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Die Rolle der Silbe im Schriftspracherwerb


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3. Die Rolle der Silbe im Schriftspracherwerb
Um die Rolle der Silbe für den Schriftspracherwerb zu verstehen ist es notwendig einen Blick auf die „allgemeinen Prinzipien der Wortschreibung des Deutschen“ , die Orthographie, zu werfen. Nach Eisenbergs Modell des Schriftsystems wirken verschiedene Prinzipien auf das Deutsche ein, welche gemeinsam seine Wortschreibung bestimmen. Er nennt dabei das phonografische, das silbische und das morphologische Prinzip. Diese Reihenfolge lässt sich so jedoch nicht auf den Schriftspracherwerb übertragen, da die Prinzipien „integrativ angeeignet“ werden.
Das phonografische Prinzip betrifft die Beziehung zwischen Lautgesten und Buchstaben und führt zu einer rein lautbasierten Schreibung. Mithilfe der GPK-Regeln lassen sich für einige Wortformen die Phoneme auf die Grapheme abbilden, doch gibt es viele Fälle, in denen das nicht zur korrekten Schreibung führt. Mitunter ein wichtiger Grund dafür ist „die Bezugnahme auf silbische Informationen“. Im Folgenden soll daher das silbische Prinzip ausführlich dargelegt werden.
Der Begriff Silbe lässt sich sowohl auf die gesprochene, als auch auf die geschriebene Sprache beziehen. Bei „Sprechsilben“, also Silben in der gesprochenen Sprache, handelt es sich um „lautliche Einheiten mit bestimmten Eigenschaften“. Laute, Wörter und Sätze sind weniger leicht zugängliche Einheiten als Silben. So können bereits Kinder vor dem Beginn des Schriftspracherwerbs die Silbenanzahl bestimmter Einheiten feststellen. Während es ihnen möglich ist, die Silbenkerne zu bestimmen, fällt ihnen die Bestimmung der Silbengrenze dagegen noch schwerer.
„Schreibsilben“, also Silben in der geschriebenen Sprache, sind sichtbare Einheiten, welche zwischen dem Buchstaben und dem Wort stehen. Eine Schreibsilbe ist meist größer als ein Buchstabe und ein Wort besteht oft aus mehr als einer Silbe. Die Buchstaben sind in einer Schreibsilbe nach einer bestimmten Reihenfolge angeordnet, nach der lange Buchstaben, wie p, b, t, k den Silbenrand und kurze Buchstaben, wie a, e, i, o, u den Silbenkern besetzen. Sowohl für Sprech- als auch für Schreibsilben gilt, dass ihre Anzahl über die Silbenkerne zu bestimmen ist, da diese, im Gegensatz zum Silbenrand, im Deutschen immer besetzt ist.
Die Schreibsilbe unterscheidet sich vor allem dadurch von der Sprechsilbe, dass sie stärker regularisiert wird und eine größere Formkonstanz besitzt.
Typisch für das Deutsche sind zweisilbige Wörter, der rhythmischen Struktur eines Trochäus bei denen die erste Silbe betont und die zweite unbetont bzw. unbetonbar ist. Eine unbetonte Silbe oder Reduktionssilbe kann nicht betont werden, ohne ihre Substanz und damit das Wort an sich zu verändern.
Es gilt für jede Silbe, dass sie mindestens einen Vokal in ihrem Silbenkern aufweist. In einer Reduktionssilbe ist es der Vokal , während es in einer Vollsilbe, also einer Silbe, welche betonbar ist und einen Vollvokal enthält, alle Vokale, eingeschlossen der Diphthonge, sein können. Bei Vollvokalen wird zwischen langen, gespannten und kurzen, ungespannten Vokalen unterscheiden.
Es gibt offene und geschlossene Silben. Silben sind dann offen, „wenn zwischen de n Vokalbuchstaben der Haupt- und Reduktionssilbe ein und nur ein Konsonantenbuchstabe steht“. In diesem Fall wird der Konsonant zum Anfangsrand der Reduktionssilbe gezählt, sodass der Endrand der Hauptsilbe frei bleibt und der Vokal der Hauptsilbe lang ausgesprochen werden kann, also gespannt ist. Der Silbenschnitt ist hier sanft. Als Beispiel kann man das Wort „Süden“ nennen.
Bei geschlossenen Silben sind „zwischen den Vokalbuchstaben der Haupt-und Reduktionssilbe mindestens zwei Konsonantenbuchstaben“. Hier werden sowohl Endrand der Hauptsilbe, als auch Anfangsrand der Reduktionssilbe mit einem Konsonantenbuchstaben besetzt, wodurch der Vokal der Hauptsilbe kurz bzw. ungespannt ist und es zu einem scharfen Silbenschnitt kommt. Ein Beispiel hierfür ist das Wort „Sünden“.
