Ernst Thälmann Reden und Aufsätze


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Kommunistische Internationale, 
Heft 17/18, 1932 

Im Kampf gegen die faschistische Diktatur 
 
Rede und Schlußwort des Genossen Ernst Thälmann 
auf der Parteikonferenz der KPD
*
 
 
Die Ergebnisse des 12. EKKI-Plenums und unsere Aufgaben 
 
Genossen  und  Genossinnen!  Wenn  wir  uns  mit  den  Ergebnissen  des  12.  Plenums 
beschäftigen,  so  erscheint  es  zweckmäßig,  im  Anfang  meiner  Ausführungen  die  große 
Bedeutung  solcher  internationaler  Tagungen  unserer  kommunistischen  Weltpartei  für  die 
Arbeit  der  einzelnen  Sektionen  im  eigenen  Lande  und  speziell  für  die  Arbeit  der  KPD  zu 
beleuchten.  Ich  will  hinweisen  auf  die  große  Rolle,  die  die  Beschlüsse  und  Lehren  des 
11. Plenums  für  unsere  Partei  in  Deutschland  hatten.  Wir  haben  die  ganze  Bedeutung  der 
Ergebnisse  des  11.  Plenums  für  unsere  Arbeit  zeitweilig  nicht  genügend  erkannt.  Erst  im 
Herbst vorigen Jahres ergab sich, nachdem eine Reihe von Abweichungen und Entstellungen 
unserer Linie in der Praxis aufgetreten waren, bei einer ernsten Überprüfung der Beschlüsse 
des  11.  Plenums,  welche  ernsten  Konsequenzen  wir  daraus  ziehen  mußten.  Man  muß  heute 
aussprechen, daß der Kurs für die Durchsetzung der Linie des 11. Plenums in unserer Partei 
auf gewisse Hemmungen und zum Teil sogar auf Widerstand stieß, und daß wir mit Hilfe der 
ideologischen Offensive des Zentralkomitees einen Tag des zähen bolschewistischen Ringens 
um Klärung und Verbesserung der Massenarbeit einschlagen mußten, ehe wir einen gewissen 
Durchbruch zur Überwindung der Hauptschwächen erzielen konnten. Sowohl in der richtigen 
strategischen  Orientierung,  wie  in  der  Frage  einer  notwendigen  großzügigen  Wendung  in 
unserer  gesamten  revolutionären  Massenarbeit  mit  dem  Kurs  auf  die  Führung  der  Aktionen 
und  Kämpfe  der  Massen,  war  es  das  11.  Plenum,  das  uns  die  wichtigsten  Fingerzeige  gab. 
Gerade in der hinter uns liegenden Periode unserer Parteigeschichte hat sich in besonderem 
Maße  die  Rolle  der  Komintern  als  Weltpartei  und  die  Führerrolle  des  Generalstabs  der 
internationalen revolutionären Arbeiterbewegung, der Exekutive der Komintern, erwiesen. 
Wenn  wir  von  dieser  Erkenntnis  ausgehen,  werden  wir  jetzt  bei  der  Behandlung  der 
Beschlüsse des 12. Plenums von vornherein in allen Einheiten der Partei vom Zentralkomitee 
und  der  Parteikonferenz  bis  zur  Zelle  das  nötige  Verständnis  dafür  aufbringen,  studieren, 
verarbeiten und in unserer praktischen Politik konkretisieren müssen. 
Es  gab  manchmal  Genossen  in  unseren  Reihen,  die  sich  klüger  dünkten  und  verschiedene 
Fragen besser beurteilen zu können glaubten, als es in den festgelegten Beschlüssen unserer 
Weltpartei  niedergelegt  war.  Ich  betone  hier  ausdrücklich:  unser  Verhältnis  zur  Komintern, 
dieses  enge,  unverbrüchliche,  feste  Vertrauensverhältnis  zwischen  der  KPD  und  der 
Kommunistischen  Internationale  und  ihrer  Exekutive  -  das  ist  eines  der  wichtigsten 
Ergebnisse  der  inneren  Entwicklung  unserer  Partei,  der  innerpolitischen  Kämpfe  und 
Auseinandersetzungen  der  Vergangenheit  und  der  höheren  politischen  Reife  unserer  Partei 
überhaupt.  Dieses  enge  Vertrauensverhältnis  ist  ein  Stück,  ja,  ist  das  Rückgrat  unserer 
Bolschewisierung.  Unsere  Parteiführung,  das  Zentralkomitee,  hat  es  deshalb  stets  als  eine 
seiner wichtigsten Aufgaben angesehen, gegen jede Erscheinung anzukämpfen, die Autorität 
der Komintern in den Reihen der Funktionäre und Mitglieder der KPD auch nur im mindesten 
anzutasten. 
Darum:  solche  Stimmungen  eines  ungenügenden  Verständnisses  für  die  Beschlüsse  der 
Komintern,  wie  sie  nach  dem  11.  Plenum  in  unseren  Reihen  stellenweise  möglich  waren, 
nicht  etwa  als  bewußte  Tendenz,  sondern  einfach  als  Ausdruck  eines  gewissen 
                                                 
