Ernst Thälmann Reden und Aufsätze
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Die Internationale,
Heft 11/12/1931 Schmiedet die rote Einheitsfront! Der Hungerwinter hat begonnen. Das herrschende Finanzkapital, die regierende Bourgeoisie führt neue Schläge gegen das Proletariat, neue Schläge gegen alle Werktätigen. Alle Lasten der kapitalistischen Krise, alle Bürden der Tributsklaverei, der das deutsche Volk durch die verbrecherische Politik der deutschen Bourgeoisie im Bunde mit dem internationalen Finanzkapital unterworfen ist, werden auf die Schultern der Massen abgewälzt. Not und Reaktion nehmen ein unerträgliches Maß an. Die Diktatur der Bourgeoisie wird mit verschärften Formen durchgeführt. Die Regierungen Brüning-Groener und Braun-Severing erlassen Woche für Woche neue Notverordnungen. Während den bankrotten Kapitalisten Hunderte und Tausende von Millionen Mark aus den Steuergroschen der Werktätigen in den unersättlichen Rachen geworfen werden, um ihren gefährdeten Profit zu sichern, werden den Arbeitern die Löhne abgebaut, den Erwerbslosen die Unterstützung geraubt, den Beamten und Angestellten die Gehälter, wird die Schlinge um den Hals des notleidenden Mittelständlers und des schaffenden Bauern noch fester zugezogen. Die Hungerpeitsche des Kapitals saust auf alle Schichten der arbeitenden Bevölkerung nieder. Sollen wir Zahlen des Elends nennen? Ziffern der Selbstmordstatistiken? Sollen wir die immer kärglichere Lohntüte des Proleten mit den Diäten der Aufsichtsräte, der Generaldirektoren, der Großbankiers und der subventionierten Großgrundbesitzer vergleichen? Sollen wir die hungernden nach Arbeit rufenden Erwerbslosen, das Los ihrer Familien und ihren nach Brot schreienden Kinder mit den Satten und Reichen der kapitalistischen Bande vergleichen? Im Deutschland der Notverordnungen spricht die stumme Not, das nackte Elend der Massen eine viel zu beredte Sprache, als daß wir noch dokumentarischer Beweise für diese Ausplünderung der Arbeiterklasse und der Werktätigen in Stadt und Land bedürfen. Während die Bourgeoisie immer neue Hungermaßnahmen gegen die Massen durchführt und sich dabei der schrankenlosen Liebesdienste der Sozialdemokratie bedient, während im Wirtschaftsbeirat der Brüningregierung und ihrer Braun-Severing-Filiale in Preußen die sogenannten Gewerkschaftsführer aller Schattierungen einträchtig an dem neuen Raubzug gegen die Arbeitenden mitwirken und diese Mitwirkung unter einigen leeren Phrasen nichtssagender Proteste zu verschleiern suchen, verstärkt vom anderen Flügel der kapitalistischen Front her die Hitlerpartei ihre Bemühungen an der Knechtung und Auspowerung des Volkes „mitwirken“ zu dürfen. Der tiefe Verrat der Sozialdemokratie an allen Interessen der Arbeiter und des werktätigen Volkes treibt immer breitere Massen der enttäuschten Kleinbürger, Angestellten, Bauern und auch Teile von Arbeitern, die bisher im Lager der bürgerlichen traditionellen Parteien standen, in die Reihen der Hitlerpartei. Wenn es keine Kommunisten und keine Revolutionäre Gewerkschaftsopposition gäbe, würden auch Zehntausende, Hunderttausende der sozialdemokratischen Arbeiter aus der Mitgliedschaft und Gefolgschaft der SPD, dank der Politik der Wels und Breitscheid, Braun und Severing bei Hitler landen. Es gibt nur eine Mauer, die diese Arbeiter abhält und auffängt: die Front des revolutionären Klassenkampfes. Indem die Sozialdemokratie und reformistische Gewerkschaftsbürokratie bei besonderen Gelegenheiten noch immer den Namen des „Marxismus“ für ihren Klassenverrat mißbrauchen und ihn so schänden, treiben sie Wasser auf die Mühlen der verlogenen nationalsozialistischen und sonstigen bürgerlichen Agitation „gegen den Marxismus“. Ohne die SPD gäbe es keinen derartigen Aufstieg der Hitlerbewegung in Deutschland. Ohne das Verbot des Roten Frontkämpferbundes durch die Sozialdemokratie gäbe es keine Welle des faschistischen Mordterrors, dem heute bereits nicht nur Kommunisten und ehemalige Mitglieder des RFB, sondern auch sozialdemokratische und Reichsbannerarbeiter zum Opfer fallen. Ohne die Beispiele, die Severing, Grzesinski, Schönfelder, Zörgiebel und alle die anderen mit ihren Presse-, Demonstrations- und Versammlungsverboten gegeben haben, gäbe es keinen Klagges, den nationalsozialistischen Innenminister von Braunschweig, der es sich leisten kann, auch SPD-Zeitungen zu verbieten. Ohne die Streikbruchtaktik der reformistischen Bürokratie, der sozialdemokratischen ADGB-Führer gäbe es keine faschistische Massenpartei in Deutschland, die sich eine „sozialistische Arbeiterpartei!“ nennen und doch ganz offen den Kampf gegen den Klassenkampf als oberstes Ziel proklamieren und fast ebenso offen ihre Anhänger als Streikbruchhorden für die Unternehmer aufmarschieren lassen kann. Die Sozialdemokratie erzählt stets den Arbeitern, Hitler allein sei der Faschismus und Brüning dagegen sei der letzte Schutzwall der „Demokratie“. Jetzt, nach der Enthüllung des ungeheuerlichen Arbeitermord-, Streikbruch-, Hunger- und Zuchthausprogramms der Nazis, machen die Reichsbannerführer Versammlungen mit dem Appell an die Brüningregierung: „Staat greif zu!“ und wollen damit die Arbeiter bewußt täuschen, man könne mit demselben Brüning, der ständig mit Hitler Koalitionsverhandlungen führt, gegen den Faschismus kämpfen. Wieder tun die sozialdemokratischen Führer alles, um die Entfaltung der Massenkraft der sozialdemokratischen Arbeiter in der roten Einheitsfront des Kampfes, die Entfaltung der eigenen proletarischen Klassenkraft zu hemmen. Wir sagen den Arbeitern: Der Faschismus ist eine Waffe der Ausbeuter. Faschismus und Demokratie sind nur zwei Formen ein und derselben Sache und diese Sache heißt: kapitalistische Klassenherrschaft, Diktatur der Bourgeoisie! Die sozialdemokratischen Führer haben sich heute mit einem bevorstehenden Regierungseintritt der Nationalsozialisten als einer feststehenden Tatsache abgefunden. Fast anderthalb Jahre lang hat die SPD ihre Tolerierungspolitik für Brüning vor den Massen mit dem verlogenen betrügerischen „Argument“ verteidigt, es gälte, ein „kleineres Übel“ gegenüber dem Hitlerfaschismus zu unterstützen und dadurch Hitler abzuwehren. Diese Politik hatte in Wirklichkeit nur den einen Sinn: die Massen vom Kampf gegen die wirkliche Diktatur der Bourgeoisie, gegen das wirkliche Übel abzuhalten und damit der fortschreitenden Reaktion, die Severing hieß, die Brüning hieß, die nötige Deckung bei den Massen zu verschaffen. Brüning, Braun und Severing haben regiert - dank der Sozialdemokratie. Sie haben Notverordnungen über Notverordnungen erlassen. Sie sind einen Schritt nach dem anderen weiter im Kurs der Verschärfung der politischen und sozialen Reaktion gegangen. Nun folgt die zweite Etappe dieser Politik des „kleineren Übels“. Die SPD-Führer wollen in Deutschland gegenüber Hitler einige Etappen jenes Weges überspringen, der den Reformisten d’Arragona in Italien erst nach Jahren des faschistischen Regimes offen an die Seite Mussolinis führte. Abkürzen, heißt die