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Entschließung gegen jede Beteiligung
an den Arbeitsgemeinschaften Seit Ausbruch der Revolution versucht die kapitalistische Gesellschaft durch straffen Zusammenschluß ihrer Kräfte und deren rücksichtslose Einsetzung im wirtschaftlichen und politischen Kampf, die Arbeiterschaft zu willenlosen Ausbeutungsobjekten herabzudrücken. Die Klassengegensätze und Klassenkämpfe durch Arbeitsgemeinschaften zwischen Kapital und Arbeit zu überbrücken, ist ein Versuch, der in der Praxis nur Verwirrung in die Reihen der Arbeiterschaft trägt und den erforderlichen Klassenkampf unterbinden muß. Das Zusammenwirken zwischen Arbeitervertretern und Kapitalisten auf dem Boden der rein äußerlich vorhandenen Parität und der nur scheinbaren Gleichberechtigung in den Arbeitsgemeinschaften liegt besonders in der jetzigen Periode, wo durch jede 5 Hirsch-Dunckersche Gewerkschaften - die 1868 von Max Hirsch und Franz Duncker im Auftrage der Bourgeoisie gegründeten Gewerkvereine, auch als „gelbe” Gewerkschaften bekannt. Hirsch und Duncker predigten die „Harmonie der Klasseninteressen”, suchten die Arbeiter vom revolutionären Klassenkampf gegen die Bourgeoisie abzulenken und waren bestrebt, die Aufgaben der Gewerkschaftsbewegung nur auf gegenseitige Hilfe und kulturelle Aufklärung zu beschranken. Reparationskrise die Klassengegensätze sich aufs schärfste zuspitzen, nicht im Interesse unserer Organisation und somit der gesamten Transportarbeiterschaft. Deswegen lehnt der 11. Verbandstag des Deutschen Transportarbeiterverbandes jede Beteiligung an den Arbeitsgemeinschaften grundsätzlich ab. Unterzeichnet: Thälmann, Erdmann, Wolf, Walter, Mahron usw. Amsterdamer oder Rote Gewerkschaftsinternationale 6. September 1922 Kollegen und Kolleginnen! Kollege Döring hat schon darauf hingewiesen, daß auf der ersten Konferenz, die nach dem Kriege stattfand, Schwierigkeiten entstanden, die internationale Organisation zusammenzufassen. Das ist verständlich, denn die internationale Solidarität, die die Internationale Transportarbeiterföderation zum Grundsatz hatte, ist bei Ausbruch des Krieges nicht gewahrt worden. Es sind überall die imperialistischen Tendenzen ausschlaggebend gewesen. Der Zentralrat der ITF hat, worüber in Amsterdam mit Recht Beschwerde geführt wurde, nicht eingegriffen, als von deutscher Seite der Unterseebootkrieg in die Wege geleitet wurde. Auf dem Kongreß in Christiania hat man Stellung genommen zu der einheitlichen Richtung innerhalb der Arbeiterbewegung. Wir können von unserem Standpunkt aus verstehen, daß unüberbrückbare Gegensätze bestehen, die sich auf Grund der Organisationsform und auf Grund der politischen Einstellung einzelner Gewerkschaften verschiedener Länder geltend machen. Es steht auch fest, daß in den französischen Gewerkschaften ganz andere Tendenzen vorherrschen als in den deutschen. Als kürzlich in Berlin versucht wurde, die Exekutiven der drei Internationalen zusammenzubringen, haben wir erlebt, daß die Vertreter einzelner Länder eine durchaus nationalistische und kapitalistische Haltung einnahmen. (Redner geht auf die Beschlüsse in Christiania [heute Oslo] ein, auf den Boykott gegen Ungarn und gegen Polen.) Bei diesen Maßnahmen hat sich gezeigt, daß die Beschlüsse nicht ernstlich durchgeführt wurden. Dann hat man in Christiania Satzungen geschaffen, in denen steht, daß die internationale Solidarität zu fördern ist. Wo hat man davon etwas bei dem großen englischen Bergarbeiterstreik verspürt? Auf dem Genfer Kongreß hat man wohl ein bißchen protestiert gegen die Zerstörung von Dieselmotoren, aber nicht energisch Stellung genommen gegen die sonstigen, die Wirtschaft zerstörenden Bestimmungen des Friedensvertrages. Kollege Döring ist auf die Zusammenkunft der Transportarbeiter in Petrograd eingegangen. Die Sowjetregierung hat kein