Ernst Thälmann als Leitfigur der kommunistischen Erziehung in der ddr


Formen der Vermittlung des Thälmann-Bildes


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Formen der Vermittlung des Thälmann-Bildes
In der pädagogischen Praxis sollte die Vermittlung des Thälmann-Bildes in einem einheitlichen Pro-
zeß erfolgen, das heißt in Einheit von Bildung und Erziehung wie auch in Einheit von Erziehung und
Selbsterziehung. Mit den Worten von Ertmann (u.a. 1986, S. 13) ausgedrückt hieß das: „Das Thäl-
mann-Bild unserer Schüler wird [...] auf vielfältige Art und Weise geformt; es entsteht offensichtlich
dann am deutlichsten, wenn den komplexen Aneignungsmöglichkeiten in sinn- und wirkungsvoller
Weise Rechnung getragen wird. Gesellschaftliche Einflüsse und persönliche Erfahrungen spielen
hierbei eine wichtige Rolle. Wissenschaftliche und schöngeistige Literatur, Film und Fernsehen, Zei-
tungen und Zeitschriften, Museen und Gedenkstätten, Kunstwerke von Malern, Grafikern, Bildhau-
ern und Architekten, Musik und Theater, Originaldokumente und Erlebnisberichte von Arbeiter- und
Parteiveteranen und vieles andere mehr wirken auf das Thälmann-Bild unserer Schüler ein, das in
ihre Vorstellungen von der Geschichte und in die Beachtung der historischen Lehren eingebettet sein
muß“.
Zum Zweck einer differenzierten Erörterung sollen im Folgenden einzelne Methoden unterschieden
werden, mit Hilfe derer das Thälmann-Bild der SED vermittelt wurde. Im wesentlichen sind das drei
grundlegende Methoden, die ich nach den jeweiligen Zielvorstellungen unterscheiden möchte:
1.
 
Die Präsentation des Thälmann-Bildes (narrativ, visuell oder vokal, das heißt über Liedgesang)
sollte dem Ziel dienen, die Kinder und Jugendlichen mit dem Thälmann-Bild vertraut zu machen.
Das erfolgte über Wandzeitungen sowie in den Mitgliederversammlungen der Pioniere/FDJler. Als
eine spezielle Form sind die sogenannten Thälmann-Kabinette anzusehen. Des weiteren gehören in
diese Kategorie Lieder, in denen Aspekte des Thälmann-Bildes auftauchen.
2.
 
Der Erlebbarkeit/Erfahrbarkeit des Thälmann-Bildes dienten Gedenkstätten und entsprechende
Gedenkveranstaltungen. In der DDR gab es für diesen Zweck allgemeine Gedenkstätten wie auch
spezielle Thälmann-Erinnerungsstätten. Der „Thälmann-Appell“ war eine spezielle schulische Ge-
denkveranstaltung.


3.
 
Als persönliche Motivation, dem Vorbild nachzueifern können die Auszeichnungen verstanden
werden, die im Namen Thälmanns in erster Linie an Pioniere oder Pädagogen verliehen werden
konnten. Eine zweite Form, hier als kollektive Auszeichnung bezeichnet, stellt die Verleihung des
Ehrennamens „Ernst Thälmann“ zum Beispiel an ein Pionierfreundschaft dar. Um Auszeichnungen
wie auch um die Namensverleihung mußte durch besonders gute Leistungen, wie es hieß, ge-
kämpft werden.
Eine tabellarische Übersicht der Vermittlungsformen findet sich hierzu am Ende des Kapitels.
4.1
Präsentation des Thälmann-Bildes
Ziel der Präsentation war die Bekanntmachung der Pioniere und FDJler mit dem Thälmann-Bild.
Dieses Bekanntmachen erfolgte im Zusammenwirken von Unterricht und Pionier- bzw. FDJ-Arbeit.
Die Vorstellung und Vertiefung der Kenntnisse über das Leben und Wirken Ernst Thälmanns diente
dabei immer auch der Vermittlung von Kenntnissen über die marxistisch-leninistische Weltanschau-
ung (z.B. durch Verwendung dementsprechender Vokabeln, wie „Diktatur des Proletariats“) und der
Vermittlung der revolutionären Traditionen der Arbeiterbewegung. Die Präsentation erfolgte visuell,
narrativ und auch vokal (d.h. über Liedgesang). Dabei beruhte gerade die Vermittlung über Lieder
nicht nur auf die Vorgabe, sondern auch auf die Festigung und Wiederholung durch die Rezepienten.
Beispielhaft wird nachfolgend auf die Methoden der Wandzeitung, der Mitgliederversammlung von
Pionieren und FDJlern und auf spezielle Lieder über Thälmann eingegangen. Abschließend werden
die sogenannten Thälmann-Kabinette vorgestellt, eine spezielle Form des Traditionszimmer, die vor
allem in den 70er und 80er Jahren in verschiedenster Weise in der DDR eingerichtet wurden.
Wandzeitungen
Ein wichtiges visuelles Mittel der politischen Arbeit waren Wandzeitungen. In der Schule an ver-
schiedenen prägnanten Stellen wie auch in jeder Klasse waren diese Agitations- und Propagandata-
feln angebracht. Sie dienten der Information (z.B. Ankündigungen) oder der Selbstdarstellung (z.B.
von Leistungsergebnissen). Zu besonderen Anlässen und Höhepunkten – wie an Thälmanns Ge-
burtstag – wurden thematische Wandzeitungen gestaltet. Diese Aufgabe hatten Wandzeitungsredak-
tionen der Schule und die jeweiligen Wandzeitungsredakteure aus den Pionierräten der einzelnen
Klassen zu erfüllen (Pionierpalast 1981, S. 42f.; Chowanetz 1978, S. 72f.). Bereits in der ersten
Klasse sollten die Jungpioniere Bilder des „revolutionären Arbeiterführers“ sammeln, um damit eine
Wandzeitung zum Pioniergeburtstag zu gestalten. Derartige Forderungen waren in den nachfolgen-
den Klassenstufen ebenso üblich (Schmidt u.a. 1984, S. 112). Im Rahmen der Nachbereitung von
Gedenkstättenbesuchen wurde den angehenden FDJler auch die auswertende Darstellung ihrer Ein-
drücke vom Besuch mittels einer Wandzeitung empfohlen ( NMG Buchenwald 1982; Tischendorf
1983, S. 36).
Mitgliederversammlungen der Pioniere und FDJler   
Als Forum der öffentlichen Meinungsbildung und als höchstes Organ der Pionier- und FDJ-Gruppen
seien die Versammlungen der Mitglieder, so Kressin/Werner (in Neubert u.a. 1970a, S. 146) hervor-
ragend geeignet, die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Kinder und Jugendlichen zu
unterstützen. Hilfreich sollte zu diesem Zweck auch das Thälmann-Bild einbezogen werden. Das
konnte geschehen über das Vorlesen von Passagen aus biographischen Darstellungen, das Ansehen
von Filmen, das Anhören von Schallplatten mit Liedern oder Episoden zur Arbeiterbewegung oder
anhand von Gesprächen und Diskussionen, zum Beispiel mit Veteranen der kommunistischen Arbei-
terbewegung oder gar mit „Kampfgefährten“ Thälmanns. Für das Vorlesen dienten vornehmlich die
Kinderbücher über oder Briefe von Ernst Thälmann an seine Tochter Irma. Klemens (1986, S. 256)
betont die emotionale Wirkung der Schilderungen und versteht das Vorlesen als Anlaß für weitere


