Ernst Thälmann als Leitfigur der kommunistischen Erziehung in der ddr


IV VERMITTLUNG DES THÄLMANN-BILDES


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IV
VERMITTLUNG DES THÄLMANN-BILDES
IM RAHMEN DER KOMMUNISTISCHEN ERZIEHUNG
1. Aufgaben und Ziele der kommunistischen Erziehung
Auf dem VIII. Parteitag 1971 vertrat die SED die Auffassung, eine neue Etappe der Verwirklichung
der historischen Mission der Arbeiterklasse erreicht zu haben. Dementsprechend legte sie daraufhin
die „weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“ fest (Heitzer/Schmerbach
1984). Das bedeutete eine konkrete Orientierung auf den so genannten „allmählichen Übergang“ zum
Kommunismus. Der IX. Parteitag bekräftigte diese Blickrichtung in einem neuen Parteiprogramm.
Ausgehend von den geschichtlichen Errungenschaften, die die Arbeiterklasse und alle anderen Werktäti-
gen unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands erkämpft haben, und entsprechend
den neuen gesellschaftlichen Anforderungen, stellt sich die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
für die kommende Periode das Ziel, in der Deutschen Demokratischen Republik weiterhin die entwik-
kelte sozialistische Gesellschaft zu gestalten und so grundlegende Voraussetzungen für den allmählichen
Übergang zum Kommunismus zu schaffen. (Parteiprogramm der SED 1986, S. 10)
Zur „Klassenpflicht“ aller Kommunisten gehörte es sodann, „sich für die kommunistische Erziehung
der Jugend besonders verantwortlich zu fühlen“ (ebenda, S. 54). Für die bislang als „sozialistisch“
etikettierte Erziehung bedeutete der von der Partei neue gesellschaftliche Status zugleich die Orien-
tierung an kommunistischen Normen, Werten, Traditionen und Idealen. Diese scheinbare Zäsur war
im Grunde eine „Fortführung der sozialistischen Erziehung unter den Bedingungen der entwickelten
sozialistischen Gesellschaft und damit der Schaffung grundlegender Voraussetzungen für den all-
mählichen Übergang zum Kommunismus“ (Berger u.a. 1978, S. 178f.). Fuchs/Petermann (1990, S.
19) schätzen die Neuorientierung der Partei als eine „Nuance“ ein, die an das allgemeine Bildungs-
und Erziehungssystem keine grundsätzlich neuartigen Ansprüche stellte, und somit auch keine be-
deutenden strukturellen Veränderungen nach sich zog (in ähnlicher Weise auch Waterkamp 1988, S.
31). Grundsätzlich aber war die kommunistische Erziehung auf einen höheren Ausprägungsgrad des
sozialistischen Bewußtseins der DDR-Bürger, insbesondere der Jugend, ausgerichtet. Aus diesem
Grund zielte die Bildungspolitik der 70er und 80er Jahre auf eine „ideologische Festigung“ aller Be-
reiche des Bildungssystems (Anweiler 1988; Fuchs/Petermann 1990, S. 32; Schmitt 1980; Tenorth/
Kudella/Paetz 1996).
Kommunistische Erziehung im Sozialismus (im weiteren Sinne) war definiert als „die von den Ver-
tretern der revolutionären Arbeiterklasse mit marxistisch-leninistischer Bewußtheit geführte, in kol-
lektiver Beziehung und aktiver Auseinandersetzung mit der Umwelt und sich selbst erfolgende allsei-
tige Entwicklung von Persönlichkeiten und Kollektiven zum Zwecke der Sicherung des Friedens und
optimaler gesamtgesellschaftlicher Produktivität bzw. Effektivität“. Diese Definition steht gleichge-
setzt mit dem Begriff des „pädagogischen Prozesses in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft“
(Hauptabteilung Lehrerbildung 1986, S. 226). Die Bedeutung von kommunistischer Erziehung (im
engeren Sinne) konkretisiert sich anhand der Erziehungsinhalte und deren Erläuterungen. In dieser
Form stellt das Pädagogische Wörterbuch von 1987 klar: „Kommunistische Erziehung der Jugend
erfordert, ihre Aktivität, ihre Selbständigkeit und ihr Schöpfertum zu entwickeln, sie zu einer aktiven
Lebensposition, zur individuellen und kollektiven Selbsterziehung zu befähigen und ihre Freude am
Leben zu entwickeln. Die Liebe und Treue der Jugend zum sozialistischen Vaterland, ihr Geschichts-
bewußtsein, ihre Verbundenheit mit der Sowjetunion und den anderen Bruderländern, ihre Solidarität
mit den revolutionären Bewegungen auszuprägen und ihre Fähigkeit und Bereitschaft auszubilden,
das sozialistische Vaterland, den Sozialismus mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, sind unab-
dingbare Seiten k.[ommunistische]r E.[rziehung]. Das schließt ein, sie zum Haß gegen den Imperia-
lismus, seine Kriege und jegliche Ausbeutung zu erziehen. Kommunistische Erziehung der Jugend in
der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ist allseitige Erziehung, durch sie eignet sich die Jugend


