Das Lächeln der Frauen
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Das Lächeln der Frauen
Schriftsteller! Ein wunderbarer Beruf«, fügte sie hinzu, ohne meine
Antwort abzuwarten. »Ich muß sagen, Schriftsteller fand ich immer noch eine Spur interessanter als Schauspieler oder Maler.« Dann beugte sie sich zu Aurélie herüber, und ihr roter Mund war ganz nah an Mademoiselle Bredins niedlichem Ohr, das, wie ich erst jetzt bemerkte, ein kleines bißchen abstand, und sagte: »Kindchen, der ist genau der Richtige.« Aurélie schlug sich vor Lachen die Hand vor den Mund, und ihr plötzlicher Heiterkeitsausbruch verwirrte mich ebenso wie der Umstand, daß die alte Dame mich für einen Schriftsteller hielt, aber - verdammt, ich war ja Schriftsteller, wenn auch kein großer Literat, und außerdem war ich vor allem der Richtige. Und so stimmte ich befreit in das Gelächter der beiden Damen ein. Mrs. Dinsmore hob ihr Glas. »Wissen Sie was? Sie sind mir sehr sympathisch, mein Junge«, erklärte sie großzügig und klopfte mir mit ihren Händen, an denen sie Ringe mit auffallend großen Steinen trug, auf mein Hosenbein. »Sagen Sie einfach Liz zu mir.« Und als »Liz«, Mademoiselle Bredin und ich ein halbe Stunde später als die letzten Gäste und unter mehrfacher herzlicher Verabschiedung der Kellner die Coupole verließen, um uns ein Taxi zu teilen, das - so bestimmte es Mrs. Dinsmore (»Ich habe Geburtstag und ich zahle das Taxi, das wäre ja noch schöner!«) - zunächst Mademoiselle Bredin, die, wie auch Mrs. Dinsmore, während der Fahrt neben mir saß (ich wurde zwischen die Damen platziert) und ab und zu ihren Kopf mit den duftenden Haaren gegen meine Schulter fallen ließ, dann mich und als letztes das Geburtstagskind, das irgendwo im Marais wohnte, absetzte, mußte ich zugeben, daß dieser Abend anders ausgegangen war, als ich es mir erhofft hatte. Doch es war ohne Frage einer der lustigsten Abende gewesen, die ich jemals erlebt hatte. Eine Woche später saß ich am Sonntag nachmittags mit Adam Goldberg in den roten Ledersesseln des Café des Éditeurs und erzählte ihm von Aurélie Bredin und all den sonderbaren Verwicklungen, die mein Leben in den letzten Wochen genommen hatte. Eigentlich warteten wir auf Sam, der zusammen mit Adam angereist war, doch der Zahnarzt war noch zum Champ de Mars gefahren, um dort beleuchte Miniaturausgaben des Eiffelturms für seine Kinder zu ergattern. »Oh boy«, sagte Adam, als ich ihm von meinem Abend in der Coupole und den fingierten Anrufen von Silvestro berichtet hatte. »Du bewegst dich auf dünnem Eis, das ist dir hoffentlich klar. Kannst du nicht ein bißchen weniger lügen?« »Sagt wer?« entgegnete ich. »Wenn ich dich noch einmal daran erinnern darf- diese ganze Sache mit dem Pseudonym und dem Autorenphoto war deine Idee!« Es war ungewohnt für mich, meinen sonst so unerschütterlichen Freund beunruhigt zu sehen. »Hey, Adam, was ist los?« fragte ich. »Sonst sagst du mir bei jeder Gelegenheit, daß ich mir nicht ins Hemd machen soll, und jetzt spielst du den Moralapostel.« Adam hob beschwichtigend die Hand. »Schon gut, schon gut. Aber vorher war es etwas Professionelles. Jetzt bekommt die ganze Sache einen so persönlichen Touch. Das gefällt mir nicht.