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2. Die Macht der Arbeiterklasse
Zwischen dem Erscheinen des Kommunistischen Manifestes und dem russischen Oktoberumsturz liegen fast siebzig Jahre des proletarischen Klassenkampfes. Eine Reihe Volksrevolutionen fand in den verschiedensten Ländern statt. Bis zum 7. November 1917 endeten alle diese Revolutionen nach einem längeren oder kürzeren Kampf mit einer entscheidenden Niederlage. Die Pariser Kommune ging in Blut und Feuer unter. Die russische Revolution von 1905 endete in den Orgien des weißen Terrors. Die russische Februarrevolution von 1917 drohte ergebnislos im Sande zu verlaufen. Zum ersten Male hat das Proletariat am 7. November 1917 nicht nur eine weltgeschichtliche Sekunde lang, sondern für die Dauer die Macht ergriffen. Zum ersten Male hat das Proletariat nicht nur eine Schlacht, sondern einen ganzen Krieg, den schwersten, grausamsten, opferreichsten Krieg, gegen die Ausbeuter der ganzen Welt gewonnen. Diese Lehre muß unauslöschlich vor den Augen jedes Kommunisten stehen. Diese Lehre müssen wir unaufhörlich der ganzen Arbeiterklasse einprägen. Diese Lehre ziehen - angstvoll und wuterfüllt - alle Ausbeuter. Wodurch erklärt sich der wütende Haß aller Kapitalisten gegen die Sowjetunion? Er erklärt sich daraus, daß die Arbeiterklasse, die man verachtete, deren Klassenkampf man verspottete, deren Sieg man für unmöglich hielt, zum ersten Male die Macht in die Hände nahm und rücksichtslos gegen ihre Feinde anwandte. Das russische Proletariat hat gesiegt, weil es sich in jahrzehntelangen Kämpfen den unerschütterlichen Willen zur Macht erworben hat. Eine Reihe proletarischer Revolutionen nach dem Weltkrieg ging zugrunde, weil die Arbeiterklasse in Westeuropa diesen Willen zur Macht noch nicht besitzt. Darum wurden die proletarischen Erhebungen in Finnland, Ungarn, Deutschland, Bulgarien und Italien niedergeschlagen. Die Erweckung des Willens zur Macht ist die wichtigste Aufgabe der Kommunisten in der kommenden Ara der proletarischen Revolutionen in Westeuropa. 3. Die Sowjetunion nach acht Jahren proletarischer Diktatur Als die Spartakisten nach dem 9. November 1918 von den deutschen Volksbeauftragten die sofortige Aufnahme der Beziehungen mit Sowjetrußland verlangten, antwortete Kautsky, diese Forderung sei sinnlos, da die Sowjetmacht „nach ganz zuverlässigen Informationen” in spätestens sechs Wochen gestürzt sein werde. Inzwischen sind nicht nur sechs Wochen, sondern acht Jahre vergangen. Gestürzt wurden die sozialdemokratischen Volksbeauftragten, und an der Spitze der deutschen Novemberrepublik steht heute der Feldmarschall Hindenburg. Kautsky hingegen sitzt in Wien und schreibt dort, ganz wie vor acht Jahren, Hetzbroschüren gegen die Sowjetunion, die niemand mehr ernst nimmt. Die russischen Arbeiter und Bauern aber warfen die Konterrevolution mit der Waffe in der Hand nieder, wehrten die Intervention der ausländischen Imperialisten ab, beendeten siegreich den Bürgerkrieg, überwanden unter Anspannung aller Kräfte die Hungersnot und arbeiten heute mit größter Kraft am Aufbau des Sozialismus. Vier Jahre sind vergangen, seitdem unter Führung Lenins mit der Neuen Ökonomischen Politik begonnen wurde. Die Politik der russischen Kommunisten führte nicht zum Sturz der Sowjetmacht, sondern zu ihrem Aufstieg, der sich viel rascher entwickelte, als die Bolschewiki selbst annahmen. Die Großindustrie produzierte im Jahre 1920 17 Prozent des Vorkriegsniveaus, heute produziert sie 70 Prozent. Die landwirtschaftliche Produktion fiel im Jahre 1921 auf 50 Prozent der Vorkriegsnorm, heute beträgt sie 80 Prozent. Die Inflation ist vollständig liquidiert. Das Sowjetgeld ist heute stabiler als das englische Pfund. Aber nicht nur der wirtschaftliche Vormarsch an sich ist von Wichtigkeit, sondern die Richtung dieses Vormarsches zum