*
  Die  „Resolution  der  Parteikonferenz  der  KPD  über  das  12.  Plenum  des  EKKI  und  die  Aufgaben  der  KPD“ 
findet sich im Anhang 

Unverständnisses,  darf  es  jetzt  nach  dem  12.  Plenum  des  EKKI  unter  keinen  Umständen 
geben. 
 
Aufgaben der Parteikonferenz: 
Durchführung der Beschlüsse des 12. Plenums 
 
Eine der ernstesten und wichtigsten Aufgaben der heutigen Parteikonferenz ist, in den Reihen 
unserer Partei und darüber hinaus in den Massen den Beschlüssen des 12. Plenums des EKKI 
volle  Achtung  zu  verschaffen;  das  bedeutet:  nicht  nur  formale  Anerkennung,  sondern 
wirkliche,  praktische  Durchführung  der  Aufgaben,  die  uns  das  12.  Plenum  stellt,  wirkliche, 
lebendige Anwendung der Lehren, die es uns gibt. 
Selbstverständlich  ist  es  undenkbar,  alle  wichtigen  Fragen  einer  solchen  großen 
internationalen  Tagung  auch  nur  annähernd  im  Rahmen  eines  Referats  zu  streifen, 
geschweige  denn,  sie  erschöpfend  zu  behandeln.  Ich  will  mich  deshalb  bewußt  darauf 
beschränken, einige Hauptprobleme kurz zu umreißen und den Hauptteil meines Referats den 
Fragen unserer Praxis, den vor uns liegenden Aufgaben zu widmen. Ich betone ausdrücklich: 
ein  Referat  kann  nicht  das  gründliche  Studium  der  Beratungen  und  Beschlüsse  des 
12. Plenums ersetzen, sondern nur eine Anleitung für die Behandlung der Fragen geben. 
 
