Vorlesung Wintersemester 09/10 Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf
Themenplan 13.10.09 Organisatorische Einführung Proseminare Vorstellung Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung GendA – Forschungs- und Kooperationsstelle Arbeit, Demokratie, Geschlecht FemArchiv
Themenplan 20.10.09 Zur Einstimmung: FeMale (CD) Inhaltliche Einführung Konzept und Themenplan der Vorlesung Reader Feministische Politik&Wissenschaft http://www.staff.uni-marburg.de/~kurzsche „Geschichte(n) aus der real-existierenden Andrarchie“
Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“? „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung“. Immanuel Kant: Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“ „Du sollst nicht Gedanken, sondern denken lernen!“ (Immanuel Kant, in einem Vorlesungsprogramm der Königsberger Universität „Albertina“ aus dem Jahre 1765 [zit. nach 2)
Was ist (kritisch-feministische) „Wissenschaft“? „Ich bin davon ausgegangen, dass nur erzwungene Werte – Rassismus, Klassenherrschaft, Sexismus – die Objektivität zerstören, während partizipatorische Werte – Anti-Sexismus, klassenlose Gesellschaft, Anti-Rassismus – die Verzerrungen und Mystifikationen in unseren kulturbedingten Erklärungs- und Verstehensweisen allmählich zum Verschwinden bringen.“ „Als wir ... in der neuen Frauenbewegung damit begannen, unsere Erfahrung theoretisch zu verarbeiten, wussten wir, dass unsere Aufgabe ebenso schwierig wie aufregend sein würde. Doch hätten wir uns wohl nicht einmal in unseren kühnsten Träumen vorstellen können, dass wir sowohl die Wissenschaft als auch das theoretische Denken (und das politische Handeln, iks) würden neu erfinden müssen ...“ Harding, Sandra 1991 (1986): Feministische Wissenschaftstheorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht, Hamburg: Argument, hier: S. 272 und 274
Themenplan (1) Basistext (2) Vertiefung 27.10.09 „... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Politische Philosophie und die Frauenfrage – Seyla Benhabib und Linda Nicholson, in: Kurz-Scherf, Ingrid u.a. (Hg.) 2006: Reader Feministische Politik & Wissenschaft, Königstein/Taunus, S. 175-177 Benhabib, Seyla/Nicholson, Linda 1987: Politische Philosophie und die Frauenfrage, in: Iring Fetscher/Herfried Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 5: Neuzeit, München
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Platon (427-347 v.u.Z.); aus: Politeia – Der Staat „Gerechtigkeit sei, dass jeder das Eigene und Seinige hat und tut“ (434) „Wenn also das männliche und das weibliche Geschlecht sich in Bezug auf irgendeine Kunst oder eine sonstige Beschäftigung als verschieden erweisen, so muss man jedem von beiden – wie wir behaupten – eben das Seine zuweisen. Wenn aber die Besonderheit bloß darin besteht, dass die Frau gebärt und der Mann zeugt, so ist ... dadurch noch gar nicht bewiesen, dass hinsichtlich des von uns geltend gemachten Gesichtspunkts die Frau vom Manne verschieden ist, sondern wir werden nach wie vor der Überzeugung sein, dass unsere Wächter und ihre Frauen denselben Beschäftigungen obliegen müssen“ (454 e) „Es gibt also ... keine die Staatsverwaltung betreffende Beschäftigung, die der Frau als Frau oder dem Mann als Mann zukäme; vielmehr sind die natürlichen Anlagen gleichmäßig unter beiden Geschlechtern verteilt, und naturgemäß hat die Frau ebenso wie der Mann Anspruch auf alle Beschäftigungen, bei allen aber ist die Frau schwächer als der Mann“ (455 e)
„... so ist das Individuum Sohn der bürgerlichen Gesellschaft geworden“ Aristoteles (384-322 v.u.Z.); aus: Politik „Es ist auch eine Ungereimtheit, einen Vergleich mit den Tieren anzustellen und zu erklären, dass die Frauen dasselbe besorgen und tun sollen wie die Männer. Denn bei den Tieren besteht kein Hauswesen“ (1264 b 4) „Der Staat besteht aber nicht bloß aus einer Mehrheit von Menschen, dieselben sind auch der Art nach verschieden“ (1261 a) „Es ist also notwendig, dass sich zuerst diejenigen Individuen verbinden, die ohne einander nicht sein können, also einmal Männliches und Weibliches der Fortpflanzung wegen, ... dann zweitens von Natur Herrschendes und Beherrschtes der Erhaltung wegen“ (1252 a) „Endlich verhält sich Männliches und Weibliches von Natur so zueinander, dass das eine das Bessere, das andere das Schlechtere und das eine das Herrschende und das andere das Dienende ist“ (1254 b)
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