Ernst Thälmann Reden und Aufsätze


Download 5.01 Kb.
Pdf ko'rish
bet39/40
Sana23.08.2017
Hajmi5.01 Kb.
#14055
1   ...   32   33   34   35   36   37   38   39   40
Verhältnis der objektiven und subjektiven Schwierigkeiten 
 
Die dritte Frage ist die nach dem Verhältnis der objektiven und subjektiven Schwierigkeiten. 
Ich  habe  schon  im  Referat  darauf  hingewiesen,  daß  es  unzulässig  ist,  objektive 
Schwierigkeiten  als  eine  Entschuldigung  für  Passivität,  für  mangelnde  Kämpfe  usw.  zu 
benutzen.  Es  gab  in  dieser  Frage,  was  außerordentlich  erfreulich  ist,  in  der  Diskussion  eine 
völlige Übereinstimmung. Wir haben an der Frage der zusätzlichen Schwierigkeiten der Krise 
wie  Erwerbslosigkeit  usw.  bezüglich  der  Führung  von  Streiks  schon  gezeigt,  daß  sie  zwar 
einerseits  die  Führung  der  Streiks  komplizierter  machen,  daß  aber  andererseits  diese 
objektiven  Faktoren  auch  wieder  die  Führung  von  Massenkämpfen  erleichtern.  Wir  müssen 
stets  beide  Seiten  des  Prozesses  sehen.  Nicht  nur  die  Schwierigkeiten,  sondern  auch  die 
revolutionären  Faktoren,  die  sich  aus  ein  und  derselben  Tatsache  ergeben.  Eine  solche 
Fragestellung  ist  auch  notwendig  bei  der  Behandlung  der  internationalen  Bedeutung  der 
deutschen Revolution. 
Bei  den  großen  Schwierigkeiten,  die  sich  für  die  deutsche  Revolution  auf  Grund  des 
Versailler  Systems  ergeben,  wobei  das  deutsche  Proletariat  nicht  nur  auf  die  Front  der 

deutschen  Bourgeoisie  stößt,  sondern  auch  auf  die  größere  Front  der  Siegermächte  in  der 
ganzen Welt, wachsen auch zugleich die revolutionären Faktoren in Deutschland im Rahmen 
dieses  Versailler  Systems.  Lenin  hat  z.B.  über  diese  Frage  auf  dem  II.  Weltkongreß  der 
Kommunistischen Internationale u.a. gesagt: 
 
„Das Resultat dieses Krieges ist eine scharfe Zuspitzung aller kapitalistischen Gegensätze - der Krieg 
hat  gegen  eine  viertel  Milliarde  Menschen  in  eine  Lage  gebracht,  die  einer  kolonialen  Lage 
entspricht… Der Versailler Friedensvertrag hat Deutschland und eine ganze Reihe anderer Staaten in 
Verhältnisse gestellt, die ihre wirtschaftliche Existenz materiell unmöglich machen. Sie sind vollständig 
rechtlos gemacht und erniedrigt worden. Wir haben schließlich nicht mehr als eine viertel Milliarde, in 
denen  natürlich  nur  die  Spitzen,  nur  die  Kapitalisten  von  der  Aufteilung  der  Welt  den  Nutzen 
davontragen…  Ich  erinnere  an  dieses  Bild  der  Welt,  weil  alle  grundlegenden  Gegensätze  des 
Kapitalismus,  des  Imperialismus,  die  zur  Revolution  führen,  alle  grundlegenden  Gegensätze  in  der 
Arbeiterbewegung, die zum erbittertsten Kampf gegen die II. Internationale geführt haben… - all das 
ist verknüpft mit der Teilung der Bevölkerung der Erde… Es ist klar, daß bei einer solchen Lage das 
Anwachsen  der  Empörung der  Arbeiter, das  Anwachsen der revolutionären  Stimmungen und  Ideen, 
das  Anwachsen  der  elementaren  Massenstreiks  unvermeidlich  ist…  Der  Krieg  hat  eine  unerhörte 
Verschärfung  aller  kapitalistischen  Gegensätze  mit  sich  gebracht.  Das  ist  die  Ursache  der  tiefen 
revolutionären Gärung, die immer mehr anschwillt.“ 
 
