Ernst Thälmann Reden und Aufsätze
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Man kann heute nicht mehr von „Zentrismus“ sprechen
Die Frage ist nun, ob man heute noch von Zentrismus sprechen kann, ob man z.B. die heutige SAP oder Brandler-Gruppe als zentristisch bezeichnen kann. Das ist nicht möglich. Diese besondere Spielart des Opportunismus, die wir als Zentrismus bezeichnen, war gebunden an einen „Block kleinbürgerlicher und proletarischer Interessen innerhalb einer Partei“, wie Genosse Stalin das in seiner erwähnten Rede darstellt. Ein solcher Block bestand in der Vorkriegssozialdemokratie Deutschlands, wo auf der einen Seite in der Gruppe um Rosa Luxemburg die Vertreter der proletarischen Interessen, auf der anderen Seite der rechte Flügel um Bernstein, Wolfgang Heine, Legien als Vertreter des Kleinbürgertums vorhanden waren, während die Zentristen Bebel, Kautsky usw., als eine Spielart der Opportunisten, deren Politik duldeten und sie mit „linken“ Formulierungen maskierten. Ein solches Zusammenarbeiten in einer Partei bestand auch noch nach dem Kriege in der USP, wo der revolutionäre Arbeiterflügel, der sich später, nach dem Halleschen Parteitag, mit der KPD vereinigte, zunächst mit den Vertretern des Kleinbürgertums organisatorisch vereinigt war, so daß die damaligen Zentristen Hilferding, Crispien, Dittmann usw. ihre Rolle im Dienste eines maskierten Opportunismus zu spielen vermochten. Heute hat sich der kleinbürgerliche rechte Flügel der Vorkriegssozialdemokratie zum Sozialfaschismus entfaltet. Die Gruppen, die betrügerisch den Anschein erwecken, als ob sie zwischen dem Sozialfaschismus und uns, dem Marxismus-Leninismus, eine Zwischenstellung einnähmen, ich meine die Seydewitz-Gruppe oder die Brandleristen, sind in Wirklichkeit lediglich eine Spielart des Sozialfaschismus, eine Filiale der Sozialdemokratischen Partei. Es war deshalb ein schwerer, unverzeihlicher Fehler der „Roten Fahne“, wenn sie in ihrer Vorrede zum Stalin-Brief die Formulierung gebrauchte, daß die SAP eine „allerdings kleine Partei des Zentrismus“ sei, die „zwischen dem revolutionären Marxismus-Leninismus und dem Sozialfaschismus eine prinzipienlose Position bezieht“. Diese schwere opportunistische Entgleisung mußte erst durch das Gesamtsekretariat des Zentralkomitees korrigiert werden. Der Trotzkismus ist der konterrevolutionäre Vortrupp der Bourgeoisie In der gleichen Vorrede der „Roten Fahne“ war die Rede von einer „links“-drapierten Sumpfideologie des Trotzkismus. Auch das ist eine völlig unzulässige und opportunistische Formulierung. Der Trotzkismus ist keine Sumpfideologie, sondern stellt einen konterrevolutionären Vortrupp der Bourgeoisie dar. Der Trotzkismus betreibt die wütendste Interventionshetze gegen die Sowjetunion. Trotzki liefert die schamlosesten Argumente für die sozialfaschistische Politik gegen die Arbeiterklasse. Schlimmer als der „Vorwärts“ und der sozialdemokratische Parteivorstand setzt er sich für das Betrugsmanöver der SPD mit dem sogenannten „kleineren Übel“ ein. Er schlägt in seiner neuesten Broschüre über Deutschland den deutschen Kommunisten nicht mehr und nicht weniger vor, als sich „mit Noske und Grzesinski gegen den Faschismus zu verbünden“. Das ist, wie jeder versteht, eine aufgelegte politische Hochstapelei und nichts als Sozialfaschismus in Reinkultur. Opportunistische Fehler bei der Behandlung der Bauernfrage Noch eine letzte Frage zur Charakterisierung der opportunistischen Abweichungen, die bei uns möglich sind. Zur Vorbereitung des deutschen Reichsbauernkongresses wurde ein Material herausgegeben, in dem unter anderem folgende Blüten enthalten sind: „Das ganze Dorf muß es sein, das sich zusammenschließt, bäuerliche Kampfausschüsse bildet… Wenn sich die Bauern eines Dorfes alle fest zu einer Kampfgemeinschaft zusammenschließen, dann sind sie schon eine kleine Macht, die den Abwehrkampf aufzunehmen vermag.