Parole der Breitscheid und Wels. Und so verkünden, angesichts der wachsenden Neigung der Bourgeoisie, ihren nationalsozialistischen Handlangern einige Plätze mehr an der Futterkrippe des kapitalistischen Staatsapparates einzuräumen, die sozialdemokratischen Führer: eine Brüning-Hitler-Regierung sei immer noch besser als eine Hitlerregierung allein, immer noch ein „kleineres Übel“. Aber weil die SPD-Führer seit Jahren aus dem Niedergang ihres Masseneinflusses gelernt haben, daß sie den Bogen ihrer arbeiterfeindlichen Politik gegenüber den eigenen Anhängermassen zu scharf gespannt haben, soll das neueste Manöver mit den plötzlichen Phrasen der Breitscheid und Co. über „Einheitsfront gegen den Faschismus“ verschleiert werden. So wie im Kriege die moderne Armee ihre Manöver, ihre Angriffe unter einer künstlichen Nebelwand zu verstecken sucht, so treibt es die SPD bei ihren neuesten Etappen des Arbeiterverrats. Bilden sich die sozialdemokratischen Führer wirklich ein, die deutschen Arbeiter hätten vergessen, was ein sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter von der Tribüne des „hohen Hauses“ verkündete: Lieber zehnmal mit Groener, zehnmal mit den Monarchisten, zehnmal mit dem Reichswehrgeneral als einmal mit den Kommunisten!? Bilden sie sich wirklich ein, die Arbeiter hätten das sozialdemokratische Wort des Hamburger Abgeordneten Dahrendorf vergessen: Lieber zehn Nazis als einen Kommunisten im Präsidium der Hamburger Bürgerschaft!? Sie unterschätzen das Gedächtnis und den Verstand der deutschen Arbeiter gründlich. Wir sagen den Arbeitern: der Faschismus beginnt nicht, wenn Hitler kommt, er hat längst begonnen. Wir sagen den Arbeitern, gegen eine zukünftige, noch offenere und skrupellosere Form der kapitalistischen Diktatur kann man nicht kämpfen, indem man heute den Kapitalismus schont, toleriert, unterstützt, sondern indem man in jeder Stunde den Hauptstoß gegen die tatsächliche Diktatur der Bourgeoisie und ihre entscheidenden Stützen richtet! Der freche Betrug der Sozialdemokratie an den Massen entlarvt sich heute selbst. Anderthalb Jahre Tolerierungspolitik für Brüning, angeblich um Hitler abzuhalten, und was ist der Erfolg? Die Ministersessel für die Naziminister werden instand gesetzt. So wie die SPD diese Entwicklung als entscheidende Kraft im Dienste der bürgerlichen Diktatur durch ihre Politik des „kleineren Übels“ ermöglichte und herbeiführte, so wird auch bei einer etwa kommenden Hitlerregierung die Sozialdemokratie mit den neuen Auflagen ihrer Theorie des „kleineren Übels“ die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie bleiben! Den Kampf gegen eine drohende Hitlerregierung oder Hitler-Brüning-Regierung vorbereiten - das heißt gegen die heutigen Brüning-Braun-Severing-Regierungen den schärfsten Kampf führen! Die Sozialdemokratie und der ADGB, die noch immer trotz der wachsenden Rebellion ihrer eigenen Anhänger Hunderttausenden, ja Millionen von Arbeitern und Arbeiterinnen die Hände fesseln, um sie vom Kampf gegen die Diktatur der Bourgeoisie abzuhalten, um sie vom Streik gegen die Lohnraubpläne der Unternehmer zurückzuhalten, um sie vom Massenkampf gegen den faschistischen Terror fernzuhalten, sind neben der Preußenregierung Braun-Severings die wichtigsten Bollwerke für das heutige Brüning- Deutschland und werden die wichtigsten Bollwerke auch für ein Hitler-Deutschland sein. Der Übergang der Bourgeoisie von der verschleierten Diktatur hinter der demokratischen Fassade zur offenen und unverhüllten vollentfalteten