Wir  sehen  also  hier  ganz  klar,  was  Lenin  aufgezeigt  hat.  Einerseits:  Die  ungeheuer  starke 
Abhängigkeit Deutschlands auf Grund der ganzen Bestimmungen des Versailler Systems, die 
Tatsache,  daß  Deutschland  ein  unterdrücktes  Land  ist,  dessen  Werktätige  nicht  nur  von  der 
deutschen  Bourgeoisie  ausgebeutet  werden,  sondern  sich  gleichfalls  in  den  Klauen  der 
Siegermächte, in den Fesseln des Versailler Systems befinden. Daraus ergibt sich die größere 
Schwierigkeit für das deutsche Proletariat, die Notwendigkeit, nicht nur den Kapitalismus in 
Deutschland  zu  stürzen,  sondern  darüber  hinaus  Deutschland  aus  dem  System  des 
Weltimperialismus herauszureißen. 
Lenin  zeigt  darüber  hinaus  jedoch,  daß  das  Versailler  System  zugleich  „die  Ursache  der 
tiefen revolutionären Gärung, die immer mehr anschwillt“ 
ist. Diese andere Seite müssen wir 
auch aufs stärkste unterstreichen. Es besteht sonst die Gefahr, daß wir nur die Schwierigkeiten 
sehen und nicht auch diese revolutionären Faktoren. 
 
Im Mittelpunkt steht die Frage des Krieges 
 
Ich komme nun zu einer weiteren Frage, die im Mittelpunkt unseres ganzen Plenums stand: 
Die Frage des Krieges. 
Verschiedene  Genossen  haben  in  der  Diskussion  sehr  gute  und  ergänzende  Ausführungen 
gemacht, Verbesserungsvorschläge zur Resolution, ernste Anregungen dazu, was wir jetzt auf 
dem  Gebiete  unserer  praktischen  Antikriegsarbeit  und  im  Kampf  für  Verteidigung  der 
Sowjetunion und der chinesischen Sowjetrevolution in den Mittelpunkt unserer Arbeit rücken 
müssen. Aber die Gesamtdiskussion zeigte noch immer eine Unterschätzung der Gefahr des 
Interventionskrieges. Noch nicht alle Genossen haben verstanden, wie ernst die Lage ist, wie 
sehr wir den Kampf gegen den Interventionskrieg in den Mittelpunkt unserer gesamten Arbeit 
rücken müssen. 
Nehmen  wir  zum  Beispiel  einen  sehr  charakteristischen  Artikel  aus  der  „Berliner 
Börsenzeitung“. Dieses Blatt des Finanzkapitals schreibt am 23. Februar: 
 
„Das Vordringen der Japaner in  der Mandschurei  bedroht ohne Zweifel russische Interessen und  ist 
zugleich eine Bedrohung des Sowjetprestiges im Fernen Osten… Dennoch wird in Sowjetrußland nur 
vom  bevorstehenden  Krieg  gesprochen  und  man  bereitet  sich  auf  ihn,  wie  auf  eine  unvermeidliche 
Katastrophe  vor...  Moskau  bereitet  sich  inzwischen,  gewissermaßen  für  alle  Fälle,  auf  einen 
‚aufgezwungenen’  Krieg  vor.  Ein  Eisenbahnzug  nach  dem  andern  wird  mit  Kriegsmaterial, 
Lebensmitteln  und  mit  Kohlen  und  Metallen  beladen  nach  dem  Osten  befördert.  Die  Zufuhr  von 
Lebensmitteln  nach  Moskau  und  nach  den  anderen  großen  Städten  gerät  dadurch  ins  Stocken... 

Einzelheiten  über  Kriegsvorbereitungen  der  Sowjetunion  werden  natürlich  geheim  gehalten,  jedoch 
verlautet,  daß  die  russische  Heerführung  das  äußerste  Sibirien  mit  Wladiwostok  nicht  zu  halten 
beabsichtige,  sondern  erst  bei  der  Baikal-Linie  Widerstand  leisten  werde,  da  die  Russen  dort 
strategisch  im  Vorteil  sein  würden.  Eine  Entscheidung  dürfte  jedoch  erst  im  Frühjahr  nach  der 
Schneeschmelze zu erwarten sein.“ 
 
