Das Lächeln der Frauen
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Das Lächeln der Frauen
»Jetzt nicht!« rief ich entnervt und machte eine wedelnde
Handbewegung. »Meine Güte, jetzt gucken Sie nicht so blöd, Sie sehen doch, daß ich telefoniere«, zischte ich ihr zu. Sie sah mich erschrocken an. Dann fing ihre Unterlippe an zu zittern, und die Tür schloß sich so leise, wie sie geöffnet worden war. »Er kommt ja auch nicht jetzt«, sagte Adam besänftigend, und ich wandte mich wieder dem Telefon zu. »Der Montag wäre perfekt. Ich würde mit Sam dann schon am Sonntag anreisen, und wir könnten uns in aller Ruhe noch mal besprechen.« »Perfekt, perfekt«, schnaubte ich. »Das ist ja schon in zwei Wochen! So was muß doch vorbereitet werden. Wie sollen wir das hinkriegen?« »It's now or never«, entgegnete Adam knapp. »Jetzt sei mal ein bißchen froh, daß es überhaupt klappt.« »Ich freue mich wie verrückt«, sagte ich. »Schön, daß es nicht schon morgen sein soll.« »Was ist das Problem? Der Figaro steht doch schon in den Startlöchern, soweit ich das verstanden habe. Und was die Lesung betrifft, so ist es doch wahrscheinlich besser, wenn wir sie in einem kleinen Rahmen abhalten. Oder wäre dir eine Lesung bei Fnac lieber?« »Nein, natürlich nicht«, entgegnete ich. Je flacher wir den Ball hielten, desto besser. Die ganze Sache mußte so unspektakulär wie möglich über die Bühne gehen. Montag in zwei Wochen! Mir wurde heiß. Mit zitternden Händen drückte ich die Zigarette aus. »Mann, ist mir schlecht«, sagte ich. »Wieso? Läuft doch alles rund«, erwiderte Adam. »Wahrscheinlich hast du wieder nicht richtig gefrühstückt.« Ich biß mir in die Faust. »Toast, Spiegelei und Bacon - da ist ein Mann gerüstet für den Tag«, belehrte mich mein englischer Freund. »Was ihr zum Frühstück zu euch nehmt - das ist doch was für Weicheier! Zwieback und Croissants! Da kann doch keiner im Ernst von leben.« »Laß uns jetzt nicht grundsätzlich werden, ja?« erwiderte ich. »Sonst sag ich mal was zur englischen Küche.« Es war nicht das erste Mal, daß ich mit Adam über die Vor- und Nachteile unserer Eßkultur stritt. »Nein, bitte nicht!« Ich konnte direkt sehen, wie Adam grinste. »Sag mir lieber, daß mit dem Termin alles okay ist, bevor mein Bruder es sich noch mal anders überlegt.« Ich holte tief Luft. »Bon. Ich spreche sofort mit unserer PR-Abteilung. Bitte sorge dafür, daß dein Bruder den Inhalt des Romans wenigstens in groben Zügen kennt, wenn er anreist.« »Mach ich.« »Stottert er eigentlich?« »Hast du einen Knall? Warum sollte er stottern? Er spricht ganz normal und er hat sehr schöne Zähne.« »Das ist beruhigend. Und Adam? Noch etwas.« »Ja?« »Es wäre gut, wenn dein Bruder die ganze Angelegenheit mit äußerster Diskretion behandeln könnte. Er sollte keinem erzählen, warum er mit dir nach Paris fährt. Seinen guten alten Freunden aus dem Club nicht, den Nachbarn nicht, und am besten nicht einmal seiner Frau. So eine Geschichte ist schneller rum, als man denkt, und die Welt ist klein.« »Mach dir keine Sorgen, Andy. Wir Engländer sind sehr diskret.« Entgegen aller Befürchtungen war Michelle Auteuil überaus erfreut, als sie hörte, daß Robert Miller schon so bald nach Paris kommen wollte. »Wie haben Sie das so schnell hingekriegt, Monsieur Chabanais?« rief sie überrascht und veranstaltete ein wahres Tremolo mit ihrem Kugelschreiber. »Der Autor scheint doch gar nicht so schwierig zu sein, wie Sie immer sagen! Ich bespreche mich gleich mit dem Figaro und ich hatte schon mal bei zwei kleineren Buchhandlungen vorgefühlt.« Sie zog ihr Rolodex zu sich heran und blätterte durch die Karten. »Schön, daß es endlich geklappt hat und ... wer weiß?« Sie lächelte mir zu und ihre schwarzen herzförmigen Elfen-Ohrringe baumelten lebhaft an ihrem schlanken Hals hin und her. »Vielleicht können wir im Frühjahr eine Pressereise nach England machen - ein Besuch im Cottage bei Robert Miller! Wie finden Sie das?« Mir drehte sich der Magen um. »Großartig«, sagte ich und glaubte zu wissen, wie sich ein Doppelagent fühlt. Ich beschloß, den guten Robert Miller sterben zu lassen, sobald er sein Programm in Paris absolviert hatte. Mit der alten Corvette die unbefestigte Böschung runter. Genickbruch. Tragisch, er war doch noch gar nicht so alt. Nun gab es nur noch den kleinen Hund. Und der konnte glücklicherweise nicht reden. Und auch nicht schreiben. Vielleicht würde ich als Millers treuer Berater und gutherziger Lektor, der ich war, den kleinen Rocky in Pflege nehmen. Man sah, wie es hinter der weißen Stirn von Michelle Auteuil arbeitete. »Schreibt er denn weiter?« fragte sie. »Oh, ich denke schon«, beeilte ich mich zu sagen. »Allerdings braucht er immer sehr lange - nicht zuletzt wegen seines zeitaufwendigen Hobbys. Sie wissen schon, er bastelt ja immer an diesen Oldtimern rum.« Ich tat so, als ob ich auch überlegte. »Ich glaube, an seinem ersten Roman hat er ... hat er sieben Jahre geschrieben. Tja. Fast wie John Irving. Nur schlechter.« Ich lachte vergnügt und ließ Madame Auteuil verwirrt in ihrem Büro zurück. Die Idee, Miller sterben zu lassen, entzückte mich. Sie würde mich retten. Doch bevor ich den britischen Gentleman sterben ließ, würde er mir noch einen kleinen Liebesdienst erweisen. Die Mail von Aurélie Bredin erreichte mich um siebzehn Uhr dreizehn. Bis dahin hatte ich keine Zigarette mehr geraucht, immerhin. Seltsamerweise hatte ich fast ein schlechtes Gewissen, als ich ihre Mail aufklickte. Nun ja, ich hatte den Brief gelesen, den sie so vertrauensvoll an Robert Miller geschrieben hatte. Ich trug ihr Photo in meiner Brieftasche mit mir herum, ohne daß sie davon wußte. Das alles war natürlich nicht richtig. Aber auch nicht ganz falsch. Denn wer sonst, wenn nicht ich, hätte die Post für den Schriftsteller öffnen sollen? Die Kopfzeile des Schreibens versetzte mich in leichte Unruhe. Download 1.37 Mb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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