Sozialismus. Innerhalb des allgemeinen Aufstieges wachsen die sozialistischen Elemente der Wirtschaft stärker als die kapitalistischen. Die Genossenschaften vereinigen jetzt über 30 Millionen Mitglieder. Der Handel, der zu Beginn der neuen Wirtschaftspolitik vom Privatkapital beherrscht wurde, ist jetzt vom Sowjetstaat und den Genossenschaften bis zu drei Viertel erobert. Das Bank- und Kreditsystem, der Transport sind fast zu 100 Prozent in den Händen des Staates konzentriert. Der Lohn der Arbeiter, der noch vor drei Jahren auf 42 Prozent der Vorkriegsnorm gefallen war, hat bereits jetzt eine Durchschnittshöhe von 80 Prozent erreicht. Er hat in Moskau den Vorkriegslohn bereits um 20 Prozent überflügelt. 62 Prozent sämtlicher Produktionsmittel, in der Großindustrie sogar bis zu 99 Prozent, sind in den Händen des proletarischen Staates konzentriert. Hunderttausende klassenbewußter Arbeiter und Bauern leiten den Staat. Allein in die Sowjets werden alljährlich über eine Million Arbeiter und Bauern gewählt. Eine neue Generation der Arbeiter- und Bauernschaft wächst unter Führung des Kommunistischen Jugendverbandes mit seinen 1,2 Millionen Mitgliedern heran. Sogar die Feinde der Sowjetunion müssen die ungeheuren Erfolge der proletarischen Diktatur auf kulturellem Gebiete anerkennen. Zweifellos bestehen noch Schwierigkeiten auf dem Wege des sozialistischen Aufbaus der Sowjetunion. Die russische Kommunistische Partei sieht klar die Quellen möglicher Gefahren: Intervention ausländischer Kapitalisten, bestimmte Gegensätze zwischen Proletariat und einzelnen Schichten der Bauernschaft, Gefahr einer Lockerung der Verbindungen zwischen dem russischen Zentrum und den nationalen Grenzgebieten, Gefahr einer Loslösung des Staatsapparats von der Kontrolle der Kommunistischen Partei, Gefahr einer vorübergehenden Entfremdung zwischen der Partei und den Bedürfnissen der breiten Massen. Gerade weil die KPR(B) diese Gefahren klar sieht, findet sie in jeder gegebenen Etappe der Entwicklung die notwendigen Maßnahmen und Mittel, um ihnen entgegenzutreten. Auf diese Weise wendet sie den Leninismus an als Lenkerin des Sowjetstaates, als Führerin der Arbeiterklasse der Sowjetunion, als die siegreiche Vorhut des internationalen Proletariats. Trotz der furchtbarsten Schwierigkeiten sind die Erfolge der Sowjetmacht nach acht Jahren proletarischer Diktatur so gewaltig, daß sogar die internationale Sozialdemokratie gezwungen wird, die Losungen ihrer Antisowjetkampagne zu ändern. Sie führt ihren antibolschewistischen Kampf bereits nicht mehr mit der Berufung auf „den Sturz der Sowjetmacht nach sechs Wochen”, sondern unter der Flagge der Verteidigung gegen den „roten Imperialismus”. Die Sozialverräter erblicken jetzt die Hauptgefahr in der Stärke der Sowjetunion. Damit dienen die sozialdemokratischen Führer den Interessen des internationalen Kapitals, das in Locarno 38 eine imperialistische Weltfront gegen die Sowjetunion geschaffen hat. 4. Der Umschwung im westeuropäischen Proletariat Während sich in Locarno die Herrscher von Versailles mit den Kapitalisten des besiegten Deutschlands zur Vorbereitung des Angriffskrieges gegen die Sowjetunion vereinigt haben, während die sozialdemokratischen Führer ihre antibolschewistische Kampagne verstärken, vollzieht sich in den Reihen der westeuropäischen Arbeiterschaft eine tiefgehende Wandlung. Die Resultate von acht Jahren der proletarischen Diktatur üben ihre Wirkung auf das Klassenbewußtsein aller Arbeiter der Welt aus. Der Wiederaufstieg der sowjetischen Wirtschaft, ihre Entwicklung zum Sozialismus zeigt der internationalen Arbeiterklasse, daß die sozialdemokratischen Führer sie über die Sowjetunion belogen haben. Hunderttausende und Millionen von Arbeitern, die dem Sowjetstaat noch vor zwei Jahren mit Mißtrauen oder Gleichgültigkeit gegenüberstanden, beginnen, sich für seine Erfolge zu interessieren. Innerhalb der sozialdemokratischen Parteien selbst erwacht die Aufmerksamkeit für die Sowjetunion. Die Entsendung von Arbeiterdelegationen aus England, Deutschland, Schweden, der Tschechoslowakei, Osterreich und Belgien ist der Beginn einer Neuorientierung des internationalen Proletariats gegenüber der Sowjetunion. Die Idee der Arbeiterdelegationen, die Sympathie für die Sowjetunion ergreifen immer breitere Massen. 