis 
der  Sozialdemokraten  zu  den  Gewerkschaften  ergründen  und  prüfen.  Heute  sind  ihre 
Hauptstützpunkte  in  den  Gewerkschaften  die  Gewerkschaftsbürokratie  und  die 
Vertrauensleute  der  sozialdemokratischen  Gewerkschaftsfunktionäre  in  den  Gewerkschaften 
und Betrieben, die einen ungeheuren inneren politischen Einfluß auf das gesamte Leben der 
Arbeiterschaft  ausüben  Viele  Genossen  in  unserer  Partei  denken,  daß  nur  die 
Gewerkschaftsbürokratie die Hauptstütze in der reformistischen Tätigkeit der Gewerkschaften 
ist.  Daneben  übt  die  Millionenpresse  der  Gewerkschaften  auch  einen  ungeheuren 
ideologischen  Einfluß  auf  die  Massen  aus,  denn  sie  ist  eine  der  wichtigsten  „geistigen” 
Waffen,  die  die  Gewerkschaftsbürokratie  bei  allen  politischen  Angelegenheiten  fest  in  der 
Hand hat. 
 
Struktur des ADGB 
 
Wir  wollen  an  Hand  von  Zahlen  feststellen,  wie  groß  der  Umfang  der  engeren 
Gewerkschaftsbürokratie  überhaupt  ist,  Ihre  Zahl  wird  größtenteils  überschätzt,  sowohl  in 
unserer  Partei  wie  in  den  Kreisen  der  Gesamtarbeiterschaft.  Einige  Genossen  erklären:  Wir 
haben Zehntausende Angestellte in den Gewerkschaften. Eine neuere Statistik besagt, daß mit 
allein technischen Personal etwa 5000 Angestellte in den Gewerkschaften vorhanden sind, die 
sich auf 26000 Zahlstellen, auf eine Mitgliederzahl von etwa 5 Millionen verteilen, das heißt, 
daß auf 1000 Mitglieder ein Angestellter kommt. Rechnen wir 5000 Angestellte, von denen 