faschistischen Diktatur - ein Wechsel in den Methoden, nicht im Klasseninhalt - kann nur erfolgen, wenn die Bourgeoisie bei dieser Verschärfung ihres Angriffs Massen der werktätigen Bevölkerung und auch Massen des Proletariats in ihre faschistische Front einzureihen vermag. Die Spekulation des Finanzkapitals auf die Hitlerpartei hat in dieser Hinsicht nur zum Teil gewisse Erfolge zu verzeichnen. Das Eindringen der Nazis in die Front der Betriebsarbeiterschaft ist vom Standpunkt der faschistischen Reaktion nicht ausreichend. Aber die Sozialdemokratie liefert diese Basis für die Diktatur der Bourgeoisie heute, wo das Firmenschild Brüning-Braun- Severing-Regierung heißt, morgen, wo es vielleicht Hitler-Brüning-Severing heißen wird. Den Faschismus schlagen, das heißt die Arbeiterklasse aus den Banden der Sozialdemokratie und des Reformismus erlösen! Das ist es, was wir der deutschen Arbeiterklasse unermüdlich Tag für Tag, Stunde für Stunde einschärfen müssen! Wenn die Kommunistische Partei den Hauptstoß ihres Kampfes gegen die verräterische sozialdemokratische Führerschaft, gegen die verräterische ADGB-Bürokratie richtet, so deshalb, weil dies der Weg ist, um die Macht des Proletariats im Klassenkampf gegen den Kapitalismus voll und siegreich in die Waagschale der Geschichte werfen zu können. Unbezwinglich ist die Arbeiterklasse, wenn sie in ihrer entscheidenden Mehrheit zum vollen Klassenbewußtsein erwacht und sich auf die ganze Höhe ihrer geschichtlichen Aufgabe als die fortgeschrittenste, als die Klasse der Zukunft erhebt. Die Kommunistische Partei, die als einzige Partei auf dieser Klassenlinie des Proletariats marschiert, dieses geschichtliche Klassenziel der Arbeiterklasse verficht, und darum die einzige Partei der Arbeiterklasse ist, arbeitet zäh, unaufhaltsam und mit kaltblütiger Entschlossenheit an diesem Werk: die Mehrheit des Proletariats unter dem Banner des revolutionären Marxismus zum Kampf für die eigenen Klassenziele zu sammeln! Ohne diesen Kampf, den die Kommunistische Partei mit unbeugsamer Entschlossenheit führt, wäre die Faschisierung Deutschlands heute schon tausendmal weiter fortgeschritten, als dies jetzt der Fall ist. Jahrelang vollzieht sich bereits in Deutschland der Vormarsch des Kommunismus. In jeder neuen Wahl, als einen gewissen Gradmesser für den Stand der Klassenkräfte, spiegelt sich das Wachstum des kommunistischen Einflusses. Und dieses Wachstum verkörpert zugleich die Kraft der Arbeiterklasse in Deutschland. Denn nur im Lager des revolutionären Klassenkampfes vermag das Proletariat seine Stärke zu entfalten und anzuwenden. Reformistische Verseuchung bedeutet Ohnmacht, bedeutet Selbstmord des Proletariats. Kommunistische Aufklärung bedeutet Entfaltung der Kampfkraft, des kühnen Elans der Arbeiterklasse. Die Kommunistische Partei kennt kein Parteiinteresse, das neben dem Klasseninteresse des Arbeiters steht. Ihre „Parteipolitik“ ist Politik der Arbeiterklasse. Darum ist die Kommunistische Partei allein imstande, sich mit dem Ruf nach der kämpfenden roten Einheitsfront an die proletarischen Massen zu wenden, ohne Hintergedanken, ohne taktische Manöver, ohne Vorbehalt und ohne Bedingungen, außer der einen: daß diese Einheitsfront, die wirkliche Einheitsfront, geschmiedet wird zum Kampf für die Klasseninteressen des Proletariats, zum Kampf gegen das Kapital, gegen die Bourgeoisie, gegen den Klassenfeind! Wir rufen die sozialdemokratischen Arbeiter auf, Schulter an Schulter mit uns zu kämpfen. Wir machen ihnen diesen