Interesse daran, die Internationale Transportarbeiterföderation zu zerstören, sondern sie steht auf dem Standpunkt, daß auch die Transportarbeiterschaft der ganzen Welt sich auf den entschiedenen Kampf gegen den Kapitalismus einzustellen hat. Es hat sich im Laufe der Entwicklung gezeigt, daß die Stellung der Gewerkschaften zu Sowjetrußland eine andere geworden ist. Bei der heutigen wirtschaftlichen Lage der Welt spielt Sowjetrußland eine große Rolle. Die Taten der Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale haben in gewerkschaftlichen Kreisen selbst das Bedürfnis geweckt, die Rote Internationale zu gründen. Wir werden in der Zukunft schweren Kämpfen entgegengehen. Da wird sich zeigen, ob die Amsterdamer Internationale oder die Rote Internationale ausschlaggebend ist. Es kommt nicht auf die Zahl der Organisierten an, es kommt auf den Inhalt der Internationale an. Gegen die Entschließung zum Referat „Die wirtschaftliche Lage Deutschlands” 8. September 1922 Wir wissen, daß durch die Reparationskrise, besonders durch die Londoner Konferenz 6 , sich die Situation bedeutend verschärft hat. Das Verhältnis der Löhne zu den Preisen hat sich so gestaltet, daß sich selbst bei den SPD- und USPD-Arbeitern eine starke Gärung und Empörung bemerkbar macht. Ich kann in diesem Zusammenhang, obwohl Dreher sich das auch erlaubt hat, auf alle diese wirtschaftlichen und politischen Dinge nicht so eingehen, weil es die Zeit des Verbandstages zu lange in Anspruch nehmen würde. Das eine steht aber doch fest, daß sich die deutsche Regierung gegen die Stinnes-Politik deshalb nicht gewandt hat, weil sie das als kapitalistische Regierung gar nicht kann und gar nicht will. Wir haben auf einem gewerkschaftlichen Kongreß alle Ursache, deutlich zum Ausdruck zu bringen, daß man von einer kapitalistischen Regierung irgendwelche Maßnahmen im Interesse des Proletariats nicht erwarten kann. Wir haben in den letzten Tagen gesehen, daß Stinnes als Repräsentant des Kapitalismus und der Großbourgeoisie mit einem fest umrissenen Programm an die Regierung herangetreten ist. Darauf hat der ADGB mit demütigen Anregungen und lauen Vorschlägen geantwortet, die dem Proletariat nicht die praktischen Verbesserungen bringen werden, die notwendig sind. Die „Frankfurter Zeitung” hat darauf aufmerksam gemacht, daß bereits im September eine 189fache Steigerung der Preise für alle Lebensbedürfnisse eingetreten ist; diese Preispolitik kann natürlich nicht weitergeführt werden. Wenn man in der Entschließung auf das Währungsproblem hinweist und dafür allein den Friedensvertrag von Versailles verantwortlich macht, so wäre es eigentlich vom finanziellen, wirtschaftspolitischen und politischen Standpunkt aus nötig, die internationale Lage in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise überhaupt zu schildern. Wenn nur die Bankkonzerne maßgebend sind für die Valutaregelung, so muß man das in den Vordergrund stellen. Wir haben fünf oder sechs Bankkonzerne, von denen die ganze Börse abhängig ist. Von ihnen wird in Verbindung mit den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen ohne weiteres die Valuta reguliert. Daß das ein ungesunder Zustand ist, darüber sind wir uns klar. Wenn in Deutschland im ADGB eine 8-Millionen-Armee organisiert ist, so ist es verblüffend, daß diese Masse nicht die ungeheure Gefahr verhindern kann, die die gewaltig gesteigerte Kapitalfrage heraufbeschworen hat. Die Großindustriellen sind in den letzten Monaten dazu übergegangen, ihre hier auf Grund der Ausbeutung des Proletariats gewonnenen Kapitalien im Auslande als Devisen anzulegen, und gleichzeitig haben sie ihre Gelder in ausländischen Werten deponiert. Die deutsche Regierung hat uns ein wunderbares Steuerbukett beschert, durch das das Proletariat aufs schlimmste ausgebeutet wird. Die Kapitalisten sind aber noch heute in der