“ Hier wird also ganz offen der Zusammenschluß mit den Kulaken propagiert. Die Großbauern, die Kulaken, die Mittelbauern und die Dorfarmut, die Zwergbauern und Halbproletarier werden in einen Topf geworfen. Es ist klar, daß sich aus einer solchen opportunistischen Theorie bezüglich der einheitlichen Interessen der Bauernschaft auch eine entsprechend opportunistische Verfälschung bezüglich des Verhältnisses zwischen Arbeiterklasse und den werktätigen Bauern ergibt. So heißt es an einer anderen Seite des Referentenmaterials: „Es gibt keinen Gegensatz zwischen schaffenden Bauern und Arbeitern.“ Man braucht nicht erst zu beweisen, daß das mit der leninistischen Auffassung nichts zu schaffen hat. Es ist kein Zufall, wenn in diesem opportunistischen Referentenmaterial die Landarbeiter völlig vergessen werden. Und es ist ebensowenig ein Zufall, sondern eine politische Verfehlung, wenn dieses Material peinlich vermeidet, die Sowjetunion und die dortige Kollektivierung dem untergehenden Kapitalismus entgegenzustellen. Auch dieses Material ist nur ein Beweis mehr für die Notwendigkeit der ideologischen Offensive und der schärfsten bolschewistischen Selbstkritik an unserer Parteiarbeit. Ich will schließlich noch an den Fehler der „Jungen Garde“ erinnern, die in völlig opportunistischer Weise sogar von „Einheit des Volkes“ schrieb. Der KJVD mißbilligte zwar diese Formulierung, unterließ aber dabei eine öffentliche und rechtzeitige Korrektur an diesem unverzeihlichen Fehler. Gegen alle Tendenzen zur Abschwächung der bolschewistischen Selbstkritik Damit komme ich zu einer Frage, die mit unserer ideologischen Offensive aufs engste verbunden ist, zur Frage der offenen und schonungslosen bolschewistischen Selbstkritik als eines unentbehrlichen Bestandteils unserer revolutionären Praxis. Genossen, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß diese Frage der bolschewistischen Selbstkritik keineswegs in unserer gesamten Partei eine solche Selbstverständlichkeit ist, wie es für Bolschewiki sein müßte. Es gibt durchaus Tendenzen in unseren Reihen, die diese Selbstkritik einschränken und abschwächen wollen. Selbstverständlich haben wir uns dadurch nicht abhalten lassen, den bolschewistischen Standpunkt durchzusetzen, wodurch eine Leitung durch offene Selbstkritik an Autorität gegenüber der Partei und dem Proletariat nur gewinnen kann, auch wenn manchmal einzelne Genossen nicht das nötige Verständnis dafür haben. Lenin sagt über die Selbstkritik: „Das Verhalten einer politischen Partei zu ihren Fehlern ist eins der wichtigsten und sichersten Kriterien für den Ernst einer Partei und für die tatsächliche Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber ihrer Klasse und den werktätigen Massen. Einen Fehler offen zuzugeben, seine Ursachen aufzudecken, die Umstände, die ihn hervorgerufen haben, gründlich analysieren, die Mittel zur Ausmerzung des Fehlers gründlich prüfen - das ist das Merkmal einer ernsten Partei, das heißt Erfüllung ihrer Pflichten, Erziehung und Schulung der Klasse und dann auch der Masse.