Ernst Thälmann Reden und Aufsätze


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Revolutionäre Einheitsfrontpolitik von unten - das Hauptkettenglied unserer Politik 
 
Und  nun  die  sechste  und  letzte  Frage,  die  ich  in  diesem  Zusammenhang  erörtern  will:  Die 
Frage der revolutionären Einheitsfrontpolitik von unten. Wir sagen in unserer Resolution, daß 
die  revolutionäre  Einheitsfrontpolitik  das  Hauptkettenglied  der  proletarischen  Politik  in 
Deutschland darstellt. 
Genossen,  eine  solche  Formulierung  wiegt  sehr  schwer.  Wir  haben  sie  mit  reiflicher 
Überlegung  gewählt,  um  die  große  Bedeutung  der  revolutionären  Einheitsfrontpolitik  von 
unten  für  die  Entfaltung  des  Massenkampfes  und  für  die  Steigerung  der  Voraussetzungen 
einer revolutionären Krise in Deutschland zu unterstreichen. 
Theoretisch herrscht in unseren Reihen Klarheit über die Frage der Einheitsfrontpolitik. Aber 
in der Praxis gibt es eine Fülle von Fehlern. 
Der  Hauptfehler  ist  hier,  wie  auf  allen  Gebieten,  die  opportunistische  Verfälschung  der 
Einheitsfrontpolitik.  Damit  verbunden  ist  die  Vernachlässigung  oder  Negierung  der 
Einheitsfrontpolitik. Auch das gibt es leider noch immer. 
Nehmen  wir  ein  Beispiel:  In  einem  Aufruf  der  „Roten  Fahne“,  der  in  einzelnen 
Provinzzeitungen  fälschlich  als  Aufruf  des  Zentralkomitees  bezeichnet  wurde,  wurde  die 
Losung  der  „Roten  Einheitsfront“  plötzlich  durch  „Rote  Arbeiterfront“  ersetzt.  „Rote 
Arbeiterfront“  als  besondere  agitatorische  Formulierung,  die  gelegentlich  neben  der 
Hauptlosung der „Roten Einheitsfront“ verwandt wird -, das ist absolut zulässig. Aber „Rote 
Arbeiterfront“  als  zentrale  Losung  an  Stelle  von  „Rote  Einheitsfront“,  das  hieße,  die  Basis 
unserer  Politik  verengern,  auf  die  Anknüpfung  an  den  stürmischen  Willen  der  Massen  zur 

Einheit verzichten, und damit uns selbst einer wichtigen revolutionären Waffe entledigen. Das 
kommt nicht in Frage. Wir mußten das also korrigieren. 
Das Verständnis für die wirkliche revolutionäre Einheitsfrontpolitik ist praktisch bei uns viel 
weniger  entwickelt,  als  dies  nach  der  theoretischen  Anerkennung  dieser  Politik  durch  die 
gesamte Partei der Fall sein müßte. 
 