allein 4500 in den 50 deutschen Großstädten mit 2000 Zahlstellen angestellt sind, so bleiben 
noch  etwa  24000  Zahlstellen  übrig,  wo  kein  Angestellter  ist.  Diese  24000  Zahlstellen  in 
Deutschland,  wo  also  die  kleinen  Vertrauensleute  der  Sozialdemokratie,  wo  die 
Gewerkschaftsfunktionäre  aus  den  Betrieben  ausschließlich  und  ehrenamtlich  an  der  Spitze 
stehen  und  dort  den  Apparat,  in  der  Hand  haben,  sind  nach  meiner  Auffassung  mit  die 
wichtigste politische Stütze und Stärke der SPD innerhalb der Gewerkschaftsbewegung. 
Wir  haben  ferner  in  Verbindung  mit  dieser  Frage  zu  untersuchen,  wie  der  Einfluß  des 
Gewerkschaftsbürokratismus  zu  erklären  ist.  Die  Hauptstütze  der  Gewerkschaftsbewegung 
sind  zweifellos  die  600000  gewerkschaftlich  organisierten  SPD-Arbeiter  im  ADGB.  Wir 
sehen,  daß  gerade  diese  600000  organisierten  sozialdemokratischen  Arbeiter  den  gesamten 
Gewerkschaftsapparat  in  der  Hand  haben,  und  wir  gewinnen  erst  ein  richtiges  Bild  von  der 
Struktur  der  Gewerkschaften,  wenn  wir  den  Machteinfluß  der  Gewerkschaftsbürokratie  und 
des Vertrauensmännersystems vergleichen. Die eigentliche Bürokratie beträgt 0,1 Prozent. Sie 
ist  prozentual  viel  schwächer  als  die  Kommunisten,  die  mit  etwa  200000  Mitgliedern,  ohne 
die Sympathisierenden, deren Zahl schwer festzustellen ist, 4 Prozent des ADGB ausmachen. 
Die  0,1  Prozent  Gewerkschaftsbürokratie  können  durch  ihren  Apparat  die  Gewerkschaften 
nur  darum  beherrschen,  weil  sie  sich  auf  die  12  Prozent  sozialdemokratische  Arbeiter  und 
Funktionäre  in  den  Gewerkschaften  und  Betrieben  stützen.  So  beherrschen  0,1  Prozent 
Bürokraten,  gestützt  auf  12  Prozent  sozialdemokratische  Arbeiter  und  Funktionäre,  die  un-
geheure Masse der 85 Prozent parteilosen, neutralen Arbeiter des ADGB. Diese 4,2 Millionen 
Mitglieder  der  deutschen  Gewerkschaften  -  das  ist  der  deutsche  Durchschnittsarbeiter,  um 
dessen  Seele  wir  ringen  müssen,  das  ist  der  Kerntrupp  des  deutschen  Industrieproletariats, 
ohne den wir, die kommunistische Vorhut, nicht siegen können. Von diesen 85 Prozent zwar 
nicht politisch feststehenden Proletariermassen haben mehr als die Hälfte bei verschiedenen 
Situationen  mit  den  Kommunisten  nicht  nur  sympathisiert,  sondern  sind  auch  mit  ihnen 
marschiert. Ich erinnere nur daran, daß im Jahre 1923 mindestens die Hälfte dieser 85 Prozent 
bereit  war,  mit  der  KPD  gegen  die  Bourgeoisie  zu  kämpfen.  Genau  wie  der  Mittelstand  im 
Jahre 1923, der immer zwischen Bourgeoisie und Proletariat schwankt, schon teilweise bereit 
war,  mit  uns  zu  gehen,  ist  es  auch  mit  diesen  Parteilosen  innerhalb  der 
Gewerkschaftsbewegung, die sicher noch leichter zu gewinnen sind, wenn die Kommunisten 
es  nur  ernsthaft  verstehen,  praktische  Arbeit  in  den  Gewerkschaften  zu  leisten,  wie  sie  der 
politischen Bedeutung entsprechend notwendig ist. Ein Teil der Sympathisierenden ist heute 
noch in den Gewerkschaften in verschiedenen Situationen bei verschiedenen Entscheidungen 
mit uns. Ich will nur an  das ausgezeichnete Resultat der Berliner Metallarbeiterwahlen vom 
Sonntag  erinnern,  welches  deutlich  genug  den  kommunistischen  Einfluß  zeigt.  Dort  hat 
unsere kleine Fraktion fast 50 Prozent der Stimmen bekommen, nur ein paar hundert Stimmen 
weniger  als  die  Ortsverwaltung  mit  ihrem  sozialdemokratischen  Apparat.  Die 
Metallarbeiterwahl  in  Berlin  kann  man  als  die  erste  wirkliche  Bresche,  die  wir  seit  dem 
Oktober  1923  geschlagen  haben,  charakterisieren.  Im  allgemeinen  muß  festgestellt  werden, 
daß  unsere  Gewerkschaftsarbeit  brachliegt,  daß  wir  mit  dem  Wiedereintritt  in  die 
Gewerkschaften  noch  am  Anfang  der  politischen  Lösung  unserer  Gewerkschaftsaufgaben 
steten.  Unsere  Partei  ist  heute  noch  von  der  Mehrheit  der  Millionen  Arbeiter  in  den 
Gewerkschaften Deutschlands isoliert, und man muß mit viel mehr Energie und Liebe an die 
Arbeit  gehen,  damit  gerade  diese  85  Prozent  Parteilosen  unter  unseren  Einfluß  gebracht 
werden.  Die  Isolierung  der  Partei  ist  eine  der  stärksten  Garantien  für  die  Macht  der 
Bourgeoisie  und  der  sozialdemokratischen  Führer,  mit  einem  Wort,  der  ganzen 
kapitalistischen  Stabilisierung  Je  größer  die  Revolutionierung  der  Gewerkschaften,  desto 
schwieriger  die  Bestrebungen  der  Konsolidierung  der  Bourgeoisie.  Schon  in  den  nächsten 
Jahren wird sich auf dem deutschen Wirtschaftsmarkt zeigen, daß sich mit der Erfüllung der 
Separationsbestimmungen  die  innere  Krise  verschärfen  muß,  noch  dazu,  da  die  Regierung 
durch ihre Steuer- und Schutzzollpolitik das Passivum der Handelsbilanz in der nächsten Zeit 