Wir  sehen  die  klare  Sprache  der  deutschen  Bourgeoisie.  Diese  führende  Zeitung  des 
Finanzkapitals  spricht  vom  Krieg  gegen  die  Sowjetunion  als  einer  selbstverständlichen 
Tatsache. 
Sie  zweifelt  gar  nicht  daran,  daß  es  zu  diesem  Kriege  kommt.  Das  ist  die  eine  Seite.  Man 
erkennt zwar den Friedenswillen der Sowjetunion heuchlerisch an, aber berichtet zugleich so 
viel  über  Kriegsvorbereitungen,  daß  letzten  Endes  der  Eindruck  entsteht:  Die  Sowjetunion 
will  den  Krieg.  Das  ist  eine  raffinierte  Methode  der  betrügerischen  antibolschewistischen 
Lügenhetze. Welche Schlußfolgerungen ergibt sich für uns? 
Es ist klar, daß wir viel stärker die Rolle der Sowjetunion als Hort des Friedens herausarbeiten 
müssen. Wird z.B. in unserer Presse die Rede des Genossen Litwinow in genügendem Maße 
ausgewertet? Unsere Genossen in den Redaktionen versagen in dieser Frage. 
Genossen,  ich  will  nur  das  eine  mit  der  größten  Schärfe  und  dem  größten  Nachdruck 
aussprechen:  Die  Frage  unseres  Kampfes  gegen  den  imperialistischen  Krieg,  die  Frage  der 
Verteidigung  der  Sowjetunion,  die  aktivste  Massenmobilisierung  unter  der  Losung:  „Hände 
weg  von  China!  Gegen  die  Aufteilung  Chinas  durch  die  Imperialisten!  Für  den  Schutz  der 
chinesischen  Sowjetgebiete!“  muß  in  den  Mittelpunkt  unserer  gesamten  Agitation  und 
Propaganda gerückt werden. Unser Kampf gegen den imperialistischen Krieg muß mit allen 
Fragen unseres Kampfes gegen die deutsche Bourgeoisie und ihre Stützen, mit allen Fragen 
der  Innenpolitik  aufs  engste  verbunden  werden.  Auch  in  dieser  Frage  muß  unser  jetziges 
Plenum einen großen Ruck für die gesamte Parteiarbeit auslösen. 
 
Streiks, Betriebsarbeit und RGO 
 
Ich  komme  zur  fünften  Frage:  Den  Streiks,  der  Betriebs-  und  der  RGO-Arbeit.  Es  ist 
überflüssig,  in  dieser  Frage  das  zu  wiederholen,  was  für  die  Verbesserung  der  Arbeit  auf 
diesem  Gebiet  so  klar  und  ernst  durch  den  Genossen  Dahlem  gesagt  wurde.  Die  große 
Wichtigkeit  einer  radikalen  Verbesserung  unserer  Arbeit  auf  diesem  Gebiet  steht  auch  in 
engster  Verbindung  mit  unserer  Antikriegsarbeit,  die  besonders  vom  Genossen  Remmele 
hervorgehoben  wurde.  Wir  müssen  sehen,  daß  die  Frage  unseres  Kampfes  gegen  den  Krieg 
damit  verbunden  ist,  daß  wir  an  allen  Stellen  den  Massenwiderstand  auslösen  und  steigern 
und  Fundamente  der  Massenbewegung  schaffen,  die  unseren  Angriff  gegen  die 
imperialistischen Kriegsrüstungen und Kriegstreibereien ermöglichen. 
Eine  Frage,  die  in  der  Diskussion  zu  kurz  gekommen  ist,  betrifft  das  Problem  der 
Unorganisierten.  Wenn  wir  sagen,  daß  wir  tiefer  in  die  Oppositionsarbeit  an  der  inneren 
Gewerkschaftsfront hineinsteigen sollen, daß wir eine Bresche in die ADGB-Front, die Front 
der  reformistischen  Gewerkschaften  schlagen  müssen,  so  bildet  das  keinen  Widerspruch  zu 
der Betonung der großen Bedeutung der unorganisierten Arbeiter. Auch die Unorganisierten 
gewinnt  man  nur  auf  unserer  Klassenlinie,  im  Kampf  gegen  die  sozialdemokratischen  und 
reformistischen  Betrugsmanöver,  in  der  Mobilisierung  für  die  Verteidigung  ihrer 
Lebensinteressen. 
Zur Frage der Streikstrategie hat Genosse Thesen die größten Fehler vertreten. Thesen sagt: 
Der  Fehler  der  Bezirksleitung  im  Ruhrgebiet  habe  darin  gelegen,  „daß  wir  uns  durch  eine 
Reihe von Umständen 14 Tage bis drei Wochen vor dem Januar haben verleiten lassen, die 
Losung des Massenstreiks herauszugeben“.
 