Es zeigt sich hier, dass die Vokallänge sich aus dem aus dem Aufbau der Silbe ergibt, in der er steht. Für Leser bedeutet es, dass klar erkennbar wird, ob der Vokal lang oder kurz gesprochen werden muss und wie die Schreibung des Wortes ist, sofern man mit der Systematik dahinter vertraut ist.
Es gibt Fälle, in denen die Hauptsilbe zwar offen ist, da in der gesprochenen Sprache nur ein Konsonant zwischen den Vokalen steht, der Silbenschnitt jedoch scharf ist, womit der Vokal kurz bzw. gespannt gesprochen wird. In der Schrift wird in diesen Fällen der Konsonant verdoppelt, um die Hauptsilbe abzuschließen. Beispiele hierfür sind Mutter, Wasser oder Männer. Man spricht dabei von einem „Silbengelenk“.
Weitere betonte Vollsilben betreffende Sondermarkierungen sind die ie-Schreibung, die Doppelvokalbuchstaben, das Dehnungs-h und das silbeninitiale, welche im Folgenden nur kurz erläutert werden sollen. Die ie-Schreibung zeigt an, dass der Vokal lang und gespannt gesprochen werden muss. Die Doppelvokalschreibung ist selten und irregulär, weshalb Wörter dieser Struktur als Merkwörter gelernt werden müssen. Das Dehnungs-h kommt in Wörtern vor, bei denen der Anfangsrand der Reduktionssilbe mit l,m,n,r besetzt ist. Das silbeninitiale h tritt zur Identifizierung von Silben auf, die andernfalls kaum erkennbar wären, weil kein hörbarer Konsonant zwischen Haupt- und Reduktionssilbe steht.
Das morphologische Prinzip oder auch „Prinzip der Morphemkonstanz“ weicht dadurch stark vom phonografischen Prinzip ab, als das hier versucht wird das Morphem möglichst nicht zu verändern, auch wenn sich die Lautung verändert, um das Lesen zu erleichter. So sind „[g]raphematische Form und Morphembedeutung [...] direkt aufeinander bezogen“.
Ausgehend von den, in diesem Kapitel der Arbeit, aufgeführten Annahmen zur Silbe und ihrem Einfluss auf die deutsche Rechtschreibung wird ihre Bedeutung für den Schriftspracherwerb und damit einhergehend die Notwendigkeit ihrer Thematisierung im Deutschunterricht deutlich. Da die meisten Wörter im Deutschen der Trochäus-Struktur entsprechen, muss sie, besonders unter der Berücksichtigung der Reduktionssilbe, in Lehrwerken aufgegriffen werden. Des Weiteren müssen auch die Ausnahmen bzw. Schwierigkeiten der silbischen Schreibung thematisiert werden, eine Forderung, die sich auch im Kernlehrplan von NRW widerspiegelt, welcher im nächsten Kapitel thematisiert wird. Bredel zufolge repräsentieren die silbischen und die morphologischen Strukturen den Kernbereich der Wortschreibung, weshalb sie zwei Ansprüche an der Orthographieunterricht stellt, um diese adäquat zu vermitteln. So sollen die SchülerInnen erstens „Wortschreibung als Repräsentation prosodischer Muster begreifen“ und zweitens „grammatische Markierungen der Schriftsprache verstehen lernen“.
Einen Versuch diese Forderungen in Lehrmaterial umzusetzen leistet Christa Röber mit ihrem Konzept der silbenanalytischen Methode. Ausgangspunkt des Konzepts ist die eben genannte Trochäus-Struktur deutscher Wörter, bei der die erste Silbe eines zweisilbigen Wortes betont und die zweite Silbe eine unbetonbare Reduktionssibe ist und basiert damit „auf dem Erkennen des jeweiligen Silbenschnitts […] in Kombination mit der Belegung des Silbenendrands“. Röber geht davon aus, dass Kinder fähig sind Wörter prosodisch zu kategorisieren und man dies zum Erlernen orthographischer Markierungen nutzen kann. Als Ziele des Konzepts nennt sie den Aufbau von systematischem Wissen durch Vergleiche strukturell gleicher und ungleicher Wörter, Regeln für Schreibung unterschiedlicher Wortgestalten sowie zur Beschreibung in eigenen Worten und den Ausbau der analytischen und abstrahierenden Fähigkeit durch kognitive Erarbeitung von Schriftwissen.