die Schätze der Menschheitskultur an, durch sie werden die Wesenskräfte, also die geistigen, weltan-
schaulichen, politischen, moralischen, sozialen, produktiven, körperlichen und ästhetischen Kräfte
des jungen Menschen, sein Talent und seine Begabung gefördert“ (Laabs u.a. 1987, S. 207).
Diese Erziehungsinhalte sollten den Charakter der „allseitig und harmonisch entwickelten sozialisti-
schen Persönlichkeit“ bestimmen, die als Ziel der kommunistischen Erziehung galt. Das war bereits
im „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“ von 1965 festgeschrieben: „Das Ziel
des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems ist eine hohe Bildung des ganzen Volkes, die Bil-
dung und Erziehung allseitig und harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten, die be-
wußt das gesellschaftliche Leben gestalten, die Natur verändern und ein erfülltes, glückliches, men-
schenwürdiges Leben führen“ (Ministerrat der DDR 1971, § 1, Abs. 1, S. 13).
Mit stärkerem Bezug zu den nun relevanten kommunistischen Traditionen war das Erziehungsziel im
Jugendgesetz von 1974 formuliert (Amt für Jugendfragen 1983, § 1, Abs. 1, 2, hier S. 9f.), desglei-
chen in der Verfassung von 1974 (Artikel 25, Absatz 2).
(1) Vorrangige Aufgabe bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ist es, alle jun-
gen Menschen zu Staatsbürgern zu erziehen, die den Ideen des Sozialismus treu ergeben sind, als Pa-
trioten und Internationalisten denken und handeln, den Sozialismus stärken und gegen alle Feinde zu-
verlässig schützen. Die Jugend trägt selbst hohe Verantwortung für ihre Entwicklung zu sozialistischen
Persönlichkeiten.
(2) Aufgabe jedes jungen Bürgers ist es, auf sozialistische Art zu arbeiten, zu lernen und zu leben,
selbstlos und beharrlich zum Wohle seines sozialistischen Vaterlandes – der Deutschen Demokratischen
Republik – zu handeln, den Freundschaftsbund mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen
Bruderländern zu stärken und für die allseitige Zusammenarbeit der sozialistischen Staatengemeinschaft
zu wirken. Es ist ehrenvolle Pflicht der Jugend, die revolutionären Traditionen der Arbeiterklasse und
die Errungenschaften des Sozialismus zu achten und verteidigen, sich für Frieden und Völkerfreund-
schaft einzusetzen und antiimperialistische Solidarität zu üben. Alle jungen Menschen sollen sich durch
sozialistische Arbeitseinstellung und solides Wissen und Können auszeichnen, hohe moralische und
kulturelle Werte ihr eigen nennen und aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben, an der Leitung
von Staat und Gesellschaft teilnehmen. Ihr Streben, sich den Marxismus-Leninismus, die wissenschaft-
liche Weltanschauung der Arbeiterklasse, anzueignen und sich offensiv mit der imperialistischen Ideolo-
gie auseinanderzusetzen, wird allseitig gefördert. Die jungen Menschen sollen sich durch Eigenschaften
wie Verantwortungsgefühl für sich und andere, Kollektivbewußtsein und Hilfsbereitschaft, Beharrlich-
keit und Zielstrebigkeit, Ehrlichkeit und Bescheidenheit, Mut und Standhaftigkeit, Ausdauer und Diszi-
plin, Achtung vor den Älteren, ihren Leistungen und Verdiensten sowie verantwortungsbewußtes Ver-
halten zum anderen Geschlecht auszeichnen. Sie sollen sich gesund und leistungsfähig halten. (Amt für
Jugendfragen 1983, S. 9f.)
Die Beschreibung des führenden DDR-Pädagogen Gerhart Neuner (1975, S. 32ff) hebt noch einmal
die wichtigsten Wesenszüge der sozialistischen Persönlichkeit hervor und setzt gegenüber den Ge-
setzestexten eindeutige Prioriäten hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Erziehungsinhalte: politi-
sches Bewußtsein; sozialistischer Patriotismus; proletarischer Internationalismus; Arbeitseinstellung
und Arbeitshaltung; kollektive Organisiertheit; Solidarität und Disziplin; Bildungsstreben, Interesse
und Aufgeschlossenheit für die Kultur und für kulturvolles Leben; ein moralisches Profil, Charakter-
stärke sowie eine wissenschaftlich begründete Weltanschauung. Daß diese Weltanschauung in der
DDR nur der Marxismus-Leninismus sein könne, betonte Volksbildungsminister Margot Honecker
auf dem VIII. Pädagogischen Kongreß 1978: „Jede Schule ist der herrschenden Ideologie unterge-
ordnet. Wir haben das nie geleugnet, und wir bekennen uns mit gutem Grund dazu. Denn wir ver-
mitteln in unserer Schule die Ideologie der Arbeiterklasse, eine Ideologie, die den Lebensinteressen
des Volkes dient, die den Weg der sozialen Befreiung weist, die den Weg ebnet in eine Gesellschaft,
wo der Mensch frei ist von Unterdrückung und Ausbeutung, die den Menschen ein Leben in Glück,
Wohlstand und Frieden garantiert“ (M. Honecker 1979, S. 64).


