Das Lächeln der Frauen


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Bog'liq
Das Lächeln der Frauen

Liberté toujours, was?«
»Tja, Pech«, entgegnete ich. »Kennt dein Bruder den Inhalt des
Romans?«
Adam nickte. »Also«, kam er noch einmal auf seine Befürchtungen zu
sprechen, »was machst du, wenn Mademoiselle Bredin von der Lesung
Wind bekommt?«
Ich lachte gönnerhaft. »Adam«, sagte ich. »Sie ist Köchin. Sie hat einmal
ein Buch gelesen, und das war zufälligerweise mein Buch. Sie ist nicht eine,


die normalerweise zu Lesungen geht, tu vois? Außerdem findet die ganze
Chose in einer kleinen Buchhandlung auf der Île Saint-Louis statt. Das ist
überhaupt nicht ihr Einzugsgebiet. Und selbst wenn sie das Interview im
Figaro liest - das erscheint frühestens einen Tag später und dann -
simsalabim - ist alles schon gelaufen.«
Zum erstenmal in meiner Verlagskarriere war ich froh, daß das Marketing
in diesem Falle »suboptimal« gelaufen war, wie sich Michelle Auteuil
ausgedrückt hatte. »Aber die besser gelegenen Buchhandlungen waren
schon alle ausgebucht, und Robert Miller ist zwar nicht gänzlich unbekannt,
aber er ist jetzt nicht ein Publikumsmagnet, um den sich die
Buchhandlungen reißen, jedenfalls noch nicht.« Sie hatte bedauernd durch
ihre schwarze Brille geguckt. »Unter diesen Umständen können wir mit der
Librairie Capricorne sehr zufrieden sein. Der Buchhändler ist ein
entzückender alter Herr, der den Roman partienweise nachbestellt, und er
hat seine Stammkundschaft. Da wird die Buchhandlung schon voll.«
Ich fand auch, daß wir sehr zufrieden sein konnten.
Adam war nicht ganz überzeugt. »Simsalabim«, wiederholte er, und mit
seinem englischen Akzent hörte sich das sehr komisch an. »Dein Wort in
Gottes Ohr, Andy. Trotzdem frage ich mich, ob es nicht besser wäre, die
ganze Geschichte mit dieser Mademoiselle Bredin einschlafen zu lassen.
Die scheint mir eh etwas überspannt, von dem, was du mir erzählt hast.
Ziemlich strange, die Kleine. Kannst du nicht einfach die Finger von ihr
lassen?«
»Non«, sagte ich.
»Okay«, sagte Adam.
Dann schwiegen wir eine Weile.
»Versteh doch, Adam«, sagte ich schließlich. »Sie ist nicht irgendeine
Frau. Sie ist die Frau! The one and only. Und sie ist kein bißchen strange -
sie hat einfach nur viel Phantasie und sie glaubt an höhere Mächte.
Kismet.« Ich rührte drei Löffel Zucker in meinen Espresso und trank einen
Schluck von dem heißen süßen Gebräu.
»Kismet«, wiederholte Adam und seufzte.
» Ja, was soll daran so verkehrt sein? Im übrigen werde ich Robert Miller
sowieso bald sterben lassen. Sobald das Essen im Temps des Cerises
gelaufen ist, wird der gute alte Miller von der Bühne abtreten.«
»Heißt das, du schreibst nicht mehr weiter?« Adam setzte sich alarmiert
auf.


»Ja«, sagte ich, »das heißt es wohl. Das ist mir alles viel zu stressig mit
diesem Doppelleben. Ich bin schließlich nicht James Bond.«
»Spinnst du?« sagte Adam aufgeregt. »Jetzt, wo der Roman gerade
abgeht, willst du das Handtuch schmeißen? Wieviel habt ihr bisher
verkauft? Fünfzigtausend? Jetzt denk mal logisch. Du kannst gut schreiben,
und du wärst ein Dummkopf, wenn du da nicht noch was nachschiebst. Das
hat Potential. Außerdem wachen die Ausländer auch allmählich auf. Bei mir
auf dem Schreibtisch liegen erste Angebote aus Deutschland, Holland und
Spanien. Glaub mir, da ist noch eine Menge Musik drin. Und den zweiten
Roman hängen wir gleich ein bißchen höher. Da machen wir einen
Bestseller draus.«
»Um Gottes willen«, sagte ich. »Du klingst wie Monsignac. «
»Willst du keinen Bestseller?« fragte Adam erstaunt.
»Nicht unter diesen Umständen«, gab ich zurück. »Ich will meine Ruhe.
Eben noch sagst du mir, das ganze Lügenspiel sei so gefährlich, und jetzt
willst du munter weitermachen?«
Adam lächelte fein. »Ich bin eben professionell«, sagte er, ganz der
englische Gentleman.
»Du bist größenwahnsinnig«, sagte ich. »Und wie stellst du dir das in
Zukunft vor? Schreibt der Autor seine Romane irgendwo am Ende der
Welt? In Neuseeland oder am Nordpol? Oder lassen wir deinen Bruder
jedesmal einfliegen?«
»Läuft es super, kann man auch irgendwann die Wahrheit sagen.« Adam
lehnte sich entspannt zurück. »Wenn die Zeit reif ist, machen wir eine tolle
Geschichte daraus. Du mußt endlich mal kapieren, wie die Branche tickt,
André: Der Erfolg gibt dir immer recht. Also ich finde, Robert Miller sollte
unbedingt weiterschreiben.«
»Nur über meine Leiche«, entgegnete ich. »Ich finde, nur ein toter Autor
ist ein guter Autor.«

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