38 Vertrag von Locarno - abgeschlossen auf der Konferenz von Locarno (Schweiz), die vom 5. bis 16. Oktober 1925 tagte. Vertreten waren Großbritannien, Frankreich, Italien, Belgien, Polen, die Tschechoslowakei und Deutschland. Das ist eine Erscheinung von größter Bedeutung für die Zukunft des proletarischen Klassenkampfes. Der Anschauungsunterricht der proletarischen Diktatur wirkt stärker für den Sozialismus, als es siebzig Jahre geduldiger Agitationsarbeit bis zum November 1917 vermochten. Die Frage Sowjetunion wird zur Trennungslinie zwischen den reaktionären Führern und den sozialdemokratischen Arbeitern im Betriebe. Sie ist der Anfang einer Klassendifferenzierung von größtem Umfang innerhalb der sozialdemokratischen Parteien. In England, der Hochburg des europäischen Kapitalismus, erwiesen sich die neuen sowjetfreundlichen Strömungen der Arbeiterschaft bereits jetzt als stärker als die opportunistischen Traditionen der Sozialdemokratie. Der englische Gewerkschaftskongreß hat sich mit überwältigender Mehrheit für das Bündnis mit der sowjetischen Arbeiterklasse ausgesprochen. In Deutschland sehen wir nur die ersten Keime einer ähnlichen Bewegung. Es ist die Aufgabe unserer Partei, diese Entwicklung mit allen Kräften zu beschleunigen. Das ist der eigentliche Sinn jener großen politischen Umstellung, die wir mit der letzten Parteikonferenz abgeschlossen haben. Beginnende Sympathie für die Sowjetunion, Herstellung der internationalen Einheitsfront des Proletariats, Zerschlagung der Koalition mit der Bourgeoisie, Kampf um die Errichtung der proletarischen Diktatur - das sind die vier großen Etappen, vor denen das internationale Proletariat steht. Die Internationalisierung der russischen Revolution vom 7. November 1917 - das ist der Inhalt der gegenwärtigen Geschichtsepoche. 5. Die Rolle der bolschewistischen Partei Wie kommt es, daß die proletarische Revolution nicht in einem der modernsten Industrieländer, wie Amerika, England oder Deutschland, zum ersten Male siegte, sondern in dem rückständigen, bäuerlichen Rußland? Lenin hat uns gelehrt, daß die proletarische Revolution nicht ausschließlich das Resultat der inneren Entwicklung dieses oder jenes einzelnen Landes ist, sondern das Resultat der Gegensätze im Weltsystem des Imperialismus. Die proletarische Revolution siegt nicht dort zuerst, wo die Industrie, die Kultur, die Demokratie am höchsten entwickelt sind, sondern dort, wo die Kette des Weltimperialismus am schwächsten ist, wo sie am leichtesten gesprengt werden kann. Im Jahre 1917 war die Kette des Weltimperialismus in Rußland schwächer als in den anderen Ländern. Sie riß, weil sich in Rußland die gewaltigste Volksrevolution entfaltete, an deren Spitze ein revolutionäres Proletariat marschierte, das mit hundertzwanzig Millionen ausgebeuteter und unterdrückter Bauern verbündet war. Der Zusammenbruch des Zarismus, der verlorene Krieg, die Erhebung der Bauernmassen, die Rebellion der aus Bauern und Arbeitern zusammengesetzten zaristischen Armee, die Empörung der unterdrückten Nationen, schließlich der heroische Kampf des klassenbewußten Industrieproletariats schufen eine unmittelbare revolutionäre Situation von einzigartiger Schärfe. Im gleichen Augenblick waren die Feinde des Proletariats aufs äußerste geschwächt. Die zaristischen Gutsbesitzer waren durch die Februarrevolution gestürzt, die kapitalistische