Was  bedeutet  das?  Das  ist  eine  Gegenüberstellung  des  Massenstreiks  zu den  ökonomischen 
Teilstreiks,  das  ist  eine  Darstellung,  als  wenn  die  Parole  des  politischen  Massenstreiks  die 

allgemeine  Streikrüstung  abgeschwächt  habe.  Das  ist  also  die  fehlerhafte  Theorie,  daß  die 
„Überpolitisierung“,  die  zu  starke  Herausarbeitung  politischer  Fragen  Schuld  am  Mißlingen 
der Streikbewegung sei. Genosse Thesen erklärt ferner: 
„Wenn wir die Frage der siegreichen Streiks in materieller Beziehung so in den Vordergrund 
stellen, besteht meiner Auffassung nach die Gefahr, daß wir aus dieser Sackgasse, in der wir 
uns befinden, nicht herauskommen, nicht zu größeren Teilstreiks kommen.“ 
Genosse Thesen 
neigt also zu der Auffassung, daß die Streiks fast überhaupt nicht siegreich sein können, daß 
bei  ihnen  fast  nichts  materiell  für  die  Arbeiter  herausspringen  kann.  Ist  das  unsere 
Einstellung?  Unsere  Forderung  auf  Auslösung,  Organisierung  und  Entfaltung  von  Kämpfen 
und Streiks ist doch eine Frage der Verteidigung der Lebensinteressen der Arbeiter. Und ich 
sage weiter: Über das jetzige Lebensniveau hinaus müssen die Forderungen der Arbeiterschaft 
durchgekämpft werden. Entspricht die Auffassung Thesens der Leninschen Feststellung, auf 
die  ich  im  Referat  hingewiesen  habe,  daß  die  Arbeiterschaft  einen  greifbaren  Vorteil  sehen 
muß, um zu kämpfen? Natürlich können wir als Kommunisten nicht nur die Frage stellen, ob 
ein  paar  Pfennige  Lohnerhöhung  herausspringen  oder  nicht.  Das  ist  nicht  die  Hauptfrage. 
Aber  einfach  davon  absehen,  diese  Frage  der  Verteidigung  der  konkreten  Forderungen 
negieren - das wäre ein  Sektierertum, ein umgestülpter Opportunismus. Genossen, das wäre 
ein  Ansporn  für  die  Bourgeoisie,  ihre  Angriffe  auf  die  Lebenshaltung  der  Arbeiter  zu 
verstärken. 
Die Ausführungen des Genossen Saefkow waren im allgemeinen richtiger und zweifelsohne 
interessant  für  das  Plenum.  Aber  wenn  er  davon  spricht,  daß  es  „einen  gewissen  Grad  von 
Depression  in  den  Betriebsbelegschaften“ 
gibt,  so  muß  man  sagen,  es  wäre  verkehrt,  in 
solchen einzelnen Erscheinungen die Ursache für die Schwäche unserer Erfolge in der Frage 
der  Kämpfe  zu  suchen.  Umgekehrt:  Unsere  Schwächen  sind  die  Ursache  für  solche 
Stimmungen,  falls  sie  vorhanden  sind.  Um  keinen  Preis  darf  man  sich  hinter  den  Massen 
verstecken. Saefkow hat das zwar nicht „ getan, aber es besteht eine gewisse Gefahr, daß sich 
solche Schlußfolgerungen daraus ergeben können. 
Eine zweite Frage: Genosse Saefkow sagt:  „Die Fluktuation ist die Ursache, daß das innere 
Leben der RGO und der roten Verbände nicht so vorhanden ist, wie es sein muß.“
 