Im Zentrum ihres Modells steht die Darstellung der Silbentypen durch Häuser, wobei das Haus für eine betonte und die Garage für eine unbetonte Silbe bzw. Reduktionssilbe steht. Die Häuser sind nach Zimmern aufgeteilt. Das erste Zimmer ist der Anfangsrand der Silbe, das zweite Zimmer der Reim bzw. Kern und Endrand.
Röber unterscheidet zwischen vier Wortgestalten: Wörtern mit Vokal mit losem Anschluss in offener Silbe, wie ; Wörtern mit Vokal mit festem Anschluss in einer geschlossenen Silbe, wie und solchen mit einem Vokal mit festem Anschluss in offener Silbe, wie oder einem Vokal mit losem Anschluss in einer geschlossenen Silbe, wie . Durch das Eintragen von Wörtern verschiedener Art in die Häuser sollen Kinder die trochäische Struktur dieser entdecken. So wird beispielsweise die Schreibung von Wörtern mit Vokal mit losem Anschluss in offener Silbe über die Eintragung von Wörtern mit gleichen Anfangsrändern & Reimen in die Häuser geübt. Ein konkretes Beispiel dafür findet sich im Anhäng. Wörter mit einem Vokal mit festem Anschluss in einer geschlossenen Silbe lassen sich so in das Häusermodell eintragen, dass die in der Mitte stehenden Konsonanten jeweils dem Haus oder der Garage zugehörig sind, was sich Kindern auf verschiedene Weisen erklären lässt, wie zum Beispiel, dass es im Haus eng ist, weil der Konsonant Platz wegnimmt. Auch bereits angesprochene Sondermarkierungen, wie das silbeninitiale h oder die Silbengelenkschreibung bei der Konsonantenverdopplung oder auch dem Sonderfall zweier verschiedener Konsonanten, lassen sich mithilfe des Häusermodells erklären. So kann beispielsweise die Konsonantenverdopplung bei der Schreibung von Wörtern wie , welches einen Vokal mit festem Anschluss in einer geschlossenen Silbe hat, mithilfe des Häusermodells Kindern so erklärt werden, dass hier die Garage ins Haus gebaut und das e eingeengt wird, weil t „zwei Sachen machen muss“. Dieser Konsonantendopplung kann man Ausnahmen, wie die ck- oder tz-Schreibung gegenüberstellen, um diese gesondert zu beleuchten
Im Vergleich mit anderen Zweisilbern sollen die Kinder erkennen, dass es Wörter gibt, die aufgrund ihrer grammatischen Funktion zweisilbig sind, obwohl man bei der Aussprache nur eine Silbe hört .Sie sollen die Regel erkennen, dass am leeren Anfangsrand der Reduktionssilbe ein silbeninitiales h, geschrieben werden soll (vgl. ebd.). Für Wörter mit einem Vokal mit losem Anschluss in einer geschlossenen Silbe soll die Häuserdarstellung nachvollziehbar machen, dass das Haus durch den langgesprochenen Vokal bereits voll ist und der Konsonant daher auf dem Balkon stehen muss.
Des Weiteren geht Röber auf mehrsilbige Wörter, wie beispielsweise ,mit Normalsilben, also unbetonte Silben ohne Sondermarkierungen, ein, welche in ihrem Material mit einem flachen Dach dargestellt werden. An der Arbeit mit diesen sollen Kinder erkennen, dass Wörter mit Normalsilben nicht der Norm des Deutschen entsprechen, sondern solche mit einer Reduktionssilbe.
Angelehnt an Röbers Häusermodell entwickelte Bredel ein weiteres Modell, in welchem „Prosodie und Morphologie integrativ dargestellt werden”. Durch die Einfärbung von Haus und Anfangsrand der Reduktionssilbe soll die morphologische Struktur des Wortes sichtbar gemacht werden. Außerdem ist zwischen der eingefärbten und der uneingefärbten Fläche ein Knick ,sodass alles was links vom Knick steht zum Stammmorphem gehört und alles was rechts steht grammatische Information ist.


Fazit
Gefahren für den Schriftspracherwerb sieht Bredel darin, dass Kinder ihre, z.B. über silbenbasierte Sprachspiele, erlernte Sprachwahrnehmung oft nach Einschulung ablegen, wenn sie mit neuen Regeln konfrontiert werden und künstliche Schrift aussprache reproduzieren sollen .Außerdem kritisiert sie:
„Anstatt die kindlichen Fähigkeiten zu nutzen und über die wahrgenommenen Lauteigenschaften ins Gespräch zu kommen, gewöhnt der Unterricht sie den Schüler/innen regelrecht ab.“ Damit meint Bredel jedoch nicht, dass sich Kinder beim Schriftspracherwerb ausschließlich auf ihr Gehör verlassen sollen. So sagt sie, dass es orthographische Phänomene gibt, welche man nicht hören kann. Als Beispiel nennt sie die Konsonantenverdopplung. Man kann die Konsonanten nicht einzeln hören, weil sie nicht doppelt artikuliert werden. Deshalb empfindet Bredel es als wichtig, den Kindern hier Regelwissen an die Hand zu geben, um die Schreibung zu begründen .