Demokratie hatte noch keine Zeit gefunden, ihre Macht zu befestigen, die ausländischen Imperialisten waren durch ihre eigenen Gegensätze gespalten, durch den Weltkrieg gelähmt. Die günstigsten Bedingungen waren für den Sieg des Proletariats geschaffen. Und dennoch kann man heute mit Bestimmtheit sagen, daß die Arbeiterklasse am 7. November 1917 nicht die Macht erobert hätte, wenn nicht ein Faktor vorhanden gewesen wäre, dessen Eingriff die Entscheidung herbeiführte und damit der Weltgeschichte eine neue Richtung verlieh. Dieser Faktor war die russische Kommunistische Partei, die Partei der Bolschewiki, unter Führung Lenins. Nur die Bolschewiki waren imstande, in den acht Monaten vom Februar bis zum Oktober Schritt für Schritt die Massen gegen die kapitalistische Kerenski-Demokratie zu mobilisieren, dieses Regime zu isolieren, die großzügigsten strategischen Maßnahmen der Arbeiterklasse gegen die Konterrevolution zu leiten, alle Kräfte der Revolution zusammenzufassen, auf das eine Ziel der proletarischen Machtergreifung zu konzentrieren und in den entscheidenden Stunden des Oktobers den Aufstand zu organisieren. Ohne die Partei der Bolschewiki hätten die Menschewiki die Oberhand in den Sowjets behalten. Die russische Bourgeoisie hätte sich mit den deutschen Generälen, die bereits in Riga standen, vereinigt; der Aufstand des Proletariats und die elementaren Erhebungen der Bauernschaft wären in einem Meer von Blut erstickt worden. Der 7. November 1917 ist die gewaltigste Verkörperung der Leninschen Lehre von der führenden Rolle der bolschewistischen Partei in der proletarischen Revolution. Diese Lehre des Oktoberumsturzes bildet das genaue Gegenstück zur Hauptlehre der deutschen Novemberrevolution. Die erste deutsche Revolution ging nach fünf Jahren verzweifelter Massenkämpfe, von den Noske-Tagen über den Kapp-Putsch bis zur sächsischen Oktoberniederlage und zum Hamburger Aufstand von 1923, zugrunde, weil dem deutschen Proletariat die Führung fehlte, die Partei der Bolschewiki, die imstande gewesen wäre, den Kampf der Massen zu leiten und zu organisieren. Den 7. November 1917 begreifen, heißt nicht nur, seine Früchte, sondern auch seine Wurzeln erkennen. Diese Wurzeln liegen in dem jahrzehntelangen Kampf, den Lenin und die alte Garde des Bolschewismus für die Herausbildung einer revolutionären Partei führten. Die Voraussetzung für den Oktobersieg wurde in den Jahren 1907 bis 1914, in der Periode zwischen der Niederlage der ersten Revolution und dem Beginn des Weltkrieges geschaffen. Wir feiern heute, zugleich mit dem achten Jahrestag des Oktoberumsturzes, die zwanzigste Wiederkehr der ersten russischen Revolution von 1905. Das Jahr 1905 war nach Lenins Wort die „Generalprobe” für den Oktoberumsturz. Auf Grund der ungeheuren Erfahrungen dieser Generalprobe schufen die Bolschewiki ihre revolutionäre Theorie, arbeiteten sie die allseitige leninistische Taktik zur Eroberung und Führung der Massen heraus, sammelten und erzogen sie die eisernen Arbeiterkader, die späteren Leiter des Umsturzes. Vom historischen Standpunkt betrachtet, war der gesamte bisherige Verlauf der deutschen Revolution vom November 1918 bis zum Oktober 1923 nur eine „Generalprobe” für die kommende zweite deutsche Revolution. Wir haben unser 1905 bereits hinter uns, aber unser 1917 steht noch vor uns. Unsere Partei arbeitet jetzt an der Schaffung der Voraussetzungen für den deutschen Oktober. Auf Grund der Erfahrungen unserer ersten Revolution müssen wir eine Partei herausbilden, die imstande ist, das deutsche Proletariat zum Kampf um die Macht zu führen. Wir befinden uns in einer ähnlichen Periode, wie sie der russische Bolschewismus zwischen 1905 und 1914 durchmachte. Allerdings bestehen grundlegende Unterschiede zwischen der deutschen und der russischen Revolution. Der Kapitalismus ist im industriellen