Das Ende der kapitalistischen Stabilisierung 
 
Zuerst  die  Frage  der  Analyse  der  Situation.  Das  12.  Plenum  spricht  in  seinen  politischen 
Thesen aus, daß das Ende der politischen Stabilisierung des Kapitalismus eingetreten ist. Was 
bedeutet das, Genossen? Wir müssen den ganzen Ernst und das ganze Gewicht einer solchen 
Feststellung verstehen.  Lenin und die Komintern  haben bekanntlich die  ganze gegenwärtige 
Epoche,  die  im  Zeichen  des  Monopolkapitalismus,  des  Imperialismus  steht,  als  die  Epoche 
der  Weltrevolution  gekennzeichnet.  Der  Weltkrieg  von  1914-1918  und  die  russische 
Revolution  des  Jahres  1917  stehen  am  Beginn  dieser  Epoche  und  enthüllen  ihren 
geschichtlichen Charakter. Die ersten Jahre der Nachkriegszeit von 1918-1923 waren erfüllt 
von  einer  nicht  abreißenden  Kette  revolutionärer  Kämpfe  und  bewaffneter 
Auseinandersetzungen,  politischen  Massenstreiks  und  Generalstreiks  in  einer  ganzen  Reihe 
von  Ländern. Deutschland, das nach dem verlorenen Weltkrieg als das schwächste Glied in 
der  Kette  des  Imperialismus  anzusprechen  war,  zeigte  ganz  besonders  deutlich  diese  rasche 
Aufeinanderfolge  revolutionärer  Zuspitzungen  und  Kämpfe.  Mit  der  Oktoberniederlage  des 
deutschen  Proletariats  von  1923,  mit  der  Niederwerfung  der  bulgarischen  Arbeiter  und 
Bauern beim Sturz der Regierung Stambulijski, endete dieser erste Turnus, diese erste Reihe 
von Kriegen und Revolutionen. 
Beim Abschluß dieser ersten Reihe der großen geschichtlichen Auseinandersetzungen finden 
wir  die  Sowjetmacht  auf  einem  Sechstel  der  Erde,  während  in  allen  übrigen  Ländern  des 
Kapitalismus  die  Bourgeoisie  den  Ansturm  des  Proletariats  noch  einmal  zurückgeschlagen 
hatte. 
Es  folgte  die  Zeit  der  relativen  Stabilisierung  des  Kapitalismus,  die  mit einer  Festigung  der 
bürgerlichen  Klassenherrschaft,  mit  einer  günstigen  Konjunktur  der  Wirtschaft,  mit  einem 
Anwachsen der demokratischpazifistischen Illusionen der Massen begann. Auf die erste große 
Flutwelle der Weltrevolution folgte eine gewisse Ebbe, eine gewisse Stagnation, ja teilweise 
rückläufige  Entwicklung  der  revolutionären  Bewegung.  Die  Propheten  des  Kapitalismus 
frohlockten, die Vertreter des Reformismus, die Führer der internationalen Sozialdemokratie 
verkündeten das Ende der Weltrevolution und wollten den Massen einreden, daß nunmehr der 
friedliche  „demokratische“  Weg  zum  Sozialismus,  das  allmähliche  „Hineinwachsen  in  den 
Sozialismus“ gesichert sei. 

Wir Kommunisten aber, die wir mit der Methode des Marxismus-Leninismus an das Studium 
der  ökonomischen  und  politischen  Entwicklung  herangingen  und  herangehen,  stellten  mit 
aller Schärfe diesen wirren und verlogenen „Theorien“ unsere revolutionäre These entgegen, 
daß  die  Stabilisierung  des  Kapitalismus  nur  relativ  sei,  nur  bedingt  sei,  sowohl  zeitlich  wie 
räumlich  begrenzt,  und  daß  sie  einer  neuen  Sturmflut  des  revolutionären  Aufstiegs  Platz 
machen müsse. 
Als  dann  die  Weltwirtschaftskrise  im  Jahre  1929  einsetzte,  als  sie  immer  mehr  Länder  des 
Kapitalismus  in  ihren  Bann  zog  und  sich  immer  mehr  vertiefte,  haben  wir  bereits  auf  den 
damaligen Tagungen der Komintern und auch der KPD die Bedeutung der Krise für den Gang 
der  Weltgeschichte  aufgezeigt.  Wir  beschäftigten  uns  zum  Beispiel  auf  dem  Januar-Plenum 
1931, also vor ungefähr  einem dreiviertel Jahr, mit der Frage der Krise. Wir sahen, wie die 
zyklische Krise sich auf dem Boden der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems in der 
Epoche des Imperialismus in viel schärferer und umfassenderer Form entfalten mußte, als das 
bei  den  periodischen  Krisen  der  Vorkriegszeit  der  Fall  war.  Wir  zeigten  gleichzeitig  schon 
damals  auf,  wie  umgekehrt  die  Weltwirtschaftskrise  ihrerseits  die  allgemeine  Krise  des 
Kapitalismus  vertiefen  und  in  ein  höheres  Stadium  steigern  muß.  Die  Ereignisse  haben  uns 
vollkommen Recht gegeben. 
 