Lage, ihre Profite ins Ausland zu bringen. Dieser Ausverkauf Deutschlands wird in Zukunft noch viel schlimmere Dimensionen annehmen. Stinnes hat nicht nur die Mark in Deutschland verkauft, sondern er legt seine Gelder im Ausland an. Kürzlich hat er in Schweden mit dem in Deutschland gewonnenen Geld verschiedene große Werke angekauft. Es steht in Verbindung mit der Zerrüttung der Wirtschaftslage, daß die jetzt bestehende Scheinkonjunktur auf Grund der jetzigen Valuta sehr leicht umschlagen kann, mit der Wirkung, daß in gewissen Industriegebieten eine Erwerbslosigkeit eintreten wird, weil die nötigen Rohstoffe nicht mehr eingekauft werden können. Die Kapitalisten können das bei dem Stand der deutschen Valuta noch lange aushalten, nicht aber die Arbeiter. In der Entschließung, Absatz 3, wird eine solidarische Aktion aller Länder als Mittel zur Behebung der Gleichgewichtsstörung der Währung angegeben. Wer glaubt, daß bei den 6 Die Londoner Konferenz tagte vom 7. bis 14. August 1922. Auf der Tagesordnung stand die Lösung; des Reparationsproblems durch die Alliierten. imperialistischen Tendenzen der kapitalistischen Staaten und ihrer Machthaber dazu die Möglichkeit bestehe, der ist im Irrtum. Die Herstellung der Goldvaluta ist das Bestreben der Kapitalisten, weil sie diese Krise gar nicht anders überwinden werden. Aber durch eine solidarische Aktion aller Länder kann man überhaupt nichts erreichen, wenn man sich an die Machthaber wendet. Das kann nicht die Forderung des revolutionären Proletariats sein. Im vierten Absatz wird gesagt, der Verbandstag weiß sich eins mit dem internationalen Proletariat, wenn er die Arbeiter auffordert, innerhalb ihrer Landesgrenzen den schärfsten Kampf für den wirklichen Frieden zu führen. Wer sich einbildet, daß in einem kapitalistischen Staat die Möglichkeit gegeben ist, den imperialistischen Krieg zu vermeiden, ohne daß sich die Proletariermassen mit ihrer Tatkraft gegen ihn aufbäumen, dem brauche ich nur 1914 ins Gedächtnis zu rufen. Man kann ihn natürlich nicht durch Resolutionen auf internationalen Kongressen verhindern, wenn man im Augenblick des Kriegsausbruches sagt, wir können uns dem nicht entgegenstemmen. (Schramp: „Ernst, 1914 dachtest Du doch anders!”) Ich möchte Kollegen Schramp nur entgegnen, daß ich in den Parteiversammlungen unserer alten sozialdemokratischen Partei den Kampf gegen Stolten, Perner und alle diese Führer wegen ihrer Einstellung zur Kriegspolitik aufgenommen habe. Ich habe damals schon erklärt, daß die Partei mit der Bewilligung der Kriegskredite die Beschlüsse der internationalen Kongresse aufgegeben hat. Ich habe während des Krieges immer diese Kriegspolitik scharf bekämpft. - Im sechsten Absatz verlangt die Entschließung von der deutschen Reichsregierung, also von einer kapitalistischen Regierung, daß sie durch Gesetz oder Verordnung alle Wuchergelüste unterbindet und die Konzerne und Syndikate bei ihrer Preisfestsetzung scharf überwacht. Wer glaubt, daß eine kapitalistische Regierung dazu in der Lage sei, der hat seit 1918 nicht viel gelernt. Eine kapitalistische Regierung wird sich niemals gegen den Kapitalismus aufbäumen können, weil sie ja selbst kapitalistisch orientiert ist. Das ist eine illusionäre Forderung. Für meine Freunde ist diese Entschließung mit ihrem diplomatischen Inhalt nicht annehmbar. In unserer Erklärung sind schon die richtigen taktischen Grundsätze ausgesprochen, mit denen sich die Transportarbeiterschaft für die Zukunft eine Verbesserung ihrer Lage erzwingen kann. In Zukunft wird man aber auch seitens der Gewerkschaften genötigt sein, das gesamte Proletariat nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch zu Kämpfen aufzurufen. Schon das zeigt, daß eine solche Entschließung, wie diese, nicht nur ihres Inhalts, sondern auch ihrer Formulierung wegen auf dem Verbandstag des Deutschen