Einheitsfrontvorschlag in ehrlicher und brüderlicher Absicht. Wir reichen ihnen aufrichtig und kameradschaftlich unsere Hand. Wir stehen ihnen zur Seite in ihren täglichen Nöten und Kämpfen. Wir vergessen niemals einen Augenblick, daß sie unsere Klassenbrüder sind, die genau so leiden und ausgebeutet sind wie alle Arbeiter in Deutschland. Deswegen schmieden wir mit ihnen gemeinsam die rote Einheit. Wir fordern nicht von ihnen, daß sie sich von heute auf morgen plötzlich in Kommunisten verwandeln, unser Programm, unser Endziel anerkennen und das sozialdemokratische Mitgliedsbuch mit unserem vertauschen sollen. Wir fordern nur eines von ihnen: daß sie mit uns gegen den Klassenfeind kämpfen! Wer bereit ist, mit uns Kommunisten und der RGO gegen den Lohnraub der Unternehmer zu streiken, der ist, gleich ob Organisierter oder Unorganisierter, unser Bundesgenosse, unser Kampfgefährte! Wer bereit ist, mit uns gemeinsam den Kampf gegen die Notverordnungs- und Diktaturpolitik der Bourgeoisie der Brüning-Braun-Severing-Regierungen aufzunehmen, mit dem wollen wir Schulter an Schulter zusammenstehen. Wer bereit ist, mit uns gemeinsam den Selbstschutz der Arbeiterklasse und der Werktätigen gegen faschistischen Terror durchzuführen, mit dem wollen wir zusammengehen! Wer im Kampf gegen Wuchersteuern, im Mieterstreik, im Kampf gegen Exmissionen und Zwangsversteigerungen in Stadt und Land seinen Mann stehen will, dem gilt unser Appell! Wer mit uns den Massenkampf der Erwerbslosen, ihre Massenaktionen für Arbeit, Brot, für Winterhilfe, zur Durchsetzung ihrer Forderungen und aller Notleidenden, gegen den Unterstützungsraub der Bourgeoisie organisieren will, der ist uns willkommen! Unsere Kampfforderungen, die nichts anderes sind als die proletarischen Forderungen der Arbeiterklasse selber, sind der beste Beweis dafür, daß der Ruf nach der roten Einheitsfront für die KPD keine „Parteisache“ ist, sondern Politik der Klasse, Politik des Proletariats! Denn wir waren, wir sind, und werden es immer sein, was Karl Marx und Friedrich Engels im „Kommunistischen Manifest“ aufzeigten: die Avantgarde des Proletariats, die kein anderes Ziel kennt, als das Klassenziel des Proletariats und die diesem Klassenziel alle Teilinteressen und Sonderinteressen unterordnet. Unsere ganze Kraft gilt dem einen Ziel, die rote Einheitsfront des Kampfes gegen Not und Reaktion zu schmieden, die Massen zu sammeln und vorwärts zu führen: gegen Brüning, Braun, Severing! Gegen Hitler und Hugenberg! Gegen Lohnräuber, Streikbrecher und faschistische Arbeitermörder! Gegen die Diktatur der Bourgeoisie! Für den Klassenkampf des Proletariats! Für den Sieg des Sozialismus! Wir werden den Faschismus niederringen. Die Arbeiterklasse wird und muß siegen! Die Rote Fahne, 29.11.1931 Das Zentrum, die führende Partei der deutschen Bourgeoisie Die letzten politischen Ereignisse - Erlaß der Notverordnung und Brüningrede - haben erneut die Richtigkeit der kommunistischen Analyse der- Klassenkämpfe in Deutschland und unserer Strategie erhärtet. Die Brüningregierung im Reich und ihre Braun-Severing-Filiale in Preußen als Träger der Diktatur der Bourgeoisie treten mit der neuen Notverordnung klarer und unverhüllter als je zuvor in Erscheinung. Unwiderleglich erweist es sich, wie recht die Kommunistische Partei hat, in den Brüning-Braun-Severing-Regierungen die entscheidenden Träger der faschistischen Politik der deutschen Bourgeoisie zu bekämpfen, die ihrerseits die Faschisierung, das heißt den Übergang zu den