Die allgemeine Krise dauert an 
 
Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist, während die zyklische Weltwirtschaftskrise noch 
immer  andauert  und  sich  weiter  verschärft,  gegenwärtig  bereits  in  ein  Stadium  ihrer 
Entfaltung  eingetreten,  wo  wir  mit  Recht  vom  Ende  der  relativen  Stabilisierung  des 
Kapitalismus sprechen können. Wir haben noch nicht revolutionäre Krisen oder revolutionäre 
Situationen  in  einem  solchen  oder  auch  nur  ähnlichen  Ausmaß  wie  in  den  Jahren  1917/18, 
1919 usw. Wir haben bereits die Revolution in Spanien, eine revolutionäre Situation in China 
und dort sogar den Sieg der Sowjetrevolution auf einem großen Territorium. Von Polen sagt 
das 12. Plenum des EKKI, daß es bereits ganz nahe an die revolutionäre Krise herangelangt 
sei, von Japan, daß dort diese Entwicklung sehr rasch eintreten kann. In Deutschland steigen 
die Voraussetzungen der revolutionären Krise mit größter Beschleunigung an. 
Trotzdem ist die gegenwärtige Entwicklung, wie sie durch das 12. Plenum analysiert wurde, 
noch nicht die neue Welle revolutionärer Entscheidungskämpfe selbst, sondern der Übergang 
zu einer solchen neuen Reihe von Revolutionen und Kriegen, wie wir sie vor der Periode der 
relativen Stabilisierung des Kapitalismus gehabt haben. 
Diese Feststellung des 12. Plenums ist von größter Bedeutung für uns. Nicht etwa, weil wir 
nun  vielleicht  in  allen  Artikeln  von  nichts  anderem  sprechen  wollen  als  vom  Ende  der 
kapitalistischen  Stabilisierung,  weil  wir  daraus  ein  Schlagwort  machen,  sondern  vom 
Standpunkt unserer Aufgaben, vom Standpunkt unserer revolutionären Arbeit. Was bedeutet 
die Feststellung des 12. Plenums bezüglich der Lage in Deutschland? 
Im  Jahre  1924,  nach  der  Oktoberniederlage  1923  des  deutschen  Proletariats,  gelang  es  der 
deutschen  Bourgeoisie,  ihre  erschütterte  Klassenherrschaft  wieder  zu  festigen.  Die  Mark-
Stabilisierung  wurde  durchgeführt,  die  Inflation  überwunden,  die  revolutionäre  Bewegung 
erlitt  einen  Rückschlag,  der  selbstverständlich  zu  einem  wesentlichen  Teil  auf  die 
ungenügende Festigkeit der Kommunistischen Partei, auf ihre mangelnde revolutionäre Reife, 
auf  ihre  Schwankungen  zwischen  den  rechtsopportunistischen  und  liquidatorischen  Fehlern 
der Brandler-Thalheimer und den „links“-opportunistischen Fehlern der Ruth Fischer-Maslow 
zurückzuführen war. 
Heute  hat  die  Kommunistische  Partei  in  Deutschland  eine  ganz  andere  revolutionäre 
Festigkeit und Schlagfertigkeit erlangt, so daß sie sich auch in schwierigen Situationen, trotz 
aller  noch  vorhandenen  Schwächen  und  Mängel,  viel  besser  zu  schlagen  vermochte,  als  es 
damals  der  Fall  war.  Aber  wenn  wir  ganz  von  dem  subjektiven  Faktor  absehen  und  uns 

zunächst  nur  auf  die  objektive  Entwicklung  beschränken,  so  zeigt  der  bloße  Vergleich 
zwischen  jenen  Jahren  der  relativen  Stabilisierung  des  Kapitalismus  und  der  Gegenwart  die 
gewaltige Veränderung. 
 