Deutschland unendlich viel stärker als im rückständigen Rußland. Seine Stärke spiegelt sich in dem großen Einfluß wider, den die sozialdemokratischen Führer noch auf das Proletariat ausüben. Die Politik der deutschen Sozialdemokratie ist noch viel gefährlicher, viel reaktionärer, als es die des russischen Menschewismus war. Darum besteht die Hauptaufgabe der Kommunisten in Deutschland in der Zerschlagung des Einflusses der sozialdemokratischen Führer auf das deutsche Proletariat, insbesondere auf die Gewerkschaftsbewegung. Der Unterschied zwischen der deutschen und der russischen Revolution ist nicht einseitig in der stärkeren Macht des deutschen Kapitalismus zu suchen. Auch das Proletariat ist in Deutschland stärker, als es in dem kleinbürgerlichen Rußland war. Beide Fronten, sowohl die der Revolution wie die der Gegenrevolution, sind in Deutschland breiter und fester. Darum ist die Revolution in Deutschland langwieriger, komplizierter und mühevoller als in Rußland. Das deutsche Proletariat ist vor allem deshalb stärker, weil es bereits die Erfahrungen der drei russischen Revolutionen und der achtjährigen Praxis der proletarischen Diktatur in der Sowjetunion besitzt. Das deutsche Proletariat hat zwei Weltmächte zu Verbündeten, die zur Zeit des russischen Oktoberumsturzes noch nicht bestanden. Sein erster Verbündeter ist die Sowjetunion selbst. Die zweite Weltmacht, die an unserer Seite steht, ist die Kommunistische Internationale. Die Komintern, deren erste Anfänge von Lenin mitten im imperialistischen Weltkrieg geschaffen wurden, ist das revolutionäre Kind des Sieges vom 7. November 1917. Sie vereinigt die Erfahrungen des russischen Bolschewismus, die Lehren des Sieges der Sowjetrevolution mit den Ergebnissen des Kampfes der internationalen Arbeiterklasse. Sie ist unser größter Führer. Mehr denn je muß der achtjährige Gedenktag des 7. November allen Kommunisten, allen revolutionären Arbeitern die prophetischen Worte ins Gedächtnis rufen, die Lenin im Jahre 1919 schrieb: „Die Gründung der III., der Kommunistischen Internationale ist die Vorstufe der internationalen Republik der Sowjets, des Weltsieges des Kommunismus.“ [W. I. Lenin, Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. II, Dietz Verlag, Berlin 1954, S. 505. Die Red.] „Hamburger Volkszeitung” vom 7. November 1925. Gegen den Vertrag von Locarno Rede im Reichstag 24. November 1925 Ich will, bevor ich auf das eigentliche Thema eingehe, einige Bemerkungen vorausschicken. Wir werden in der Debatte über den Locarnovertrag drei Redner stellen, die in drei Richtungen zu den verschiedenen Fragen grundsätzlich und endgültig Stellung nehmen werden. Ich selbst werde versuchen, den Locarnovertrag in den grundlegenden weltpolitischen und innenpolitischen Zusammenhängen in Verbindung mit dem Völkerbund und seinen Auswirkungen auf die imperialistischen Mächte und die Sowjetunion zu schildern. Ein zweiter Redner unserer Fraktion wird auf die Rede des Reichskanzlers Dr. Luther eingehen, um gleichzeitig festzustellen, mit welch großem Optimismus Herr Dr. Luther Argumente aus dem Vertrage herauszuschälen versucht hat, die im Laufe der Entwicklung durch die Tatsachen durchkreuzt werden. Ein dritter Redner wird auf das eingehen, was in der Gesamtdebatte von den einzelnen Rednern hier zum Ausdruck gebracht wird, und zwar in Verbindung mit der Entwicklung, die sich in England, in der Sowjetunion und auch in Deutschland zeigt. Die kommunistische Fraktion hat bereits bei verschiedenen Anlässen dargelegt, daß wir in der Entwicklung seit dem Jahre 1918 verschiedene Etappen erlebt haben, wo die deutsche Bourgeoisie gemeinsam mit der Sozialdemokratie durch die Maßnahmen des Ententeimperialismus geschlagen wurde. Wenn wir hier auf der Tribüne des Parlaments momentan, glaube ich, als die einzigen ernsten und grundsätzlichen