Gute und schlechte Beispiele der Einheitsfrontpolitik 
 
Einige  besondere  Beispiele  aus  der  Praxis  über  gute  und  schlechte  Einheitsfrontpolitik.  Im 
Bezirk Niederrhein hatten unsere Genossen in Schwelm eine Einheitsfrontaktion mit der SPD 
eingeleitet,  wobei  sie  eine  stark  opportunistische  Note  eingeschlagen  hatten.  Es  sollte  eine 
gemeinsame  Kundgebung  stattfinden,  in  der  eine  Plattform  für  die  Einheitsfrontaktion 
vorgelegt  werden  sollte.  Die  Bezirksleitung,  unter  Führung  des  Genossen  Schulte,  arbeitete 
eine scharfe und prinzipielle Plattform aus und schickte als Referentin mit dieser Plattform die 
Genossin  Torhorst,  die  vor  etwa  einem  halben  Jahr  den  Bruch  mit  der  Sozialdemokratie 
vollzogen  hat,  nach  Schwelm.  Was  geschah?  Unsere  dortige  Ortsgruppe  war  in  ihrer 
Mitgliederversammlung  über  die  Schärfe  unserer  Plattform  erschrocken.  Sie  wollten  am 
liebsten  die  ganze  öffentliche  Kundgebung  ausfallen  lassen.  Die  Genossin  Torhorst  mußte 
einen  Kampf  mit  den  übrigen  Genossen  hart  durchfechten.  Dann  fand  die  öffentliche 
Kundgebung  statt.  Und  es  gab  einen  riesigen,  überraschenden,  einheitlichen  Erfolg  für  uns. 
Die  überwiegende  Mehrzahl  der  Arbeiterschaft  stimmte  unserer  Plattform  zu,  obwohl  diese 
scharf  den  Standpunkt  des  revolutionären  Klassenkampfes  und  der  revolutionären  Partei 
herausarbeitete. Die Genossen unserer Parteiortsgruppe erklärten dann verständnisvoll: jawohl 
die Bezirksleitung hat recht gehabt, wir waren im Irrtum, wir haben die Stimmung der Massen 
falsch  eingeschätzt  und  Angst  vor  einer  wirklich  revolutionären  Politik  gehabt.  Ich  glaube, 
Genossen, dieses Beispiel ist besonders interessant und lehrreich. 
Umgekehrt  gibt  es  auch  viele  negative  Beispiele.  Ich  will  hier  nur  eines  anführen:  Unsere 
Ortsgruppenleitung  von  Waldheim  in  Sachsen,  Unterbezirk  Chemnitz,  schrieb  am  20. 
Dezember  einen  Einheitsfrontbrief  an  die  SPD-Ortsgruppe  bzw.  deren  Leitung.  Dies  war 
keine wirkliche revolutionäre Einheitsfrontpolitik, sondern eine opportunistische Entgleisung. 
Die SPD, die die Vorschläge ablehnte, berief sich dabei auf die Stellung der KPD zur SPD, 
als  dem  Hauptfeind  im  Lager  des  Proletariats.  Unsere  Genossen  haben  ihren  Fehler  später 
korrigiert und unsere revolutionäre Linie in ihrer Praxis wieder eingeschlagen. 
 
Was heißt revolutionäre Einheitsfrontpolitik? 
 
Revolutionäre  Einheitsfrontpolitik  durchführen,  das  heißt  schonungslosen  Kampf  gegen  die 
Sozialfaschisten  aller  Schattierungen  betreiben,  vor  allem  gegen  die  gefährlichsten  „linken“ 
Spielarten des Sozialfaschismus, gegen die SAPD, gegen die Brandler-Gruppe und ähnliche 
Cliquen oder Richtungen. 
Revolutionäre  Einheitsfrontpolitik  betreiben,  das  heißt  wirklich  unten  in  den  Betrieben  und 
auf den Stempelstellen die Massen zum Kampf mobilisieren. 
Revolutionäre  Einheitsfrontpolitik  -  das  erfordert  systematische,  geduldige  und 
kameradschaftliche  Überzeugung  der  sozialdemokratischen,  christlichen  und  auch 
nationalsozialistischen Arbeiter von der Verräterrolle ihrer Führer. 
Die  Einheitsfront  kann  nicht  parlamentarisch  durch  Verhandlungen  Zustandekommen.  Sie 
kann nicht durch Abkommen mit anderen Parteien oder Gruppen Zustandekommen, sondern 
sie muß aus der Bewegung der Massen erwachsen und, von dieser Bewegung getragen, eine 
wirklich lebendige Kampffront darstellen. 
Gemeinsame  Versammlungen  der  KPD  mit  der  SPD,  SAPD  oder  Brandlergruppe  gibt  es 
nicht,  darf  es  nicht  geben!  Das  bedeutet  natürlich  nicht,  daß  wir  darauf  verzichten,  unsere 