„ethische Gespräche“, bei denen als Ausgangspunkt eine Aussage von Thälmann stehen konnte, „die
aber nicht nur auf ihn, sondern auf uns selbst bezogen wird“. Klemens verweist weiterhin auf eine
thematische Mitgliederversammlungen unter dem Motto „Thälmann und unsere Heimat“: „Für Orte,
in denen Thälmann selbst weilte, bietet sich das besonders an. Müssen die anderen Pioniergruppen
passen? Nein. In jedem Ort wird es Menschen geben, die mehr oder weniger eng zu den Kampfge-
fährten Thälmanns gehörten, die sich für ihn begeisterten und sein Vermächtnis im eigenen Ort ver-
wirklichen. Vielerorts gibt es Brigaden und andere Kollektive, die Thälmanns Namen tragen. In sehr
vielen Fällen wird wohl auch der Name der Pionierfreundschaft mit dem Kampf Thälmanns zu ver-
binden sein“ (ebenda).
Das Handbuch der Freundschaftspionierleiter (APW 1979, S. 60f.) sieht für die Bekanntmachung
der Pioniere mit ihrem Vorbild pro Klassenstufe mindestens eine Mitgliederversammlung vor, in der
das Thälmann-Bild vermittelt werden sollte:
Klasse 1: Pioniernachmittag mit Thälmannpionieren der vierten Klasse, die den Jungpionieren er-
zählen, was sie über Ernst Thälmann wissen und wie sie ihn durch fleißiges Lernen ehren. Die Jung-
pioniere erfahren, warum die Pionierorganisation den Namen Ernst Thälmann trägt und warum auf
dem Ehrenbanner sein Bildnis ist. Sie lernen Ernst Thälmann als Arbeiterführer kennen: „Er war flei-
ßig, mutig und großer Freund der Sowjetunion“.
Klasse 2: Gruppenveranstaltung „Die Fanfare ruft dich, Jungpionier“. In einer Lesung lernen die
Jungpioniere das Buch „Teddy und seine Freunde“ kennen. Sie beschäftigen sich mit dem Lebenslauf
Ernst Thälmanns und erfahren etwas über seinen „jungen Kampfgefährten“ Fritz Weineck, den Klei-
nen Trompeter.
Klasse 3: Auf der thematischen Mitgliederversammlung „Wie Ernst Thälmann treu und kühn“ stehen
die Eigenschaften im Vordergrund, die das Vorbild der Pioniere auszeichnete (mutig, ehrlich, be-
scheiden, parteilich). Die Jungpioniere beraten vor ihrer Aufnahme als Thälmannpioniere, wie sie
einen entsprechenden Pionierauftrag verwirklichen können. Sie sammeln Erzählungen, Lieder und
Gedichte über Thälmann für einen Erzählwettstreit zum Pioniergeburtstag bzw. für die Gestaltung
von Thälmann-Mappen. Im Vordergrund steht die Beantwortung der Frage „Was bedeutet es heute
für die Pionierorganisation, den Namen Ernst Thälmanns zu tragen?“.
Klasse 4: Mit Hilfe der thematischen Mitgliederversammlung „Die Fahne der Partei weht uns voran!“
kann im Klubraum des Patenbetriebes des Geburtstages von Thälmann gedacht werden. Die Lesung
aus dem Buch Erinnerungen an meinen Vater von Irma Gabel-Thälmann wie auch Bilder und Be-
richte zur Verleihung des Namens Ernst Thälmanns an die Pionierorganisation und die Geschichte
des Roten Ehrenbanners sollen hierbei helfen. Thematisiert werden soll die Rolle Thälmanns als Füh-
rer der Arbeiterklasse und wie heute sein Vermächtnis erfüllt wird. Dabei soll auch die freundschaft-
liche Beziehung zwischen den Pionierorganisationen der DDR und Sowjetunion besprochen werden .
Weiterhin kann ein Pioniernachmittag mit den Jungpionieren der ersten Klasse stattfinden, wobei
ihnen die inzwischen erworbenen Kenntnisse über Ernst Thälmann weitergegeben werden.
Klasse 5: Vorgestellt werden „Kampfgefährten Ernst Thälmanns“. Dabei kann je nach Möglichkeit
ein Kampfgefährte von seinen Begegnungen mit dem revolutionären Arbeiterführer berichten. Emp-
fohlen wird der Film Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse.
Klasse 6: Ein literarisches Programm (Belletristik, Gedichte, Erinnerungen) für die Pioniere der
Klasse 4 bis 7 soll zum Geburtstag Thälmanns erarbeitet und durchgeführt werden. In einer weiteren
Mitgliederversammlung kann die internationale Solidarität für Thälmann während seiner Kerkerhaft
thematisiert werden. Gleichzeitig können hierbei die Stätten seines Wirkens erörtert werden.
Klasse 7: Das Vorbild Ernst Thälmann wird vorgestellt als „vorbildlicher Sozialist und glühender
Internationalist“, als „klassenbewußter Arbeiter, mutiger Revolutionär und Freund der Sowjetunion“.
Zum Todestag Thälmanns kann ein Gedenkstättenbesuch stattfinden, auf dem ein Arbeiterveteran
spricht. Empfohlen ist der Film Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse und das gleichnamige Buch.