Unter den Bedingungen eines „äußerst zugespitzten Klassenkampfes“ sah die SED kommunistische
Erziehung allerdings auch als „komplizierten und komplexen Prozeß“ (Laabs u.a. 1987, S. 207).
SED-Chefideologe Kurt Hager leitete 1982 die Anforderungen an die kommunistische Erziehung in
der Gegenwart aus diesem Klassenkampf ab. Dabei hob er ebenso wie Neuner (siehe oben) als ober-
sten Wesenszug das politische Bewußtsein hervor, der sich in der Parteilichkeit der Person, das heißt
in einem „Klassenstandpunkt“ äußere: „Unsere Zeit ist gekennzeichnet durch den Übergang vom
Kapitalismus zum Sozialismus, durch heftige soziale Erschütterungen und rasch anwachsende natio-
nale Befreiungsbewegungen. Man kann sagen, daß nur derjenige, der die Lehre vom Klassenkampf
begriffen hat, in der Lage ist, den gesellschaftlichen Fortschritt zu ergreifen. Unsere Schüler sollen im
Verlaufe ihrer Schulzeit begreifen, was Klassenkampf heißt und weshalb es notwendig ist, sich auf
die Seite des gesellschaftlichen Fortschritts, auf die Seite der Arbeiterklasse zu stellen, und zwar
nicht in Worten, sondern durch Taten. So zu handeln, in dieser Weise das eigene Leben und Wirken
bewußt zu gestalten – das ist Ausdruck höchster Verantwortung vor der Gesellschaft, ist der Beitrag
jedes einzelnen in der Klassenauseinandersetzung unserer Zeit. Die Jugend zu einem solchen Stand-
punkt, zu einem Klassenstandpunkt zu erziehen, ihr dafür eigene Verantwortung zu übertragen, das
ist die Frage aller Erziehungsfragen“ (Hager 1982, zit. nach Opitz 1983, S. 25f.).
Komplex sei der kommunistische Bildungs- und Erziehungsprozeß aber auch, weil in einer Verbin-
dung von Unterricht und praktischer Arbeit, von Erziehung und Teilnahme der Kinder und Jugendli-
chen am Kampf der Werktätigen um Frieden und sozialistischen Fortschritt die weltanschauliche wie
intellektuelle, politische und moralische wie ästhetische und körperliche Erziehung verwirklicht wer-
den sollte. Die Verantwortung für die kommunistische Erziehung oblag dem Staat und allen gesell-
schaftlichen Kräften, weil es um „klassenmäßige Erziehung“ gehe (Laabs u. a. 1987, S. 108ff., 199).
Als verfassungsrechtliche und gesetzliche Grundlage galten hierfür Artikel 25, Absatz 6 der Verfas-
sung der DDR (1975, S. 28) und § 2 des Jugendgesetzes (Amt für Jugendfragen 1983, S. 10). Die
Vorbereitungen sollten im Kindergarten durch das „Bekanntmachen mit dem gesellschaftlichen Le-
ben“ beginnen (Regierung der DDR 1974; APW 1975, speziell S. 16, 18, 282). Für die
Schulpädagogen war der kommunistische Erziehungsauftrag seit dem VIII. Pädagogischen Kongreß
1978 festgelegt (M. Honecker 1978). Er sollte in einheitlicher Zusammenarbeit von Elternhaus, Pio-
nierorganisation und Schule ausgeführt werden („Verordnung über die Sicherung einer festen Ord-
nung an der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule – Schulordnung – vom 29. 11. 1979, in
Hauptabteilung Volksbildung 1986, S. 165f. – im folgenden als „Schulordnung“ zitiert). In die kom-
munistische Erziehung eingebunden waren aber auch die sogenannten „gesellschaftlichen Erzie-
hungskräfte“. Dieser Begriff bezieht sich im allgemeinen auf jene Vertreter der Arbeiterklasse, „die
zielstrebig und immer planmäßiger die Erziehung der heranwachsenden Generation führen und mit-
gestalten“ sollten (Laabs u.a. 1987, S. 152). Deren Initiative richtete sich vor allem auf die Förde-
rung der außerunterrichtlichen Bildung und Erziehung und die Verbesserung der materiellen Voraus-
setzungen für eine erfolgreiche pädagogische Arbeit („Schulordnung“ § 3, Abs. 3, in Hauptabteilung
Volksbildung 1986, S. 166). Gewöhnlich hatte jedes Pionierkollektiv einer Schule einen Patenbe-
trieb, und jede Klasse der Schule eine Patenbrigade, deren Mitglieder – “gesellschaftliche Erzie-
hungskräfte“ – in die kommunistische Erziehung der Schüler einbezogen wurden. Die konkreten
Aufgaben einer solchen Patenbrigade schildert ein Pionier-Lexikon.
Viele Pioniergruppen haben eine feste und oft über mehrere Jahre währende Verbindung zu einer Briga-
de eines volkseigenen Betriebes, einer Genossenschaft oder einer Einheit der Nationalen Volksarmee.
Die Mitglieder der Patenbrigade zählen zu den engsten Freunden der Jungpioniergruppe, sind Berater
und Helfer in allen Fragen. Die Patenbrigade nimmt an verschiedenen Veranstaltungen der Gruppe teil
und hilft bei den Vorbereitungen zum Sportfest, zum Pioniermanöver, zur Wanderung oder zum Besuch
von Ausstellungen. Wenn die Pioniere über das Lernen, die Disziplin oder die Ordnung sprechen, dann
erzählen die Freunde aus der Patenbrigade, wie sie in ihrem Betrieb arbeiten und sich gegenseitig helfen.
Die Mitglieder der Patenbrigade helfen den Pionieren, den Forschungsauftrag zu erfüllen, unterstützen
sie bei Solidaritätsveranstaltungen, bei Verschönerungsarbeiten für den Klassenraum, und bei der Aus-
stellung der Meister von Morgen packen sie mit an. Die Pioniergruppe berichtet der Patenbrigade stän-