Transportarbeiterverbandes einstimmig abgelehnt werden muß. „Deutscher Transportarbeiter-Verband, Protokoll über die Verhandlungen des 11. Verbandstages, Berlin, vom 3. bis B. September 1922“, S. 107, 114/115, 140 und 223/224. Über die Aufgaben des IV. Weltkongresses Rede in der Sitzung des Zentralausschusses 7 15. und 16. Oktober 1922 Genossen und Genossinnen! Der I. Weltkongreß war das Sammelbecken der revolutionären Parteien und schuf das Fundament der Kommunistischen Internationale. Der II. Weltkongreß gab die 21 Bedingungen und ging gleichzeitig dazu über, die Parteien aufzustellen, die sich auf den Boden der 21 Bedingungen stellten. Der III. Weltkongreß legte Richtlinien über die Tätigkeit der Kommunistischen Internationale fest. Der IV. Weltkongreß wird die allerwichtigste Aufgabe zu erfüllen haben: er wird ein Programm für die gesamte Internationale schaffen müssen. Die drei wichtigsten Punkte, die auf dem Weltkongreß eine Rolle spielen werden, sind meiner Auffassung nach: erstens fünf Jahre russische Revolution und die Perspektive der Weltrevolution; dann die Beratung des Programms und drittens die Weltoffensive des Kapitals und die taktische Linie des Weltproletariats. Ich möchte bei dieser Gelegenheit hervorheben, daß bei dem ersten Punkt der Tagesordnung, bei der Perspektive der Weltrevolution, folgende Gesichtspunkte eine Rolle spielen werden. Im Referat des Genossen Brandler haben wir schon gehört, daß die Orientkrise, die im Referat selbst nicht so behandelt worden ist, wie es notwendig war, zwar keine proletarische Bewegung ist, aber immerhin eine Bewegung gegen den Imperialismus, die den Imperialismus zersetzt, die eine Verschiebung der Mächtegruppen im Orient vornimmt, die außerdem die mongolische Bewegung 8 bis weit in die Kolonialgebiete Englands hineinträgt. Ich erinnere daran, daß über die Türkei hinaus Indien von dieser nationalrevolutionären Bewegung erfaßt wird und daß vor allen Dingen die Weltmacht Englands zweifelsohne sehr stark dadurch erschüttert ist, daß der Landweg nach Indien zwar nicht versperrt, aber doch wesentlich erschwert ist. Dadurch werden sich auch ohne weiteres Anzeichen der revolutionären Bewegung bei den mongolischen Völkern zeigen. Ich deute darauf hin, weil man diese nationale Bewegung nicht ohne weiteres beiseite schieben kann. Weiter kommt hinzu, daß durch die Zersetzung des Imperialismus zugleich auch eine Zersetzung in der Gruppe der kleinen Entente eintritt. Die zweite Frage bezieht sich auf die besiegten Länder in Verbindung mit der Reparationskrise, wozu Österreich und Deutschland gehören. Hierauf brauchen wir nicht einzugehen. Das dritte Problem, das mit eines der wichtigsten sein wird, betrifft die Frage: Wie verhält sich das Proletariat in den Siegerländern, und wo sind in den Siegerländern England, Frankreich und Amerika revolutionäre Erscheinungen zu bemerken? In diesem Zusammenhang möchte ich herausgreifen, daß von der Kommunistischen Partei viel zuwenig Gewicht auf den Kampf der amerikanischen Bergarbeiter gelegt wird, der einer der wichtigsten Kämpfe, der ein proletarischer Sieg war. Besonders, da seit dem vorigen Weltkongreß das Proletariat in keinem Lande in der Lage gewesen ist, überhaupt einen Sieg zu erringen, wir vielmehr in den allermeisten Fällen nur eine Abwehraktion gesehen haben. 7 Der Zentralausschuß war eine vom Parteitag gewählte Körperschaft von Vertretern aller Bezirke, die zwischen den Parteitagen, gemeinsam mit dem Zentralkomitee, einen Teil der Funktionen des Parteitags ausübte. Die Mitglieder des Zentralausschusses waren nicht ihrem Bezirk, sondern der Gesamtpartei verantwortlich. Der Zentralausschuß war also eine höhere Instanz als das Zentralkomitee, kontrollierte das Zentralkomitee, diskutierte den Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees und war gleichzeitig ein Instrument der Partei, um politischen Aktionen durch Beratungen und Beschlüsse eine breitere Basis in der Partei zu geben. Der Zentralausschuß hatte auch das Recht, das Zentralkomitee durch Wahl neuer Mitglieder zu ergänzen und zu erweitern. Auf dem X. Parteitag (vom 12. bis 17. Juli 1925) in Berlin wurde der Zentralausschuß nicht mehr gewählt. Statt dessen wurde im Statut die Einberufung von Parteikonferenzen beschlossen. 