Ernst Thälmann Reden und Aufsätze


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Die Internationale, 
Heft 11/12/1931 

Schmiedet die rote Einheitsfront! 
 
Der Hungerwinter hat begonnen. Das herrschende Finanzkapital, die regierende Bourgeoisie 
führt neue Schläge  gegen das Proletariat, neue Schläge  gegen alle Werktätigen.  Alle  Lasten 
der kapitalistischen Krise, alle Bürden der Tributsklaverei, der das deutsche Volk durch die 
verbrecherische  Politik  der  deutschen  Bourgeoisie  im  Bunde  mit  dem  internationalen 
Finanzkapital  unterworfen  ist,  werden  auf  die  Schultern  der  Massen  abgewälzt.  Not  und 
Reaktion  nehmen  ein  unerträgliches  Maß  an.  Die  Diktatur  der  Bourgeoisie  wird  mit 
verschärften  Formen  durchgeführt.  Die  Regierungen  Brüning-Groener  und  Braun-Severing 
erlassen  Woche  für  Woche  neue  Notverordnungen.  Während  den  bankrotten  Kapitalisten 
Hunderte und Tausende von Millionen Mark aus den Steuergroschen der Werktätigen in den 
unersättlichen Rachen geworfen werden, um ihren gefährdeten Profit zu sichern, werden den 
Arbeitern die Löhne abgebaut, den Erwerbslosen die Unterstützung geraubt, den Beamten und 
Angestellten  die  Gehälter,  wird  die  Schlinge  um  den  Hals  des  notleidenden  Mittelständlers 
und  des  schaffenden  Bauern  noch  fester  zugezogen.  Die  Hungerpeitsche  des  Kapitals  saust 
auf alle Schichten der arbeitenden Bevölkerung nieder. 
Sollen  wir  Zahlen  des  Elends  nennen?  Ziffern  der  Selbstmordstatistiken?  Sollen  wir  die 
immer  kärglichere  Lohntüte  des  Proleten  mit  den  Diäten  der  Aufsichtsräte,  der 
Generaldirektoren,  der  Großbankiers  und  der  subventionierten  Großgrundbesitzer 
vergleichen?  Sollen  wir  die  hungernden  nach  Arbeit  rufenden  Erwerbslosen,  das  Los  ihrer 
Familien  und  ihren  nach  Brot  schreienden  Kinder  mit  den  Satten  und  Reichen  der 
kapitalistischen Bande vergleichen? Im Deutschland der Notverordnungen spricht die stumme 
Not,  das  nackte  Elend  der  Massen  eine  viel  zu  beredte  Sprache,  als  daß  wir  noch 
dokumentarischer Beweise für diese Ausplünderung der Arbeiterklasse und der Werktätigen 
in Stadt und Land bedürfen. Während die Bourgeoisie immer neue Hungermaßnahmen gegen 
die Massen durchführt und sich dabei der schrankenlosen Liebesdienste der Sozialdemokratie 
bedient, während im Wirtschaftsbeirat der Brüningregierung und ihrer Braun-Severing-Filiale 
in  Preußen  die  sogenannten  Gewerkschaftsführer  aller  Schattierungen  einträchtig  an  dem 
neuen Raubzug gegen die Arbeitenden mitwirken und diese Mitwirkung unter einigen leeren 
Phrasen  nichtssagender  Proteste  zu  verschleiern  suchen,  verstärkt  vom  anderen  Flügel  der 
kapitalistischen  Front  her  die  Hitlerpartei  ihre  Bemühungen  an  der  Knechtung  und 
Auspowerung des Volkes „mitwirken“ zu dürfen. 
Der  tiefe  Verrat  der  Sozialdemokratie  an  allen  Interessen  der  Arbeiter  und  des  werktätigen 
Volkes treibt immer breitere Massen der enttäuschten Kleinbürger, Angestellten, Bauern und 
auch  Teile  von  Arbeitern,  die  bisher  im  Lager  der  bürgerlichen  traditionellen  Parteien 
standen, in die Reihen der Hitlerpartei. Wenn es keine Kommunisten und keine Revolutionäre 
Gewerkschaftsopposition  gäbe,  würden  auch  Zehntausende,  Hunderttausende  der 
sozialdemokratischen  Arbeiter  aus  der  Mitgliedschaft  und  Gefolgschaft  der  SPD,  dank  der 
Politik  der  Wels  und  Breitscheid,  Braun  und  Severing  bei  Hitler  landen.  Es  gibt  nur  eine 
Mauer, die diese Arbeiter abhält und auffängt: die Front des revolutionären Klassenkampfes. 
