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Offener Brief 
 
An den Parteivorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin, 
an die Bundesvorstände des ADGB, des AfA und des ADB, Berlin, 
an die Bundesleitung des Reichsbanners, Magdeburg, 
an die Bundesleitung des Roten Frontkämpferbundes, Berlin. 
 
In  den  breitesten  Massen  der  werktätigen  Bevölkerung  herrscht  größte  Erregung  über  die 
riesenhaften  Abfindungssummen,  die  von  den  Regierungen  der  Länder  den  verschiedenen, 
durch die Revolution entthronten deutschen Fürstenhäusern zugesprochen werden sollen oder 
bereits  zugesprochen  worden  sind.  Millionen  deutscher  Arbeiter,  Angestellter,  Beamter, 
Kleinbauern  und  Mittelständler  sind  außerstande,  auch  nur  das  Existenzminimum  zu 
erwerben. 
Eine  Million  Arbeiter  sind  erwerbslos.  Unzählige  Sozialrentner,  Kriegsopfer  im  weitesten 
Sinne  des  Wortes  führen  ein  Hungerdasein.  Für  die  Arbeitslosen  sind  keine  Mittel  zur 
Unterstützung vorhanden. Für die unteren und mittleren Beamten ist kein Geld zur Erhöhung 
der  Gehälter  da.  Aber  den  Hohenzollern  und  anderen  Fürstenhäusern  soll  eine  Milliarde  in 
den Rachen geworfen werden. 
Keinen Pfennig den Fürsten! 
Alle  Lasten  des  Dawespaktes  sind  nur  auf  die  werktätigen.  Massen  abgewälzt  worden.  Die 
Kleinrentner  haben  ihre  Spargroschen  durch  die  Inflation  verloren.  Zehntausenden  von 
Kleinbauern wird durch den. Steuereinzieher das Letzte gepfändet. Für die Fürstenhäuser aber 
sollen  die  ausgebeuteten  Massen  eine  weitere  Milliarde  oder  mindestens  Hunderte  von 
Millionen aufbringen. 
Nach  der  Revolution,  als  die  Arbeiter  und  Soldaten  die  Macht  dazu  hatten,  ist  die  sofortige 
entschädigungslose Enteignung in unverzeihlicher Weise mit Rücksicht auf die bürgerlichen 
Parteien versäumt worden. 
Die  Auslieferung  von  Milliardenwerten  an  die  Fürstenhäuser  ist  gleichzeitig  die  freiwillige 
Finanzierung  der  reaktionären  Verbände,  ja  geradezu  die  Schaffung  eines  monarchistischen 
Kriegsfonds  durch  die  Regierung  der  Republik.  Die  ehemaligen  Fürsten  werden  die  Gelder 
benutzen, um die immer frecher vorstoßenden Geheimverbände noch stärker hochzufüttern. 
Rupprecht  von  Wittelsbach  besaß  die  Frechheit  zu  erklären,  daß  er  mit  den  ihm 
zugesprochenen  20  Millionen  und  den  weiteren  40  Millionen  des  Wittelsbacher 
Ausgleichsfonds  keineswegs  daran  denke,  „sich  mit  der  durch  den  Umsturz  geschaffenen 
staatsrechtlichen Lage abzufinden”. 
Es  wäre  eine  Schande  für  die  Arbeiterschaft,  wenn  sie  diesem  Plünderungszug  gegen  die 
werktätige Bevölkerung tatenlos zusieht. 
Wir halten es für notwendig, daß alle Kräfte der organisierten Arbeiterbewegung mit größtem 
Nachdruck  eingesetzt  werden,  um  der  Ausraubung  Deutschlands  durch  die  Hohenzollern, 
Wittelsbacher,  Wettiner,  Coburger  und  ähnliches  Gelichter  entgegenzutreten.  Zu  diesem 
Zweck müssen unseres Erachtens selbst die geringen Handhaben ausgenutzt werden, die die 
Weimarer Reichsverfassung bietet. 
Wir entnehmen einer Mitteilung des „Vorwärts” vom 1. Dezember, daß auch in den Kreisen 
der Sozialdemokratischen Partei die Frage der Herbeiführung eines Volksentscheides für die 
Enteignung  der  fürstlichen  Besitztümer  eifrig  erörtert  wird.  Das  Zentralkomitee  der 
Kommunistischen  Partei  Deutschlands  hat  sich  ebenfalls  in  einer  seiner  letzten  Sitzungen 
eingehend mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Beschluß gekommen, daß einheitliche 
Schritte  zur  Herbeiführung  einer  Volksabstimmung  für  die  entschädigungslose  Enteignung 
der Fürstenhäuser im Interesse der werktätigen Massen von großer Bedeutung wären. 