“ Die führende Partei des Weltproletariats, die Partei, die als einzige den Sieg über die Bourgeoisie errungen hat, und die nicht zufällig die führende Rolle auch in der Kommunistischen Internationale bei ihrer Gründung und seit ihrer Gründung inne hatte, die Kommunistische Partei der Sowjetunion, ist, bei einer unversöhnlichen und konsequenten Politik des Leninismus, im Zeichen einer solchen bolschewistischen Selbstkritik zu ihrer heutigen Höhe und Reife gelangt. Ich will noch einige Worte anführen, die Genosse Stalin auf dem XV. Parteitag der KPSU zur Frage der Selbstkritik sprach: „Wenn wir Bolschewiki, die von der ganzen Welt kritisiert werden, die, um mit den Worten Marx zu sprechen, den Himmel stürmen, wenn wir um des Friedens dieser oder jener Genossen auf Selbstkritik verzichten - ja, ist es da nicht klar, daß wir nichts anderes als den Zusammenbruch unserer großen Sache zu erwarten haben? Marx sagte, daß die proletarische Revolution sich übrigens von jeder Revolution dadurch unterscheide, daß sie Selbstkritik übt und sich durch die Selbstkritik stärkt. Das ist ein sehr wichtiger Hinweis Marx’. Wenn wir, die Vertreter der proletarischen Revolution vor unseren Mängel die Augen verschließen, die Fragen in familiärer Weise entscheiden, gegenseitig die Fehler verschweigen und die Krankheit in das Innere unseres Parteiorganismus treiben werden, wer wird dann diese Fehler, diese Mängel korrigieren? Ist es etwa nicht klar, daß wir dann aufhören werden, proletarische Revolutionäre zu sein, daß wir sicherlich dem Untergang entgegengehen, wenn wir nicht aus unserer Mitte dieses Spießertum, dieses familiäre Wirtschaften bei der Entscheidung wichtiger Fragen unseres Aufbaues ausrotten werden. Aber gerade in dieser Hinsicht hinkt es bei uns immer noch… Zwei, drei große Erfolge und alles ist schnuppe. Noch zwei, drei große Erfolge und man brüstet sich schon, man wird übermütig. Aber die Fehler bleiben, die Mängel bestehen weiter, die Krankheiten werden in das Innere des Parteiorganismus hineingejagt.“ Diese überzeugenden Worte des Genossen Stalin sollte sich jeder Genosse zu Herzen nehmen, der eine Abneigung gegen die bolschewistische Selbstkritik hegt. Die Partei kann und darf keinesfalls darauf verzichten, diese bolschewistische Selbstkritik anzuwenden. Wer die Geschichte unserer russischen Bruderpartei und der russischen Revolution verfolgt, der wird bestätigt finden, daß ihre ganze Entwicklung ohne bolschewistische Selbstkritik überhaupt unmöglich gewesen wäre. Ich erinnere hier nur an die schonungslose Selbstkritik, wie sie Lenin in seinem Rechenschaftsbericht des ZK auf dem X. Parteitag der Kommunistischen Partei Rußlands im März 1921 in der Frage des russisch-polnischen Kriegs und in den ökonomischen Fragen des Übergangs vom Krieg zum Frieden geübt hat. Das geschah in einer Situation, in der die Sowjetmacht vom Krieg erschöpft und von einer wirtschaftlichen Krise erfaßt war. Das geschah unter außerordentlich schweren Umständen für die Arbeit der Kommunistischen Partei, und trotzdem deckte Lenin auch in einer solchen Lage, ja, gerade in einer solchen Lage, die begangenen Fehler schonungslos und ganz offen auf, damit die Partei daraus lernen und die Schwierigkeiten überwinden konnte. Über unseren Beschluß gegen den individuellen Terror Nehmen wir eine bestimmte Frage: Das Problem des individuellen Terrors. Gibt es nicht auch heute noch, nachdem wir unseren Beschluß gegen die Duldung von Tendenzen des individuellen Terrors gefaßt und in der Partei popularisiert haben, entgegengesetzte Stimmungen? Offen treten sie nicht in Erscheinung, aber ohne Zweifel haben wir sowohl in der Partei wie im Jugendverband vereinzelte Genossen, die der Auffassung sind, das Zentralkomitee habe diesen Beschluß nur aus taktischen Gründen gefaßt, um dadurch die Legalität der Partei zu sichern. Genossen, wir müssen solchen Auffassungen gegenüber