dig, wie sie lernt und den Pionierauftrag erfüllt, gestaltet Wandzeitungen für die Brigade, führt für sie
Kulturprogramme auf, hält Verbindung zu den Brigademitgliedern, die ihren Dienst bei der Nationalen
Volksarmee leisten, und besucht die Brigade im Betrieb. Der Jungpionierrat ist für die Erfüllung des
Patenschaftsvertrages verantwortlich. (Chowanetz 1978, S. 39ff)
Die oben angesprochene Form der Selbsterziehung bezog sich auf eine absichtsvolle Selbstbefähi-
gung der Subjekte für einen vollkommeneren Lebensvollzug. Das bedeutete entweder Selbstkorrek-
tur oder auch die bewußte Aneignung der kommunistischen Erziehungsinhalte, zum Beispiel: Wis-
sensaneignung durch „Selbstbildung“ sowie das Einhalten von Ordnung und Disziplin. Selbstent-
wicklung setzt dem Verständnis der DDR-Pädagogik nach immer ein bestimmtes Selbstbewußtsein
voraus, erfordere Selbstüberwindung und Selbstkontrolle. Daher müsse jegliche gesellschaftliche
Form der Erziehung immer auch Momente der Selbsterziehung enthalten, wolle sie erfolgreich sein.
Letztlich forderte die SED auch von jedem Erzieher eigene Selbsterziehung, denn „Nur wer sich
selbst erzieht, kann auch andere erziehen“ (Laabs u.a. 1987, S. 344f.). Daß dieses kommunistische
Bewußtsein sich nicht einfach einführen oder beschließen lasse, war der SED klar. Haltinner schreibt
hierzu in der FDJ-Zeitschrift Junge Generation: Das kommunistische Bewußtsein „entsteht und bil-
det sich im Studium des Marxismus-Leninismus und der Beschlüsse der Partei sowie in der schöpfe-
rischen Teilnahme jedes einzelnen bei der Verwirklichung des sozialistischen und kommunistischen
Aufbaus“ (Haltinner 1976, S. 74).
Die von der SED ab Mitte der 70er Jahre propagierte kommunistische Erziehung war die notwendi-
ge Konsequenz aus dem Stufenmodell des Marxismus/Leninismus. Nach der Etappe der „entwickel-
ten sozialistischen Gesellschaft“ folgte hier aufgrund der postulierten historischen Determiniertheit
der gesellschaftlichen Entwicklung der Kommunismus. Dieser speziellen Form der kommunistischen
Erziehung durch die SED steht eine allgemeine Form gegenüber, die es dem Pädagogischen Wör-
terbuch zufolge schon „so lange gibt, wie es kommunistische Bewegungen gibt“ (Laabs u.a. 1987, S.
206). Erst die Überlegungen von Lenin jedoch hätten diese stetige Form konkretisiert. So habe Lenin
die Erziehung der Massen zu revolutionärer Aktivität als wesentliche Aufgabe der kommunistischen
Partei („Partei neuen Typs“) erklärt. Auch die kommunistische Erziehung der Jugend zu kommuni-
stischer Moral habe er als wesentlich hervorgehoben, da die Jugend seiner Meinung nach den Aus-
gang des ganzen Klassenkampfes entscheiden werde (Lenin, Band VIII, S. 134; weiterhin Friedrich
1975, Vorwort; Opitz 1983, S. 27). Auf Lenins ideologische Konstrukte stützte sich auch die SED.
Dementsprechend bemerken Gottschalg/Wolter (1979, S. 84): „Das kommunistische Erziehungspro-
gramm zu verwirklichen heißt, die allgemeingültige Lehre W.I. Lenins anzuwenden, daß die gesamte
Ausbildung darauf gerichtet sein muß, der Jugend die Weltanschauung und Moral der Arbeiterklasse
anzuerziehen. Erziehung läßt sich nicht auf einzelne Seiten einschränken, vielmehr ist sie die Ge-
samtheit der Bildung und Erziehung: die Vermittlung einer hohen Bildung, die ideologische, weltan-
schauliche körperliche, geistige, ethische und moralische Erziehung sowie die Teilnahme am Kampf
der Arbeiterklasse für ihre welthistorische Mission. Ein hohes Niveau des Wissens, eine wissen-
schaftlich begründete Allgemeinbildung ist dabei die entscheidende Grundlage für die Herausbildung
einer allseitig gebildeten und harmonisch entwickelten Persönlichkeit“.
2.
Kommunisten als Vorbild in der Erziehung in der DDR
In seinem Grußwort an den VIII. Pädagogischen Kongreß 1978, der kommunistische Erziehung als
gesellschaftlichen Auftrag festlegte, betonte Erich Honecker: „Die entwickelte sozialistische Gesell-
schaft braucht eine Jugend, die viel weiß, gern und gut arbeitet, einen festen politischen Standpunkt
hat und im revolutionären Kampf unserer Tage mit Leidenschaft und Tatendrang ihren Platz ausfüllt.
Nach unseren kommunistischen Idealen zu handeln, ihre Aufgaben überall zu meistern, soll das Be-
streben der jungen Generation sein. Dazu bedarf sie hoher moralischer Eigenschaften. Um diese Ei-
genschaften zu formen, gilt es, das Erbe der revolutionären Vorkämpfer an die junge Generation
weiterzugeben und wachzuhalten“ (E. Honecker, in Ministerrat 1979, S. 17). Wesentliche pädagogi-


