Leitung: Prof. Dr. Ludwig Zöller
Überblick über die Entstehung des Rieskraters
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19. Überblick über die Entstehung des Rieskraters 19.1 Einleitung Das Nördlinger Ries stellt eine schüsselartige abgesenkte, kreisförmige Ebene von ca. 25 km Durchmesser dar und liegt an der Grenze zwischen Bayern und Baden Württemberg im Grenzgebiet zwischen Schwäbischer - und Fränkischer Alb. Es gehört zum größeren Teil zum bayerischen Landkreis Donau-Ries und zum kleineren zum baden-württembergischen Ostalbkreis. Nördlingen stellt neben einigen kleinen Gemeinden wie Harburg, Oettingen oder Wemding die größte Stadt im Nördlinger Ries dar und fungiert gleichzeitig als Namensgeber für dieses Gebiet. Nach heutigem Forschungsstand gilt das Nördlinger Ries als einer der größten und am Besten erhaltenen Meteoritenkrater der Erde, welcher durch Altersbestimmungen von Gesteinen (Suevit) auf ca. 14.8 Mio. Jahre datiert wird. Das relativ flache Riesgebiet hebt sich auffällig vom hügligen Charakter der umliegenden Alb ab, ist aber aufgrund der Größe und der starken Verwitterung vom Boden aus nicht eindeutig als Krater erkennbar. Ein ähnliches Gebiet stellt das ca. 40 km südwestlich vom Nördlinger Ries liegende Steinheimer Becken dar, wo es ebenfalls einen ähnlichen Einschlagskrater mit aber nur 3,5 km Durchmesser gibt. Er wird auf das gleiche Alter (ca. 14,3 Mio. Jahre) wie das Nördlinger Ries datiert und man geht davon aus, dass dieser Einschlag auf das gleiche Ereignis zurückgeht. Dabei soll entweder ein Asteorid, welcher evtl. von einem kleineren Trabanten begleitet wurde oder ein Meteorit, der beim Eintritt in der Atmosphäre zerbrochen ist, die zwei Krater verursacht haben. 19.2 Entstehungstheorien Das Ries regte in den letzten 200 Jahren aufgrund seiner besonderen Kesselstruktur, exotischer Gesteinsfunde und Anzeichen starker Zertrümmerung viele Naturforscher an, verschiedene Entstehungstheorien aufzustellen. Die erste Theorie war dabei die Vulkantheorie, da das im Krater vorkommende Suevitgestein starke Ähnlichkeit zu vulkanischen Tuffen aufwies. Daneben gab es die Gletschertheorie, wobei die Trümmerberge am Riesrand durch einen Gletscher aus dem Becken herausgeschoben und das relativ flache Gebiet dabei abgeschliffen wurde. Eine weitere Theorie war die Lakkorith- Theorie, welche das Vorhandensein von granitischen Gesteinen im Riesgebiet erklären sollte. Das aus der Erdkruste aufsteigende Lakkorith (erstarrter magmatische Masse in 102 geringer Tiefe der Erdkruste) soll einen Berg erzeugt haben, von dem dann die Trümmermassen schollenartig abgebrochen sind. Bei der Sprengtheorie wurde auf die vorherige Theorie teilweise aufgebaut. Das Fehlen eines Vulkans wurde erklärt, dass es beim Aufsteigen des Lakkoriths eine riesige zentrale und viele kleine randliche Sprengung gegeben haben soll, nachdem Wasser in die Spalten des Lakkoriths eingedrungen und im Kontakt mit heißer Magma explosionsartig verdampft ist. Von 1910 – 1961 galt die Reine Sprengtheorie als beste Erklärung, wobei eine massive zentrale Sprengung das Ries erzeugt haben soll. Dabei rückte die Vulkantheorie wieder in den Vordergrund und das Ries wurde als vulkanischer Explosionskrater betrachtet. Bereits 1904 und später 1936 gab es erste Vertreter einer Meteoritentheorie, doch diese wurde nicht für ernst genommen und geriet in Vergessenheit, weil es zur damaligen Zeit unvorstellbar war, eine extraterrestrische Ursache für ein irdisch, geologisches Problem heranzuziehen. Erst 1961 wurden stichhaltige Beweise für die heute aktuelle Neue Meteoritentheorie gefunden. Geologen der NASA untersuchten dabei Suevit-Gestein des Rieskraters und fanden Hochdruckmodifikationen von Quarz, Coesit und Stishovit, welche nur durch Stoßwellen (von Meteoriten) erzeugt werden konnten und nicht durch vulkanische Tätigkeit. Kurz zuvor fanden sie gleiche Modifikationen im Barringer-Krater in Arizona, welcher mit großer Sicherheit durch einen Eisenmeteoriten entstanden ist. So kann angenommen werden dass das Ries auf gleich Weise entstanden ist. 19.3 Aufbau des Ries- Kraters Das Ries stellt nicht einen einheitlichen runden Krater dar, wie es die Ablagerungen des einstigen Riessee vermuten lassen. Durch Bohrungen und seismische Untersuchungen ist bestätigt, dass der Rieskrater zoniert ist. Innerer Krater: besitzt ein Durchmesser von ca. 5 km und 700 Metern tiefe. Heute liegen dort ca. 400 m Seeablagerungen des ehemaligen Riessees. Unter den Seeablagerungen befindet sich hauptsächlich Rückfall-Suivit. Innerer Ring (kristalliner Wall): zwischen 5 – 7 km vom Mittelpunkt. Erhöhter Rand zur folgenden Schollenzone. Schrägstellung kristalliner Schollen durch die enorme kinetische Energie des Einschlages. Schollenzone: erstreckt sich vom Inneren Ring bis zum tektonischen Kraterrand (ca. von 6- 13 km). Der tektonische Rand (13 km) unterscheidet sich vom sichtbaren Rand (10 – 11 km) des Riesbeckens. 103 An der Südhälfte des Kraters schließt sich ein sichelartiger Streifen, das Vorries, an, welcher sich bis zur Donau erstreckt und Auswurfmassen des Impacts enthält. Die äußere Grenze liegt dabei zwischen 25 – 40 km. Auf der Nordseite des Kraters ist der Streifen nur sehr fleckenhaft ausgeprägt. Die Zone der Reuterschen Blöcke stellt die äußerste Zone des Rieses dar und ist die Fortsetzung des Vorries. Dabei handelt es um faust- bis tischgroße zentnerschwere Blöcke aus Malmkalk, welche bis zu 70 km aus dem Krater ausgeworfen wurden. Sie wurden in der südlichen Zone des Rieses, vor allem in der Umgebung von Augsburg und Ulm häufig gefunden. Benannt sind diese Blöcke nach dem Münchner Geologen Lothar Reuter, der 1926 die Verbreitung dieser Blöcke kartierte und sie als Auswurfbrocken aus dem Ries deutete. Es gibt aber auch die Hypothese, dass diese Blöcke glazio-fluvial während der Eiszeiten dorthin verfrachtet wurden. Doch dies gilt heute nach genaueren geochemischen Untersuchungen als ausgeschlossen. Die entfernteste Auswurfmasse, welche mit dem Riesereignis in Verbindung gebracht wird, ist der Moldavit. Dabei handelt es sich um natürliche, grüne Gläser, welche zwischen 250 und 450 km weit geschleudert wurden, während des Fluges abkühlten, zu Glaspartikeln erstarrten und großteils in Tschechien niedergegangen sind. Benannt ist der Moldavit nach seinem größten Fundgebiet am oberen Flussgebiet in Südböhmen. In der Geologie werden Gläser, welche durch einen Meteoriten entstanden sind und über große Entfernungen transportiert wurden, als Tektite und ihre Fundgebiete als Streufelder bezeichnet. Abb. 88: Ringstruktur des Rieses und Richtung der Striemungen (Quelle: Mattmüller, C.R. (1994): Ries und Steinheimer Becken; Geologischer Führer und Einführung in die Meteoritenkunde. Stuttgart. S. 45) 104 Abb. 89: Querschnitt des Rieskraters, 1,5 fach überhöht, schematisch (Quelle: Mattmüller, C.R. (1994): Ries und Steinheimer Becken; Geologischer Führer und Einführung in die Meteoritenkunde. Stuttgart. S. 47) 19.4 Suevit Beim Suevit handelt es sich um eine graue, verbackene Brekzie aus Bruchstücken kristalliner Gesteine, Gesteinsglas und Deckgebirgstrümmer, welche während der Impaktmetamorphose in einer Glutwolke hochgeschleudert wurden und wieder auskristallisierten. Es sind einige Hochdruckmodifikationen von Quarz, Coesit und Stishovit, enthalten, welche erst bei sehr hohen Drücken und Temperaturen entstehen. Bei Gesteins- oder Mineralglas handelt es sich um Glasbomben (Anteil über 25 %), welche man oft in zopfartig gedrehter Form oder ähnlich wie Pfannkuchen („Flädle“) findet. Sie