Die  Landesregierungen  sind  den  unverschämten  Forderungen  der  Fürstenhäuser  gegenüber 
von unerhörter Nachgiebigkeit. Sie schließen entweder Abfindungsverträge, die den Raub am 
Volkseigentum  freiwillig  sanktionieren,  oder  sie  überlassen  die  Regelung  der 
Abfindungsfrage  den  ordentlichen  Gerichten,  die,  entsprechend  den  Sitten  der  deutschen 
Klassenjustiz,  jeden  Wunsch  der  entthronten  Fürsten  bereitwilligst  erfüllen.  Soweit 
Landesregierungen  Schritte  zur  Enteignung  der  Fürstenhäuser  unternommen  haben,  zum 
Beispiel  die  Gothaer  Revolutionsregierung
42
,  hat  das  Reichsgericht  diese  Gesetze  als  gegen 
die  guten  Sitten  verstoßend  bezeichnet  und  aufgehoben.  Darum  erklären  die 
Landesregierungen  zum  Teil,  sie  befänden  sich  in  einer  Zwangslage  und  wären  zu 
Abfindungsverträgen gezwungen. 
Aus diesen Gründen ist eine sofortige reichsgesetzliche Regelung unumgänglich notwendig. 
Die  verfassungsrechtlichen  Möglichkeiten  dafür  bestehen,  denn  „Reichsrecht  bricht 
Landesrecht”. 
Die Frage würde sich wie kaum eine andere zum Gegenstand eines Volksentscheides eignen, 
da  die  breitesten  Massen  über  die  Raubzüge  der  Fürstenhäuser  empört  sind.  Wir  verweisen 
darauf,  daß  die  Reichstagsfraktion  der  Kommunisten  bereits  einen  Gesetzentwurf  für  die 
entschädigungslose Enteignung der früheren Fürstenhäuser eingebracht hat. 
Die  Frage  der  entschädigungslosen  Enteignung  würde  bei  der  Volksabstimmung  von 
Millionen und aber Millionen mit einem entschiedenen Ja beantwortet werden. Der siegreiche 
Ausgang des Volksentscheides wäre um so mehr gesichert, wenn die gesamte Kraft der freien 
Gewerkschaften,  des  Reichsbanners  und  aller  übrigen  proletarischen  und  republikanischen 
Organisationen dafür eingesetzt würde. 
Die  Zeit  drängt,  da  eine  Reihe  wichtiger  Abfindungsverträge  gegenwärtig  in  der  Schwebe 
sind. Ihr Abschluß muß unter allen Umständen verhindert werden, damit Millionenwerte den 
Dynastien  entrissen  und  den  sozialen  Interessen  der  werktätigen  Massen  dienstbar  gemacht 
werden. 
Aus  diesem  Grunde  schlagen  wir  Ihnen  vor,  eine  gemeinsame  Vorbesprechung  für  die 
Durchführung  des  Volksentscheides  mit  uns  und  allen  beteiligten  Organisationen  bereits  in 
den nächsten Tagen abzuhalten. 
Wir sehen Ihrer schnellen Antwort angesichts der Wichtigkeit der Sache entgegen. 
 