Indem  die  Sozialdemokratie  und  reformistische  Gewerkschaftsbürokratie  bei  besonderen 
Gelegenheiten  noch  immer  den  Namen  des  „Marxismus“  für  ihren  Klassenverrat 
mißbrauchen  und  ihn  so  schänden,  treiben  sie  Wasser  auf  die  Mühlen  der  verlogenen 
nationalsozialistischen  und  sonstigen  bürgerlichen  Agitation  „gegen  den  Marxismus“.  Ohne 
die  SPD  gäbe  es  keinen  derartigen  Aufstieg  der  Hitlerbewegung  in  Deutschland.  Ohne  das 
Verbot des Roten  Frontkämpferbundes durch die  Sozialdemokratie gäbe es keine Welle des 
faschistischen  Mordterrors,  dem  heute  bereits  nicht  nur  Kommunisten  und  ehemalige 
Mitglieder des RFB, sondern auch sozialdemokratische und Reichsbannerarbeiter zum Opfer 
fallen.  Ohne  die  Beispiele,  die  Severing,  Grzesinski,  Schönfelder,  Zörgiebel  und  alle  die 
anderen mit ihren Presse-, Demonstrations- und Versammlungsverboten gegeben haben, gäbe 
es keinen Klagges, den  nationalsozialistischen  Innenminister von  Braunschweig, der es sich 

leisten  kann,  auch  SPD-Zeitungen  zu  verbieten.  Ohne  die  Streikbruchtaktik  der 
reformistischen  Bürokratie,  der  sozialdemokratischen  ADGB-Führer  gäbe  es  keine 
faschistische  Massenpartei  in  Deutschland,  die  sich  eine  „sozialistische  Arbeiterpartei!“ 
nennen  und  doch  ganz  offen  den  Kampf  gegen  den  Klassenkampf  als  oberstes  Ziel 
proklamieren und fast ebenso offen ihre Anhänger als Streikbruchhorden für die Unternehmer 
aufmarschieren lassen kann. 
Die  Sozialdemokratie  erzählt  stets  den  Arbeitern,  Hitler  allein  sei  der  Faschismus  und 
Brüning dagegen sei der letzte Schutzwall der „Demokratie“. Jetzt, nach der Enthüllung des 
ungeheuerlichen  Arbeitermord-,  Streikbruch-,  Hunger-  und  Zuchthausprogramms  der  Nazis, 
machen  die  Reichsbannerführer  Versammlungen  mit  dem  Appell  an  die  Brüningregierung: 
„Staat greif zu!“ und wollen damit die Arbeiter bewußt täuschen, man könne mit demselben 
Brüning,  der  ständig  mit  Hitler  Koalitionsverhandlungen  führt,  gegen  den  Faschismus 
kämpfen.  Wieder  tun  die  sozialdemokratischen  Führer  alles,  um  die  Entfaltung  der 
Massenkraft  der  sozialdemokratischen  Arbeiter  in  der  roten  Einheitsfront  des  Kampfes,  die 
Entfaltung der eigenen proletarischen Klassenkraft zu hemmen. 
Wir  sagen  den  Arbeitern:  Der  Faschismus  ist  eine  Waffe  der  Ausbeuter.  Faschismus  und 
Demokratie  sind  nur  zwei  Formen  ein  und  derselben  Sache  und  diese  Sache  heißt: 
kapitalistische Klassenherrschaft, Diktatur der Bourgeoisie! 