mit aller Schärfe immer wieder herausarbeiten und volle Klarheit schaffen: Erstens, daß unser Beschluß gegen den individuellen Terror ernstgemeint war und wir die Konsequenzen aus diesem Beschluß auch organisatorisch nicht furchten dürfen. Die Partei darf keine sozial-revolutionären Tendenzen in ihren Reihen dulden. Zweitens, daß dieser unser Beschluß keineswegs gefaßt wurde, weil wir uns einbilden, durch einen solchen Beschluß die Gefahr eines Verbots der Partei abwenden zu können, weil wir uns etwa einbilden, uns durch einen solchen Beschluß in den Augen der Bourgeoisie „angenehmer“ zu machen. Drittens, daß unser Beschluß im Gegenteil dazu dienen soll, unsere Partei „unangenehmer“ für die Bourgeoisie zu machen, indem nämlich durch unseren Beschluß gegen den individuellen Terror alle Kräfte der Partei konzentriert und gelenkt werden auf das Gebiet des revolutionären Massenkampfes. Diese Steigerung des revolutionären Massenkampfes - das, Genossen, ist das wirkliche „Unangenehme“ für die Bourgeoisie! Wir sollen, indem wir individuelle terroristische Handlungen und überhaupt leichtfertige und abenteuerliche putschistische Stimmungen in unserer Bewegung schonungslos bekämpfen, zugleich dafür sorgen, daß der Bourgeoisie keine leichten Handhaben für ein Verbot der Partei gegeben werden. Wir müssen von jedem Kommunisten die strengste Vorsicht, die eisernste Disziplin verlangen, um den Kampf der Partei für ihre Legalität soweit nur möglich zu erleichtern. Wir müssen einen ständigen Kampf, besonders unter den Millionenmassen für die Erhaltung der Legalität der Partei entfalten. Aber das ist bei unserer Ablehnung des individuellen Terrors nicht das Ausschlaggebende. Lenin lehrt uns vollkommen deutlich, daß wir Kommunisten gegen den individuellen Terror nicht aus einer lakaienhaften friedfertigen Gesinnung gegenüber der Bourgeoisie sind, sondern weil diese unsere Auffassung den wirklichen Interessen des revolutionären Massenkampfes entspricht. Genosse Lenin schrieb im Juli 1917, also in der Zeit der Vorbereitung des Oktober, über die Aufgaben der russischen Bolschewiki: „Die Partei der Arbeiterklasse muß, ohne die Legalität preiszugeben, aber ohne diese auch nur einen Augenblick zu überschätzen, die legale Arbeit mit der illegalen vereinigen, wie in den Jahren 1912 bis 1914. Nicht eine Stunde lang die legale Arbeit im Stich lassen, aber auch an die konstitutionellen und „friedlichen“ Illusionen nicht glauben. )Sofort überall und für alles illegale Organisationen oder Zellen gründen, für die Herausgabe von Flugblättern usw.) Sich sofort umstellen, konsequent, beharrlich, auf der ganzen Linie.“ Zweifelsohne haben wir eine Reihe von Entgleisungen in der Richtung falscher Legalitätstendenzen. Ich nenne nur opportunistische „legalistische“ Erklärungen bei Zeitungsverboten, die einer revolutionären Partei unwürdig sind. Kampf gegen das Lockspitzelunwesen Das wichtigste Gebiet, auf dem wir sofort und mit größtem Nachdruck eine völlige Wendung vollziehen müssen, ist der Kampf gegen das Lockspitzelwesen, gegen Provokationen und gegen Leichtfertigkeit. Ich will hier nur einige Punkte berühren. Wir müssen schonungslos mit der Ideologie brechen, als ob bestimmte „Unglücksfälle“, das „Auffliegen“ von revolutionären Arbeitern, das zu ihrer Maßregelung durch ihre Unternehmet führt usw., in manchen Fällen nicht die Folge von Spitzelei wäre. Eine solche bequeme Einstellung, als ob nur Zufälle die Ursache solchen Auffliegens wären und nicht, wie es in den meisten Fällen ist, Spitzelei und Verrat, muß ausgemerzt werden. Wir müssen wissen, daß überall da, in neun von zehn