Berlin, den 2. Dezember 1925. 
 
Mit proletarischem Gruß 
 
Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands 
 
I. A.: Ernst Thälmann 
 
„Die Rote Fahne“ 
vom 4. Dezember 1925.
                                                 
42
  Gemeint  ist  das  „Gesetz  über  die  Einziehung  des  Gothaischen  Hausfideikommiß…“‚  das  von  den 
Volksbeauftragten, den Nachfolgern des Vollzugsausschusses des Arbeiter- und Soldatenrats, am 31. Juli 1919 
erlassen wurde. Das Gesetz überführte den Besitz des Herzogs und des herzoglichen Hauses in das Eigentum des 
gothaischen Staates. Dieses Enteignungsgesetz wurde mit formal-juristischen Winkelzügen in der Entscheidung 
des Reichsgerichts vom 18. Juni 1925 als ungültig und mit dem „Reichsrechte nicht vereinbar“ erklärt. 

Der Moskauer Aufstand im Jahre 1905 
 
Die Kommunistische Partei Rußlands hält in diesen Tagen ihren XIV. Parteitag ab, auf dem 
für die Partei entscheidende Probleme zur Erörterung stehen. Diese Tage rufen die Erinnerung 
wach  an  den  III.  Parteitag  der  SDAPR,  der  im  Jahre  1905  in  London  zusammentrat.  Auf 
diesem  Parteitag  fand  die  erste  selbständige  Truppenschau  der  Bolschewiki  statt.  Die 
Beschlüsse  waren  für  die  Entwicklung  der  Bolschewiki  und  damit  für  die  russische 
Revolution  von  entscheidender  Bedeutung.  Das  Hauptverdienst  dieses  Parteitages  bestand 
darin,  daß  er  zum  ersten  Male  die  programmatisch  ausgearbeitete  Idee  der  Vereinigung  des 
Generalstreiks mit dem bewaffneten Aufstande aufstellte. 
Die auf den Parteitag in London folgenden Ereignisse des Jahres 1905 erbrachten bereits den 
Beweis für die Richtigkeit der in London gefaßten Beschlüsse. 
Die Ereignisse des Jahres 1905, angefangen bei den Streikkämpfen am 22. Januar - die zum 
ersten Male zeigten, daß es in Rußland außer den herrschenden Mächten, der Zarenmonarchie 
und  der  Opposition  der  liberalen  Bourgeoisie,  noch  eine  Macht  gab,  die  Arbeiterklasse,  die 
einen selbständigen, mächtigen politischen Faktor darstellte - über die Oktoberkämpfe, die zur 
Bildung der ersten Sowjets führten, bis zum bewaffneten Aufstand im Dezember 1905, waren 
sowohl  für  die  Entwicklung  der  Partei  der  Bolschewiki  wie  für  die  russische  Revolution 
wichtige  Marksteine.  Wer  die  siegreiche  Revolution  des  Jahres  1917  in  ihrer  großen 
Bedeutung für das internationale Proletariat verstehen lernen will, darf an den Ereignissen des 
Jahres  1905  nicht  vorübergehen.  Er  muß  die  Geschichte  unserer  russischen  Bruderpartei, 
jeden ihrer Schritte auf dem schweren Wege bis zur Machteroberung eingehend studieren. 