Die  sozialdemokratischen  Führer  haben  sich  heute  mit  einem  bevorstehenden 
Regierungseintritt  der  Nationalsozialisten  als  einer  feststehenden  Tatsache  abgefunden.  Fast 
anderthalb Jahre lang hat die SPD ihre Tolerierungspolitik für  Brüning vor den Massen mit 
dem  verlogenen  betrügerischen  „Argument“  verteidigt,  es  gälte,  ein  „kleineres  Übel“ 
gegenüber  dem  Hitlerfaschismus  zu  unterstützen  und  dadurch  Hitler  abzuwehren.  Diese 
Politik hatte in Wirklichkeit nur den einen Sinn: die Massen vom Kampf gegen die wirkliche 
Diktatur der Bourgeoisie, gegen das wirkliche Übel abzuhalten und damit der fortschreitenden 
Reaktion,  die  Severing  hieß,  die  Brüning  hieß,  die  nötige  Deckung  bei  den  Massen  zu 
verschaffen.  Brüning,  Braun  und  Severing  haben  regiert  -  dank  der  Sozialdemokratie.  Sie 
haben  Notverordnungen  über  Notverordnungen  erlassen.  Sie  sind  einen  Schritt  nach  dem 
anderen weiter im Kurs der Verschärfung der politischen und sozialen Reaktion gegangen. 
Nun folgt die zweite Etappe dieser Politik des „kleineren Übels“. Die SPD-Führer wollen in 
Deutschland gegenüber Hitler einige Etappen jenes Weges überspringen, der den Reformisten 
d’Arragona  in  Italien  erst  nach  Jahren  des  faschistischen  Regimes  offen  an  die  Seite 
Mussolinis führte. Abkürzen, heißt die Parole der Breitscheid und Wels. Und so verkünden, 
angesichts  der  wachsenden  Neigung  der  Bourgeoisie,  ihren  nationalsozialistischen 
Handlangern  einige  Plätze  mehr  an  der  Futterkrippe  des  kapitalistischen  Staatsapparates 
einzuräumen,  die  sozialdemokratischen  Führer:  eine  Brüning-Hitler-Regierung  sei  immer 
noch besser als eine Hitlerregierung allein, immer noch ein „kleineres Übel“. 
Aber  weil  die  SPD-Führer  seit  Jahren  aus  dem  Niedergang  ihres  Masseneinflusses  gelernt 
haben,  daß  sie  den  Bogen  ihrer  arbeiterfeindlichen  Politik  gegenüber  den  eigenen 
Anhängermassen  zu  scharf  gespannt  haben,  soll  das  neueste  Manöver  mit  den  plötzlichen 
Phrasen  der  Breitscheid  und  Co.  über  „Einheitsfront  gegen  den  Faschismus“  verschleiert 
werden.  So  wie  im  Kriege  die  moderne  Armee  ihre  Manöver,  ihre  Angriffe  unter  einer 
künstlichen Nebelwand zu verstecken sucht, so treibt es die SPD bei ihren neuesten Etappen 
des Arbeiterverrats. Bilden sich die sozialdemokratischen Führer wirklich ein, die deutschen 
Arbeiter  hätten  vergessen,  was  ein  sozialdemokratischer  Reichstagsabgeordneter  von  der 
Tribüne  des  „hohen  Hauses“  verkündete:  Lieber  zehnmal  mit  Groener,  zehnmal  mit  den 
Monarchisten,  zehnmal  mit  dem  Reichswehrgeneral  als  einmal  mit  den  Kommunisten!? 
Bilden sie sich wirklich ein, die Arbeiter hätten das sozialdemokratische Wort des Hamburger 
Abgeordneten  Dahrendorf  vergessen:  Lieber  zehn  Nazis  als  einen  Kommunisten  im 
Präsidium der Hamburger Bürgerschaft!? Sie unterschätzen das Gedächtnis und den Verstand 
der deutschen Arbeiter gründlich. 

Wir  sagen  den  Arbeitern:  der  Faschismus  beginnt  nicht,  wenn  Hitler  kommt,  er  hat  längst 
begonnen. Wir sagen den Arbeitern, gegen eine zukünftige, noch offenere und skrupellosere 
Form  der  kapitalistischen  Diktatur  kann  man  nicht  kämpfen,  indem  man  heute  den 
Kapitalismus schont, toleriert, unterstützt, sondern indem man in jeder Stunde den Hauptstoß 
gegen die tatsächliche Diktatur der Bourgeoisie und ihre entscheidenden Stützen richtet! 