Umgekehrt  wäre  es  richtig  gewesen.  Eben  dadurch,  daß  ein  so  schwaches  inneres  Leben 
vorhanden ist, dadurch entsteht die Fluktuation.  Auch aus dieser Tatsache  gilt es praktische 
Konsequenzen zu ziehen. 
Ebenso  war  ein  schwacher  Punkt  in  den  Ausführungen  des  Genossen  Selbmann,  der  in  der 
Angelegenheit der Entsendung von Delegationen auf die reformistischen Gewerkschaftsbüros, 
den  Fehler  der  sächsischen  Bezirksleitung  verteidigen  wollte.  Dazu  muß  man  sagen:  Nur  ja 
keine Neuauflage der Theorie „Zwingt die Bonzen!“ Die sächsischen Genossen sollten diesen 
Fehler selbstkritisch sofort korrigieren. 
Die Umstellung der Betriebsarbeit im ganzen Leben der Partei, wie sie in der Resolution und 
im Referat gefordert wurde, ist keine Kleinigkeit. Genosse Ulbricht hat in der Diskussion sehr 
stark versucht, an Hand von Beispielen und Tatsachen anfeuernd und belebend auf die Arbeit 
der Partei in dieser Hinsicht einzuwirken. Ebenso Genosse Schulte. Auch Genosse Schehr hat 
gleichfalls konkrete Beispiele aus den Erfahrungen in Braunschweig und dem ganzen Bezirk 
vorgetragen, die einerseits die Erfolge , in der Frage des politischen Massenstreiks und auch 
erfolgreicher  ökonomischer  Streiks,  andererseits  Schwächen  der  Arbeit  beleuchten.  Das 
Plenum  muß  in  die  gesamte  Partei  einen  solchen  Geist  hineintragen,  daß  die  Beschlüsse  in 
dieser  Frage  unverzüglich  und  mit  größter  Energie  in  Angriff  ,  genommen  und  gemeinsam 
mit den schöpferischen Kräften der Massen zur Durchführung gebracht werden. 
 

Zur Arbeit unter den Erwerbslosen 
 
Einiges zur Erwerbslosenfrage: 
Wir  haben  61/4  Millionen  Erwerbslose  in  Deutschland.  Gestern  brachte  eine  Zeitung  die 
Meldung, daß wir daneben etwa 6 Millionen Kurzarbeiter haben. Angesichts dieser riesigen 
Millionenarmee  muß  man  untersuchen,  wieso  es  trotzdem  keine  nennenswerten 
Massenaktionen der Erwerbslosen gibt. 
Welche praktischen Möglichkeiten bestehen, um diese Arbeit zu fördern? 
Erstens: Eine bessere Verbindung mit den Betrieben muß geschaffen werden. 
Zweitens: Eine offensive Linie in der Richtung der Erwerbslosenforderungen, vor allem der 
Forderung nach Arbeitslosenversicherungen auf Kosten der Unternehmer. 
Drittens: Zäheste Verteidigung aller bestehenden Einrichtungen und Kampf für ihren Ausbau, 
für die Erfüllung der Erwerbslosenforderungen. 
Viertens:  Stärkste  politische  Arbeit  unter  den  Erwerbslosen,  ihre  Heranziehung  zu  allen 
Kampagnen, Einsatz der Erwerbslosen bei Streiks, im antifaschistischen Massenkampf usw., 
zur Entfaltung eines größeren politischen Lebens unter den Erwerbslosen. 
Fünftens:  Ausnutzung  der  Erwerbslosenarbeit  zum  Einbruch  in  die  Massen  der 
freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter. 
Sechstens:  Gegen  den  „Arbeitsbeschaffungs“schwindel  des  ADGB  und  stärkste 
Mobilisierung für unsere Erwerbslosenforderungen. 
 