Deutschland: „Die klaffende Wunde Europas“ 
 
Wie  ist  die  heutige  Lage  Deutschlands?  Auf  dem  12.  Plenum  wurde  unser  Land  durch  den 
Genossen  Manuilski  die  „klaffende  Wunde  Europas“  genannt.  Tatsächlich  sind  durch  die 
Krise  und  die  besondere  Verknüpfung  der  Krisenfaktoren  Deutschlands  mit  den 
Auswirkungen  des  Versailler  Systems  alle  inneren  und  äußeren  Widersprüche  und 
Gegensätze Deutschlands unerhört verschärft. Ich will nicht auf die einzelnen ökonomischen 
Tatsachen  eingehen,  die  den  Delegierten  der  Parteikonferenz  in  besonderen  Materialien  zur 
Kenntnis  gebracht  werden.  Die  ungeheure  Erwerbslosigkeit  in  Deutschland,  die  völlige 
Zerrüttung der gesamten Ökonomik, die immer stärkere Stillegung des Produktionsapparates, 
die  fortgesetzte  Einschrumpfung  des  inneren  Absatzmarktes  durch  die  Verelendung  der 
werktätigen  Millionenmassen,  die  direkte  Pauperisierung  breitester  Massen  -  das  alles  sind 
unbestreitbare Tatsachen. 
 
Papen-Programm und Wirtschafts„ankurbelung“ 
 
Mit  großem  Reklamegetöse  wurde  das  Programm  Papens  als  letzter  Versuch  des 
kapitalistischen  Wegs  zur  Überwindung  der  Krise  angepriesen.  Die  ausgesprochenen 
Zeitungen des Finanzkapitals selber erklärten, dieses Programm sei gewissermaßen die letzte 
Chance  des  Kapitalismus.  Wenn  dieses  Programm  nicht  die  berühmte  „Ankurbelung“  der 
Wirtschaft  bringe,  dann  habe  der  Kapitalismus  eine  Entscheidungsschlacht  verloren.  Auch 
wenn  wir  uns  nicht  solche  Formulierungen  zu  eigen  machen,  so  zeigt  diese  anspruchsvolle 
Begleitmusik  der  Bourgeoisie  zum  Papen-Programm  doch  deutlich  genug  den  Ernst  der 
Situation. 
Und  was  ist  das  Papen-Programm?  Es  ist  eine  Mischung  von  äußerst  widersprechenden 
Maßnahmen, von denen die eine immer die andere aufhebt. 
Auf der einen Seite spiegelt die Bourgeoisie den Versuch einer Arbeitsbeschaffung vor. Der 
Kapitalist,  der  Arbeiter  einstellt,  bekommt  Prämien,  bekommt  besondere  staatliche 
Subventionen.  Aber  zu  gleicher  Zeit,  wo  die  Regierung  behauptet,  auf  diese  Weise  die 
Produktion  „ankurbeln“  zu  wollen,  werden  die  Absatzmöglichkeiten,  die  ohnehin  rapide 
zusammengeschrumpft sind, in kolossalem Maße noch weiter verringert. 
Einmal wird der innere Absatzmarkt durch die neue Hungeroffensive gegen Betriebsarbeiter, 
Erwerbslose, Sozialrentner aller Art, durch Steuerraub usw. radikal verkleinert. 
Zum  anderen  wird  durch  das  Agrarprogramm  mit  seinen  Kontingentierungsbestimmungen, 
mit  heftiger  Verschärfung  des  Zollkampfes,  mit  ausgesprochenen  Autarkie-Tendenzen  der 
Widerstand  der  übrigen  kapitalistischen  Staaten  gegen  deutsche  Einfuhr  künstlich  gesteigert 
und  damit  der  Export  der  deutschen  Industrie  ernsthaft  und  weitgehend  gegenüber  dem 
jetzigen Stande noch eingeschränkt. 
Es  ist  klar,  daß  jede  Spekulation  auf  eine  „Ankurbelung  der  Produktion“  angesichts  dieser 
Tatsachen völlig sinnlos ist. 
Ebensowenig  wird  die  Bourgeoisie  mit  den  finanzpolitischen  Maßnahmen  des  Papen-
Programms, mit der Methode der Steuergutscheine, die herrschenden  Finanzschwierigkeiten 
abschwächen  oder  ihre  weitere  Verschärfung  abwenden  können.  Die  Methode, 
Steuergutscheine als eine Art Zahlungsmittel in den Zirkulationsprozeß einzupumpen, hinter 
denen nichts anderes steht als die Hoffnung auf einen zukünftigen Mehrwert, stellt im Grunde 
nichts  anderes  dar  als  eine  inflationistische  Maßnahme.  Denn  dem  erweiterten 
Zahlungsmittelumlauf  steht  ja  keineswegs  eine  vergrößerte  Warenmasse  gegenüber,  so  daß 

die  Folge  zwangsläufig  eine  ansteigende  Teuerungswelle,  eine  Entwertung  der 
Zahlungsmittel, eine weitere Gefährdung der Währung sein muß. 
 