Gegner des Locarno- Vertrags erscheinen, zumal, nachdem die Sowjetunion durch den Vertreter der Außenpolitik, Tschitscherin, sich in gleichem Sinne geäußert hat, glauben wir, daß man in dieser ernsten Situation gerade auch unseren wirklich ernsten politischen Argumenten hinreichend Gehör schenken sollte. Wir bringen sie in Zusammenhang mit jenen Methoden des englischen Imperialismus, der zu gleicher Zeit davon ausgeht, Deutschland für die nächsten Jahre ernsthaft in die imperialistische Front hineinzubringen. Wäre Locarno ein Schritt zur Sicherung des Friedens, zur sozialen und nationalen Freiheit der unterdrückten und ausgebeuteten Klassen und Völker, die Kommunistische Partei Deutschlands, die Kommunistische Internationale, der einzige proletarische Staat, der einzige Freund aller unterdrückten Klassen und Völker, die Sowjetunion, jeder Kommunist würden bedingungslos für Locarno eintreten. Mit derselben Energie, mit der wir heute die unterdrückten Klassen und Länder vor Locarno warnen, mit der wir den Kampf gegen Locarno organisieren, mit derselben Energie würden wir für Locarno eintreten. Denn die Proletarier aller Länder, die unterdrückten Hunderte Millionen Bauern und Arbeiter in China, in Indien, in Afrika wollen die Freiheit von den Fesseln des Kapitalismus und Imperialismus. Sie alle kämpfen für die Eroberung der sozialen und nationalen Freiheit, für einen durch die Macht der Werktätigen aller Länder wirklich gesicherten Weltfrieden. Vor wenigen Tagen nannte der „Vorwärts” anläßlich des von der italienischen Polizei fingierten Attentats auf Mussolini, Mussolini einen Mörder. Am Freitag sprach Hilferding im Reichstag gegen das blutige Unterdrückungsregime Mussolinis. Das Terrorsystem unter Führung dieses Mörders richtet sich nicht nur gegen die Arbeiter und alles, was bürgerlich- demokratisch gesinnt ist, sondern auch gegen die Deutschen in Südtirol. Der von den Sozialdemokraten aller Länder gepriesene Friedenspakt von Locarno enthält die Unterschrift dieses Mörders. Der Repräsentant dieses Mördertums garantiert gemeinsam mit England den Frieden zwischen Deutschland und Frankreich. Die Unterschrift des faschistischen Friedensgaranten befindet sich in ebenbürtiger Gesellschaft auf dem Stück Papier, das für die Sozialdemokratie die neue Friedensära bedeutet, mit der Unterschrift des Außenministers der französischen Regierung, die eben im Auftrag von französischen Banken in edler Gemeinschaft mit dem spanischen Diktator am Rif planmäßig ein Volk ausrottet, die in Syrien, dem Mandatsgebiet des Völkerbundes, mit Tanks, Kanonen und Galgen für den Völkerbund Propaganda zu machen sucht. Der Friedenspakt trägt weiter die Unterschrift des Vertreters der imperialistischen englischen Bourgeoisie, gegen deren Herrschaft sich Hunderte Millionen chinesischer und indischer Bauern und Arbeiter auflehnen. Der Friedenspakt trägt die Unterschrift der Vertreter der tschechischen und polnischen Bourgeoisie, die nicht nur brutal ihre Arbeiter und Bauern ausbeutet, sondern ebenso brutal die nationale Minderheit vergewaltigt. Der Friedenspakt trägt endlich die Unterschrift des Vertreters der deutschen Bürgerblockregierung, der Vertreter der deutschen Schwerindustrie und Junker, die im Einverständnis mit dem General des Bürgerblocks, dem Präsidenten der Republik und dem Ehrenpräsidenten des Stahlhelms, und im Einverständnis mit den deutschen Sozialdemokraten die deutschen Arbeiter und Bauern als Landsknechte den Interessen des englischen Imperialismus zur Verfügung stellen. Nicht offiziell an Locarno beteiligt sind die amerikanischen Bankiers. Kein Vertreter der amerikanischen Bourgeoisie hat den Vertrag mit unterzeichnet. Aber das amerikanische Finanzkapital, das Europa als große Kolonie betrachtet, aus dem es ungeheure Profite herausziehen kann, hat am Zustandekommen von Locarno