« Er trommelte mit den Fingern auf seiner Armlehne herum. »Ich halte das für gefährlich, mein Lieber, ehrlich. Ich meine, sie ist eine Frau, Andre. Sie hat Gefühle. Was meinst du, was passiert, wenn sie herauskriegt, daß du sie an der Nase herumgeführt hast? Sie bewußt getäuscht hast. Nachher macht das Mädchen einen Riesenwirbel, kommt in den Verlag und heult bei Monsieur Monsignac rum oder so - und dann kannst du echt einpacken.« Ich schüttelte den Kopf. »Mein Plan ist absolut wasserdicht«, sagte ich. »Aurélie wird niemals die Wahrheit erfahren, es sei denn, du sagst ihr was.« Ich hatte seit meinem Abend in der Coupole genug Zeit gehabt, um zu überlegen, wie ich weiter vorgehen würde. Und ich hatte beschlossen, Mademoiselle Bredin in absehbarer Zeit einen weiteren Brief von Robert Miller zukommen zu lassen, in dem dieser einen Termin für das gemeinsame Abendessen im Temps des Cerises vorschlagen würde. Ich wußte auch schon genau, wann dieser Termin sein würde: an Aurélie Bredins Geburtstag. Doch diesmal mußte der Brief direkt aus England kommen. Und deswegen hatte ich Adam gebeten, ihn auf die Lesung mitzunehmen und in London in einen Briefkasten zu werfen. Warum Robert Miller dann letztlich doch wieder nicht kommen würde, darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich wußte nur, daß ich an diesem Abend aus irgendeinem noch zu erfindenden Grund zur Stelle sein würde. Und auf jeden Fall war mir klar, daß die neuerliche Absage, die sehr kurzfristig erfolgen würde, dieses Mal nicht von mir übermittelt werden konnte. Das wäre dann doch zu auffällig gewesen. Als ich jetzt mit Robert Millers englischem Agenten in dem Café- Restaurant saß, wo sich Lektoren und Verleger gerne trafen, um vor den Bücherregalen an den Wänden über hohe und weniger hohe Literatur zu sprechen, schoß mir eine Idee durch den Kopf, die mir immer besser gefiel. Doch sie mußte erst noch etwas ausgefeilt werden, damit Adam Goldberg mitspielte. Also hielt ich den Mund und hörte mir die Bedenken meines Freundes an. »Was ist, wenn die Kleine von der Lesung erfährt und hinkommt? Wir können meinen Bruder jetzt nicht auch noch in deine amourösen Lügengespinste einweihen, das wird zu kompliziert. Sam hatte schon ein Problem damit, seiner Frau den wahren Grund für seine Parisreise nicht doch zu erzählen.« Er sah mich an. »Und bevor du jetzt fragst - nein, er hat sich den Bart nicht abgenommen. Meine Schwägerin findet den Bart nämlich ganz toll. Nachher denkt sie noch, er hätte eine Geliebte, und das wollte Sam nicht riskieren.« Ich nickte. »Okay, geschenkt. Im Grunde ist ja auch nichts dabei, wenn ein Autor sich einen Bart wachsen läßt, oder? Aber er darf sich nicht verplappern. Er hat keine Frau. Er lebt nämlich alleine mit seinem kleinen Hund Rocky - du erinnerst dich? - in seinem blöden Cottage.« (Auf die Erfindung von »Rocky« war Adam besonders stolz gewesen, als wir damals die Autorenvita verfaßten. »So ein süßer kleiner Hund zieht immer«, hatte er gesagt. »Darauf fliegen die Frauen!«) »Das kannst du ihm gleich alles selbst noch mal erzählen«, gab Adam zurück und sah auf die Uhr. »Wo bleibt er überhaupt?« Wir sahen beide automatisch zur Tür, aber Sam Goldberg ließ sich Zeit. Adam nahm einen Schluck von seinem Scotch und lehnte sich in den roten Lederpolstern zurück. »Scheiße aber auch, daß man hier nirgends mehr rauchen darf«, sagte er. »Von euch Franzosen hätte ich das nicht erwartet, daß ihr so einknickt. Download 1.37 Mb. Do'stlaringiz bilan baham: |
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