Fällen, Verrat im Spiele ist. Nur wenn wir von dieser Auffassung ausgehen, werden wir die genügende Wachsamkeit zur Aufdeckung solcher Spitzeleien aufbringen können. Ein zweiter Punkt ist die Notwendigkeit, in allen Fällen, wo es gelingt, Spitzel zu entlarven, dies in breitester Öffentlichkeit auszunutzen. Eine dritte Frage ist die Erziehung unserer Parteigenossen zur größten Vorsicht gegenüber den Versuchen des Klassenfeindes, gegnerischer Parteien usw., ihre Dienste zu gewinnen, wobei man häufig Unerfahrenheit, materielle Not und nicht zuletzt auch innerparteiliche und persönliche Fragen ausnutzt. Eine große Rolle bei den Methoden der Bourgeoisie, Provokateure in unseren Reihen einzuschmuggeln, spielt ja überhaupt die Ausnutzung innerparteilicher und persönlicher Differenzen. Vierte Frage: Schärfster Kampf gegen die Schwatzhaftigkeit in unseren Reihen, gegen die kleinbürgerliche und sentimentale Vertrauensseligkeit gegenüber feindlichen Parteien usw. Nicht deshalb, weil ich zu einem Genossen Vertrauen habe und ihn schon lange kenne, kann ich sicher sein, daß er nicht zum Verräter wird, sondern nur dann kann es eine solche Sicherheit geben, wenn eine organisierte Kontrolle besteht und diese Kontrolle seine Zuverlässigkeit ergibt. Fünfte Frage: Klares Verständnis, daß die Provokation, das Lockspitzelwesen einen zwangsläufigen Bestandteil im System der Bourgeoisie zur Zersetzung der revolutionären Arbeiterbewegung darstellt, und daß infolgedessen der Kampf gegen dieses Lockspitzelwesen einen täglichen Bestandteil unseres revolutionären Klassenkampfes gegen den Kapitalismus darstellen muß. Wie bedeutungsvoll diese Frage ist, das ergab sich bei verschiedenen Anlässen in der letzten Zeit. Als der ungarische Weißgardist und Faschist Matuska seine Eisenbahnattentate bei Jüterbog und in Ungarn vollführt hatte, zeterte die gesamte Presse Deutschlands, Ungarns, und Österreichs über kommunistische Attentate. Die Blätter der Nazis und der SPD schlugen in dieselbe Kerbe. Der schmutzige Verleumder Heilmann wagte es, neben anderen, das Jüterboger Attentat uns in die Schuhe zu schieben. Diese Angelegenheit, oder die Sprengstoffdiebstähle, oder sonstige individuellen Handlungen werden regelmäßig der Kommunistischen Partei zur Last gelegt. Es ist ja auch bekannt, daß sehr häufig in provokatorischer Weise derartige Dinge direkt im Auftrage unserer Feinde organisiert werden, um sie nachher der proletarischen Partei zu unterschieben. Ich erinnere hier nur an das, was Genosse Jaddasch unlängst in Braunschweig aufgedeckt hat. In dem Maße, wie wir diese Aufgabe höchster Wachsamkeit lösen, werden wir auch auf diesem Gebiete einen Schritt vorwärts in der Bolschswisierung unserer Partei machen und uns gegen die Anschläge des Klassenfeindes sichern. V. Entschlossene Wendung auf dem Gebiet unserer Agitation und Propaganda Zum Schluß, Genossen, einige Worte über die Methoden unserer Agitation und Propaganda. Auch auf diesem Gebiet müssen wir einen entschlossenen Schritt vorwärts machen. Ich beginne mit den Fragen der Propaganda. Über die großen Mängel des allgemeinen politisch- ideologischen Niveaus unserer Partei und die falsche Behandlung der theoretischen Probleme habe ich bereits gesprochen. Eine entschlossene Wendung auf diesem Gebiet muß vor allem auch die Frage der gesamten Proparbeit, nicht zuletzt der Schulungs- und Erziehungsarbeit umfassen. Unsere Proparbeit war, von den politischen Fehlern abgesehen, abstrakt und losgelöst vom revolutionären Leben der Partei und ihren Aufgaben. Die Schulungsarbeit wurde in ihrem Schwergewicht in die Wohnorganisationen verlegt, ließ brennende Probleme des Klassenkampfes außer Betracht und war unfähig, eine wirkliche Massenpropaganda, die Millionen erfaßt, in die Wege zu leiten. Es gab sogar Tendenzen, die Proparbeit gegenüber allen anderen Parteiressorts „selbständig“ zu machen. Statt als Achse der Propagandaarbeit die Durchdringung der Partei und darüber hinaus der Massen mit der leninistischen Theorie an Hand der Beschlüsse der Partei und der Komintern anzusehen, hat unsere Proparbeit in überheblicher Weise den Versuch gemacht, mit eigenen Formulierungen manchmal direkt in einer gewissen Konkurrenz zur Parteiführung unsere Linie zu korrigieren. Ich erinnere an Emel, der auf diesem Gebiete besondere Leistungen vollbrachte. Die Schulungsarbeit war zu einem gewissen Teil akademisch und ging nicht in genügendem Maße von einer wirklich praktischen Anwendung der dialektischen Methode aus. Die Folge dieser Schwächen in der Proparbeit, der undialektischen Methode und der kleinbürgerlichen Überheblichkeit war, daß nicht nur die Ausbildung von Arbeiterpropagandisten in dem vom Standpunkt der revolutionären Entwicklung erforderlichen Maße unterblieb, sondern auch die Anziehungskraft der Partei auf radikalisierte Teile der Intellektuellen, Studenten, Lehrer, Ärzte, Schriftsteller, Ingenieure, Techniker, unausgewertet blieb. Worin muß die Wendung in unserer Proparbeit bestehen? Worin muß die entscheidende Wendung bestehen? 1. Unsere Proparbeit muß ein wirklicher Teil der gesamten revolutionären Arbeit und Politik der Partei werden. Sie muß der Durchdringung der Partei mit ihren Beschlüssen, der Auswertung der Beschlüsse und der Selbstverständigung der Partei über die Beschlüsse dienen. Sie muß die Kampagnen der Partei vom Propagandistischen her theoretisch und ideologisch fundieren. 2. Unsere Proparbeit muß Massencharakter annehmen, das heißt, in ihrem Mittelpunkt muß der politische Schulungstag der Partei stehen, dessen Schwergewicht wiederum bei den Betriebszellen zu liegen hat. Die Proparbeit muß in die Breite wachsen, indem sie sich das Ziel stellt, Zehntausende von Arbeiterpropagandisten heranzuschulen, die als Polleiter der Betriebszellen, als rote Betriebsräte, als Führer der Opposition in reformistischen oder sonstigen Massenorganisationen oder als Führer in den mit uns sympathisierenden Massenorganisationen wirken können. 3. Unsere Proparbeit muß in die Tiefe wachsen, insofern sie durch ihre enge Verbindung mit der revolutionären Praxis der Partei und völlige Unterstellung unter die Parteiführung zu einer wirklichen Trägerin der Propaganda des Marxismus-Leninismus in den Reihen der Partei und des Proletariats wird. Die Proparbeit muß sich im Sinne des Briefes des Genossen Stalin und unserer ideologischen Offensive das Ziel stellen, die Partei von unten bis oben gegen alle antileninistischen feindlichen Einflüsse durch theoretische Festigkeit und Sicherheit zu schützen. 4. Unsere Proparbeit muß von den Bedürfnissen der gegenwärtigen Situation beherrscht werden, das heißt, sich auf das verschärfte Studium des täglichen Kampfes um den revolutionären Ausweg aus der Krise einzustellen. Sie muß also die Partei und das Proletariat instand setzen, mit der bankrotten Ideologie der Bourgeoisie, Sozialdemokratie und des Hitler-Faschismus Abrechnung zu halten und die Betrugsmanöver der SPD zu zerschlagen. Sie muß den Kadern der Partei die ideologische Festigkeit für die Zerschlagung aller Manöver des Klassenfeindes und für die siegreiche Offensive, den verschärften prinzipiellen Kampf gegen Bourgeoisie, Sozialdemokratie und Nazis vermitteln. Soviel zur Frage der Proparbeit. Wie steht es mit dem