faschistischen Formen und Methoden bei der Ausübung der Diktatur, in der Praxis betreiben. Im Rahmen dieser allgemeinen Bestätigung unserer Analyse und Strategie durch die jüngsten politischen Tatsachen zeichnet sich auch die Rolle des Zentrums, als der führenden Partei der deutschen Bourgeoisie, mit besonderer Deutlichkeit ab. Worauf kommt es an, um die erfolgreiche Durchführung der Politik unserer Partei zu sichern? Notwendig ist die Selbstverständigung der Massen über die wirkliche Lage, über die Rolle der Bourgeoisie, der Sozialdemokratie und Nationalsozialisten und über deren Wechselbeziehungen, sowie über die Notwendigkeit - im Rahmen des Kampfes gegen den Hauptfeind, gegen die Diktatur der Bourgeoisie - den Hauptstoß gegen die Sozialdemokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie zu richten. Es ist klar, daß hierbei volle Klarheit in unseren eigenen Reihen über alle mit diesen Fragen zusammenhängenden speziellen Probleme unbedingt erforderlich ist. Ein volles Verständnis vor allem auch für die besondere Rolle des Zentrums, das in den letzten Jahren in immer stärkerem Maße die entscheidenden Schichten des deutschen Finanzkapitals und ihre Politik repräsentiert. Dem Zentrum, seiner Politik, seiner Struktur und seiner Vergangenheit ist deshalb der nachfolgende Artikel gewidmet. Die Partei hat sich mit der Bedeutung des Zentrums auf Grund der politischen Entwicklung der letzten Jahre schon mehrfach auseinandergesetzt. Auf verschiedenen Tagungen des Zentralkomitees wurde die Rolle des Zentrums als der führenden Partei der deutschen Bourgeoisie in stärkerem oder schwächerem Ausmaß behandelt. Aber es bleibt doch eine Tatsache, daß für unsere praktische Arbeit die notwendigen Konsequenzen aus diesen Feststellungen bis heute noch ungenügend gezogen wurden. Erst in den letzten Wochen stellte deshalb das Polbüro des Zentralkomitees der Partei die Frage des Zentrums und seiner Bekämpfung im Zusammenhang mit der letzten Zentrumstagung auf seine Tagesordnung und faßte eine Reihe von Beschlüssen, die dabei helfen sollen, die Schwächen unserer revolutionären Massenarbeit im Kampf um die Gewinnung der christlichen Arbeiterschaft zu überwinden. Dieser Artikel soll also zwei Aufgaben dienen: Einerseits soll er durch die Klärung der Rolle des Zentrums dazu beitragen, das theoretische Verständnis für die gesamte Politik der Partei, für ihre Beurteilung der Lage, der Gruppierung der Kräfte des Klassenfeindes und der bevorstehenden Entwicklung, sowie für ihre Strategie im Kampf gegen den Klassenfeind zu vertiefen; zum anderen bestimmte ideologische Grundlagen für die Verbesserung unseres Kampfes gegen das Zentrum, vor allem in den katholischen Gebieten Deutschlands, zu schaffen. Die wichtigste Aufgabe unserer Untersuchung ist es, zu prüfen, auf Grund welcher Hauptfaktoren sich die heutige Rolle des Zentrums als führender Partei der deutschen Bourgeoisie ergibt. Die Beantwortung dieser Frage ergibt acht Hauptpunkte, in die sich diese Faktoren gliedern lassen. Bevor wir auf einige dieser Punkte, entsprechend ihrer besonderen Bedeutung vom Standpunkt des revolutionären Klassenkampfes, ausführlich eingehen, ist es notwendig, diese Hauptfaktoren zunächst zu umreißen. Um welche Punkte handelt es sich? Erstens: Das Zentrum repräsentiert als Partei das Klassenbündnis zwischen Industriekapitalisten und Großagrariern zur gemeinsamen Ausplünderung der werktätigen Massen. Seine Führung liegt völlig in den Händen von Schwerindustriellen und Großagrariern, wobei