8 Ernst Thälmann meint die antiimperialistische Befreiungsbewegung im Nahen und Fernen Osten. Dieser siegreiche Kampf der amerikanischen Bergarbeiter war gerade deswegen ein Sieg, weil trotz der geringen finanziellen und materiellen Mittel, die ihnen zur Verfügung standen, und trotz der kleinen Kommunistischen Partei, die allerdings dort diszipliniert und gut organisiert ist, der Kampf siegreich zu Ende geführt werden konnte. Der vierte Machtfaktor, der zweifelsohne die größte Rolle spielen wird, ist Sowjetrußland. Im Orient hat sich bereits gezeigt, welche Machtposition es einnimmt; es wird natürlich im Laufe der ganzen Entwicklung, bei allen internationalen Abmachungen und Konferenzen in den Vordergrund zu treten haben. Wenn wir uns also die Frage vorlegen: befinden wir uns in einer revolutionären Epoche oder nicht? - so sehen wir schon in dem Produktionsrückgang eine der wichtigsten Zerfallserscheinungen. Die „Wiederaufbaupolitik” und die Verschärfung der Klassengegensätze in Mitteleuropa zeigen, daß wir uns in einer revolutionären Epoche befinden. Außerdem sehen wir - weil in den Siegerländern der direkte Lohnabbau, in den besiegten Ländern der indirekte Lohnabbau vorgenommen wird - überall ein Erwachen der revolutionären Bewegung. Objektiv sind die sachlichen Grundlagen vorhanden, und die Kommunistische Internationale hat die Aufgabe; zugleich auch die subjektiven Grundlagen zu schaffen. Die Genossin Clara Zetkin hat bereits gestern zum Ausdruck gebracht, daß bei der Festlegung der Taktik das Stärkeverhältnis der Bourgeoisie, die Weltoffensive in Verbindung mit den Kämpfen des Weltproletariats selbst eine Rolle spielen werden; ebenso werden die besonderen Umstände des einzelnen Landes bei der Festlegung der Taktik eine außerordentlich große Rolle spielen. Im vorigen Jahre waren es drei große Kämpfe, der tschechoslowakische Kampf, die Märzaktion und der italienische Kampf, nach denen man die Taktik der Internationale festlegte. Wir werden in diesem Jahre mit Rücksicht auf die Kämpfe, die stattgefunden haben, einen Entwurf für den Weltkongreß schaffen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man auf dem Weltkongreß schon das fertige Programm vorlegen wird. In diesem Zusammenhang wäre es notwendig gewesen, daß die deutsche Kommunistische Partei, die eine der wichtigsten Parteien der Kommunistischen Internationale ist, unbedingt in der Mitgliedschaft zu dieser Angelegenheit hätte Stellung nehmen können. Der Programmentwurf der deutschen Partei ist viel zu spät in die Presse gebracht worden, und wir müssen ganz entschieden dagegen protestieren, daß hier im Zentralausschuß ein Entwurf angenommen werden soll, ohne daß die Mitgliedschaft diesen Entwurf geprüft hat. Ferner kommt hinzu, daß aller Voraussicht nach nur die deutsche und die russische Partei einen Entwurf vorlegen werden und daß dadurch dem Entwurf der deutschen Partei erhöhte Bedeutung zukommt. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es notwendig, daß der Entwurf ganz klar formuliert und inhaltlich grundsätzlich so gehalten ist, daß man sich nicht vor den gesamten Sektionen auf dem Weltkongreß zu blamieren braucht. Wenn wir im vorigen Jahre in der deutschen Delegation so geteilte Meinungen in der Frage der Taktik, soviel verschiedene Auffassungen in der Beurteilung der Märzaktion hatten, so müssen wir, besonders die Mitglieder der Zentrale, in diesem Jahre eine einheitliche Auffassung vertreten. Zum Schluß möchte ich sagen: Der Kommunismus ist ein Weltmachtfaktor geworden. Aber wir als deutsche Partei dürfen uns nicht so wie die alte sozialdemokratische Partei einstellen, daß wir zuviel Gewicht auf die Größe der Kommunistischen Internationale legen, sondern viel mehr Gewicht auf ihren Inhalt. Gerade dieser Inhalt der Kommunistischen Internationale muß so sein, daß alle abweichenden Tendenzen ganz klar beseitigt werden müssen. Opportunistische Tendenzen in der Kommunistischen Internationale sind unter allen Umständen auszuscheiden, und sie scheiden nur dadurch aus, daß man im Programm klar formuliert, welche Einstellung die Kommunistische Internationale hat, damit den Opportunisten keine Gelegenheit gegeben wird, Seitensprünge zu machen. In diesem Zusammenhange ist die Programmdebatte hier im Zentralausschuß von Bedeutung; denn die deutsche Partei hat eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und die Delegierten auf dem Weltkongreß werden diese klare Stellungnahme zu verfechten haben, wie es im Interesse der kommunistischen Bewegung notwendig ist. Protokoll der Sitzung des Zentralausschusses der KPD, Berlin, 15./16. Oktober 1922. Unveröffentlicht. Über Einheitsfronttaktik und Arbeiterregierung Diskussionsrede auf dem VIII. Parteitag der KPD in Leipzig 30. Januar 1923 Die theoretischen Auseinandersetzungen in der Partei sind dazu da, daß die Partei praktisch ihre Aufgaben erfüllen kann. Wenn Genosse Brandler 9 in seinen Ausführungen zum Ausdruck brachte, daß die Diskussionen in den einzelnen Bezirken zersetzend wirken, so können wir in Hamburg erfreulicherweise feststellen, daß durch die Diskussion über die Arbeiterregierung und über die Anwendung der Einheitsfronttaktik eine große Lebendigkeit Aktivität in die Partei hineingetragen worden ist. Eine Partei die über bestehende sachliche Differenzen nicht diskutiert, ist überhaupt tot. Gerade zu der Parole der Arbeiterregierung kann man recht verschiedener Meinung sein. Beim Genossen Koenen kam ganz deutlich zum Ausdruck, daß er rein parlamentarisch die Möglichkeit des Eintretens der KPD in die Regierung in den Vordergrund stellte. Und wenn Genosse Brandler ironisch von einer Gefahrentheorie sprach, so muß ich ihm sagen, daß man es nicht so betrachten kann, sondern daß man es mit der Frage zu tun hat, wie die Arbeiter über die Arbeiterregierung denken. In dieser Beziehung ist wichtig, daß man ganz kühl die Voraussetzungen zur Schaffung einer Arbeiterregierung überlegen muß. Genosse Stolzenburg hat gestern davon gesprochen, daß es nicht auf dem Wege der Abwehrbewegungen, nicht mit schwächlichen Demonstrationen, sondern nur durch den Generalstreik gehe. Derjenige Kommunist, der im Betriebe steht, wie ich, muß in erster Linie den Unternehmern mit seiner proletarischen revolutionären Energie entgegentreten und mit seinem Beispiel den anderen Arbeitern zeigen, daß er gewillt ist, auch ungesetzliche, aber revolutionäre Maßnahmen gegenüber den Unternehmern zu vertreten, wie es bei uns auf der Werft bei der Wiedereinführung des Akkordsystems vorgekommen ist. In diesem Zusammenhange kann man nicht allgemein von der Linken sagen, daß sie nicht praktisch arbeite und nur spintisiere. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Arbeiterschaft politisch schon soviel Einsicht hat, wenigstens in der KPD, daß sie sich nicht von den Intellektuellen beeinflussen zu lassen braucht. Ich stimme der Genossin Fischer bei, daß eine Zersetzung und eine Zerschlagung der SPD notwendig seit aber ich bin der Auffassung, daß dieser Satz unsere agitatorische Tätigkeit hemmt. Aus diesem Grunde sind wir in einen gewissen Gegensatz geraten. Diese Auffassung von der Zertrümmerung der SPD stammt nicht von den Intellektuellen, sondern sie ist aus der inneren Erkenntnis der Arbeiterschaft heraus geboren, die in vier Jahren