bisherige  Taktik  fortzusetzen,  wonach  wir  die  gegnerischen  Parteien  zu  öffentlichen 
Diskussionsversammlungen  herausfordern,  in  denen  wir  mit  ihnen  sachlich  und  scharf 
abrechnen.  Diese  Taktik  geben  wir  nicht  auf.  Aber  sie  hat  nichts  mit  opportunistischen 
Entgleisungen,  wie  gemeinsame  Kundgebungen  ohne  Kampf  gegen  den  Sozialfaschismus 
oder seine „linken“ Spielarten zu tun, nichts zu tun mit der Bildung paritätischer Komitees, an 
Stelle  der  Schaffung  von  Einheitsfrontorganen  der  Massen  von  unten,  auf  der  Grundlage 
unserer Kampflosungen. 
Wenn  wir  die  revolutionäre  Einheitsfrontpolitik  wirklich  zum  Hauptkettenglied  der 
proletarischen  Politik  in  Deutschland  machen  wollen,  so  darf  sie  um  keinen  Preis  eine 
blutlose  Formel  werden,  sondern  muß  eine  wirklich  scharfgeschliffene  Waffe  des 
revolutionären Klassenkampfes sein! 
Genossen,  bedenkt:  sechs  Millionen  Erwerbslose  in  Deutschland!  Lohnraub,  Streikverbot, 
Ausplünderung  der  Betriebsarbeiter!  Steuerwucher,  Zollraub,  wachsender  Ruin  der 
Mittelschichten! Sind hier nicht alle Voraussetzungen gegeben, um unter unserer Führung die 
großzügigste  Einheitsfrontbewegung,  eine  wirkliche  Bewegung  von  Millionen  zu  schaffen? 
Hier muß die Partei einen gewaltigen Schritt vorwärts machen. 
 
IV. Unsere ideologische Offensive und die bolschewistische Kritik 
der Mängel, Schwächen und Fehler der Parteiarbeit 
 
Genossen,  ich  komme  nun  zum  letzten  Hauptteil  meines  Referats,  der  sich  mit  der 
ideologischen  Offensive,  der  Selbstkritik  und  sonstigen  inneren  Problemen  unserer  Partei 
beschäftigt. 
Hierbei gibt es eine Reihe von ernsten Problemen, an denen die Partei und die Parteiführung 
nicht vorübergehen dürfen. 
Ich beginne mit dem Problem der Abweichungen, vor allem des rechten Opportunismus als 
der Hauptgefahr in der gegenwärtigen Etappe unserer Arbeit. 
Wenn man sich vergegenwärtigt, welch eine Fülle von rechtsopportunistischen Entgleisungen, 
Abweichungen und groben Fehlern beispielsweise in einem Bezirk unserer Partei - ich meine 
Württemberg - nicht ohne Verschulden der damaligen dortigen Bezirksleitung möglich waren, 
so muß man doch stutzig werden. 
Betrachtet  man  die  gesamte  Partei,  so  stellt  sich  heraus,  daß  das  Auftauchen  solcher 
opportunistischen  Abweichungen  und  Fehler,  wenn  auch  nicht  überall  in  der  Häufung  von 
Württemberg, doch eine Erscheinung darstellt, von der kein Bezirk frei ist. Wie läßt sich das 
erklären, Genossen? 
Eine  solche  Verstärkung  der  opportunistischen  Abweichungen  und  Schwankungen  bei  den 
einzelnen  Teilen  unserer  Partei  ist  eine  unvermeidliche  Erscheinung,  die  sich  aus  dem 
dialektischen  Charakter  des  revolutionären  Aufschwungs  ergibt.  Hätten  wir  eine  gradlinige, 
aufsteigende  Entwicklung  zur  revolutionären  Krise,  so  würde  in  dem  Maße  vermutlich  eine 
derartige  Erscheinung  ausbleiben.  So  aber,  wo  der  revolutionäre  Aufschwung  und  die 
Offensive  der  Bourgeoisie,  die  Faschisierung,  die  Anschläge  des  Finanzkapitals  und  das 
Betrugsmanöver  der  Sozialdemokratie  sich  schneiden,  wo  die  Erbitterung  des 
Klassenkampfes ständig zunimmt, wo wir in diesem Prozeß ein Hin und Her, ein Auf und Ab 
zu  verzeichnen  haben,  ist  es  klar,  daß  das  Eindringen  bürgerlicher,  sozialdemokratischer 
Einflüsse in die Reihen des revolutionären Proletariats unvermeidlich erfolgen muß. 
Nehmen  wir  vor  allem  die  Betrugsmanöver  der  Sozialdemokratie:  Ist  es  nicht  klar,  daß  sie 
auch auf die klassenbewußte Arbeiterschaft und ihre Avantgarde, die Kommunistische Partei, 
einwirken müssen? Leider ist es so. Die Praxis bestätigt das. 
 