Die Krise tritt in ein verschärftes Stadium 
 
Alles  Gerede  der  Bourgeoisie,  der  bürgerlichen  und  sozialdemokratischen  Presse  über  ein 
Abflauen der Krise, einen nahe bevorstehenden Umschwung in die Depression oder gar eine 
baldige neue Prosperität ist entweder haltlose Utopie oder bewußter Betrug. Gegenüber diesen 
Spekulationen, irreführenden und verlogenen, der Irreführung der Massen dienenden Phrasen 
sagen wir Kommunisten den Massen mit aller Schärfe, daß sich die Krise nicht abschwächt, 
sondern daß sie im Gegenteil in ein verschärftes Stadium eintritt. 
Vom  Papen-Programm  und  allen  Plänen  der  Bourgeoisie  auf  wirtschaftlichem  Gebiet  geht 
wenig  oder  nichts  in  Erfüllung,  was  angeblich  der  Überwindung,  der  Vermeidung  der 
Katastrophe für die Werktätigen dienen soll, auch wenn die Regierung, die bürgerliche Presse 
und das amtliche Konjunktur-Institut in einem künstlichen Optimismus wetteifern. All diese 
Versprechungen sind Lug und Trug. 
Übrig  bleibt  bei  diesem  Programm  der  Bourgeoisie  nur  das  eine:  das  krankhafte  Bestreben, 
die  Ausplünderung  der  Massen  mit  immer  neueren  Methoden  zu  steigern!  Die  unersättliche 
Raffgier  der  Kapitalisten,  der  Großagrarier,  der  Bankiers,  der  Spekulanten,  die  auch  in  der 
herannahenden  Katastrophe  ihren  Profit  auf  Kosten  des  unsagbaren  Elends  der  Massen,  der 
unerträglich gesteigerten Not des arbeitenden Volkes in Stadt und Land sichern wollen. 
Man muß sich einmal vergegenwärtigen, was die Bestimmungen der Notverordnungen für die 
Kapitalisten  bedeuten.  Nehmen  wir  z.B.  die  Frage  des  Lohn-  und  Gehaltsraubes.  Wenn  es 
nach dem Willen der Bourgeoisie ginge, soll der Unternehmer bei Einstellung von Arbeitern 
und Angestellten eine dreifache Steigerung seines Profits haben. 
Was Papen den Werktätigen bringt 
1.  bekommt  er
*
  direkt  ein  Geschenk  aus  den  Steuergeldern  der  Werktätigen  in  Form  der 
Kopfprämie von 400 Mark. 
2.  soll  der  eingestellte  Erwerbslose  zu  Löhnen  arbeiten,  die  erheblich  unter  dem  Tariflohn 
liegen, d.h.: er soll noch mehr unbezahlte Mehrarbeit für den Kapitalisten leisten, er soll sich 
noch schärfer ausbeuten lassen. 
3.  soll  diese  vermehrte  Ausbeutung  zugunsten  der  Unternehmerprofite  nicht  nur  auf  die 
Neueingestellten, sondern gleichzeitig auch für die übrigen Arbeiter des Betriebes eingeführt 
werden. 
Insgesamt  nichts  anderes  als  die  nackte,  krasse  Steigerung  der  Ausbeutung,  die  räuberische 
Erhöhung des Unternehmerprofits! 
Genau  das  gleiche,  was  für  das  Industrieproletariat  und  die  Erwerbslosen  der  Städte  und 
Industriebezirke hinsichtlich des Papen-Programms gilt, trifft auch für die werktätigen Bauern 
bezüglich  des  Agrarprogramms  zu.  Es  ist  ein  Programm  der  reinen  Bereicherung  der 
Großagrarier 
und 
Junker. 
Selbst 
die 
am 
stärksten 
verschuldeten, 
völlig 
heruntergewirtschafteten  Güter  solcher  ostelbischer  Junker,  die  auf  Grund  des 
Siedlungsprogramms  der  Brüning-Regierung  nicht  mehr  künstlich  gehalten,  sondern  für 
Siedlungszwecke  aufgekauft  werden  sollten,  werden  auf  Grund  des  großagrarischen 
Einflusses,  der  in  der  Papen-Regierung  besonders  verstärkt  ist,  mit  maßlosen  Subventionen 
künstlich erhalten werden. 
 