Der freche Betrug der Sozialdemokratie an den Massen entlarvt sich heute selbst. Anderthalb 
Jahre  Tolerierungspolitik  für  Brüning,  angeblich  um  Hitler  abzuhalten,  und  was  ist  der 
Erfolg? Die Ministersessel für die Naziminister werden instand gesetzt. So wie die SPD diese 
Entwicklung als entscheidende Kraft im Dienste der bürgerlichen Diktatur durch ihre Politik 
des „kleineren Übels“ ermöglichte und herbeiführte, so wird auch bei einer etwa kommenden 
Hitlerregierung  die  Sozialdemokratie  mit  den  neuen  Auflagen  ihrer  Theorie  des  „kleineren 
Übels“ die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie bleiben! 
Den Kampf gegen eine drohende Hitlerregierung oder Hitler-Brüning-Regierung vorbereiten - 
das  heißt  gegen  die  heutigen  Brüning-Braun-Severing-Regierungen  den  schärfsten  Kampf 
führen!  Die  Sozialdemokratie  und  der  ADGB,  die  noch  immer  trotz  der  wachsenden 
Rebellion  ihrer  eigenen  Anhänger  Hunderttausenden,  ja  Millionen  von  Arbeitern  und 
Arbeiterinnen  die  Hände  fesseln,  um  sie  vom  Kampf  gegen  die  Diktatur  der  Bourgeoisie 
abzuhalten, um sie vom Streik gegen die Lohnraubpläne der Unternehmer zurückzuhalten, um 
sie  vom  Massenkampf  gegen  den  faschistischen  Terror  fernzuhalten,  sind  neben  der 
Preußenregierung  Braun-Severings  die  wichtigsten  Bollwerke  für  das  heutige  Brüning-
Deutschland und werden die wichtigsten Bollwerke auch für ein Hitler-Deutschland sein. 
Der  Übergang  der  Bourgeoisie  von  der  verschleierten  Diktatur  hinter  der  demokratischen 
Fassade zur offenen und unverhüllten vollentfalteten faschistischen Diktatur - ein Wechsel in 
den Methoden, nicht im Klasseninhalt - kann nur erfolgen, wenn die Bourgeoisie bei dieser 
Verschärfung  ihres  Angriffs  Massen  der  werktätigen  Bevölkerung  und  auch  Massen  des 
Proletariats  in  ihre  faschistische  Front  einzureihen  vermag.  Die  Spekulation  des 
Finanzkapitals  auf  die  Hitlerpartei  hat  in  dieser  Hinsicht  nur  zum  Teil  gewisse  Erfolge  zu 
verzeichnen.  Das  Eindringen  der  Nazis  in  die  Front  der  Betriebsarbeiterschaft  ist  vom 
Standpunkt der faschistischen Reaktion nicht ausreichend. Aber die Sozialdemokratie liefert 
diese  Basis  für  die  Diktatur  der  Bourgeoisie  heute,  wo  das  Firmenschild  Brüning-Braun-
Severing-Regierung heißt, morgen, wo es vielleicht Hitler-Brüning-Severing heißen wird. 
Den Faschismus schlagen, das heißt die Arbeiterklasse aus den Banden der Sozialdemokratie 
und des Reformismus erlösen! Das ist es, was wir der deutschen Arbeiterklasse unermüdlich 
Tag  für  Tag,  Stunde  für  Stunde  einschärfen  müssen!  Wenn  die  Kommunistische  Partei  den 
Hauptstoß ihres Kampfes gegen die verräterische sozialdemokratische Führerschaft, gegen die 
verräterische ADGB-Bürokratie richtet, so deshalb, weil dies der Weg ist, um die Macht des 
Proletariats im Klassenkampf  gegen den Kapitalismus voll und siegreich  in die Waagschale 
der  Geschichte  werfen  zu  können.  Unbezwinglich  ist  die  Arbeiterklasse,  wenn  sie  in  ihrer 
entscheidenden Mehrheit zum vollen Klassenbewußtsein erwacht und sich auf die ganze Höhe 
ihrer geschichtlichen Aufgabe als die fortgeschrittenste, als die Klasse der Zukunft erhebt. Die 
Kommunistische  Partei,  die  als  einzige  Partei  auf  dieser  Klassenlinie  des  Proletariats 
marschiert,  dieses  geschichtliche  Klassenziel  der  Arbeiterklasse  verficht,  und  darum  die 
einzige  Partei  der  Arbeiterklasse  ist,  arbeitet  zäh,  unaufhaltsam  und  mit  kaltblütiger 
Entschlossenheit  an  diesem  Werk:  die  Mehrheit  des  Proletariats  unter  dem  Banner  des 
revolutionären Marxismus zum Kampf für die eigenen Klassenziele zu sammeln! Ohne diesen 
Kampf,  den  die  Kommunistische  Partei  mit  unbeugsamer  Entschlossenheit  führt,  wäre  die 
Faschisierung Deutschlands heute schon tausendmal weiter fortgeschritten, als dies jetzt der 
Fall ist. 
Jahrelang  vollzieht  sich  bereits  in  Deutschland  der  Vormarsch  des  Kommunismus.  In  jeder 
neuen Wahl, als einen gewissen Gradmesser für den Stand der Klassenkräfte, spiegelt sich das 
Wachstum  des  kommunistischen  Einflusses.  Und  dieses  Wachstum  verkörpert  zugleich  die 

Kraft  der  Arbeiterklasse  in  Deutschland.  Denn  nur  im  Lager  des  revolutionären 
Klassenkampfes  vermag  das  Proletariat  seine  Stärke  zu  entfalten  und  anzuwenden. 
Reformistische  Verseuchung  bedeutet  Ohnmacht,  bedeutet  Selbstmord  des  Proletariats. 
Kommunistische  Aufklärung  bedeutet  Entfaltung  der  Kampfkraft,  des  kühnen  Elans  der 
Arbeiterklasse. 
Die  Kommunistische  Partei  kennt  kein  Parteiinteresse,  das  neben  dem  Klasseninteresse  des 
Arbeiters  steht.  Ihre  „Parteipolitik“  ist  Politik  der  Arbeiterklasse.  Darum  ist  die 
Kommunistische  Partei  allein  imstande,  sich  mit  dem  Ruf  nach  der  kämpfenden  roten 
Einheitsfront an die proletarischen Massen zu wenden, ohne Hintergedanken, ohne taktische 
Manöver,  ohne  Vorbehalt  und  ohne  Bedingungen,  außer  der  einen:  daß  diese  Einheitsfront, 
die  wirkliche  Einheitsfront,  geschmiedet  wird  zum  Kampf  für  die  Klasseninteressen  des 
Proletariats, zum Kampf gegen das Kapital, gegen die Bourgeoisie, gegen den Klassenfeind! 
Wir  rufen  die  sozialdemokratischen  Arbeiter  auf,  Schulter  an  Schulter  mit  uns  zu  kämpfen. 
Wir  machen  ihnen  diesen  Einheitsfrontvorschlag  in  ehrlicher  und  brüderlicher  Absicht.  Wir 
reichen  ihnen  aufrichtig  und  kameradschaftlich  unsere  Hand.  Wir  stehen  ihnen  zur  Seite  in 
ihren täglichen Nöten und Kämpfen. Wir vergessen niemals einen Augenblick, daß sie unsere 
Klassenbrüder  sind,  die  genau  so  leiden  und  ausgebeutet  sind  wie  alle  Arbeiter  in 
Deutschland. Deswegen schmieden wir mit ihnen gemeinsam die rote Einheit. 
Wir  fordern  nicht  von  ihnen,  daß  sie  sich  von  heute  auf  morgen  plötzlich  in  Kommunisten 
verwandeln,  unser  Programm,  unser  Endziel  anerkennen  und  das  sozialdemokratische 
Mitgliedsbuch mit unserem vertauschen sollen. Wir fordern nur eines von ihnen: daß sie mit 
uns gegen den Klassenfeind kämpfen! 
Wer bereit ist, mit uns Kommunisten und der RGO gegen den Lohnraub der Unternehmer zu 
streiken,  der  ist,  gleich  ob  Organisierter  oder  Unorganisierter,  unser  Bundesgenosse,  unser 
Kampfgefährte! 