Die folgenden Zeilen sollen anläßlich des zwanzigsten Gedenktages des Dezemberaufstandes 
diesen Ereignissen gewidmet sein. Sie können nur eine kurze Darstellung sein; die Lehren, die 
aus  diesen  Ereignissen  von  jedem  Revolutionär  gezogen  werden  müssen,  können  nur 
angedeutet werden. 
Die  revolutionären  Ereignisse  von  1905,  deren  Höhepunkt  der  Rote  Oktober  und  der 
bewaffnete  Dezemberaufstand  bildeten,  waren  die  unmittelbare  Folge  des  Russisch-
Japanischen  Krieges  im  Jahre  1905.  Der  Krieg  wurde  zu  einem  Faktor,  der  das  russische 
Proletariat  in  schnellem  Tempo  revolutionierte  und  es  so  der  Revolution  näherbrachte.  Die 
Unzufriedenheit  des  Landes,  die  dumpfe  Erregung  in  der  Arbeiterschaft  entluden  sich  zum 
ersten  Male  in  den  Streikkämpfen  des  22.  Januar,  in  denen  sich  zeigte,  daß  die  parteilose 
Arbeitermasse  über  den  Kopf  der  Parteiorganisationen  hinweg  auf  die  Straße  ging.  Das 
Auftreten der Massen am 22. Januar erschütterte ganz Rußland. Die Arbeiterklasse zeigte, daß 
sie lebte. Gleichzeitig stellte diese elementare Bewegung für die Bolschewiki die Frage, wie 
die  Partei  diese  Bewegung  der  Arbeiter  leiten  sollte,  die  den  Kampf  für  ihre  Freiheit 
begannen,  aber  noch  kein  Programm  hatten  und  noch  nicht  klar  wußten,  was  sie  wollten. 
Immerhin vernichtete der Ausgang der Januarereignisse in der Arbeitermasse den Glauben an 
die  Monarchie.  Die  Arbeiter,  die  noch  an  die  Monarchie  geglaubt  hatten,  und  der  Meinung 
waren,  daß  nur  die  Minister  „schlecht“  seien,  sahen,  daß  ihr  schlimmster  Feind  gerade  die 
Monarchie, der Zarismus, war. 
Das zweite historische Ereignis des Jahres 1905 war der Oktoberstreik, der Rote Oktober, wie 
er  schon  damals  von  den  Bolschewiki  bezeichnet  wurde.  In  ganz  Rußland  kam  es  zu 
gewaltigen  Streikbewegungen,  die  am  17.Oktober  zu  Zugeständnissen  der  Autokratie  und 
schließlich zur Konstitution führten. Aus den Oktoberkämpfen heraus entstand in den Massen 
die Idee der Sowjets, der jetzigen Träger des russischen Arbeiter- und Bauernstaates. 
Wie  sich  die  Schlußfolgerung  aus  der  Voraussetzung  ergibt,  so  ergab  sich  aus  dem  Roten 
Oktober  der  Moskauer  bewaffnete  Dezemberaufstand.  Im  Mittelpunkt  dieses  Kampfes,  der 
fast gleichzeitig in 33 Städten entbrannte, stand Moskau. Anderthalb Wochen lang hielt eine 
kleine Kämpferschar gegen eine Übermacht von Militär stand. Zählten die Revolutionäre, die 
auf den  Barrikaden kämpften, nur nach Hunderten, ihre Hilfstruppen bei der Errichtung der 