sche Methode dieser „Weitergabe“ war – insbesondere für die weltanschauliche und moralische Er-
ziehung – die Orientierung auf Vorbilder. Das waren zum einen alle Kommunisten (die historischen
wie auch die lebenden) und das war im speziellen der Kommunistenführer Ernst Thälmanns.
Bolz (1977) erklärt den Begriff „Vorbild“ als „konkretes Abbild des sittlichen Ideals der Arbeiter-
klasse“, „in dem die bereits vorhandenen sittlichen Züge der jetzt lebenden Menschen verallgemeinert
und in die Zukunft projiziert sind“ (ebenda S. 43). Dabei stehe das sittliche Ideal der Wirklichkeit
nicht entgegen, sondern formuliere vielmehr das Ziel (z.B. Friedensideal, sozialistische Persönlich-
keit). Persönliche Ideale seien immer klassenmäßig bedingt, anders ausgedrückt: „Vorbildfragen sind
immer Klassenfragen“ (Döhring 1984, S. 27). Diese stünden immer in Einklang mit den Normen und
Werten der jeweils herrschenden Klasse; in der DDR also mit denen der Arbeiterklasse. Dem Vorbild
kämen wesentliche ideologische Funktionen zu. So besitze es eine Vermittlungsfunktion für das
Denken und Handeln der Menschen in der sozialistischen Gesellschaft: es vermittele zwischen Zu-
kunft und Gegenwart. Zwei Aspekte dieser Vermittlung seien hierbei erzieherisch bedeutend. Zum
einen die Bedeutung als Zielorientierung und Normsetzung und zum anderen als Kriterium und Kor-
rektor für Einzelhandlungen (Bolz 1977, S. 41f.). Im Zusammenhang mit dieser Vermittlungsfunkti-
on hebt Döhring (1984, S. 31) das Wechselverhältnis zwischen Vorbild und Traditionen hervor. Tra-
ditionen, genauer die revolutionären Traditionen der Arbeiterklasse formulierte die SED als „typi-
sche, in der Entwicklung des proletarischen Klassenkampfes und des Aufbaus des Sozialis-
mus/Kommunismus vollzogene historische Vorgänge, Ereignisse und revolutionäre Taten, sind Le-
ben und Kampf hervorragender Persönlichkeiten; sie sind historisch bewährte Erfahrungen, Lehren,
Erkenntnisse, Normen, Eigenschaften und Verhaltensweisen, die von Generation zu Generation
weitergegeben, bewahrt, mit den Erfahrungen und Erkenntnissen unseres Kampfes bereichert und
weitergeführt werden“ (Elsen 1975, S. 6;  Zahn 1974). Im Prozeß der klassenmäßigen Erziehung
und Selbsterziehung maß die SED dem Vorbild große Bedeutung zu, da sich hieran die sittlichen
Beziehungen der Zukunft widerspiegelten (Institut für Gesellschaftswissenschaften 1972, S. 207f.).
Erzieherisch wirke das Vorbild, wenn es zu einer Quelle der Anregung zu zielgerichtetem Wirken
und Verhalten werde (Bolz 1977, S. 45). Vorbilder, die besonders im Vorschulalter und frühen
Schulalter notwendig seien, sollten planmäßig innerhalb des Erziehungsprozesses aufgebaut werden.
Die Vermittlung des Vorbildes gelinge um so nachhaltiger, wenn zu diesem eine emotionale Bindung
hergestellt werde (Laabs u.a. 1987, S. 405). Die pädagogischen Anweisungen verweisen dement-
sprechend auf die Einbeziehung von Vorbildern in die Erziehung für verschiedene Altersgruppen: im
Kindergartenalter (APW 1975, S. 18f.), für das jüngere Schulkind (Günther u.a. 1969, S. 99f.), für
das mittlere Schulalter (Kossakowski/Lompscher 1987, S. 54ff.), für das ältere Schulalter, hier insbe-
sondere für die Selbsterziehung (Kossakowski 1983, S. 38ff.; Bolz 1977; Liebing/Uhlmann 1975, S.
113; Stolz/Rudolf 1985, S. 96).
„Kommunist sein, heißt Vorbild sein“ formulierte die SED im Buch Lebensweise und Moral im So-
zialismus (Institut für Gesellschaftswissenschaften 1972, S. 206f.). Im besonderen bedeute das: „im-
mer den Klassenstandpunkt der Arbeiterklasse zu vertreten, für die Verwirklichung der Beschlüsse
der Partei zu kämpfen und angesichts komplizierter Probleme nicht zu lamentieren, vor Schwierig-
keiten nicht zurückzuweichen und die Werktätigen sicher im Kampf zu führen. Zu den wichtigsten
Eigenschaften eines Parteimitglieds gehört die Fähigkeit, die sozialistische Gemeinschaftsarbeit zu
entwickeln, sich mit den Werktätigen zu beraten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen für die gemeinsa-
me sozialistische Sache nutzbar zu machen. [...] Das bedeutet, solche Charakter- und Führungseigen-
schaften auszuprägen, wie Prinzipienfestigkeit, revolutionärer Schwung und Sachlichkeit, Pflege
guter menschlicher Beziehungen, Ausdauer, Wachsamkeit, Einfühlungsvermögen und Beharrlichkeit
in der politisch-ideologischen Überzeugungsarbeit, Kühnheit und Mut zum vertretbaren Risiko, [...]
das verlangt inmitten im Leben zu stehen, Vorbild zu sein beim Lernen, in der Arbeit und in der poli-
tischen Lebensführung, dem Freund und Verbündeten zu raten und kameradschaftlich zu helfen“
(ebenda, S. 207). Diese Form der kommunistischen Vorbildwirkung hebt auch das SED-Programm
hervor.