Die Disposition der Kräfte im Lager der Bourgeoisie 
 
Einige Bemerkungen zur Disposition der Kräfte im Lager der Bourgeoisie. Genosse Duddins 
hat  zu  dieser  Frage  einige  Ausführungen  gemacht,  auf  Grund  deren  einige  Bemerkungen 
notwendig  sind.  Welche  Partei  vertritt  am  entschlossensten  den  Kurs  des  Finanzkapitals? 
Zweifelsohne die Deutschnationalen. Darum sagen wir, daß Hugenberg der Einpeitscher und 
Antreiber  des  faschistischen  Kurses  des  Finanzkapitals  ist.  Darum  arbeiten  wir  auch  in  der 
Resolution heraus, daß Hugenberg sich in den Nationalsozialisten die Massenbasis geschaffen 
hat.  Gegenwärtig  sind  nach  langem  Zögern  die  Kandidaten  der  Bourgeoisie  zu  den 
Reichspräsidentenwahlen benannt worden. Die Deutschnationalen mit dem Stahlhelm und die 
Nationalsozialisten stellen gesonderte Kandidaturen auf. Bedeutet das einen Widerspruch zu 
unserer Auffassung, wonach die Nazis die Massenbasis für Hugenberg abgeben? Keineswegs! 
Hier  handelt  es  sich  bei  den  verschiedenartigen  Kandidaturen  im  Lager  der  Bourgeoisie 
einerseits  um  taktische  Manöver,  andererseits  um  eine  gewisse  Konkurrenz,  die  aber  wie 
Lenin  einmal  gesagt  hat,  nicht  über  die  Konkurrenz  zweier  Sektionschefs  in  einem  Büro 
hinausgeht.  Die  Sonderkandidatur  der  Nazis  und  der  Deutschnationalen  erleichtert  zum 
Beispiel der SPD ihre Parole, Hindenburg zu wählen. 
Umgekehrt  bringt  die  Hitler-Kandidatur  auch  eine  gewisse  Entspannung  bei  den 
nationalsozialistischen  Anhängern,  die  sonst  teilweise  rebellieren  würden.  Die  Duesterberg-
Kandidatur  des  Stahlhelm  schließlich  ist  praktisch  eine  Wahlhilfe  für  Hindenburg.  Das 
Proletariat darf sich von diesem ganzen Spiel und Konkurrenzkampf nicht bluffen lassen. 
Und wie stellt sich nun die Rolle des Zentrums dar? Das Zentrum kann seine heutige Funktion 
als  führende  Regierungspartei  vor  allem  deshalb  zunächst  behaupten,  weil  es,  wie  wir  in 
unserer  Resolution  sagen,  „als  einigender  Faktor  der  Faschisierung“  am  besten  die 
wechselseitige Ausnutzung der SPD und der Nazis ermöglicht. 
 
Zur Frage des Luxemburgismus 
 
Nur  einige  Bemerkungen  zur  Frage  des  Luxemburgismus.  Man  kann  darauf  verzichten,  in 
dieser  Frage  sich  ausführlicher  mit  dem  Genossen  Münzenberg  auseinanderzusetzen,  weil 

erstens seine Erklärungen hier vorliegt, in der Münzenberg die Unrichtigkeit seiner Äußerung 
über das Verhältnis Rosa  Luxemburgs zum Leninismus selbst feststellt, obwohl es sich hier 
um eine Unklarheit in einer Frage handelt, die in der letzten Zeit öfter gestellt wurde. Es ist 
unmöglich,  die  Fehler  Rosa  Luxemburgs  mit  den  objektiven  Verhältnissen  im  Deutschland 
der Vorkriegszeit zu rechtfertigen. 
 
Lenin und die deutsche Arbeiterklasse 
 
Zur weiteren Klärung dieses Problems möchte ich noch einen Artikel des Genossen Lenin zur 
Stellung Rosa Luxemburgs in der russischen Parteidiskussion erwähnen. Es handelt sich um 
jenen Artikel, von dem Lenin in seinem Brief an August Bebel spricht, auf den ich schon im 
Referat hingewiesen habe. Lenin hat diesen Artikel in deutscher Sprache geschrieben und der 
„Neuen  Zeit“  übersandt,  aber  Kautsky  lehnte  die  Aufnahme  ab.  Der  Artikel,  der  in  seiner 
deutschen  Fassung  bisher  nur  in  der  russischen  Ausgabe  der  Werke  Lenins  erschienen  ist, 
enthält u.a. folgende Sätze: 
 