Barrikaden  zählten  nach  Tausenden.  Noch  größere  Massen  umgaben  die  kämpfenden 
Revolutionäre  mit  der  Atmosphäre  der  Sympathie,  die  sich  aber  nicht  bis  zur  aktiven 
Unterstützung steigerte. 
Der Ausgang des Dezemberaufstandes war bedingt durch die überlegene mechanische Kraft 
der Reaktion. Er scheiterte nicht an den taktischen Fehlern der Bolschewiki, sondern an den 
Bajonetten  der  Armee  des  Zarismus.  Es  gibt  Niederlagen,  die  wertvoller  sind  als  mancher 
Sieg. Der Dezemberaufstand von 1905 endete mit einer solchen Niederlage. Die Erfahrungen 
dieses Kampfes wie der Kämpfe des Jahres 1905 überhaupt, waren es, die es den Bolschewiki 
ermöglichten,  zwölf  Jähre  später,  im  Oktober  1917,  das  russische  Proletariat  durch  die 
siegreiche Revolution zur Macht zu führen. 
 
Welches sind die Lehren des Moskauer Aufstandes? 
 
Lenin  hat  in  einem  Aufsatz,  der  am  29.  August  1906  im  „Proletari”  erschien,  diese 
Erfahrungen gezeigt. Zunächst stellt Lenin fest, daß die Hauptform des Dezemberaufstandes 
der  friedliche  Streik  und  die  Demonstrationen  waren,  an  denen  die  Mehrheit  der  Arbeiter 
aktiv  teilnahm.  Im  Verlaufe  des  Kampfes  aber  zeigte  sich,  daß  der  Generalstreik  sich  als 
selbständige  Hauptform  des  Kampfes  überlebt  hat,  daß  die  Bewegung  mit  unaufhaltsamer 
Elementargewalt aus diesem engen Rahmen herausgeht und eine höhere Form, den Aufstand, 
erzeugt.  Diese  Entwicklung,  die  einerseits  die  Basis  der  aktiv  am  Kampf  Beteiligten 
verengerte,  zwang  andererseits  die  Reaktion,  im  Widerstand  gegen  den  revolutionären 
Ansturm  bis  ans  Ende  zu  gehen.  So  erbrachte  der  Dezemberaufstand  den  Beweis,  daß  es 
erforderlich ist, den Massen die Notwendigkeit des vernichtenden Kampfes gegen den Gegner 
als unmittelbare Aufgabe der Aktion aufzuzeigen. 
Die  zweite  Lehre,  die  Lenin  aus  dem  Dezemberkampf  zog,  betrifft  den  Charakter  des 
Aufstandes, die Art seiner Führung, die Bedingungen, unter denen die Soldaten auf die Seite 
des Volkes übergehen. Lenin stellt fest, daß die Bolschewiki im Dezember 1905 noch nicht 
vermochten,  ihre  Kräfte  für  einen  ebenso  aktiven,  kühnen,  unternehmenden  und  offensiven 
Kampf um die schwankenden Truppen auszunützen, wie ihn die Zarenregierung angefangen 
und  durchgeführt  hat.  Wir  haben,  so  heißt  es  in  dem  Aufsatz  Lenins,  die  ideologische 
„Bearbeitung” der Armee vor-bereitet und werden sie noch energischer vorbereiten. Aber wir 
werden klägliche Pedanten bleiben, falls wir vergessen, daß im Moment des Aufstandes auch 
der physische Kampf gegen die Truppen notwendig ist. 
Als  dritte  Lehre  stellte  Lenin  fest,  daß  der  Dezemberaufstand  anschaulich  einen  von  den 
Opportunisten vergessenen Satz von Marx bestätigt hat, daß der Aufstand eine Kunst, und die 
Hauptregel dieser Kunst die tollkühne, unerschütterliche Offensive ist. 
Unmittelbar  vor  der  Machtergreifung  des  russischen  Proletariats  im  Jahre  1917  hat  Lenin 
erneut  in  einem  Artikel  auf  Grund  der  Erfahrungen  der  Revolution  des  Jahres  1905  die 
Voraussetzungen für den Sieg des bewaffneten Aufstandes wie folgt formuliert: 
 
„Um  erfolgreich  zu  sein,  darf  sich  der  Aufstand  nicht  auf  eine  Verschwörung,  nicht  auf  die  Partei 
stützen, sondern muß sich auf die fortgeschrittenste  Klasse stützen. Dies  zum ersten. Der Aufstand 
muß  sich  auf  den  revolutionären  Aufschwung  des  Volkes  stützen.  Dies  zum  zweiten.  Der  Aufstand 
muß sich auf einen solchen Wendepunkt in der Geschichte der anwachsenden Revolution stützen, wo 
die Aktivität der vordersten Reihen des Volkes am größten ist, wo die Schwankungen in den Reihen 
der Feinde und in den Reihen der schwachen, halben, unentschlossenen Freunde der Revolution am 
stärksten sind. Dies zum dritten.” 
[W. I. Lenin, Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. II, S. 132/133. Die Red.
 