Wer bereit ist, mit uns gemeinsam den Kampf gegen die Notverordnungs- und Diktaturpolitik 
der Bourgeoisie der Brüning-Braun-Severing-Regierungen aufzunehmen, mit dem wollen wir 
Schulter an Schulter zusammenstehen. 
Wer bereit ist, mit uns gemeinsam den Selbstschutz der Arbeiterklasse und der Werktätigen 
gegen faschistischen Terror durchzuführen, mit dem wollen wir zusammengehen! 
Wer  im  Kampf  gegen  Wuchersteuern,  im  Mieterstreik,  im  Kampf  gegen  Exmissionen  und 
Zwangsversteigerungen  in  Stadt  und  Land  seinen  Mann  stehen  will,  dem  gilt  unser  Appell! 
Wer mit uns den Massenkampf der Erwerbslosen, ihre Massenaktionen für Arbeit, Brot, für 
Winterhilfe,  zur  Durchsetzung  ihrer  Forderungen  und  aller  Notleidenden,  gegen  den 
Unterstützungsraub der Bourgeoisie organisieren will, der ist uns willkommen! 
Unsere  Kampfforderungen,  die  nichts  anderes  sind  als  die  proletarischen  Forderungen  der 
Arbeiterklasse selber, sind der beste Beweis dafür, daß der Ruf nach der roten Einheitsfront 
für die KPD keine „Parteisache“ ist, sondern Politik der Klasse, Politik des Proletariats! Denn 
wir  waren,  wir  sind,  und  werden  es  immer  sein,  was  Karl  Marx  und  Friedrich  Engels  im 
„Kommunistischen  Manifest“  aufzeigten:  die  Avantgarde  des  Proletariats,  die  kein  anderes 
Ziel kennt, als das Klassenziel des Proletariats und die diesem Klassenziel alle Teilinteressen 
und Sonderinteressen unterordnet. 
Unsere  ganze  Kraft  gilt  dem  einen  Ziel,  die  rote  Einheitsfront  des  Kampfes  gegen  Not  und 
Reaktion  zu  schmieden,  die  Massen  zu  sammeln  und  vorwärts  zu  führen:  gegen  Brüning, 
Braun,  Severing!  Gegen  Hitler  und  Hugenberg!  Gegen  Lohnräuber,  Streikbrecher  und 
faschistische Arbeitermörder! Gegen die Diktatur der Bourgeoisie! Für den Klassenkampf des 
Proletariats! Für den Sieg des Sozialismus! 
Wir werden den Faschismus niederringen. Die Arbeiterklasse wird und muß siegen! 
 
Die Rote Fahne, 
29.11.1931 

Das Zentrum, die führende Partei der deutschen Bourgeoisie 
 
Die letzten politischen Ereignisse - Erlaß der Notverordnung und Brüningrede - haben erneut 
die Richtigkeit der kommunistischen Analyse der- Klassenkämpfe in Deutschland und unserer 
Strategie erhärtet. Die Brüningregierung im Reich und ihre Braun-Severing-Filiale in Preußen 
als  Träger  der  Diktatur  der  Bourgeoisie  treten  mit  der  neuen  Notverordnung  klarer  und 
unverhüllter  als  je  zuvor  in  Erscheinung.  Unwiderleglich  erweist  es  sich,  wie  recht  die 
Kommunistische Partei hat, in den Brüning-Braun-Severing-Regierungen die entscheidenden 
Träger der faschistischen Politik der deutschen Bourgeoisie zu bekämpfen, die ihrerseits die 
Faschisierung, das heißt den Übergang zu den faschistischen Formen und Methoden bei der 
Ausübung der Diktatur,  in der Praxis betreiben. Im Rahmen dieser allgemeinen Bestätigung 
unserer Analyse und Strategie durch die jüngsten politischen Tatsachen zeichnet sich auch die 
Rolle  des  Zentrums,  als  der  führenden  Partei  der  deutschen  Bourgeoisie,  mit  besonderer 
Deutlichkeit ab. 
Worauf kommt es an, um die erfolgreiche Durchführung der Politik unserer Partei zu sichern? 