Die Steigerung und Verschärfung des Klassenkampfes 
 
Welche politischen Folgerungen ergeben sich aus all diesen Tatsachen? 
                                                 
*
 der Unternehmer 

Eine  ungeheuerliche  Steigerung  und  Verschärfung  des  Klassenkampfes,  eine  Zuspitzung  im 
Kampf  zwischen  Bourgeoisie  und  Proletariat,  zwischen  den  herrschenden  Klassen  und  den 
werktätigen  Massen  von  solchem  Ausmaß,  daß  dadurch  die  Voraussetzungen  der 
revolutionären Krise in Deutschland mächtig gesteigert werden. 
Wenn man sich vor Augen führt, welche riesigen Massen von Erwerbslosen in Deutschland 
überhaupt keine Unterstützung mehr beziehen, weder aus der Arbeitslosenversicherung, noch 
von  der  Krisenfürsorge,  noch  von  der  Wohlfahrt,  so  ist  es  klar,  daß  diese  Massen  im 
kommenden Winter nicht ruhig bleiben werden. Solche Tage wie jetzt in Belfast in Irland sind 
im  kommenden  Winter  auch  in  Deutschland  sehr  wahrscheinlich.  Nach  den  bürgerlichen 
Statistiken gibt es gegenwärtig 5.392.000 in den Arbeitsämtern eingetragene Erwerbslose, zu 
denen  die  sogenannten  „unsichtbaren“  Erwerbslosen  kommen,  die  gar  keine  Unterstützung 
mehr beziehen und sich bei den Arbeitsämtern nicht mehr melden, weil es doch zwecklos ist. 
Insgesamt schätzt die bürgerliche Statistik die Zahl der Erwerbslosen auf 7.160.000. In dieser 
Statistik  ergibt  sich  jedoch  bei  einiger  Nachprüfung,  daß  von  den  früheren  Lohn-  und 
Gehaltsempfängern  zur  Zeit  der  günstigen  Konjunktur  -  22,8  Millionen  -  heute  2  bis 
2,5 Millionen  aus  der  bürgerlichen  Statistik  einfach  verschwunden  sind.  Das  Konjunktur-
Institut der deutschen Bourgeoisie versucht das mit dem Übergang dieser Erwerbslosen zum 
Straßenhandel, zu selbständigen Berufen zu erklären. Natürlich ist das eine Albernheit. Was 
ergibt sich also? 
Die  Zahl  der  Erwerbslosen  muß  auf  9  Millionen  eingeschätzt  werden.  Überlegt,  Genossen, 
was  das  für  ein  Bestandteil  der  Gesamtbevölkerung  ist?  Welche  Rolle  sie  für  den 
Klassenkampf des Proletariats spielen? 
Betrachtet man die jetzige Welle von Streiks als Antwort auf die September-Notverordnung 
Papens  im  Zusammenhang  mit  der  allgemeinen  Verschärfung  der  Lage,  so  ergibt  sich  auch 
daraus eine Perspektive, die auf neue, heftigere, immer erbittertere Massenkämpfe hinweist. 
In  den  Thesen  des  III.  Weltkongresses  der  Kommunistischen  Internationale  wurde  u.a. 
folgendes gesagt: 
 
„Das  Wesen  der  jetzigen  Epoche  besteht  eben  darin,  daß  die  bescheidensten  Lebensbedingungen 
der  Arbeitermassen  unvereinbar  sind  mit  der  Existenz  der  kapitalistischen  Gesellschaft,  daß  darum 

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