Dokument C 2.i enthält den Vorschlag für einen thematischen Gruppennachmittag, wobei den Pio-
nieren der zweiten bis vier Klasse anhand der Beantwortung der Frage „Wer war Teddy“ das Thäl-
mann-Bild nähergebracht werden sollte. Ziel dieser Veranstaltung war: „Während des Gruppen-
nachmittags lernen die Pioniere besonders die Kindheit und Jugend Ernst Thälmanns kennen. Durch
das Vorlesen relativ unbekannter Geschichten über Ernst Thälmann erfahren sie gleichzeitig, welche
Menschen an der Seite von ‘Teddy’ lebten und kämpften. Abschließend soll gezeigt werden, daß
heute die Pionierorganisation mit dem verpflichtenden Namen Ernst Thälmann sein Vermächtnis in
Ehren erfüllt“ (Bremerstein/Tolke 1980, S. 103). Wie die Jungpioniere in einer Mitgliederversamm-
lung mit Hilfe des Thälmann-Bildes auf die Aufnahme in die Reihen der Thälmannpioniere vorberei-
tet werden sollten, verdeutlicht Dokument C 2.h. Über Gruppenarbeit sollten solcherlei Fragen ge-
klärt werden wie: Haben sich alle Arbeiter dem Kampfbund der Arbeiterklasse angeschlossen? War-
um waren Ernst Thälmann und seine Genossen Freunde der Sowjetunion? Was zeichnete Ernst
Thälmann besonders aus? Wie können wir von Ernst Thälmann und seinen Genossen lernen? (Hinze
1978, S. 14f.). Empfehlungen für einen „Thälmann-Heimatabend“ für FDJ-Mitglieder sind im Doku-
ment C 3.d zu finden.
Lieder
Insbesondere Arbeiterkampflieder galten der SED als besondere Form der Tradition. Im stärkeren
Maße als bisherige Volkslieder seien proletarische Lieder Ausdruck des politischen Kampfes (Lam-
mel 1978). In der Regel sind sie für den Gesang in großen Gruppen konzipiert, weshalb auch vom
„Massenlied“ gesprochen werden kann (Berger u.a. 1978, S. 465f.). Hanns Eisler bezeichnete das
Kampflied als „das eigentliche Volkslied des Proletariats“ (Lammel 1980, S. 14).
Es spiegelt die politischen Ereignisse vom Standpunkt der Arbeiterklasse wider und gestaltet die Forde-
rungen der Arbeiterklasse gegenüber der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sowie das Ziel ihres
Kampfes, die Errichtung der von Ausbeutung und Unterdrückung freien, sozialistischen Gesellschafts-
ordnung [...] Im 20. Jahrhundert wurde das politische Kampf-L.[ied] zum Massen-L[ied], das mit seiner
mobilisierenden musikalischen Wirkung den Kampf der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten unter-
stützt und dabei die Ziele und Kampfaufgaben der jeweiligen Etappe der gesellschaftlichen Entwicklung
gestaltet. (Berger u.a. 1978, S. 456).
Die Arbeiterliedforscherin Inge Lammel schreibt den Kampfliedern politische Massenwirksamkeit
und bewußtseinsbildende Kraft zu. Sie unterstützten wirkungsvoll parteiliches und kämpferisches
Eintreten für die Sache der revolutionären Arbeiterbewegung, revolutionäre Unduldsamkeit gegen-
über reaktionären und arbeiterfeindlichen Ideologien, konsequente Auseinandersetzung mit revisioni-
stischen und dem Marxismus-Leninismus entgegenstehenden Auffassungen sowie einen bedingungs-
losen Einsatz für die Ideen des proletarischen Internationalismus. Durch die in den Liedern vermit-
telten Prinzipien einer sozialistischen Ethik, so Lammel weiter, verhelfen die Kampflieder der Jugend,
„politische Urteile und Entscheidungen im parteilichen Sinne zu fällen, aktiv für den sozialistischen
Aufbau einzutreten, unduldsam gegen feindliche ideologische Auffassungen zu argumentieren und in
den Klassenauseinandersetzungen mit dem westdeutschen Imperialismus offen und konsequent gegen
Militarismus, Revanchismus und Neofaschismus Stellung zu beziehen“. Gleichzeitig fördere das Sin-
gen der Lieder die Bereitschaft zu internationaler Solidarität (Lammel 1980, S. 77f.; 1978, S. 152f.).
Charakteristisch für die Singebewegung in der Freien Deutschen Jugend war die Einheit von künstle-
rischer Betätigung und politisch-ideologischer Selbsterziehung Jugend (Ebert u.a. 1975, S. 231f.).
Diese begann bereits im Kreis der Jungpioniere, die sich auf das „Fröhlichsein und Singen“ orientie-
ren sollten. Gesungen wurde in der DDR nicht nur im Musikunterricht, sondern an jedem Tag vor
Beginn der ersten Stunde, bei Appellen und Mitgliederversammlungen, während Feierstunden und
auch bei den sogenannten Kampfdemonstrationen.
Im Repertoire befanden sich auch Kampflieder, die auf Vermittlung und Festigung des Thälmann-
Bildes abzielten. Dabei lassen sich Lieder unterscheiden, die Thälmann im speziellen thematisieren