Die Waffe der bolschewistischen Selbstkritik 
 
Haben wir rechtzeitig diese Gefahr erkannt und  unsere Gegenmaßnahmen getroffen? Haben 
wir  ständig  in  unseren  Reihen  den  stärksten  bolschewistischen  Kampf  gegen  alle 
Abweichungen  und  Schwankungen,  gegen  alle  Schwächen  und  Fehler  eröffnet?  Haben  wir 
dafür  Sorge  getragen,  daß  mit  der  Waffe  der  bolschewistischen  Selbstkritik  jede  solche 
Schwäche schonungslos aufgedeckt wurde, um dadurch die Partei vor Fehlern zu sichern und 
ihre  Arbeit  zu  verbessern?  Haben  wir  jene  bolschewistische  Unversöhnlichkeit  in  unseren 
Reihen  wachgehalten,  die  das  Gegenstück  zu  einem  sogenannten  faulen  Liberalismus,  das 
heißt zu einer versöhnlichen Duldsamkeit gegenüber Abweichungen und Fehlern, darstellt? 
Genossen, man muß mit allem Ernst und mit allem Nachdruck konstatieren: Die Partei - und 
das gilt auch für die Parteiführung - hat eine Zeitlang die Zügel leider schleifen lassen. 
Man muß deshalb folgendes feststellen: 
1. Die Partei hat in der Vergangenheit - ich spreche von der Periode nach dem Maiplenum des 
ZK  -  den  Kampf  gegen  den  rechten  Opportunismus  als  die  Hauptgefahr  und  gegen 
linkssektiererische Tendenzen vernachlässigt und unterschätzt. 
2. Die Partei hat ihre eigenen Kräfte und die Qualität ihrer Arbeit unterschätzt und ist dadurch 
in einen gewissen Zustand der Duldsamkeit gegenüber Schwächen und Fehlern in der Arbeit 
verfallen. 
3.  Die  Partei  hat  die  Arbeit  an  der  theoretischen  Front  vernachlässigt,  so  daß  die  Einheit 
zwischen dieser theoretischen Arbeit und der Praxis der Partei nicht gewahrt blieb. 
4.  Die  Partei  hat  die  Waffe  der  bolschewistischen  Selbstkritik  unterschätzt  und  nicht  mit 
genügender Schärfe zur Verbesserung der Arbeit angewandt. 
5.  Das  innere  Leben  der  Partei,  die  Kontrolle  von  unten  und  oben,  war  nicht  von  dem 
notwendigen  Geist  einer  unbedingten  bolschewistischen  Wachsamkeit  erfüllt,  die  die 
unerläßliche Voraussetzung für eine gesunde Parteientwicklung ist. 
6.  Es  gab  statt  dessen  in  der  Partei  gewisse  Erscheinungen  einer  politischen  Zweideutigkeit 
und  doppelten  Buchführung:  Anerkennung  der  Parteiführung  und  ihrer  Beschlüsse  mit 
Worten,  aber  keine  Durchführung  der  Beschlüsse  und  keine  genügende  Unterstützung  der 
Parteiführung in der Praxis. 
Genossen, es ist klar, wenn man derartige Feststellungen über unsere Partei trifft, so hat das 
eine  schwerwiegende  Bedeutung.  Man  kann  derartig  ernste  Vorwürfe,  ich  möchte  beinahe 
sagen  Anklagen,  nicht  erheben,  wenn  man  nicht  gewichtige  Gründe  dafür  hat.  Aber, 
Genossen, man muß es hier ganz offen aussprechen: 
Das Eingreifen des Zentralkomitees, die Eröffnung der ideologischen Offensive mit unserem 
Beschluß  gegen  die  Duldung  falscher  Auffassungen  an  der  theoretischen  Front,  mit 
verschiedenen  offiziellen  Leitartikeln  des  Zentralkomitees  in  der  Parteipresse  und  mit  dem 
Artikel in der „Internationale“ war eine unbedingte Notwendigkeit. 
Hätten  wir  nicht  eingegriffen,  hätten  wir  nicht  diese  ideologische  Offensive  eröffnet,  die 
selbstverständlich auch heute noch erst einen Beginn darstellt und weitergeführt werden muß, 
so hätte die deutsche Partei sehr leicht in  eine schwierige  Lage kommen können. Man muß 
aussprechen,  daß  in  der  Partei  ein  solcher  Zustand  vorhanden  war,  wo  die  Entstehung 
größerer innerer Schwierigkeiten nicht außerhalb des Bereichs der Möglichkeiten lag. 
Wir  hatten  eine  solche  Lage  in  der  Partei:  Seit  dem  Weddinger  Parteitag,  seit  der 
Zerschlagung  der  versöhnlerischen  Gruppen  und  der  Ausmerzung  der  rechten  Liquidatoren, 
gab es bei uns die Auffassung, daß die errungene Einheitlichkeit und innere Geschlossenheit 
der Partei an und für sich schon eine Garantie gegen Abweichungen und Fehler darstelle. Die 
Tatsache, daß auf Grund dieser Einheitlichkeit der Partei neue ernsthafte Gruppierungen nicht 
mehr möglich waren, wie es der Fall Merker bewiesen hat, führte zu einer Unterschätzung der 
Notwendigkeit  eines  dauernden  unversöhnlichen  bolschewistischen  Zweifrontenkampfes 
innerhalb  der  Partei  gegen  die  rechte  Hauptgefahr  und  „linke“  Tendenzen.  Eine  solche 