Eine unzureichende Begründung ist ihrer Ansicht nach der Bezug auf das Silbenklatschen oder Silbenschwingen. Sie bezeichnet diese Methoden als „gutgemeinte Stütze“, welche jedoch zu einer Aussprachenänderung führt, die dem Kind letztlich schadet .So wird ihm „die Möglichkeit genommen, die Strukturen der Schrift auf Basis ihrer Umgangssprache zu reflektieren; durch Hilfssprachen verlieren sie diese Basis und geraten auf unkalkulierbares Terrain“ .
Für das Fach Deutsch gliedert sich der Kernlehrplan in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2008 in vier Kompetenzbereiche: Sprechen und ZuhörenSchreibenLesen – mit Texten und Medien umgehen sowie Sprache und Sprachgebrauch untersuchen. Im Kompetenzbereich Schreiben wird unter dem Punkt „Wichtige Fähigkeiten und Kenntnisse im Rechtschreiben – Klassen 1 bis 4“ die silbenbasierte Schreibung thematisiert. So heißt es Kinder sollen auf der Wortebene lernen „Wörter mit h im Silbenanfang [zu] schreiben , Wörter mit langem i-Laut (ie) [zu] schreiben , Wörter mit häufig vorkommenden Vor- und Nachsilben schreiben [und] Silbentrennung [zu] beachten“. Das Wort Silbe soll außerdem in den Klasse 1-4 als verbindlicher Fachbegriff zur Untersuchung von Sprache und Sprachgebrauch genutzt werden.
Die Lehrwerke Zebra, Karibu und Tinto sollen teilweise anhand ausgewählter Kriterien des im Seminar „Vermittlungskonzepte im Bereich des Schriftspracherwerbs. Analyse und Reflexion kontroverser Zugänge“ genutzten Kriterienkatalogs analysiert werden. Neben einer Eingrenzung dieser Kriterien, um zu verhindern den Umfang der Arbeit zu übersteigen, muss zudem eine Erweiterung der Kriterien stattfinden, um den Fokus der Arbeit auf die Silbe und die Vermittlung silbenbasierter Schreibung zu gewährleisten.
Die Kriterien 1.-3. geben einen allgemeinen Überblick über die Lehrwerke in Bezug auf Herausgeber und Verlag sowie Zielgruppe und Aufbau der Lehrwerke und sollen daher in dieser Arbeit Erwähnung finden.
Geeignet zur Untersuchung der Vermittlung silbenbasierter Schreibung in den Lehrwerken sind besonders die Kriterien 9 und 13. Unter dem Aspekt der „Umsetzung von Graphematik und Orthographie“ werden Fragen nach den Strukturen von Graphematik und Orthographie und ihrer Vermittlung sowie nach der theoretischen Konzeption und Lerngegenständen, wie Rechtschreibregeln, gestellt.
Es lassen sich folgende Kriterien aufstellen:
A) Theoretische Konzeption. Auf welche theoretischen Konzepte, die Silbe betreffend, beruft man sich in der Lehrerhandreichung?
B) Strukturierungshilfen. Welche Rechtschreibregeln, Hinweise, Merksätze, Erklärungen und Fachbegriffe werden den Kindern als Hilfe zur Verfügung gestellt?
In dieser Arbeit sollen außerdem typische „Übungsformen“ der Lehrwerke reflektiert werden. Unter diesem Aspekt soll anhand ausgewählter Beispiele von Übungen analysiert werden, wie die silbenbasierte Schreibung vermittelt wird. Für die Analyse der Aufgaben sollen folgende Kriterien herangezogen werden:
C) Auswahl von Wörtern. Werden für das Deutsche typische zweisilbige Wörter mit Voll- und Reduktionssilbe gewählt oder untypische mehrsilbige Wörter mit Normalsilben?
D)Wird die Reduktionssilbe explizit thematisiert?
E) Betonung und Silbenstruktur. Wird die kurze oder lange Aussprache von Lauten in Silben thematisiert? Wie werden Silben segmentiert? - Werden sie z.B. geklatscht oder geschwungen?
F) Sondermarkierungen. Werden silbeninitiales h, Dehnungs-h, ie-Schreibung, Doppelvokalbuchstaben und das Silbengelenk aufgegriffen und wenn ja, wie?



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