sehr tatkräftig mitgearbeitet. In den Kanzleien der Bankiers, der Großindustriellen und der Großagrarier haben die Vertreter des amerikanischen Finanzkapitals unzweideutig zu verstehen gegeben, daß der amerikanische Imperialismus Locarno wünscht. Zwischen Herrn Stresemann, dem Außenminister der deutschen Bourgeoisie, und der Sozialdemokratie, der Partei der Lückenbüßer, ist ein eifriger Wettstreit darüber entstanden, wer der Vater der Locarnopolitik ist. Herr Stresemann hält sich für einen genialen Politiker, der Deutschland über Locarno zu alter Macht und Herrlichkeit führt, und die Sozialdemokratie, die einmal die Genialität von Herrn Stresemann zu spüren bekommen hat, als sie nämlich von ihm einen Fußtritt bekam und aus der Regierung herausflog, erklärt triumphierend: Locarno ist der Sieg der sozialdemokratischen Politik. Ja, der „Vorwärts” ging sogar so weit, daß er Herrn Stresemann einmal des Diebstahls bezichtigte, nämlich des Diebstahls der Friedenspolitik von Locarno. So sind die Rollen in Deutschland säuberlich verteilt. Der bisherige Außenminister des Bürgerblocks propagiert Locarno als die Realpolitik der deutschen Bourgeoisie. Die Sozialdemokratie propagiert Locarno als Friedenspolitik des „Sozialismus”. Die Deutschnationalen, deren Großindustrielle und großagrarische Kreise für Locarno sind, denen ein Stein vom Herzen fiel, als die Sozialdemokraten sich bereit erklärten, für die Außenpolitik der deutschen Bourgeoisie in die Bresche zu springen - diese Deutschnationalen mimen plötzlich Opposition, weil Millionen ihrer Anhänger, erbittert über die brutale Wirtschafts- und Sozialpolitik des Bürgerblocks, erbittert über den Aufwertungsverrat unter der Führung von Hindenburg - während man den deutschen Fürsten Hunderte Millionen in den Rachen wirft -, erbittert über den Preisabbauschwindel der Regierung Luther, das wahre Gesicht der Dawes-Deutschnationalen zu erkennen beginnen. Unter der Maske der nationalen Opposition liefern diese Dawes-Deutschnationalen Millionen Bauern, Kleinbürger und den Mittelstand den Interessen der Schwerindustrie und Junker aus. Unter der Maske der nationalen Opposition liefern sie Millionen deutscher Werktätiger den Interessen des inländischen Kapitalismus und des ausländischen Imperialismus aus. Angesichts dieser infamen Manöver der Parteien der deutschen Bourgeoisie und der Sozialdemokratie erinnern wir die Arbeiterklasse Deutschlands, die gesamte Arbeiterklasse der Welt an die Worte von Rosa Luxemburg, der von der heute in Deutschland siegreichen Reaktion im Bunde mit den Sozialdemokraten ermordeten großen Führerin des Proletariats, an jene Worte, die sie 1916 in den „Spartakusbriefen” schrieb: „Immer eifriger beginnen die offiziellen Geschäftsträger der herrschenden Klassen, die den Weltkrieg heraufbeschworen, in ihrem Falschspiel der Völkerverwirrung auch die falsche Karte des Schiedsgedankens einzumischen. Wilson, Grey und natürlich auch der deutsche Kanzler - sie allesamt erklären sich bereit, einem ‚Völkerbunde’ beizutreten, ja sogar - man denke! – ‚an die Spitze eines Völkerbundes zu treten, der die Friedensstörer im Zaume hält’. Und, wie der Herre, so’s Gesehene. Wie die Staatsdiplomatie, so ihre ‚sozialdemokratischen’ Reklametrommler. In Deutschland am meisten. Eifrig verbreiten sie den demagogischen Humbug und plustern ihn auf, um die Regierung mit einer Glorie zu umgeben und ihr die Massen zuzutreiben, um das Proletariat einzulullen und von seiner eigenen Politik abzulenken. Wie sie die Grundlagen des Parteiprogramms verraten haben, so schlachten sie jetzt seine einzelnen Worte nur noch aus, um die Massen unter das Kommando der herrschenden Klassen zu stellen.“ [„Spartacus” Nr. 3 vom Dezember 1916. Download 5.01 Kb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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