Gebiet der Agitation? Zweifelsohne haben wir bei verschiedenen Kampagnen einige Fortschritte auf diesem Gebiete zu verzeichnen. Die beste Wahlkampagne, die wir zum Beispiel in letzter Zeit durchgeführt haben, war die der Reichstagswahlen vom 14. September 1930. Heute aber müssen wir feststellen, daß in den Methoden unserer Agitation wieder ein großer Schematismus eingerissen ist. An Stelle einer dialektischen Durchdringung von Propaganda und Agitation herrschte, dank den Selbständigkeitstendenzen unserer früheren Propabteilung, eine Zerreißung dieser miteinander verbundenen Arbeitszweige bis hinunter in die untersten Parteieinheiten. Der Schwerpunkt der Agitarbeiten liegt heute nicht in den Betrieben, sondern in den Wohnorganisationen. Das zeigte sich zum Beispiel auch sehr stark bei dem Hamburger Wahlkampf, wo in den Betrieben keine genügende Agitation gemacht wurde. Die Agitation trägt vielfach einen phrasenhaften und unkonkreten Charakter und geht nicht vom Streik und den übrigen Massenaktionen aus. In der Praxis der Agitation zeigt sich vielfach die Linie des geringeren Widerstandes. In der Entwicklung neuer Methoden der Agitproparbeit ist ein gewisser Stillstand eingetreten, eine ungenügende Einstellung darauf, auch vom Gegner zu lernen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Erstens: Unsere gesamte Agitation muß in den Dienst der strategischen Hauptaufgabe, der Gewinnung der Mehrheit des Proletariats für den Kampf um die proletarische Macht gestellt werden. Da diese strategische Hauptaufgabe nur gelöst werden kann auf der Linie einer Politik, die alle Formen des proletarischen Widerstandes gegen die Offensive der Bourgeoisie entfaltet und die Massen zum Kampf gegen jeden imperialistischen Weg aus der Krise erzieht und mobilisiert, mit dem Ziel, diesen Kampf in den revolutionären Kampf für den proletarischen Ausweg überzuleiten, so muß auch unsere Agitation von diesen Gesichtspunkten getragen sein. Mit anderen Worten: Die Agitation muß sich um eine zentrale Achse gruppieren. Das gilt bereits von den jetzigen Kampagnen bei den Präsidentschafts- und Preußenwahlen, das gilt vom kommenden Internationalen Frauentag und vom 1. Mai, vom Internationalen Jugendtag usw. Welches muß diese zentrale Achse sein? Die Antwort wird durch unsere Politik gegeben. Wir haben die akute Kriegsgefahr im Osten. Die zentrale Achse unserer Politik muß deshalb sein: Kampf für die Verteidigung der Sowjetunion und Sowjetchinas, Kampf gegen das imperialistische Kriegsverbrechen durch den Kampf im eigenen Lande für den revolutionären Ausweg, für den Sozialismus. Die Gegenüberstellung des bankrotten Kapitalismus und des aufsteigenden überlegenen Sozialismus ist mit dieser zentralen Linie aufs engste verbunden. Und welches ist die Kampflosung, die sich als Mittelpunkt unserer gesamten Agitation und Propaganda ergibt? Ich glaube, Genossen, diese Losung kann nur lauten: Gegen die Diktatur der Bourgeoisie, für die Diktatur des Proletariats! Zweitens: Unsere Agitation muß den stärksten Nachdruck darauf legen, die immer geringer werdenden Möglichkeiten der Massenagitation durch die Tagespresse mit einer möglichst breiten und umfassenden sonstigen Massenagitation zu ergänzen. Der größtmöglichste Ausbau unserer Betriebspresse, der massenmäßige Ausbau unseres Literaturvertriebes, vor allem an Broschürenliteratur, mit dem Ziel eines Umsatzes von mindestens zehn Millionen Massenbroschüren pro Jahr, die stärkere Verbreitung auch anderer als der Tageszeitungen - das alles gehört zu diesem Gebiet unserer Agitationsaufgaben. |
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