Das entscheidende Problem aber, daß durch die Revolution des Jahres 1905 den Bolschewiki 
gestellt wurde und das Lenin sofort mit aller Schärfe aufgriff, war die Rolle der Bauernschaft 
in der Revolution, das Bündnis zwischen Industrieproletariat und Bauernschaft. Die russische 
Bauernschaft stellte unter dem Zarismus das Hauptkontingent für die zaristische Armee und 

damit  für  die  Niederhaltung  der  proletarischen  Revolution.  Die  ungeheure  Notlage  der 
russischen  Bauern,  ihre  skrupellose  Ausbeutung  durch  den  Großgrundbesitz  stellten  auch 
damals  schon  auf  dem  Lande  die  Revolution  auf  die  Tagesordnung.  Während  des  Roten 
Oktobers  flammten  bereits  in  mehreren  Landorten  kleine  Streikbewegungen  auf,  die  aber 
schnell  wieder  zusammenbrachen.  Lenin  schlußfolgerte,  daß  die  siegreiche  proletarische 
Revolution ohne ein Bündnis zwischen Industrieproletariat und Bauernschaft unmöglich sei, 
und  stellte  nach  dem  Dezemberaufstand  der  Partei  verstärkt  die  Losung:  Bündnis  mit  der 
Bauernschaft! 
Die russische Revolution im Jahre 1917 konnte nur dadurch siegreich durchgeführt werden, 
daß sich große Schichten der russischen Bauernschaft aktiv auf die Seite des revolutionären 
Industrieproletariats  stellten.  So  wurden  die  russischen  Bauern  unter  der  Führung  des 
Industrieproletariats ebenfalls Träger der siegreichen proletarischen Revolution. 
Die Ereignisse des Jahres 1905 waren ein gewaltiges Vorspiel zu dem revolutionären Sieg des 
Jahres  1917,  der  mit  der  Errichtung  des  ersten  Arbeiter-  und  Bauernstaates  seine  Krönung 
fand. 
Die  Kommunistische  Partei  Deutschlands  muß  die  Geschichte  der  russischen  Revolution  in 
all ihren Epochen und Kämpfen studieren und sich die Erfahrungen der Bolschewiki zu eigen 
machen. Die Partei muß lernen, den Weg der russischen Bruderpartei zu gehen, den Weg, der 
über Niederlagen zum endgültigen Siege, zur siegreichen proletarischen Revolution führt. 
 
„Die Rote Fahne” 
vom 20. Dezember 1925.