der ausschlaggebende Einfluß des rheinisch-westfälischen und schlesischen Feudaladels, der neben großagrarischen Starke schwerindustrielle Interessen vertritt, eine wichtige Rolle spielt. Das Zentrum wird damit zu derjenigen politischen Kraft, die einen Ausgleich zwischen dem Streben der Schwerindustrie nach Industrie-Zöllen und dem der Großagrarier nach Agrarzöllen herbeiführt, was selbstverständlich nur auf Kosten der breiten Massen und unter teilweiser Zurückdrängung der Interessen der Fertigwarenindustrie möglich ist. Zweitens: Das Zentrum ist die einzige großbürgerliche Partei mit einer bestimmten Massenbasis, die bis heute „relativ stabil geblieben ist. Wir werden noch ausführlicher auf die für unsere Politik besonders wichtige Tatsache der Transmissionsriemen, die das Zentrum mit den Massen der christlichen Arbeiter und der Jugend verbinden, eingehen. Gerade durch diese seine Massenbasis wird das Zentrum trotz seiner Bindung an bestimmte Teile der Großbourgeoisie, an Schwerindustrie, und Großagrarier, doch zu einer Partei, deren Politik stärker das Gesamtinteresse der kapitalistischen Klasse verkörpert, als bestimmte Spezialinteressen. Dadurch unterscheidet sich das Zentrum z. B. in einem gewissen Grade von den Deutschnationalen, die vorwiegend eine Interessenvertretung der Junker und von Teilen der Montanindustrie darstellen, wenngleich Hugenberg verschiedentlich Versuche machte, sich als Vertreter der Gesamtinteressen der Bourgeoisie aufzuspielen. Andererseits beruht das Übergewicht des Zentrums gegenüber der Deutschen Volkspartei zweifelsohne auch auf der Tatsache seiner stabilen Massenbasis. Wichtig für die Rolle des Zentrums ist dabei die Art seiner Demagogie. Diese vermeidet auch in der Agitation jede grundsätzlich „gegnerische“ Stellung gegen das kapitalistische System, wie sie etwa die SPD oder die Nationalsozialisten gelegentlich verwenden. Drittens: Indem das Zentrum mit seiner Politik die Interessenvertretung der Gesamtklasse der Kapitalisten betreibt, ist es nicht an die besonderen inflationistischen Tendenzen der Großagrarier und der Montanindustrie gebunden. Gerade dadurch wird es besonders fähig zur Durchführung der auf Kapitulation gegenüber dem französischen und amerikanischen Imperialismus abzielenden Außenpolitik, wie sie von den entscheidenden Schichten des deutschen Finanzkapitals betrieben wird. Die hinter den Deutschnationalen und Nationalsozialisten stehenden Montanindustriellen und Großagrarier streben die Inflation in immer stärkerem Maße an, um schuldenfrei zu werden und zum Dumpingexport zu gelangen. Demgegenüber wendet sich z. B. die Chemieindustrie und ihr ausschlaggebender Konzern, die IG-Farben, der zugleich der größte deutsche Konzern überhaupt ist, gegen Inflationstendenzen. Dieser Konzern ist einerseits weniger verschuldet, als z. B. der Stahltrust, der ja vom Zusammenbruch bedroht ist; andererseits liegt der Absatz der IG-Farben zu 70 Prozent auf dem Inlandsmarkt und ist auch, soweit es sich um Exportabsatz handelt, durch internationale Verträge geregelt und verhältnismäßig gesichert. Diese Teile des Finanzkapitals, die gegenwärtig die entscheidende Rolle spielen, benötigen somit eine Inflation keineswegs so dringend, wie die hinter Hitler-Hugenberg stehenden Schwerindustriellen und Großagrarier. Den Ausschlag für die ablehnende Stellung dieser Schichten des Finanzkapitals gibt Download 5.01 Kb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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