Notwendig ist die Selbstverständigung der Massen über die wirkliche Lage, über die Rolle der 
Bourgeoisie, 
der 
Sozialdemokratie 
und 
Nationalsozialisten 
und 
über 
deren 
Wechselbeziehungen,  sowie  über  die  Notwendigkeit  -  im  Rahmen  des  Kampfes  gegen  den 
Hauptfeind, gegen die Diktatur der Bourgeoisie - den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie 
als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie zu richten. Es ist klar, daß hierbei volle Klarheit in 
unseren  eigenen  Reihen  über  alle  mit  diesen  Fragen  zusammenhängenden  speziellen 
Probleme unbedingt erforderlich ist. Ein volles Verständnis vor allem auch für die besondere 
Rolle des Zentrums, das in den letzten Jahren in immer stärkerem Maße die entscheidenden 
Schichten des deutschen Finanzkapitals und ihre Politik repräsentiert. 
Dem  Zentrum,  seiner  Politik,  seiner  Struktur  und  seiner  Vergangenheit  ist  deshalb  der 
nachfolgende  Artikel  gewidmet.  Die  Partei  hat  sich  mit  der  Bedeutung  des  Zentrums  auf 
Grund der politischen Entwicklung der letzten Jahre schon mehrfach auseinandergesetzt. Auf 
verschiedenen Tagungen des Zentralkomitees wurde die Rolle des Zentrums als der führenden 
Partei der deutschen Bourgeoisie in stärkerem oder schwächerem Ausmaß behandelt. Aber es 
bleibt  doch  eine  Tatsache,  daß  für  unsere  praktische  Arbeit  die  notwendigen  Konsequenzen 
aus  diesen  Feststellungen  bis  heute  noch  ungenügend  gezogen  wurden.  Erst  in  den  letzten 
Wochen  stellte  deshalb  das  Polbüro  des  Zentralkomitees  der  Partei  die  Frage  des  Zentrums 
und  seiner  Bekämpfung  im  Zusammenhang  mit  der  letzten  Zentrumstagung  auf  seine 
Tagesordnung und faßte eine Reihe von Beschlüssen, die dabei helfen sollen, die Schwächen 
unserer  revolutionären  Massenarbeit  im  Kampf  um  die  Gewinnung  der  christlichen 
Arbeiterschaft zu überwinden. Dieser Artikel soll also zwei Aufgaben dienen: Einerseits soll 
er durch die Klärung der Rolle des Zentrums dazu beitragen, das theoretische Verständnis für 
die gesamte Politik der Partei, für ihre Beurteilung der Lage, der Gruppierung der Kräfte des 
Klassenfeindes  und  der  bevorstehenden  Entwicklung,  sowie  für  ihre  Strategie  im  Kampf 
gegen den Klassenfeind zu vertiefen; zum anderen bestimmte ideologische Grundlagen für die 
Verbesserung unseres Kampfes  gegen das  Zentrum, vor allem in den katholischen Gebieten 
Deutschlands, zu schaffen. 
Die  wichtigste  Aufgabe  unserer  Untersuchung  ist  es,  zu  prüfen,  auf  Grund  welcher 
Hauptfaktoren  sich  die  heutige  Rolle  des  Zentrums  als  führender  Partei  der  deutschen 
Bourgeoisie ergibt. Die Beantwortung dieser Frage ergibt acht Hauptpunkte, in die sich diese 
Faktoren gliedern lassen. Bevor wir auf einige dieser Punkte, entsprechend ihrer besonderen 
Bedeutung vom Standpunkt des revolutionären Klassenkampfes, ausführlich eingehen, ist es 
notwendig, diese Hauptfaktoren zunächst zu umreißen. Um welche Punkte handelt es sich? 
Erstens:  Das  Zentrum  repräsentiert  als  Partei  das  Klassenbündnis  zwischen 
Industriekapitalisten  und  Großagrariern  zur  gemeinsamen  Ausplünderung  der  werktätigen 
Massen.  Seine  Führung  liegt  völlig  in  den  Händen  von  Schwerindustriellen  und 

Großagrariern,  wobei  der  ausschlaggebende  Einfluß  des  rheinisch-westfälischen  und 
schlesischen  Feudaladels,  der  neben  großagrarischen  Starke  schwerindustrielle  Interessen 
vertritt, eine wichtige Rolle spielt. Das Zentrum wird damit zu derjenigen politischen Kraft, 
die  einen  Ausgleich  zwischen  dem  Streben  der  Schwerindustrie  nach  Industrie-Zöllen  und 
dem der Großagrarier nach Agrarzöllen herbeiführt, was selbstverständlich nur auf Kosten der 
breiten Massen und unter teilweiser Zurückdrängung der Interessen der Fertigwarenindustrie 
möglich ist. 