von solchen, in denen Thälmanns Name eine wichtige symbolische Bedeutung hat. Der Unterteilung
von Berger u.a. (1978, S. 465) zufolge waren es sowohl antifaschistische Kampflieder wie auch Lie-
der der Arbeiterjugend.
Thälmannlied(er): Zwei Lieder tauchen in den SED-Dokumenten mit dem Titel „Thälmannlied“ auf.
Das erste mit einem Text von Kurt Bartel (genannt KuBa) und einer Melodie von Eberhard Weise,
das zweite mit einem Text von Erich Weinert und einer Komposition von Paul Arma. Von diesen
beiden Liedern war allerdings nur eines, und zwar das von KuBA (Kurt Bartel) gedichtete und von
Eberhard Schmidt vertonte das eigentliche Thälmannlied (Dokument C 1.a1). Das auch den An-
fangszeilen nach benannte Lied Heimatland, reck deine Glieder entstand für die III. Weltfestspiele in
Berlin 1951 und kennzeichnet dem Musik-Lehrbuch der 7/8. Klasse (1984, S. 29) zufolge „den Be-
ginn des im Geiste Ernst Thälmanns errichteten ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates“. Der
Text bekundet eindeutig die Vormachtstellung Thälmanns, der unsterblich sei und bleibe, dessen
theoretischer Geist sich durch die praktische Existenz der DDR erhalte. Gleichzeitig formuliert der
Liedtext den versprechenden Appell, in Thälmanns Namen zu kämpfen.
Heimatland, reck deine Glieder, kühn und beflaggt ist das Jahr.
Breit in den Schultern steht wieder Thälmann vor uns wie er war.
Thälmann und Thälmann vor allen! Deutschlands unsterblicher Sohn -
Thälmann ist niemals gefallen -  Stimme und Faust der Nation.
Maßlos gequält und gepeinigt, blieb er uns treu und hielt stand.
In seinem Namen vereinigt, kämpft um dein Leben, mein Land! Thälmann und Thälmann vor allen...
Daß ihre Waffen zerbrechen, schirmen wir Brücke und Wehr,
geben der Welt das Versprechen, standhaft zu bleiben wie er. Thälmann und Thälmann vor allen ...
Träumen und drängen und bauen - wird auch der Rhein wieder frei,
brechen den Feinden die Klauen, Thälmann ist immer dabei. Thälmann und Thälmann vor allen ...
Dieser Anspruch richtet sich der vierten Strophe zufolge auch auf die Errichtung eines sozialistisches
Gesamtdeutschlands: „Träumen und drängen und bauen – wird auch der Rhein wieder frei, brechen
den Feinden die Klauen, Thälmann ist immer dabei“. Der Abdruck dieser Zeile in der Honeckerzeit
erfolgte unregelmäßig (Abdruck: in Lehrbuch Musik Klasse 7/8, S. 22; kein Abdruck: in Leben-
Singen-Kämpfen 1988, S. 161f.). Eine in den Zeilen 2 bis 4 vom üblichen Text abweichende Version
läßt sich im Liederbuch Brüder am Werk (1986, S. 88f.) finden; als Autor ist ebenfalls Kurt Bartel
angegeben (siehe Dokument C 1.a1).
Im Vergleich zu diesem hat sich ein zweites Thälmannlied (Text: Erich Weinert, Melodie: Paul Ar-
ma) in der DDR nicht als Massenlied durchgesetzt.
Ernst Thälmann, der ging uns voran, die Faust geballt zum Schlagen.
Kolonnen wuchsen Mann an Mann, den Kampf voranzutragen.
Er ging voran, wo die Fahne braust. Für den Kameraden Thälmann: Hoch die Faust!
Das von Weinert 1934 im französischen Exil verfaßte Gedicht galt vielmehr als historisches Doku-
ment der Protestbekundung gegen die Inhaftierung des KPD-Vorsitzenden (Lammel 1980, S. 234f.).
In der zweiten Strophe heißt es dazu: „Er fiel den Schindern in die Hand./ Sie kauften falsche Zeu-
gen./ Er hält der Qual und Folter stand;/ sie konnten ihn nicht beugen,/ trotz Mord und Tod, der im
Kerker haust!/ Für den Kameraden Thälmann: Hoch die Faust!“ (Dokument C 1a.2).
War das Thälmannlied Heimatland, reck deine Glieder ein allgemeines Kampflied, das auch Pioniere
sangen, so gab es auch reine Pionierlieder mit wichtigem Bezug zu Ernst Thälmann. Zu nennen sind
folgende Lieder mit den entsprechenden Textzeilen.

 
Mein Vorbild (Worte: Walter Stranka, Musik: Hans Naumilkat, Dokument C 1.a3):
Ob im Sommer uns’re Zelte in den kühlen Tälern stehn, ob im Winter Schneekristalle von den weißen
Gipfeln wehn: Immer lieben wir die Heimat, lieben wir das deutsche Land,   
|: „Liebe wie Genosse Thälmann!“ lehrt mein Pionierverband. :|



 
Pioniermarsch (Worte: Walter Krumbach, Musik: Gerd Natschinski, Dokument C 1.a4):
Wir tragen die blaue Fahne, es ruft uns der Trommel Klang.
Stimm fröhlich ein, du Pionier in unseren Gesang!
Seid bereit, ihr Pioniere! Laßt die jungen Herzen glühn!
Seid bereit, ihr Pioniere, wie Ernst Thälmann, treu und kühn!
Wir lernen die Welt begreifen, wir forschen auf froher Fahrt
und bau’n ein schön’res Vaterland nach Thälmanns Sinn und Art. Sei bereit ...

 
Denn den Sozialismus bauen wir/ Auf zum Sozialismus (Worte: Ilse und Hans Naumilkat, Musik:
Hans Naumilkat, Dokument C 1.a5):
Fröhlich sein und singen, stolz das blaue Halstuch tragen,
ander’n Freude bringen, ja, das lieben wir.
Hallo, hört die Fanfaren, hört ihr uns’re Lieder, das sind wir!
Fröhlich sein und singen, ja, das lieben wir.
Unser Flammenzeichen führt voran auf steilem Wege,
Thälmann woll’n wir gleichen, das geloben wir!
Hallo, hebt die Fahnen höher, denn die helle Zukunft, das sind wir!
Thälmann woll’n wir gleichen, das geloben wir!
In folgenden Liedern der FDJ wird das Vorbild Ernst Thälmann propagiert.