Einstellung  mußte  zur  Einschläferung,  zum  Mangel  an  unversöhnlicher  bolschewistischer 
Wachsamkeit führen. 
Was war die Folge: 
Das  innere  Leben  der  Partei  widerspiegelte  in  letzter  Zeit  nicht  mehr  jene  ständige,  aktive 
Teilnahme  der  Gesamtpartei  von  unten  bis  oben  an  der  Sicherung  der  Klassenlinie,  an  der 
Herausarbeitung und Lösung der schwierigen und komplizierten politischen Probleme, an der 
Durchführung der gefaßten Beschlüsse. 
Man  kann  beinahe  sagen,  daß  es  in  der  Partei  eine  solche  Stimmung  gab:  Wir  sind  eine 
einheitliche Partei, also kann man die große Politik nur dem Zentralkomitee überlassen. 
Das muß aber sowohl zu einer Vernachlässigung und Beschneidung der Masseninitiative bei 
der  Herausarbeitung  der  Politik  der  Partei,  zu  einer  Senkung  des  politischen  Niveaus  der 
Partei,  zu  einer  ideologischen  Bequemlichkeit  führen,  als  auch  zu  einer  Abkapselung  der 
theoretischen  Arbeit  von  der  revolutionären  Praxis.  Trotzdem  hat  die  Partei  große  positive 
Erfolge und unverkennbare Fortschritte zu verzeichnen: Fortschritte auf zahlreichen Gebieten. 
Erfolge im Klassenkampf gegen die Bourgeoisie. Erfolge im Kampf gegen SPD und Hitler. 
 