nach der deutschen Revolution von einem ungeheuren Mißtrauen gegen die SPD als Arbeiterpartei erfaßt wurde. Und die Vergangenheit von einzelnen parlamentarischen Arbeiterregierungen, denen die KPD Neutralität entgegenbrachte, hat auch bewiesen, daß die SPD nicht das durchführte, was im Interesse des Proletariats lag. Wir haben heute eine höchst revolutionäre Situation durch die Besetzung des Ruhrgebiets, eine Verschiebung der Mächtegruppen und damit eine Verschiebung der Klassenverhältnisse untereinander. Wenn auch Poincaré weiter in Deutschland vorgeht und die Besetzung ausdehnt und wenn dabei lothringische Soldaten aus der französischen Armee bereits desertieren, so ist dies das erste Zeichen der Zersetzung der französischen Armee. Wir sind verpflichtet, neben der subjektiven auch eine objektive Machttheorie zu schaffen, in der Einheitsfronttaktik für eine Erweiterung der Kräfte einzutreten und den Zersetzungsprozeß der SPD zu beschleunigen. Es ist notwendig, eine Neutralisierung des Kleinbürgertums vorzunehmen und eine Zersetzung der Bourgeoisie anzustreben. Auf dem Wege der 9 Brandler - einer der Führer der rechtsopportunistischen Gruppe in der Kommunistischen Partei Deutschlands, der mit Thalheimer in den Jahren 1922/1923 die Führung der KPD innehatte. 1929 wurden Brandler und Thalheimer wegen parteifeindlicher fraktioneller Tätigkeit aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. proletarischen Einheitsfront kann die Arbeiterregierung ein Mittel zur Macht werden sie kann ein Etappenziel sein, aber der Arbeiterschaft muß klargemacht werden, welche Vorbedingungen notwendig sind, um in die Arbeiterregierung einzutreten. Der Eintritt in die Arbeiterregierung bedeutet für mich, daß zum mindesten ein Ansatz vorhanden sein muß, von dem aus die Macht der Bourgeoisie zertrümmert werden kann, daß in der Arbeiterregierung eine Vorstufe der proletarischen Diktatur vorhanden sein muß, daß Teile des Proletariats in der Lage sein müssen, diese Arbeiterregierung zu schützen und zu stützen. Wer sich einbildet, daß eine Arbeiterregierung vielleicht auf legale Weise geschützt wird, wenn das Proletariat nicht kämpft, der wird erleben, daß bei der ersten besten Gelegenheit die Bourgeoisie diese auf den Ministersesseln sitzenden Arbeiter zum Teufel jagen wird. Eine Arbeiterregierung besitzt nur dann Lebensfähigkeit, wenn innerhalb des betreffenden Staates die Arbeiterschaft schon so stark ist, daß sie der Diktatur der Bourgeoisie ihre eigene Diktatur gegenüberstellen kann. Ich will zur sächsischen Frage ganz positiv zum Ausdruck bringen, daß die KPD in der jetzigen Situation natürlich nicht Gewehr bei Fuß stehen kann, sondern wir müssen der Arbeiterschaft zeigen, was die KPD und das Proletariat zu tun haben. In den von uns an die SPD zu stellenden Bedingungen müssen wir in erster Linie von ihr verlangen, daß sie die freigewerkschaftlichen Arbeiter als Schutztruppe für die Regierung und gegen die Bourgeoisie bewaffnet. Wenn die Arbeiterschaft einen solchen Stützpunkt nicht hat, was werden dann, wenn die KPD innerhalb kurzer Zeit gezwungen ist, wieder aus der Regierung auszutreten, die Arbeiter über die KPD denken? Wird dann nicht ein großer Rückschlag, auch gegen uns, eintreten? Brandler hat hier eine Resolution vorgelesen, die im Jahre 1905 von der russischen Sozialdemokratie angenommen worden ist. Die Verhältnisse von 1905 und die Verhältnisse von heute sind ganz verschieden. Wir haben alle Veranlassung, zum Ausdruck zu bringen, wenn wir über die Parole der Arbeiterregierung sprechen, daß in erster Linie die Vorbedingungen dafür geschaffen werden müssen. Wenn wir keine Vorbedingungen für die Arbeiterregierung schaffen, sollen wir den Weg nicht marschieren. Download 5.01 Kb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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