Die abteilung der deutschen philologie der studentin des III studienjahres jahresarbeit


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KURS ISHI K.SH 11nem

Mittelalter


Den Höhepunkt der „wahrheitssuchenden Etymologie“ finden wir bei Isidor von Sevilla Anfang des 7. Jahrhunderts n. Chr., also im Frühmittelalter. In seinem Hauptwerk Etymologiae libri viginti gibt er zahlreiche Beispiele von Etymologien, deren Wahrheitsgehalt jedoch im Zweifel steht. Auch Isidor von Sevilla benannte viele Etymologien, um Dinge verständlich zu erklären, die historisch gesehen zu bezweifeln sind. Zum Beispiel: „persona est Exegese, Physiologus“, (der Tiernamen aus der Wortgestalt zu erklären sucht), oder die Legenda aurea, die vor der Vita eines Heiligen zunächst seinem Namen breite Aufmerksamkeit widmet. Auch Petrus Helie versteht die etymologische Bedeutung von Wörtern als Synonym für einen „Wahrspruch“ an sich (veriloquium): „denn wer etymologisiert, zeigt den wahren, d. h. den ersten Ursprung des Worts an.“
Heute ist Etymologie innerhalb der historisch vergleichenden Sprachwissenschaft die Disziplin, welche Entstehung und geschichtliche Veränderung einzelner Wörter aufspürt und in etymologischen Wörterbüchern festhält. Historische Linguistik sucht nach wiederkehrenden Erscheinungen des Sprachwandels und leitet aus ihnen Lautgesetze ab, die es ihrerseits erleichtern, Veränderungen eines Worts im Verlaufe der Geschichte zu beobachten. Zusätzlich zur rein linguistischen Beschäftigung mit Etymologie bringt die sprachgeschichtliche Forschung außerdem Nutzen für das genauere Verständnis von Texten und einzelnen Begriffen. Ein weiteres Anwendungsgebiet besteht in der Übertragung der Ergebnisse auf die Archäologie. Hier können sprachgeschichtliche Verhältnisse Anhaltspunkte für verschiedene archäologische Fragestellungen liefern, so etwa im Fall der Rekonstruktion von frühzeitlichen Wanderungsbewegungen. Auch soziolinguistische Rückschlüsse auf Sozial- und Kulturgeschichte stehen dabei im Blickfeld.
Die von 1996 bis 2015 publizierte Zeitschrift Studia Etymologica Cracoviensia befasste sich ausschließlich mit etymologischen Themen.

Etymologie in Wissenschaft und Gesellschaft


Im Rahmen der Sprachwissenschaft will Etymologie mehr über die einzelnen Phänomene der geschichtlichen Veränderung einer Sprache herausfinden. Aus dem so gewonnenen Wissen soll ein erweitertes Verständnis über die Entwicklungsgeschichte einer Einzelsprache sowie der Umstände des Sprachwandels im Allgemeinen folgen. Das klassische Verständnis der Etymologie und praktische Anwendungen wie oben erwähnt steht dabei zumeist im Hintergrund. In der alltäglichen, nicht-wissenschaftlichen Beschäftigung mit Etymologie hat sich hingegen der normative Charakter der frühen Etymologie mehr oder weniger ausgeprägt erhalten. So wird etwa anhand der Geschichte eines Worts demonstriert, dass eine bestimmte, moderne Verwendungsweise falsch ist, da sie nicht der historischen entspricht bzw. sich nicht an der in der Wortgeschichte offenbar werdenden eigentlichen Wortbedeutung orientiert.
Vertreter einer abgeschwächten Variante dieses Arguments lehnen diese moderne Auffassung nicht grundsätzlich ab, erhoffen sich jedoch aus der Beschäftigung mit der Entwicklungsgeschichte eines Worts neue und weitere, vertiefende Aspekte für ein Verständnis seiner Bedeutung. Hier wird davon ausgegangen, dass diese Aspekte im Lauf der Zeit gleichsam verlorengegangen sind und durch sprachgeschichtliche Untersuchungen wieder bewusst gemacht werden können. Begründet wird dies damit, dass das Denken nur in den Bildern der Wahrnehmung als Abbild der Wirklichkeit erfolgen könne und somit allein schon die Wahrnehmung und in der Folge auch das Denken sowohl vom bewussten wie auch vom unbewussten Inhalt eines Begriffs wie auch dessen Gestalt geprägt sei. Die Etymologie wird hier als Weg gesehen, diese unbewussten Teile wahrnehmbar zu machen und so der Wahrnehmung und dem Denken diese verloren gegangenen Inhalte erneut erschließen zu können. So soll – ganz in der Tradition antiker Denker – ein Beitrag zum Reichtum der Sprache und des Denkens geleistet werden.
Unabhängig von der Frage, ob die jeweils angeführte wortgeschichtliche Herleitung inhaltlich korrekt ist oder nicht, geraten Vertreter beider Auffassungen in Widerspruch zu modernen sprachwissenschaftlichen Grundannahmen, wenn sie auf einer engen und unmittelbaren Beziehung zwischen einem gedanklichen Konzept und der Gestalt des Worts, mit dem es ausgedrückt wird, bestehen. Dieser Auffassung steht die funktionale Ansicht der Sprachwissenschaft entgegen, dass eine konkrete Wortform ihre Bedeutung ausschließlich per Arbitrarität und Konvention erhalte. Arbitrarität und Konvention sind Schlüsselbegriffe des Verständnisses von Zeichen in der Linguistik seit Beginn des 20. Jahrhunderts; man beruft sich dazu auf Ferdinand de Saussure (frz. 1916; dt. Übers. 1931/1967). Sie besagen, dass das Verhältnis zwischen der Form und der Bedeutung von Zeichen, d. h. auch von Wörtern, arbiträr (willkürlich) und durch gesellschaftliche Konvention bedingt sei. Für sich genommen habe ein Wort somit keine Bedeutung und Wirkung außer der, die sich in der jeweiligen Gegenwart aus der üblichen Verwendung ergibt. Die Existenz einer darüber hinaus dem Wort in irgendeiner Weise noch zusätzlich anhängenden Bedeutung, die in irgendeiner Form herausgefunden werden könnte oder sollte, wird hier bezweifelt. Unter einer solchen Annahme können die von den „normativen“ Etymologen vorgebrachten Interpretationen der Wortbedeutung nicht mehr Gültigkeit für sich beanspruchen als jede alternativ vorgeschlagene Neuinterpretation auch.
Die Auffassung von der Arbitrarität der Zeichen wird durch die Natürlichkeitstheorie in der modernen Linguistik durch die Entdeckung ergänzt, dass viele Aspekte der Sprache ikonisch (abbildend) sind, also gar nicht ausschließlich arbiträr (willkürlich).
Etymologische Erklärungen werden darüber hinaus auch häufig zur Untermauerung von Ideologien jedweder Couleur herangezogen, z. B. Esoterik, politischer Religionen, u. v. a. m. So versuchen beispielsweise Nationalisten die vermeintliche Überlegenheit der eigenen Kultur anhand ihrer Wirkung auf den Wortschatz einer anderen Sprache zu beweisen oder erwünschte verwandtschaftliche Beziehungen zweier Kulturen aus einer vermuteten Sprachverwandtschaft zu rekonstruieren. Der etymologischen Erklärung scheint eine besondere, unmittelbar einleuchtende Beweiskraft zu eigen zu sein, indem schon Bekanntes (ein Wort) von bislang unbekannter Seite dargestellt wird.

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