„Die Artikel der Genossin Rosa Luxemburg in den Nummern 42/43 der „Neuen Zeit“ üben eine Kritik 
über mein russisches Buch die Krise in unserer Partei... Die Genossin Rosa Luxemburg unterschiebt 
mir  geradezu  den  Gedanken,  daß  alle  Vorbedingungen  zur  Durchführung  einer  großen  und  äußerst 
zentralisierten Arbeiterpartei in Rußland bereits vorhanden sind. Wieder eine tatsächliche Unwahrheit. 
Nirgends  in  meinem  Buch  habe  ich  diesen  Gedanken  ausgesprochen,  geschweige  vertreten.  Etwas 
anders  lautete  und  lautet  die  von  mir  vertretene  These:  Ich  bestand  nämlich  darauf,  daß  alle 
Vorbedingungen bereits vorhanden sind, um die Beschlüsse des Parteitags anzuerkennen, und daß 
schon  die  Zeit  vorbei  sei,  ein  Parteikollegium  durch  einen  Privatzirkel  zu  ersetzen.  Ich  brachte  die 
Beweise  ein,  daß  gewisse  Akademiker  in  unserer  Partei  ihre  Inkonsequenz  und  Unstandhaftigkeit 
offenbarten,  und  daß  sie  gar  kein  Recht  hatten,  ihre  Disziplinlosigkeit  in  den  Schuh  der  russischen 
Proletarier  zu  schieben.  Die  Arbeiter  Rußlands  haben  schon  oft,  bei  den  verschiedensten 
Gelegenheiten  sich  für  das  Befolgen  der  Parteitagsbeschlüsse  ausgesprochen.  Es  ist  geradezu 
lächerlich,  wenn  die  Genossin  Luxemburg  eine  dahingehende  Äußerung  für  eine  „optimistische“ 
erklärt...  Rosa  Luxemburg  will  über  die  jetzige  Lage  unserer  Partei  sprechen  und  ignoriert  dabei 
vollständig  unseren  Parteitag,  der  eigentlich  den  echten  Grundstein  unserer  Partei  gelegt  hat.... 
Genossin  Rosa  Luxemburg  ignoriert  majestätisch  die  konkreten  Tatsachen  unseres  Parteikampfes 
und deklamiert großmütig über Fragen, die unmöglich ernst diskutiert werden können... Der Leser, der 
sich  die  Mühe  nehmen  wird,  die  Urquellen  unseres  Parteikampfes  kennen  zu  lernen,  wird  leicht 
begreifen, daß die Äußerungen der Genossin Rosa Luxemburg über den Ultrazentralismus, über die 
Notwendigkeit einer stufenweisen Zentralisation u.d.m. konkret und praktisch ein Spott über unseren 
Parteitag sind, abstrakt und theoretisch (wenn hier von einer Theorie die Rede sein kann), nichts als 
eine Verflachung des Marxismus, als Mißbrauch der wirklichen Marx’schen Dialektik usw. sind.“ 
 
Dieser  Artikel,  den  die  deutsche  Sozialdemokratie  unter  der  Führung  Bebels  und  Kautskys 
den deutschen Arbeitern vorenthielt, zeigt in klarster Form die Fehler Rosa Luxemburgs und 
die  Methode  Lenins,  der  ihre  große  Bedeutung  als  Revolutionärin  anerkannte  und  sich 
trotzdem nicht scheute, gegen ihre falschen Auffassungen den schärfsten prinzipiellen Kampf 
zu führen. Auch hier erhärtet sich die Tatsache, die sich ja aus der gesamten Geschichte und 
Praxis  der  bolschewistischen  Partei  ergibt:  Allein  der  Bolschewismus  verkörperte  in  der  II. 
Internationale  die  bedingungslose  Anwendung  und  Fortführung  des  Marxismus,  die 
Verwirklichung des Vermächtnisses von Marx und Engels. Um diese internationale Rolle des 
Bolschewismus handelt es sich, auf sie hat uns jetzt vor allem der Brief des Genossen Stalin 
mit größtem Nachdruck hingewiesen. Das war die große Tatsache, auf die Genosse Neumann 
hingewiesen hat, daß der Leninismus der Marxismus in der Epoche des Imperialismus und der 
Weltrevolution  ist,  der  entsprechend  der  Situation  und  den  geschichtlichen  Aufgaben 
angewandt und fortentwickelt wurde, auf der Grundlage der wissenschaftlichen Fundamente, 
die  Marx  und  Engels  gegeben  hatten.  Wenn  der  Genosse  Münzenberg  sagt,  wie  er  selbst 
während des Krieges mit Lenin zusammen war, so muß man die Frage um so schärfer stellen. 
Es gibt bei uns Genossen, die nicht eine solche Schule durchgemacht haben. 


Download 5.01 Kb.

Do'stlaringiz bilan baham:
1   ...   32   33   34   35   36   37   38   39   40




Ma'lumotlar bazasi mualliflik huquqi bilan himoyalangan ©fayllar.org 2024
ma'muriyatiga murojaat qiling