Wo immer ein Kommunist arbeitet und lebt – er wird den Marxismus-Leninismus als Anleitung be-
wußten Handelns für die Interessen der Arbeiterklasse und aller anderen Werktätigen verbreiten und
verfechten, er wird die Überlegenheit des Sozialismus, seiner Werte und Errungenschaften nachweisen!
[...] Wo immer ein Kommunist arbeitetet und lebt – er wird beispielgebend wirken für sein sozialisti-
sches Vaterland, das fester Bestandteil der um die Sowjetunion gescharten Völkerfamilie ist, er wird die
Ideen des sozialistischen Patriotismus und des proletarischen Internationalismus in die Hirne und Herzen
der Menschen tragen! [...] Wo immer ein Kommunist arbeitet und lebt, er wird konsequent für die Ver-
wirklichung der Hauptaufgabe eintreten, er wird die schöpferische Initiative, eine hohe Einstellung zur
Arbeit und zum gesellschaftlichen Eigentum, alle sozialistischen Denk- und Verhaltensweisen aktiv und
beispielgebend fördern! [...] Wo immer ein Kommunist arbeitet und lebt – er wird treu zur revolutionä-
ren Arbeiterklasse und zu den Idealen des Kommunismus stehen, er wird offensiv das menschenfeindli-
che und reaktionäre Wesen des Imperialismus enthüllen und konsequent die Auseinandersetzung mit
seiner Ideologie führen! (Programm  der SED 1986, S. 94ff., original 1976)
Am Vorbild der Kommunisten zu erziehen, bedeutete für die SED, die Pioniere in ihrer praktischen
Tätigkeit auf Schritt und Tritt erfahren zu lassen,

 
daß die Kommunisten über die einzige Weltanschauung verfügten, die wissenschaftlich, parteilich,
lebensnah sei und ihnen ständig als Anleitung zum Handeln und zur weiteren Gestaltung der so-
zialistischen Gesellschaft dienten;

 
daß die Kommunisten unermüdlich für das Wohl aller Werktätigen wirkten und dafür sorgten, daß
die Errungenschaften des Sozialismus wirksam geschützt würden;

 
daß die Kommunisten alles bewahrten und weiterführten, was die menschliche Schöpferkraft zum
Wohle der Menschen geschaffen habe;

 
daß die Kommunisten die besten Freunde der Sowjetunion und der sozialistischen Staatengemein-
schaft seien;

 
daß die Kommunisten als proletarische Internationalisten und sozialistische Patrioten dächten,
fühlten und handelten,

 
daß aktive Solidarität zu ihrem Wesen gehöre; daß die Kommunisten unversöhnlich gegenüber
dem Imperialismus aufträten und jeden Feind des Sozialismus entlarvten (Zentralinstitut der Pio-
nierorganisation 1976, S. 7f.).
Für das gegenwärtige Handeln der Kommunisten hinsichtlich der kommunistischen Erziehung der
Jugend wäre, so die SED, insbesondere das Vorbild der kommunistischen Führer der Arbeiterklasse
von wichtiger Bedeutung. Denn diese setzten „durch ihre wissenschaftlichen Kenntnisse und ihre
Bildung, durch ihre revolutionäre Entschlossenheit und durch ihre Opferbereitschaft und Hingabe für
die Sache der Arbeiterklasse bei allen Werktätigen hohe sittliche Maßstäbe für die Entwicklung der
Persönlichkeit. Sie wurden zum Vorbild der Jugend. Ihre Fähigkeiten und schöpferischen Kräfte, ihr
ganzes Leben stellten und stellen sie in den Dienst der historischen Mission der Arbeiterklasse, die
Menschheit für immer von Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien, die sozialistische und kom-
munistische Gesellschaftsordnung zu errichten“ (Institut für Gesellschaftswissenschaften 1972, S.
208). Als solcherart Vorbild galten die Mitglieder des Thälmannschen Zentralkomitees. Die Agitati-
onsmappe Kommunist – Vorbild: Im Geiste Ernst Thälmanns nennt die Namen Franz Dahlem, Phil-
ipp Dengel, Arthur Ewert, Wilhelm Florin, Fritz Heckert, Wilhelm Koenen, Paul Merker, Wilhelm
Pieck, Heinrich Rau, John Schehr, Ernst Schneller, Walter Stoecker, Walter Ulbricht, Jean Winterich
und Clara Zetkin. Sie zeichneten sich aufgrund ihrer Charaktereigenschaften, wie Treue, Standhaf-
tigkeit und Siegeszuversicht als hervorragende Kommunisten aus. Sie hätten damit das vorgelebt,
was auch in der Gegenwart der DDR unerläßlich sei.
Sie hatten als Mitglieder des Thälmannschen Zentralkomitee in den zwanziger und dreißiger Jahren gro-
ßen Anteil an der Entwicklung der von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründeten KPD, als
marxistisch-leninistische, eng mit den Massen verbundene Kampfpartei. Unter ihrer Führung setzte sich
die KPD unermüdlich für die Lebensinteressen des werktätigen Volkes ein, wirkte für die Aktionseinheit
der Arbeiterklasse und für ein festes Bündnis mit den breiten werktätigen Schichten, kämpfte konse-
quent gegen Imperialismus und faschistische Gefahr, für Demokratie, Frieden und Sozialismus. Stets