Über das allgemeine politisch-ideologische Niveau der Partei 
 
Das politisch-ideologische Niveau der Partei aber in ihrer Gesamtheit ist nicht befriedigend. 
Ich will nur eine Tatsache zum Beweis anführen: Wie groß sind die Möglichkeiten, die sich 
für  den  prinzipiellen  Kampf  unserer  Partei  gegen  den  Klassenfeind,  gegen  die  Bourgeoisie 
und  Sozialdemokratie  und  auch  den  Hitler-Faschismus  auf  Grund  des  Niederganges  der 
ganzen kapitalistischen  Welt ergeben? Wie groß sind die Möglichkeiten, die sich aus klarer 
und richtiger Erkenntnis der marxistisch-leninistischen Theorie und des Bankrotts des ganzen 
bürgerlich-sozialdemokratisch-faschistischen  Plunders  an  sogenannten  Theorien  ergeben? 
Nehmen  wir  die  Krise,  nehmen  wir  die  Frage  des  Staates,  nehmen  wir  die 
Wirtschaftsdemokratie  oder  irgendeinen  beliebigen  anderen  Fragenkomplex:  Unsere  Partei 
müßte auf allen diesen Gebieten der prinzipiellen Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus 
und  seinen  Verteidigern  geradezu  eine  sieghafte  Offensive,  einen  unaufhaltsamen 
Triumphzug entfalten. 
Geschieht  das  etwa,  Genossen?  Es  geschieht  nicht.  Hier  muß  man  aussprechen,  was  ist.  Es 
zeigt  sich,  daß  unsere  Genossen  ideologisch  nicht  reif  genug,  nicht  fest  genug  sind,  um  die 
Überlegenheit  ihrer  Position  mit  der  Waffe  des  wissenschaftlichen  Sozialismus  in  der 
gesamten Propaganda auszunutzen. 
Die  Ursachen  liegen  auf  der  Hand.  Wir  haben  in  der  letzten  Zeit  einen  großen 
Umschichtungsprozeß  in  der  KPD  zu  verzeichnen,  ein  riesiger  Prozentsatz  unserer 
Funktionäre und aktiven Genossen besteht aus Parteimitgliedern, die noch nicht sehr lange in 
unserer Bewegung stehen. 
Das  hat  auch  seine  großen  Vorteile,  weil  diese  Genossen  oft  unverbrauchter,  frischer  und 
aktiver  in  der  revolutionären  Arbeit  sind,  als  mancher  alte  Parteihengst.  Aber  es  hat  auch 
seine  Nachteile:  Selbstverständlich  können  diese  Genossen  noch  nicht  eine  so  starke 
ideologische Festigung und politische Schulung haben wie ein Funktionär, der seit zehn oder 
zwölf  Jahren  die  Entwicklung  der  Partei,  ihre  inneren  Kämpfe  und  Auseinandersetzungen 
mitgemacht hat, obwohl auch das bekanntlich nicht vor Abweichungen schützt. 
Jedenfalls  müssen  wir  aussprechen,  daß  das  allgemeine  politisch-ideologische  Niveau  der 
Partei unzulänglich ist. Das  gilt nicht nur für die unteren  Kader, sondern zum Teil auch für 
höhere  Funktionäre  der  Partei  Bei  vielen  führenden  Genossen  in  den  Bezirken  müssen  wir 
feststellen, daß sie ein mangelndes  Interesse für ihre eigene theoretische Fortbildung an den 
Tag legen. 