erhöhen wird. Im Lande selbst muß sich die Lage verschärfen, weil die deutsche Konkurrenz 
auf dem Weltwirtschaftsmarkte mehr und mehr unterliegen wird, weil momentan Deutschland 
nur in der Lage ist, die Zahlungen an Amerika, England, Italien, Belgien und Frankreich - aus 
den  Reparationsverpflichtungen  -  durch  Sachlieferungen  zu  erledigen.  Und  schon  die  ersten 
Beratungen  auf  der  Brüsseler  Handelskammerkonferenz,  wo  durch  den  englischen  Bankier 
Stamp  zum  Ausdruck  gebracht  wurde,  daß  verschiedene  Produktionskrisen  auf  Grund  der 
Auswirkung des Dawesplans in Amerika und England unvermeidlich sind, zeigen überall die 
steigenden  Schwierigkeiten.  Umgekehrt  müssen  wir  zu  der  Isolierung  von  den  85  Prozent 
Parteilosen  feststellen:  Gelingt  es  uns,  diese  Isolierung  zu  durchbrechen  und  zu  zerstören, 
gelingt  es  uns,  die  Millionen  Durchschnittsarbeiter  in  den  deutschen  Gewerkschaften  auf 
unsere  Seite  zu  bringen,  gelingt  es  uns,  in  den  unvermeidlichen  Lohn-  und  Arbeitskämpfen 
der nächsten Zeit - die sich bereits heute in ihrem Anfangsstadium zeigen - die Führung der 
parteilosen  Gewerkschaftsmassen  zu  erobern,  dann  wankt  die  ganze  kapitalistische 
Stabilisierung. 
Wenn zum Beispiel heute in Deutschland 120000 Bauarbeiter ausgesperrt sind, wenn die Gas- 
und  Wasserwerksangestellten  in  Berlin  schon  mit  dem  Streik  drohen  und  in  den  nächsten 
Monaten  bei  dem  Steigen  der  Lebensmittelpreise  und  dem  Sinken  des  Reallohnes  neue 
Kämpfe unvermeidlich sind, wird es notwendig sein, daß die Kommunisten es endlich mehr 
denn  je  verstehen,  in  den  Gewerkschaften  ihren  politischen  Einfluß  wirklich  auszuüben. 
Durch diese politische Führung der einzelnen Wirtschaftskämpfe wird zu gleicher Zeit auch 
das Bestreben der Bourgeoisie durchkreuzt und im wesentlichen zunichte gemacht; denn jeder 
kleinste, politisch geführte ökonomische Streik bedeutet schon einen Riß in der Stabilisierung 
des  Kapitalismus.  So  wird  die  Gewerkschaftsfrage  zum  Knotenpunkt  aller  politischen 
Probleme.  Die  Gewerkschaftsfrage  ist  die  Grundlage  unserer  Taktik.  Durch  sie  wird  das 
Verhältnis  von  Partei  und  Klasse  entschieden,  das  Verhältnis  unserer  Partei  zur  deutschen 
Arbeiterklasse. Wir haben außerdem bei dieser Frage festzustellen, daß in dem Moment, wo 
wir 85 Prozent der Parteilosen für uns gewinnen, auch das Verhältnis der Linksentwicklung in 
den  Massen  und  das  Verhältnis  der  Linksentwicklung  in  der  Führung  ein  anderes  wird. 
Augenblicklich  kann  man  nicht  von  dem  Vorhandensein  eines  ernsten  linken  Flügels  im 
ADGB sprechen, wenn auch einige Tendenzen da sind. Wenn zum Beispiel Dißmann in der 
Frage der Organisationsbildung der Industrieverbände im ADGB gegen Schumann kämpft, so 
sind das keine wirklich ernsten oppositionell-revolutionären Tendenzen, denen man dieselbe 
politische  Beachtung  schenken  könnte,  wie  wenn  die  Kommunisten  es  verstünden,  eine 
wirklich ernste Linksentwicklung in den Massen der Gewerkschaftsmitglieder zu erzeugen - 
zum  Beispiel  in  Belgien,  wo  noch  vor  zwei  bis  drei  Monaten,  als  dort  die  großen  Kämpfe 
waren, sich kein Sozialdemokrat bereit fand, für die Einheit der Gewerkschaftsbewegung zu 
kämpfen. Jetzt tritt der sozialdemokratische Gewerkschaftssekretär Liebert energisch für diese 
Einheitsbestrebungen ein. Wenn die Kommunisten es verstehen, ihre politische Arbeit in den 
Gewerkschaften  zu  verstärken,  so  kann  man  damit  rechnen,  daß  wir  nach  ganz  kurzer 
Entwicklung, in der ohne Zweifel wirtschaftliche Kämpfe hereinbrechen werden, Fortschritte 
in  der  Radikalisierung  der  Arbeiterschaft  machen  und  dabei  natürlich  auch  unseren 
politischen Einfluß erweitern werden. 
 

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