ließ sie sich von den Prinzipien des proletarischen Internationalismus leiten und festigte ihr Kampfbünd-
nis mit der KPdSU und mit der Sowjetunion. Die Thälmannschen Kader der KPD kämpften, ihr Leben
nicht schonend, in Deutschland und im Exil für den Sturz der barbarischen faschistischen Diktatur.
Nach der Zerschlagung des Hitlerregimes waren es Kampfgefährten Ernst Thälmanns, die an der Spitze
bei der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung und beim Aufbau der sozialistischen Gesellschafts-
ordnung in der DDR standen. Leben und Wirken dieser 15 führenden Funktionäre der KPD beweisen:
Treue zur Sache der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei, Kämpfertum, Standhaftigkeit und
Siegeszuversicht zeichnen den Kommunisten aus. Das sind Charaktereigenschaften, die auch heute bei
der Verwirklichung der auf das Wohl der Arbeiterklasse und des ganzen Volkes der DDR gerichteten
Generallinie der SED unerläßlich sind. (Verlag für Agitation 1983)
Herausgehoben aus dem Kreis der ZK-Mitglieder erscheint der Kampfgefährte Thälmanns Wilhelm
Pieck in der Honecker-Zeit als besonderes Vorbild. Im Lehrbuch für Pionierräte (Pionierpalast
„Ernst Thälmann“ 1981) steht er zwischen Ernst Thälmann und Erich Honecker sozusagen als Ver-
mittler der Thälmannschen Traditionen in die Gegenwart (Walter Ulbricht taucht dagegen gar nicht
auf). In gleicher Weise erschienen vermehrt Fotos, die Pieck und Honecker gemeinsam vor einem
Thälmann-Plakat zeigen (IML 1986c, S. 387; Honecker 1977).
Von allen kommunistischen Vorbildern aber steht Ernst Thälmann an erster Stelle. Zwar war dieses
Vorbild in der DDR seit deren Gründung bedeutsam, im Rahmen der kommunistischen Erziehung
aber bekam es eine tragende Rolle zugeschrieben. Dementsprechend läßt sich für die Zeit ab 1975
eine große Zahl von Publikationen nachweisen, die sich mit der Erziehung am Vorbild Ernst Thäl-
manns beschäftigen (vgl. dazu die Bibliographien von Grummt 1985 und Uske 1986). Das Informa-
tionsmaterial zur Vermittlung des Vorbildes Ernst Thälmann gaben der Zentralrat der FDJ oder das
Zentralinstitut der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ heraus. Deren Mitglieder (Pioniere/FDJler)
galten auch als Hauptadressaten für die kommunistische Erziehung am Vorbild Ernst Thälmanns
(Klemens 1986; Zimmermann 1986).
Der Zentralrat [der FDJ] kennzeichnet im Beschluß der 10. Tagung die Erziehung zum sozialistischen
Patriotismus und proletarischen Internationalismus als den Hauptinhalt der Erziehung unserer Jugend
im Thälmannschen Geist. Ausgehend von dieser Orientierung, stehen bei der Bewahrung und Weiterfüh-
rung der revolutionären Traditionen der Arbeiterbewegung folgende inhaltliche Schwerpunkte im Mit-
telpunkt:
1. Die FDJ-Mitglieder und Jungen Pioniere lernen Ernst Thälmann als hervorragende Persönlichkeit der
deutschen und internationalen Arbeiterbewegung, als Führer und Repräsentant kennen, „der sein ganzes
Leben dem Höchsten der Menschheit, der Befreiung der Arbeiterklasse von Ausbeutung und Unterdrük-
kung, dem Sieg des Sozialismus, widmete“ [Zitat von Erich Honecker, aus „Neues Deutschland“ vom
24.08.1973, S. 3].
2. Die FDJ-Mitglieder und Jungen Pioniere eignen sich Kenntnisse und Erkenntnisse des siegreichen
Kampfes der deutschen und internationalen Arbeiterklasse an. Sie lernen die Geschichte unserer soziali-
stischen Republik, ihres Werdens und Wachsens unter Führung der SED und im festen Bündnis mit der
Sowjetunion kennen. Hiermit im engsten Zusammenhang machen sie sich mit der Geschichte der FDJ
und der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ bekannt.
3. Die FDJ-Mitglieder und Jungen Pioniere eignen sich Grundfragen der Weltanschauung der Arbeiter-
klasse an und machen sie mit den Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung vertraut.
4. Die FDJ-Mitglieder und Jungen Pioniere vertiefen ihre freundschaftlichen Verbindungen zu den Kom-
somolzen und Leninpionieren.
5. Die FDJ-Mitglieder und Jungen Pioniere machen sich jene Charaktereigenschaften und Verhaltens-
weisen der Helden der Arbeiterklasse in ihrem Kampf gegen den Imperialismus, Militarismus und
Krieg, für den Aufbau des Sozialismus zu eigen, die heute einen jungen Sozialisten auszeichnen, mit
dem Ziel, hohe Leistungen für unsere entwickelte sozialistische Gesellschaft zu vollbringen. (Elsen
1975, S. 9f.)
Die Publikationen von Haferkorn/Kücklich (1975), von Haferkorn/Wimmer (in Pionierleiter 25
(1974) 15/16 Beilage, S. 4) und vom Zentralrat der FDJ (1986) betiteln Ernst Thälmann als „unser