Das  ist  die  eine  Seite.  Die  andere  Seite  besteht  darin,  daß  die  theoretische  Arbeit,  weil  sie 
nicht  mit  dem  Gesamtorganismus  unserer  Partei  und  ihrer  revolutionären  Praxis  genügend 
verbunden war, in einer unzulänglichen Weise durchgeführt wurde. 
Genosse  Stalin  hat  in  seinem  Brief  an  die  Redaktion  der  Zeitschrift  „Proletarische 
Revolution“ einen sehr treffenden Ausdruck geprägt: Archivratten. Das sind solche Leute, die 
überall  nur  nach  „Papierchen“  herumstöbern,  statt  die  lebendige  Praxis  einer  revolutionären 
Partei zu betrachten. 
 
Vernachlässigung der Arbeit an der theoretischen Front 
 
Genossen,  bei  uns  gab  es  einen  sogenannten  marxistisch-leninistischen  Zirkel,  der  jede 
Woche  einmal  oder  zweimal  in  irgendeinem  Cafe  oder  sonstwo  zusammenkam  und  dort 
„theoretische  Diskussionen“  durchführte.  Das  Ergebnis  war  vielfach  das,  was  wir  im 
„Propagandist“  zu  lesen  bekamen.  Eine  derartige  Abkapselung  theoretischer  Arbeit  vom 
wirklichen  Leben  der  revolutionären  Partei  einerseits  und  eine  mangelnde  Kontrolle  über 
diese  theoretische  Arbeit  durch  die  Parteiführung  andererseits  -  das  ergibt  in  der  Praxis  die 
Züchtung von „Archivratten“. 
Daß wir in der Vergangenheit diese theoretische Arbeit der Partei nicht immer so gründlich 
kontrolliert haben, wie es notwendig gewesen wäre, ist ein Vorwurf, der die ganze Partei und 
auch das Zentralkomitee und die Parteiführung trifft. Um so notwendiger war es, entschieden 
einzugreifen und den  Kampf an der theoretischen Front aufzunehmen, wie das schon in der 
letzten Zeit durch verschiedene Maßnahmen geschehen ist. Dieses Eingreifen war notwendig, 
auch  wenn  es  bedauerlicherweise  bei  einzelnen  Genossen  in  der  Partei  Stimmungen  gab,  in 
denen  sich  ein  mangelndes  Verständnis  für  die  Wichtigkeit  dieser  Arbeit  ausdrückt.  Im 
Anfang,  bei  der  Umstellung  dieser  Arbeit,  der  Methoden  und  der  neuen  Problemstellung 
einiger  Fragen  werden  Fehler  unvermeidlich  sein.  Solche  Fehler  müssen  wir,  wenn  wir  sie 
finden, öffentlich feststellen und sie beseitigen. Genosse Stalin sagte in den „Problemen des 
Leninismus“: 
 
Die  Theorie  ist  die  Erfahrung  der  Arbeiterbewegung  aller  Länder,  in  ihrer  allgemeinen  Form 
genommen.  Allerdings  wird  die  Theorie  gegenstandslos,  wenn  sie  nicht  verknüpft  ist  mit  der 
revolutionären Praxis, genau so, wie die Praxis blind ist, wenn ihr Weg nicht durch die revolutionäre 
Theorie erhellt wird… 
Kein  anderer  als  Lenin  wiederholte  dutzende  Male  den  bekannten  Grundsatz:  ‚Ohne  revolutionäre 
Theorie kann es keine revolutionäre Bewegung geben.’“ 
 