Zweitens:  Das  Zentrum  ist  die  einzige  großbürgerliche  Partei  mit  einer  bestimmten 
Massenbasis, die bis heute „relativ stabil geblieben ist. Wir werden noch ausführlicher auf die 
für unsere Politik besonders wichtige Tatsache der Transmissionsriemen, die das Zentrum mit 
den Massen der christlichen Arbeiter und der Jugend verbinden, eingehen. Gerade durch diese 
seine  Massenbasis  wird  das  Zentrum  trotz  seiner  Bindung  an  bestimmte  Teile  der 
Großbourgeoisie,  an  Schwerindustrie,  und  Großagrarier,  doch  zu  einer  Partei,  deren  Politik 
stärker  das  Gesamtinteresse  der  kapitalistischen  Klasse  verkörpert,  als  bestimmte 
Spezialinteressen. Dadurch unterscheidet sich das Zentrum z. B. in einem gewissen Grade von 
den Deutschnationalen, die vorwiegend eine Interessenvertretung der Junker und von Teilen 
der  Montanindustrie  darstellen,  wenngleich  Hugenberg  verschiedentlich  Versuche  machte, 
sich als Vertreter der Gesamtinteressen der Bourgeoisie aufzuspielen. Andererseits beruht das 
Übergewicht des Zentrums gegenüber der Deutschen Volkspartei zweifelsohne auch auf der 
Tatsache  seiner  stabilen  Massenbasis.  Wichtig  für  die  Rolle  des  Zentrums  ist  dabei  die  Art 
seiner  Demagogie.  Diese  vermeidet  auch  in  der  Agitation  jede  grundsätzlich  „gegnerische“ 
Stellung gegen das kapitalistische System, wie sie etwa die SPD oder die Nationalsozialisten 
gelegentlich verwenden. 
Drittens: Indem das Zentrum mit seiner Politik die Interessenvertretung der Gesamtklasse der 
Kapitalisten  betreibt,  ist  es  nicht  an  die  besonderen  inflationistischen  Tendenzen  der 
Großagrarier und der Montanindustrie gebunden. Gerade dadurch wird es besonders fähig zur 
Durchführung  der  auf  Kapitulation  gegenüber  dem  französischen  und  amerikanischen 
Imperialismus  abzielenden  Außenpolitik,  wie  sie  von  den  entscheidenden  Schichten  des 
deutschen Finanzkapitals betrieben wird. 
Die hinter den Deutschnationalen und Nationalsozialisten stehenden Montanindustriellen und 
Großagrarier streben die  Inflation in immer stärkerem Maße  an, um schuldenfrei zu werden 
und zum Dumpingexport zu gelangen. Demgegenüber wendet sich z. B. die Chemieindustrie 
und ihr ausschlaggebender Konzern, die IG-Farben, der zugleich der größte deutsche Konzern 
überhaupt  ist,  gegen  Inflationstendenzen.  Dieser  Konzern  ist  einerseits  weniger  verschuldet, 
als z. B. der Stahltrust, der ja vom Zusammenbruch bedroht ist; andererseits liegt der Absatz 
der  IG-Farben  zu  70  Prozent  auf  dem  Inlandsmarkt  und  ist  auch,  soweit  es  sich  um 
Exportabsatz handelt, durch internationale Verträge geregelt und verhältnismäßig gesichert. 
Diese  Teile  des  Finanzkapitals,  die  gegenwärtig  die  entscheidende  Rolle  spielen,  benötigen 
somit  eine  Inflation  keineswegs  so  dringend,  wie  die  hinter  Hitler-Hugenberg  stehenden 
Schwerindustriellen  und  Großagrarier.  Den  Ausschlag  für  die  ablehnende  Stellung  dieser 
Schichten  des  Finanzkapitals  gibt
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