Die KPD an den Parteiausschuß der SPD 
 
Offener Brief 
 
Werte Genossen! 
Vor  ungefähr  zwei  Monaten  ist  die  Kommunistische  Partei  an  den  Parteivorstand  der 
Sozialdemokratischen  Partei  mit  der  Aufforderung  herangetreten,  über  eine  gemeinsame 
Kampagne  für  die  Durchführung  eines  Volksbegehrens  für  die  entschädigungslose 
Enteignung  der  Fürstenhäuser  zu  verhandeln.  Der  Parteivorstand  ließ  den  „Vorwärts” 
antworten, der unseren Vorschlag mit ein paar hämischen Bemerkungen und dem „Nachweis” 
seiner Undurchführbarkeit abtat. 
Seit  dieser  Zeit  ist  eine  breite  Massenbewegung  zugunsten  unseres  Vorschlags  entstanden. 
Ein Ausdruck dafür ist der Anschluß starker proletarischer und anderer Organisationen an den 
Ausschuß  für  die  Durchführung  des  Volksbegehrens  für  die  entschädigungslose  Enteignung 
der 
Fürsten. 
Tausende 
von 
Kollektivbeschlüssen 
von 
Gewerkschafts- 
und 
Betriebsversammlungen,  auch  von  einer  ganzen  Reihe  von  Ortsgruppen  des  Reichsbanners 
und  zahlreicher  Ortsgruppen  anderer  proletarischer  Organisationen,  Zehntausende  von 
Einzelzuschriften  aus  allen  Schichten  der  Bevölkerung  sind  ein  weiterer  Beweis  für  die 
elementare Bewegung. - Zu gleicher Zeit verrät die Demokratische Partei selbst das schäbige 
Kompromiß,  das  sie  Anfang  Dezember  dem  Reichstag  vorgelegt  hat.  Die  sogenannten 
republikanischen  bürgerlichen  Mittelparteien  stellen  sich  schützend  vor  die  räuberischen 
Fürsten. 
Angesichts dieser Lage scheint der Parteivorstand der SPD seine bisher ablehnende Haltung 
zum  Volksentscheid  geändert  zu  haben.  Wenigstens  teilt  der  Abend-„Vorwärts“  vom  16. 
Januar  mit,  daß  der  Parteivorstand  beschlossen  hat,  dem  Parteiausschuß  die  Vorbereitung 
eines Volksbegehrens vorzuschlagen. Die Kommunistische Partei würde einen Beschluß des 
Parteiausschusses  der  SPD  für  die  Durchführung  eines  Volksentscheides  für  die 
entschädigungslose Enteignung der Fürsten auf das wärmste begrüßen. 
Hier  wäre  einmal  eine  große  Möglichkeit  gegeben,  durch  die  gemeinsame  Vorgehen  der 
KPD,  der  SPD  und  des  ADGB,  dem  sich  noch  andere  große  Organisationen  anschließen 
würden,  der  politischen  und  sozialen  Reaktion  einen  empfindlichen  Schlag  zu  versetzen, 
Hunderte  Millionen  für  die  Erwerbslosen,  für  die  Klein-  und  Sozialrentner  und  für  die 
betrogenen  kleinen  Sparer  sicherzustellen,  Millionen  Volksgenossen  aus  dem  Lager  der 
Reaktion in das Lager der Arbeiterklasse zu führen. 
Das Zentralkomitee der KPD schlägt daher dem Parteiausschuß der SPD vor, sich der von der 
KPD und dem Ausschuß eingeleiteten Aktion für die Durchführung des Volksbegehrens für 
die  entschädigungslose  Enteignung  der  Fürsten  anzuschließen.  Wir  erwarten,  daß  der 
sozialdemokratische  Parteiausschuß  eine  schnelle  und  offene  Antwort  auf  unsere 
Aufforderung  gibt.  Millionen  Arbeiter,  Angestellte,  Beamte,  breite  Schichten  in  Stadt  und 
Land warten mit uns auf eine klare, bejahende Antwort. 
Die  überwältigende  Mehrheit  der  Werktätigen,  breite  Schichten  des  Mittelstandes  und  der 
Bauern fordern kategorisch die entschädigungslose Enteignung der fürstlichen Räuber. Jedes 
faule Kompromiß oder jeder halbe Beschluß muß notwendigerweise die Einheitlichkeit dieser 
elementaren  Massenbewegung  sprengen  und  vornehmlich  in  die  Arbeiterschichten 
Verwirrung  tragen.  Sie  bedeuten  auch  eine  positive  Unterstützung  der  monarchistischen 
Reaktion, angesichts der Gewißheit des Sieges bei einer gemeinsamen Aktion von KPD, SPD 
und ADGB. Eine Partei, die für eine teilweise Abfindung oder für eine Rentenzahlung an die 
Fürsten  eintritt,  hat  nicht  nur  das  Recht  verloren,  sich  eine  Arbeiterpartei  zu  nennen,  sie 
verwirkt  auch  das  Recht,  eine  republikanische  Partei  genannt  zu  werden.  Die  KPD  ist  auf 
jeden Fall entschlossen, die Aktion zu führen unter der Parole: Keinen Pfennig den Fürsten! 