Das  sagen  Lenin  und  Stalin.  Jede  Gegenüberstellung  von  ideologischer  Offensive  und 
revolutionärer  Praxis,  von  der  auch  unsere  Partei  nicht  verschont  blieb,  widerspricht  dem 
Grundsatz des Leninismus über die untrennbare Einheit von Theorie und Praxis. Leider gab es 
in dieser wichtigen Frage nicht immer sofort eine völlige Übereinstimmung. 
Es gibt übrigens noch ganz andere Auffassungen zur Frage der ideologischen Offensive. Ein 
Genosse hat in einem Bezirk in der Diskussion sogar die Auffassung vertreten, es handle sich 
hier  um  einen  Konkurrenzkampf  zwischen  der  „Internationale“  und  dem  „Propagandist“ 
wegen  der  Auflagenhöhe.  Das  steht  ungefähr  auf  den  gleichen  Niveau,  wie  ein  anderes 
Argument,  das  auch  von  einem  Genossen  gebraucht  wurde,  daß  die  Partei  nämlich  ihren 
Beschluß  gegen  den  individuellen  Terror  gefaßt  habe,  weil  die  Rote  Hilfe  nicht  mehr  die 
Kosten für die vielen Prozesse aufbringen könne. 
 
Ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Praxis 
 
Wenn  solche  Auffassungen  hier  und  da  in  der  Partei,  wenn  auch  vereinzelt,  auftreten,  dann 
muß die ideologische Offensive noch weit mehr entfaltet werden. Man muß mit aller Schärfe 

Klarheit  darüber  schaffen,  daß  ohne  eine  solche  ernste  ideologische  Erziehungsarbeit  in  der 
Partei  unmöglich  die  praktische  Arbeit  der  Partei  auf  allen  Gebieten  verbessert  und  auf  die 
Höhe ihrer Aufgaben geführt werden kann. 
Lenin sagt in seiner Schrift „Staat und Revolution“ folgendes: 
 
„Indem  der  Marxismus  die  Arbeiterpartei  erzieht,  erzieht  er  die  Avantgarde  des  Proletariats,  die 
befähigt  wird,  die  Macht  zu  ergreifen  und  das  ganze  Volk  zum  Sozialismus  zu  führen,  die  neue 
Ordnung zu leiten und zu organisieren, Lehrer, Leiter, Führer aller Werktätigen und Ausgebeuteten bei 
der  Gestaltung  ihres  gesellschaftlichen  Lebens  ohne  die  Bourgeoisie  und  gegen  die  Bourgeoisie  zu 
sein.“ 
 
Hier ist mit vollendeter Klarheit dargestellt, wie die innere Erziehung der Partei im Geiste des 
Marxismus-Leninismus zugleich eine Erziehung der Klasse darstellt und damit erst die Partei 
befähigt wird, Lehrer, Leiter und Führer aller Werktätigen im Kampf für den Sozialismus zu 
werden. 
Jeder  Genosse,  der  den  Marxismus-Leninismus  nicht  nur  mit  Worten  anerkennt,  sondern  in 
der  Tat,  muß  deshalb  die  Bedeutung  unserer  ideologischen  Offensive  als  eines  unlöslichen 
Bestandteils  unserer  gesamten  revolutionären  Arbeit  begreifen  und  diese  Arbeit  begrüßen, 
statt  sie  zu  hemmen  oder  zu  unterschätzen.  Unser  Kampf  um  die  Reinheit  der  marxistisch-
leninistischen  Theorie  in  der  Partei  bedeutet  zugleich  praktischen  Kampf  für  die 
Durchführung der Klassenlinie der Partei in den Massen. 
Genossen, was wir jetzt in der Partei eingeleitet haben, ist nichts anderes, als daß wir mit der 
Überwindung  unserer  Fehler  und  Abweichungen  und  mit  den  Verbesserungen  unserer 
theoretischen  und  praktischen  Arbeit  auf  allen  Gebieten  an  einer  neuen  Schwelle  in  der 
Entwicklung der Bolschewisierung unserer Partei stehen. 
Es  ist  deshalb  aus  erzieherischen  Gründen  und  im  Interesse  der  Partei  notwendig,  auch  auf 
dieser  Plenartagung  des  Zentralkomitees  einige  kritische  Äußerungen  zu  verschiedenen 
theoretischen Arbeiten zu machen, die in der letzten Zeit in unserem Verlag erschienen sind. 
 

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