 
Wir tragen durch die Zeiten (Worte: Walter Stranka, Musik: Otto Hilliger, Dokument C 1.a7):
Wir tragen durch die Zeiten Ernst Thälmanns Kämpfermut,
uns allen zu bereiten ein Leben reich und gut.
Und droh’n die alten Feinde, so fürchten wir sie nicht,

 
Vorwärts, Freie Deutsche Jugend (Worte: Karl-Heinz Thiele, Musik: Erwin Thiele; Dokument C
1.a6):
Lernt im Geiste Thälmanns kämpfen für die junge Republik!
Unsre Zeit braucht Herz und Hände, und der Frieden braucht den Sieg!
Vorwärts, Freie Deutsche Jugend! Der Partei unser Vertraun!
An der Seite der Genossen woll’n wir heut das Morgen bau’n!
Alle diese Lieder sind als Massenlied konzipiert. Einzige Ausnahme ist das Lied „Mein Vorbild“.
Hier wechselt der Bezug in der zweiten Strophe vom „wir“ auf den einzelnen Sänger, der aber zu-
gleich als Mitglied der Pionierorganisation vollenden wolle, „was mein Vater kühn begann“.
Wenn die Federwolken wandern, eil’ ich ihrem Spiel voran,
denn ich will gesund vollenden, was mein Vater kühn begann.
Sonne soll den Körper stählen, er muß schön sein und gewandt.
|: „Stählern, wie Genosse Thälmann“, lehrt mein Pionierverband. :|
Mit Vater ist im Text Ernst Thälmann betitelt. Dessen Heimatliebe, Körpergestähltheit, Lerneifer und
Wachsamkeit sind als vorbildlich hervorgehoben (Dokument C 1.a3).
Auf allgemeine Weise ist Thälmanns Name präsent im Lied der internationalen Brigaden aus dem
national-revolutionären Kampf des spanischen Volkes mit dem Titel Die Thälmann-Kolonne (Worte:
Karl Ernst, Musik: Paul Dessau, Dokument C 1.a8) und im Lied von der roten Fahne (Worte: Max
Zimmering, Musik: Ernst H. Meyer, Dokument C 1.a9). Neben diesen als klassisch zu bezeichnenden
Liedern, die mit Sicherheit massenwirksam zur Vermittlung des Thälmann-Bildes beigetragen haben,
lassen sich auch noch drei Lieder nennen, die in der letzten Dekade der DDR-Geschichte in Pionier-
und Pionierleiter-Zeitschriften veröffentlicht worden sind. Das sind die Lieder

 
Wenn Ernst Thälmann bei uns wär’ (Worte/ Musik: Dieter Brunner und die Gruppe „Teddys En-
kel“, in Frösi 33 (1985) 4, S. 2, Dokument C 1.a10),



 
Thälmann ehren (Worte: H. Stöhr, Musik: H. Kaufmann, in Pionierleiter 11,12/1982, Beilage S.
6),

 
Thälmann/Alle kannten Teddy; Worte: H. Stöhr, Musik: W. Lesser, in Trommel 36 (1983) Mini-
Ausgabe, S. 6).
Den Thälmann-Liedern kann folgender politisch-ideologischer Erziehungssinn beigemessen werden:
1.
 
Präsentation wesentlich positiver Aspekte des Thälmann-Bildes in knapper Form, die im Refrain
vom Singenden repetiert werden, zum Beispiel im Sinne der Omnipotenz Thälmanns: „Thälmann
niemals gefallen“;
2.
 
Schnelle Lernbarkeit der in den Liedern stereotyp oder über Refrain-Wiederholung auftauchenden
Appell kämpferischen Verhaltens: „Seid bereit ihr Pioniere, laßt die jungen Herzen glühn, seid be-
reit ihr Pioniere, wie Ernst Thälmann treu und kühn“;
3.
 
Verinnerlichung des Appells und Umsetzung des Verhaltens sowie bekennende Verpflichtung auf
das Vorbild: „Thälmann woll’n wir gleichen, das geloben wir“.
Thälmann-Ecken, Traditionszimmer, Thälmann-Kabinette
Bereits seit dem Schuljahr 1954 waren die Pioniere vom Zentralrat der FDJ über den Pionierauftrag
„Vorwärts im Namen Ernst Thälmanns“ aufgerufen worden, in den Schulhäusern „Thälmann-Ecken“
einzurichten (Elsen u.a. 1979, S. 52). Das waren zumeist Glasvitrinen, in denen neben den Symbolen
der Pionierorganisation, wie Wimpel der Pionierfreundschaft, Fanfare oder Trommel, das Ehrenbuch
auch Bild und Lebenslauf von Ernst Thälmann dargestellt wurden. Desgleichen konnten je nach
Möglichkeit auch historische Dokumente, wie Abzeichen oder Uniform des Rotfront-Kämpfer-
Bundes dort aufbewahrt sein. Ohnehin war es üblich, daß in jeder Schule auch ein Porträt von Thäl-
mann hing. In der Folgezeit wurden an den Schulen, ebenfalls je nach Möglichkeit der jeweiligen
Kapazität, sogenannte Traditionszimmer eingerichtet. Hier fand sich solches Material, wie es in den
Thälmann-Ecken ausgestellt war. Dazu kamen die Schulchronik wie auch die Ausstellung von Ar-
beits- und Lernergebnissen der Pionier- und FDJ-Kollektive (Abbildungen in APW 1979, S. 101;
Pionierpalast 1981, S. 226). Die Einrichtung von Traditionszimmern ist im Handbuch der Freund-
schaftspionierleiter als ein äußerlich sichtbares Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen von FDJ
und Pionierorganisation bewertet die Traditionen der Arbeiterklasse fortzusetzen (APW 1979, S.
95f.). Neumann (1977) verweist im gleichen Maße auf die Zusammenarbeit der Schulkollektive mit
den Patenbrigaden, die in den Betrieben der Republik ebenfalls die Einrichtung von Traditionszim-
mern anstreben. Die Räume boten vielfältige Möglichkeiten der politisch-ideologischen Arbeit
(Mayrhofer 1979; Mitzenheim 1975; Thiele 1975; Flierl 1992; Leo 1992). So unterstützten die Tra-
ditionszimmer die Umsetzung folgender Inhalte und Formen der kommunistischen Erziehung (APW
1979, S: 96):

 
das Studium des Lebens und Kampfes von Helden der Arbeiterklasse;