Wir  schlagen  dem  Parteiausschuß  der  SPD  weiter  vor,  eine  sofortige  Beratung  zwischen 
KPD,  SPD  und  ADGB  zum  Zwecke  des  gemeinsamen  Kampfes  gegen  das  Elend  der 
Erwerbslosen und Kurzarbeiter zu beschließen. 
Robert Dißmann schreibt in seinem Artikel „Hilfe den Opfern der Krise”: 
 
„Immer noch war Geld vorhanden und wurden Mittel beschafft, wenn es sich in den letzten Jahren um 
andere  ‚Notleidende’  handelte  (Ruhrindustrielle  und  Unternehmer,  anderwärts  Agrarier,  Weinbauern 
usw.).  Von  den  Ansprüchen  der  Hohenzollern  und  anderer  Ausgerissener  erst  gar  nicht  zu  reden. 
Jetzt  aber  handelt  es  sich  um  Sein  oder  Nichtsein  von  Millionen  unserer  Volksgenossen.  Für  sie 
unsere ganze Kraft einzusetzen und im Kampfe nimmer zu erlahmen, betrachten wir Sozialisten und 
Gewerkschaftler als unsere Pflicht.” 
 
Wir  schließen  uns  vollinhaltlich  diesen  Schlußfolgerungen  Dißmanns  an.  Auch  hierüber 
erwarten wir eine schnelle, präzise und unzweideutige Antwort. 
Drittens machen wir den sozialdemokratischen Parteiausschuß darauf aufmerksam, daß jetzt 
die denkbar günstigste Situation gekommen ist, um die Mehrheitsverhältnisse im Deutschen 
Reichstag  wesentlich  zu  ändern.  Durch  ihre  Zoll-  und  Steuerpolitik,  durch  den 
Aufwertungsbetrug  und  Mietswucher  und  durch  ihre  Absicht,  den  Fürsten  in  der  Zeit  der 
tiefsten  Not  des  Volkes  ungeheure  Reichtümer  in  den  Rachen  zu  stopfen,  haben  sich  die 
Großagrarier  und  die  Industriellen  und  Bankiers,  die  insbesondere  in  der  Deutschnationalen 
und  Deutschen  Volkspartei  ihre  Vertretung  finden,  vor  den.  Massen  ihrer  Anhänger 
gründlichst  entlarvt.  Millionen  proletarischer  und  kleinbürgerlicher  Wähler  dieser  Parteien 
sind  bereit,  sich  von  ihnen  loszulösen  und  in  das  Lager  der  Arbeiterklasse  abzuwandern. 
Dieser Zeitpunkt muß ausgenützt werden, um eine andere Zusammensetzung des Reichstages 
herbeizuführen. Es ist die Pflicht jeder Partei, die vorgibt, der Arbeiterklasse zu dienen, solche 
Schwäche  des  Gegners  auszunützen  und  ihm  eine  Niederlage  zu  bereiten.  Wir  erwarten 
darum, daß sich der sozialdemokratische Parteiausschuß bereit erklärt, mit uns die Auflösung 
dieses Reichstages und die Wahl eines anderen zu erzwingen. 
Die  Kommunistische  Partei  veranstaltet  am  27.  Januar,  dem  Geburtstage  des  Hauptes  der 
fürstlichen  Erpresserbande,  im  ganzen  Reich  Demonstrationen  für  die  entschädigungslose 
Enteignung und für den Kampf gegen das Massenelend. Wie oft marschierte vor dem Kriege 
die Arbeiterklasse auf der Straße, um ihren Forderungen wirksamen Nachdruck zu verleihen. 
Wir fordern Euch auf, gemeinsam mit der KPD diese Demonstration zu einem einheitlichen, 
ungeheuren, beispiellosen Massenaufmarsch zu gestalten. Der gemeinsamen Aktion der KPD 
und  der  SPD  und  des  ADGB  wird  es  gelingen,  die  Fürsten  zu  schlagen  und  das  Elend  der 
Erwerbslosen zu mildern. 

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