Vorbild“. Dieser Titel beinhaltet eine doppelte Bedeutung, wie sie sich auch aus allen gleichartigen
Publikation dieser Zeit ablesen läßt. Zum einen steht das Vorbild Thälmann als Identifikationsfigur
der Kinder und Jugendlichen. Zum anderen sah die SED Ernst Thälmann zugleich als Vorbild der
gesamten DDR.
Leben und Wirken Ernst Thälmanns stehen im unmittelbaren Verhältnis zu unserem sozialistischen
Heute. Für ihn, den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands, war der Sozialismus nicht
nur Vorausschau auf das Ergebnis einer gesetzmäßigen geschichtlichen Entwicklung, sondern auch und
vor allem lebendige Gegenwart. Er sah in Sowjetrußland seit der Großen Sozialistischen Oktoberrevo-
lution den greifbaren und sichtbaren Beweis für die Realisierbarkeit dessen, was Karl Marx, Friedrich
Engels und W.I. Lenin vorausgesagt hatten, der sozialistischen Gesellschaft; und er hat seine ganze
Kraft der Aufgabe gewidmet, eine derartige Ordnung auch in seinem eigenen Vaterlande zu schaffen.
An der Vorbereitung der Lösung dieser Aufgabe hatte Ernst Thälmann sehr großen Anteil. Unter seiner
Führung, mit seinem unermüdlichen persönlichen Einsatz wurde die wichtigste der subjektiven Voraus-
setzungen dafür geschaffen, daß die Arbeiterklasse nach 1945 in unserem Lande die Wurzeln der impe-
rialistischen Klassenherrschaft roden und die Arbeiter-und-Bauern-Macht errichten konnte, eine marxi-
stisch-leninistische Kampfpartei. Er hat Millionen deutscher Arbeiter das Bewußtsein gegeben, daß der
Sieg ihrer Klasse möglich und notwendig ist, er hat sie auf das Beispiel des Sozialismus in der Sowjet-
union orientiert. Wiederholt erklärte er, daß wir – die Kommunisten – fest entschlossen sind, „den Weg
zu beschreiten, den die russischen Arbeiter und Bauern gegangen sind, und auf diesem Wege“ – davon
war er zutiefst überzeugt – „werden uns die Kampferfahrungen des russischen Proletariats, aus denen
wir gelernt haben, führen und leiten“ [E. Thälmann 1955, Band I, S. 412]. Diesen Willen zur Tat wer-
den zu lassen – daran hat Ernst Thälmann unermüdlich gearbeitet. An der Spitze des leninistischen
Zentralkomitees hat er die KPD zu jener Partei geschmiedet, die fähig wurde, den Kampf um die Macht
erfolgreich zu führen. Zusammen mit seinen Genossen, unterstützt von der Kommunistischen Interna-
tionale, hat er die Partei mit der wissenschaftlichen Lehre ausgerüstet, die sie in den Stand setzte, auch
komplizierten Situationen des Klassenkampfes zu begegnen und eine Politik auszuarbeiten, mit der sie
die Arbeiterklasse schließlich zum Sieg führte, mit dem Leninismus.
Das Vermächtnis Ernst Thälmanns, des Kommunisten, in dem sich die Geschichte und die Leistung der
deutschen Arbeiterbewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren am stärksten verkörpern, lebt in der
Deutschen Demokratischen Republik. Es ist lebendig in der Arbeit unserer Partei, der Sozialistischen
Einheitspartei Deutschlands, und in der Arbeit der sozialistischen Jugendorganisation, der Freien Deut-
schen Jugend. (Haferkorn/Wimmer, in Pionierleiter 25 (1974) 15/16 Beilage, S. 4)
Zusammengefaßt läßt sich sagen: Die Attribute, mit denen die SED das Vorbild Ernst Thälmann aus-
stattete, stehen in eindeutigem Bezug zu den Kernpunkten des Thälmann-Bildes, wie es ausführlich
in Teil III erörtert ist. Thälmann verkörperte hiernach die ideale „sozialistische Persönlichkeit“, wie
sie die kommunistische Erziehung zum Ziel hatte. In „seinem Geiste“ sollten die Pioniere und FDJler
handeln. Das beinhaltete folgende Eigenschaften:

 
Treue zur Sache der Arbeiterklasse und ihrer Partei;

 
Liebe zum sozialistischen Vaterland und Schutz der Errungenschaften des Volkes;

 
Proletarischer Internationalismus, insbesondere unverbrüchliche Freundschaft zur KPdSU und zur
Sowjetunion;

 
Unversöhnlichkeit und stete Wachsamkeit gegenüber dem imperialistischen Gegner; nach hohem
Wissen zu streben und hervorragende Leistungen im Beruf zu vollbringen;

 
sich dabei an den Maßstäben der Gegenwart und den Dimensionen der Zukunft messen;

 
siegesgewiß, standhaft, bescheiden und schöpferisch zu sein, niemals vor Schwierigkeiten zu-
rückweichen (Sassning 1985, S. 13).
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