 
Zusammenkünfte mit Arbeiterveteranen, die Einbeziehung von Kulturgruppen der FDJ-
Grundorganisation und der Pionierfreundschaft in die Gestaltung dieser Zusammenkünfte;

 
die Aufnahme und Pflege vielseitiger Beziehungen mit Kollektiven und Einrichtungen in der eige-
nen Republik wie auch in anderen sozialistischen Bruderländern, besonders in der Sowjetunion,
die den Namen eines Revolutionärs tragen;

 
die Durchführung von Altstoffsammlungen und anderen Einsätzen zur Erarbeitung finanzieller
Mittel, die für die Gestaltung des Traditionszimmers erforderlich sind;

 
die künstlerische Gestaltung von Exponaten für das Traditionszimmer und vieles andere mehr.
Aus Anlaß des 25. Jahrestages der Republik forderte die 10. Tagung des Zentralrates der FDJ 1974
alle Kreisorganisationen auf, sogenannte Thälmann-Kabinette zu errichten (Elsen u.a. 1979, S. 131).
Der Aufbau solcher Kabinette sei, so Leichsenring (1974, S. 81) gut geeignet, „mit konkreten Auf-
trägen an Grundorganisationen und Pionierfreundschaften eine große politische Bewegung der
FDJler und Pioniere zu entwickeln, Materialien über Leben und Kampf Ernst Thälmanns zusammen-


zutragen, die revolutionären Traditionen des Territoriums zu erforschen, das Werden und Wachsen
der DDR zu schildern und in anschaulicher Weise zu zeigen, wie wir heute das revolutionäre Erbe
bewahren und fortsetzen“. Ähnlich dem Traditionszimmer waren diese Thälmann-Kabinette als Pan-
orama der FDJ-Geschichte und zugleich als Ort der Geschichtspropaganda gedacht, an dem revolu-
tionäres Geschichtsbewußtsein ausgeprägt werden sollte. Die Forderung des Zentralrates wurde in
staatspolitischer Weise von oben nach unten delegiert – bis hin zum letzten Mitglied der FDJ. Jeder
sollte sich Gedanken machen, wie, wo und in welcher Form die Ehrenräume entstehen könnten. Da-
bei sei, so betonte Elsen (1975, S. 17), die Gestaltung nicht allein vom Vorhandensein eines Raumes
abhängig, und er empfahl mit Verweis auf die beispielhafte Vorgabe der Leninpioniere, die vielfälti-
gen räumlichen Möglichkeiten der Schule zu nutzen und so Flure, Gänge, das Foyer oder größere
Ecken der Schulhäuser zu nutzen.
In den bereits bestehenden Traditionszimmern an den Schulen in der DDR wurde daraufhin das
Thema „Ernst Thälmann“ zum Schwerpunktthema ausgebaut. Das erzieherisches Anliegen dieser
Traditionsstätten bestand nun darin, „daß sich jeder Schüler der Schule die Lehren des Kampfes
Ernst Thälmanns, der KPD und der revolutionären Arbeiterklasse aneignet und zu der Erkenntnis
gelangt, daß unsere sozialistische DDR das gesetzmäßige Ergebnis des Kampfes der revolutionären
Arbeiterklasse unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei ist“ (Rohrer 1974, S. 32). Die
generelle Vorgabe der sonstigen Schwerpunktlegung war von Seiten des Zentralrates der FDJ vor-
gegeben. Den Angaben des derzeitigen Chefs der Abteilung Propaganda Krause sollten sich die über-
regionalen Fakten mit regionalspezifischen Aspekten vermischen: „In unseren Kabinetten wollen wir
darstellen, wie Ernst Thälmann lebte und kämpfte, wie in der DDR sein Vermächtnis ständig ver-
wirklicht wird, wie die FDJ und die Jugend der DDR am Werden und Wachsen der DDR beteiligt
sind und was Thälmannsches Denken und Handeln heute für uns bedeutet. Auf diese Schwerpunkte
darf in keinem Kabinett verzichtet werden. Hinzu kam die Darstellung der unverbrüchlichen Freund-
schaft zur Sowjetunion. Von denen – der XVII. Komsomolzenkongreß war auch gerade auf die Eh-
renthematik eingegangen – konnte man auch hier lernen. Der Bezug zwischen den größten kommu-
nistischen Führern beider Völker, Lenin und Thälmann, soll das verdeutlichen. In den Thälmann-
Kabinetten wollen wir zeigen, wie die deutsche Arbeiterklasse an der Seite der Sowjetunion siegen
lernte, wie sie sich einen eigenen sozialistischen Staat schuf. Wir wollen dabei die Größe der Lei-
stungen anschaulich demonstrieren und die Charaktereigenschaften der revolutionären Kämpfer, wie
Standhaftigkeit, Treu zur Sache, Siegeszuversicht, Ehrlichkeit und Menschlichkeit, lebendig machen“
(in Leichsenring 1974, S. 82f.). Folglich konzentrierten sich die Schwerpunkte in den Ausstellungen
der Thälmann-Kabinette auf die Themen:

 
„Zu Leben, Werk und Kampf unseres Vorbildes Ernst Thälmann“,

 
„Das Vermächtnis Ernst Thälmanns wird in unserer Republik erfüllt“

 
„Unsere Pionierorganisation trägt den Namen ‘Ernst Thälmann’“

 
„Ernst-Thälmann-Ehrenecke“ (Lemm 1975, S. 36; Pionierleiter 26 (1975) 5, S. 4).
Nicht allein an den Schulen, sondern ebenso an Stätten des Kampfes der Arbeiterklasse in der Wei-
marer Republik, des antifaschistischen Widerstandes oder Stätten der deutsch-sowjetischen Freund-
schaft wie des sozialistischen Aufbaus entstanden Thälmann-Kabinette als „Zentren der sozialisti-
schen Klassenerziehung“. Zielgruppen waren in erster Linie Pioniere und FDJler; weiterhin konnten
hier Parteiversammlungen der SED stattfinden. In Zusammenarbeit mit Patenbetrieben, mit den Ge-
denkstätten und Archiven der Gegend sowie mit den bei der SED-Kreisleitung angegliederten Kom-
missionen zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung forschten die Pioniere
und FDJler, denn die Kabinette sollten „lebendig und niveauvoll politisch leben“, sie sollten Treff-
punkt und Arbeitsstätte der Jugend und der Funktionäre werden und keine „verstaubten Souvenir-
sammlungen“ sein (Leichsenring 1974, S. 83; Elsen 1975, S. 18f.).
Für die Einrichtung der Thälmann-Kabinette zählt Rohrer (1974, S. 32) neben Bildnissen und Büsten
Thälmanns eine Reihe wichtiger Materialien auf: Aufsätze und Reden Thälmanns, Biographien, bel-
letristische Werke, Gedichte, Schallplatten u.a. Werke über den Arbeiterführer, Forschungsergebnis-


se der Pionier und FDJler, dargestellt in Forschungsmappen, Übersichten und Bildsammlungen,
Freundschaftsfahnen, Urkunden über die Namensverleihung, die die Pionierfreundschaft, die Grund-
organisation der FDJ und die Schule erhielten, Arbeiten von Pädagogen zur Weiterentwicklung des
Unterrichts und der außerunterrichtlichen Arbeit, Ehrenbuch mit Beschreibungen der Verdienste und
Fotos von den besten Schülern, Fotoalben über die Entstehung des Kabinetts. Für die Ausstellung
konnten beim Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer Materialien wie Bücher, Plaket-
ten, Briefmarken oder auch Büsten – kostenpflichtig – bestellt werden (siehe Dokument C 1.d). An
den Wänden, in Vitrinen oder auf Tischen waren diese Materialien postiert. In der Mitte des Raumes
sollte nach Möglichkeit Platz für Versammlungen und Feierstunden sein. Auch ein Spruch von Thäl-
mann konnte die Wand zieren, wie beispielsweise im Thälmann-Kabinett von Eisleben, in dem neben
dem Rednerpult, das Ehrenbanner der Pionierfreundschaft, ein Porträt Thälmanns und auch der fol-
gende Ausspruch zu finden war: „Die Geschichte unseres Lebens ist hart, deshalb erfordert sie ganze
Menschen. Du, ich und alle Mitkämpfer für unsere große Sache müssen stark, fest, kämpferisch und
zukunftssicher sein“ (Leichsenring 1974, S. 91).
Finanziert wurden die Einrichtungen aus eigenen Mitteln der Kreisorganisationen, notfalls half auch
ein „Konto junger Sozialisten“. Das war eine Staatseinrichtung zur Förderung und Anerkennung
volkswirtschaftlicher und schöpferischer Leistungen der Jugend der DDR (Ebert u.a. 1975, S. 154f.).
Die Leitung und Betreuung des Kabinettes oblag einem Mitglied der FDJ-Kreisleitung; war das Ka-
binett in der Schule eingerichtet, war dies der Freundschaftspionierleiter. Genutzt wurden die Kabi-
nette für Mitgliederversammlungen der Pionierorganisation, der FDJ und SED, als Begegnungsstätte
mit Parteiveteranen und Aktivisten der ersten Stunde, als Arbeitsstätte der Jungen Historiker, als
Treffpunkt zum Erfahrungsaustausch oder für die Stunden zum FDJ-Studienjahr, als Konferenzraum
oder aber als Ort von Feierstunden wie die Aufnahmen der Schüler in die Pionierorganisation oder
FDJ. Hier fanden Buchlesungen, Auszeichnungen und politisch-ideologische Schulungen statt.
Die erzieherische Bedeutung des Thälmann-Kabinettes sah die SED im folgenden: Es bewirke eine
gesteigert Aktivität und ein intensives Hinwenden zum Erforschen der Geschichte der örtlichen Ar-
beiterbewegung; es fördere den Meinungsaustausch zu politisch-ideologischen Fragen und helfe so-
mit erheblich bei der klassenmäßigen Erziehung; es unterstütze das Bemühen der FDJler, die Ge-
schichte der Jugendorganisation zu schreiben; es zwinge den Einzelnen zur Auseinandersetzung und
zum Messen an Thälmannschen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen und unterstreiche
letztlich die Bemühungen der FDJ, alle Jugendlichen zu sozialistischen Persönlichkeiten zu formen
und bisher noch abseits stehende junge Menschen für den Jugendverband der DDR zu begeistern
(Leichsenring 1974, S. 93).
Lemm (1975, S. 37) faßt die wesentlichen Aufgaben zusammen, die das Thälmann-Kabinett für die
kommunistische Erziehung an einer Pionierfreundschaft leisten könne:

 
„Es unterstützt die Verbesserung der Erziehung am Vorbild Ernst Thälmanns und aller Kommuni-
sten als durchgängiges inhaltliches Prinzip.

 
Es fördert die Entwicklung eines lebendigen, vielseitigen und interessanten Pionierlebens und hilft
immer stärker, Thälmannsche Haltungen und Überzeugungen auszuprägen.

 
Unser Thälmannkabinett ist mit seinen Materialien eine ausgezeichnete Stätte für die Anleitung
und Befähigung von Gruppenpionierleitern, Lehrern, Arbeitsgemeinschaften u.a. Damit wird es
zum Zentrum des Erfahrungsaustausches an der Pionierfreundschaft.

 
Es ist Stätte der würdigen Gestaltung von Höhepunkten und Jahrestagen sowie Platz der Ehrung
und Auszeichnung unserer Besten.

