Das Lächeln der Frauen


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Bog'liq
Das Lächeln der Frauen

d'amour bildete, hatte ich schon am Abend vorher zubereitet.
Als Vorspeise würde es Feldsalat mit frischen Champignons, Avocados,
Makadamianüssen 
und 
kleinen 
scharf 
angebratenen
Schinkenspeckwürfelchen geben. Und darüber kam - und das war das
Besondere - Papas köstliche Kartoffelvinaigrette.
Zunächst aber mußte ich mich um das Lammragout kümmern, denn je
länger es im Ofen bei schwacher Hitze schmorte, desto zarter wurde das
Fleisch.
Ich wusch das rosafarbene Lammfleisch und tupfte es behutsam mit
einem Geschirrhandtuch trocken, bevor ich es würfelte, in Olivenöl anbriet
und zur Seite stellte. Dann blanchierte ich die Tomaten in kochendem
Wasser, zog die Haut ab und entkernte das Fruchtfleisch.
Die Tomaten würden erst ganz am Schluß zusammen mit dem Weißwein
in den Schmortopf kommen, damit ihr starkes Aroma das übrige Gemüse
nicht zu stark dominierte. Ich holte mir ein Glas und goß mir etwas von
dem Pinot Blanc ein, den ich auch zum Kochen nehmen würde.
Leise summend schnitt ich die Granatäpfel auf und holte die Kerne mit
einer Gabel heraus. Sie rollten mir entgegen wie schimmernde rote
Süßwasserperlen. Ich war es gewohnt, schnell zu kochen, doch wenn ich
mir wie an diesem Tag viel Zeit für die Zubereitung der Speisen nahm,
wurde das Kochen eine nahezu poetische Angelegenheit, in der ich mich
völlig verlieren konnte. Meine anfängliche Aufregung legte sich mit jedem
Handgriff mehr und mehr, und hatte ich mir anfangs noch ausgemalt, wie
der Abend mit Robert Miller wohl verlaufen würde, und mir überlegt, was
ich ihn fragen wollte, so fand ich mich nach einer Weile mit erhitzten
Wangen und in gelöster Stimmung wieder.
Der köstliche Duft des Lammragouts erfüllte die Küche. Es roch nach
Thymian und Knoblauch. Die kleinen Blättchen des Feldsalats lagen
gewaschen und geputzt in einem großen Edelstahlsieb, die Champignons
waren in hauchdünne Scheiben geschnitten, die Avocados gewürfelt. Ich
schmeckte die Kartoffelvinaigrette ab und stellte die kleinen Gateaux au
chocolat, die darauf warteten, zu Ende gebacken zu werden, auf die
Metallanrichte. Dann band ich mir die Schürze ab und hängte sie an den


Haken. Es war kurz nach halb sieben, und alles war bereitet. Die Flasche
Champagner lag schon seit Stunden im Kühlschrank. Nun brauchte ich nur
noch zu warten.
Ich ging ins Restaurant hinüber, wo ich einen Tisch in einer Nische am
Fenster gedeckt hatte. Das untere Drittel des Fensters war mit einer
durchbrochenen weißen Baumwollgardine verhängt, um meinen Gast und
mich vor neugierigen Blicken von draußen zu schützen. Ein Silberleuchter
mit einer Kerze stand auf dem Tisch, und in der Musikanlage lag eine CD
mit französischen Chansons.
Ich nahm die Flasche mit dem Pinot Blanc und goß mir noch etwas von
dem Wein ein. Dann trat ich mit meinem Glas an den Tisch und blickte in
die Nacht hinaus.
Die Straße lag einsam und dunkel da. Die wenigen kleinen Läden, die
sich hier befanden, waren schon geschlossen. In der Scheibe erblickte ich
mein Spiegelbild. Ich sah eine erwartungsfrohe junge Frau in einem
ärmellosen grünen Seidenkleid, die jetzt langsam einen Arm hob, um das
Band zu lösen, das ihre Haare zusammengehalten hatte. Ich lächelte, und
die Frau in der Scheibe lächelte auch. Mag sein, daß es kindisch gewesen
war, wieder dieses Seidenkleid anzuziehen, aber ich hatte das Gefühl
gehabt, daß es an diesem Abend das einzige Kleid war, das ich tragen
wollte.
Ich hob das Glas und prostete der Frau mit dem schimmernden Haar im
Fenster zu.
»Alles Gute zum Geburtstag, Aurélie«, sagte ich leise. »Auf daß dieser
Tag ein ganz besonderer wird!« Und ich ertappte mich plötzlich bei dem
Gedanken, daß ich mich fragte, wie weit dieser Abend wohl gehen würde.
Eine halbe Stunde später - ich stand gerade mit zwei riesigen
Handschuhen vor dem Backofen und schob den heißen Rost mit dem
Lammragout-Topf wieder zurück - hörte ich, wie jemand laut gegen die
Fensterscheibe des Restaurants klopfte. Überrascht streifte ich die
Handschuhe ab und verließ die Küche. Konnte es sein, daß Robert Miller
eine Stunde zu früh zu unserer Verabredung kam?
Im ersten Augenblick nahm ich nur den riesigen Strauß
champagnerfarbener Rosen wahr, der vor der Scheibe auftauchte. Dann sah
ich den Mann dahinter, der mir fröhlich zuwinkte. Doch dieser Mann war
nicht Robert Miller.



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