 
Wesentliche Teile unseres Thälmannkabinetts sind im Foyer untergebracht. Jeder, der die Schule
betritt, geht zuerst durch das Kabinett. Es ist also für unsere Pionierfreundschaft und für die ganze
Schule ein Mittel der verstärkten Ausstrahlung auf das Wohngebiet. Es ist Stimulanz des Wettbe-
werbes und läßt Raum für die Popularisierung aktueller Probleme und Aufgaben“.
Als Beispiel soll das (ehemalige) Thälmann-Kabinett in Wernigerode einmal näher betrachtet werden.


Denn gerade dort zeigt sich der fließende Übergang zwischen zwei erzieherischen Vermittlungsme-
thoden des Thälmann-Bildes, denn das Thälmann-Kabinett des Kreises Wernigerode befand sich im
Museum der Mahn- und Gedenkstätte, wo der Opfer des Faschismus gedacht wurde. Diese Gedenk-
stätte wurde 1974/75 in einem Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald anläßlich des 20.
Jahrestages der Befreiung vom Faschismus und des Sieges des ruhmreichen Sowjetvolkes über das
Hitlerregime errichtet. Die SED-Kreisleitung sowie der Rat des Kreises Wernigerode hatten sich
dafür eingesetzt. In einem Faltblatt zur Gedenkstätte heißt es: „Mit dieser Gedenkstätte ehrt die Be-
völkerung des Kreises Wernigerode den heldenhaften Widerstandskampf der Antifaschisten gegen
die Terrorherrschaft der Nazis und gedenkt der vielen Opfer, die aufrechte Kämpfer gegen die fa-
schistische Diktatur in Zuchthäusern und Konzentrationslagern auf sich genommen haben und oft mit
dem Leben bezahlen mußten. Sie ist gleichzeitig eine Stätte der Mahnung an die Jugend, ständig ge-
gen Imperialismus, Faschismus und Krieg zu kämpfen, ihre ganze Kraft für Frieden und Sozialismus
einzusetzen“ (SED Kreisleitung Wernigerode 1987). Ab 1981 kam hierzu ein Museum zur Ge-
schichte der Arbeiterbewegung des Wernigeröder Gebietes. An authentischem Ort wurde in rekon-
struierten Lagerbaracken von den Lebensbedingungen der Gefangenen und politischen Umständen
der Zeit des Nationalsozialismus berichtet. Ein Appellplatz mit überlebensgroßem Mahnmal stand für
regelmäßig durchgeführte Gedenkveranstaltungen zur Verfügung.
Der Aufbau der Gedenkstätte fiel in die Zeit, in der der FDJ-Zentralrat zur Errichtung der Thälmann-
Kabinette aufrief. Wie in anderen Kreisorganisationen hatten sich auch die Wernigeröder FDJler und
SED-Genossen daraufhin in ihr Kampfprogramm geschrieben, „zur Wahrung der revolutionären
Traditionen der deutschen und internationalen Arbeiterklasse“ ein Thälmann-Kabinett aufzubauen.
Mit dem Aufbau des Kabinetts innerhalb der Gedenkstätte war ein authentischer Ort des antifaschi-
stischen Widerstandes gefunden, hier sollte „Geschichte anfaßbar, lebendig, emotional wirksam wer-
den“ – wie es Eberhard Aurich generell formulierte (in Zentralrat FDJ 1982, S. 77). Bei der Planung
und Durchführung erhielten die am Aufbau beteiligten FDJ-Grundorganisationen Unterstützung von
der Abteilung Wissenschaft und der Abteilung Gestaltung des Zentralmuseums (Schloß) Wernigero-
de wie auch von der bei der SED-Kreisleitung tätigen Kommission zur Erforschung der örtlichen
Arbeiterbewegung. Das „Lager für Arbeit und Erholung“ der FDJ des Kreises wurde 1974 für den
Aufbau des Thälmann-Kabinetts organisiert. Das Lager für Arbeit und Erholung war eine für FDJler
der Oberschule während der Sommerferien organisierte Freizeitgestaltung, bei der die Jugendlichen –
in Verbindung von Arbeit (4 bis 6 Stunden pro Tag) und Erholung, zum Beispiel durch Sport – den
Wert der Arbeit schätzen und lieben lernen sollten (Laabs u.a. 1987, S. 221f.).
Die Eröffnung des Thälmann-Kabinetts fand am 9. Mai 1975 statt. Die Chronik der Gedenkstätte
berichtet von einer Veranstaltung mit FDJlern, Veteranen und „Vertretern des öffentlichen Lebens“.
Die Feierstunde war gleichzeitig Anlaß für die Auszeichnung von Partei- und Arbeiterveteranen. Auf
Schautafeln wurde hier das Wirken der kommunistischen Widerstandskämpfer aus der Gegend mit
Bezug auf den KPD-Vorsitzenden geschildert. Die Gedenkstätte wurde als eine „wirksame Bildungs-
stätte für die Herausbildung des marxistisch-leninistischen Geschichtsbewußtseins“ gesehen. Mit dem
Thälmann-Kabinett zeigte die Jugend des Kreises Wernigerode „in vielfältiger Form, wie sie revolu-
tionäre Traditionen pflegt und wie sie das Vermächtnis Ernst Thälmanns und des revolutionären Er-
bes der Arbeiterklasse mit Leben erfüllt“ (SED-Kreisleitung Wernigerode).
Der damalige 1. Sekretär der FDJ-Kreisleitung Wernigerode, Peter Bleyel, meinte über die Arbeit am
und im Thälmann-Kabinett: „Wir gehen davon aus, daß unser Thälmann-Kabinett nie fertig wird. Es
muß einfach ein ständiges Erweitern und Erneuern geben. Einmal, weil ja die Geschichte unseres
Jugendverbandes täglich weitergeschrieben wird und zum anderen wollen wir kein verstaubtes Mu-
seum, sondern eine Arbeitsstätte zur politischen Erziehung der Jungen und Mädchen. Also, die
FDJler des Kreises arbeiten ständig an der Vervollkommnung unseres Kabinettes“ (in Leichsenring
1974, S. 88).



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