zeigen Fließstrukturen und Blasen und sind durch Temperaturen bis 1.950°C und Stoßwellen entstanden, deren Energie so hoch war, dass nach der Druckentlastung eine flüssige Schmelze zurückblieb, die zu Glas erstarrte. Bohrungen direkt im Krater haben ergeben, dass der Krater bis zu 400 m mit Suevit aufgefüllt ist. Altersdatierungen von Suevitgläsern ergaben ein Alter von 14,8 ± 0,7 Mio. Jahren (K/Ar-Methode). Man unterscheidet zwischen Auswurf- und Rückfall-Suivit. Beim Auswurf-Suivit handelt es sich um Gestein, welches hauptsächlich im Vorries scharf abgegrenzt auf den bunten Trümmermassen vorkommt. Beim Rückfall-Suivit handelt es um stark auskristallisierte Trümmer des kristallinen Grundgebirges, welche ausgeschleudert wurden und hauptsächlich wieder zurück in den Krater fielen. Die Schmelze muss lange Zeit sehr heiß gewesen sein (über 575 °C – Curie-T.), da sich die Eisenionen nach dem momentanen Magnetfeld ausrichten konnten. (Altersbestimmung über Paläomagnetik bestätigte das Alter des Riesereignisses) 105 19.5 Bunte Brekzie (Trümmermassen) Die Bunte Brekzie umfasst die Hauptauswurfmasse des Rieskraters mit einer Korngröße bis 25 m, welche nicht metamorph verändert wurde. Die Mächtigkeit (von 200 m im Ur-Maintal bis Null Metern) sowie Kongrößenverteilung, die Struktur und das Aussehen sind stark differenziert. Sie wurden beim Einschlag des Meteorits explosionsartig ausgeworfen und kilometerweit durch die Luft geschleudert. Die bunte Brekzie besteht hauptsächlich aus mesozoischen Deckgebirge (Sedimentgesteinen), die wahllos miteinander vermischt wurden. Ursprünglich soll die Bunte Brekzie eine geschlossen Decke von ca. 40 km Durchmesser und einer Mächtigkeit von bis zu 100 m gehabt haben, doch durch Erosions- und Denudationsvorgänge ist diese im Laufe der Zeit ungleichmäßig abgetragen worden. 19.6 Der Ablauf des Meteoriteneinschlags Die heute aktuelle Theorie der Riesentstehung erklärt diese Landschaftsform mit dem Einschlag eines Gesteinmeteoriten im Miozän, der auf 14,7 Mio. Jahre vor heute datiert wird. Das Einschlagsobjekt hat einen Durchmesser von etwa 1.000 m und seine Dichte beträgt rund 3 g/cm³, was ihn als einen Gesteinsmeteoriten ausweist. Dieses Projektil bewegt sich kurz vor dem Einschlag auf der Erdoberfläche mit einer Geschwindigkeit auf die Erde zu, die ja nach der zu Grunde liegenden Modellrechnung zwischen 11 km/s und 72 km/s variiert. Es wird jedoch heute angenommen, dass sich die vorliegende Geschwindigkeit im unteren Bereich dieses Fensters befindet. Bei diesen Geschwindigkeitsbeträgen dauert es vom Eintritt des Meteoriten in die Atmosphäre bis zum Einschlag auf den Boden etwa 7 Sekunden. Auf Grund dieser Annahmen lässt sich eine Gesamtenergie des Meteoriten vor der Kollision der Größenordnung 10 20 Joule errechnen, was in etwa der Energiefreisetzung von 1.800.000 Hiroshimabomben entspricht. Der eigentliche Einschlag des Meteoriten auf der Erdoberfläche lässt sich in folgende Abschnitte unterteilen: Die Kompressions-, die Exkavationsphase, die Suevitablagerung und die tektonische Nachphase. Beim Aufschlag auf die Erdoberfläche, also im Kompressionsstadium, wird der von der Atmosphäre fast unverminderte Impuls des Meteoriten in Verformungsarbeit umgewandelt. Dies führt dazu, dass sich Druckwellen im Gestein von etwa 5 Mbar bilden, welche sich mit Überschallgeschwindigkeit in der Erde ausbreiten. Hierbei wird so viel Energie frei, dass das Gestein ebenso wie ein Großteil des Meteoriten bei bis zu 20.000 K direkt im Stoßzentrum schmilzt oder sogar verdampft und in die Luft geschleudert wird. Dieser Materialauswurf erfolgt mit Geschwindigkeiten, welche die des Meteoriten beim Aufprall sogar noch übertreffen. Dieser Vorgang wird als Jetting bezeichnet. Hierbei dringt der Meteorit in eine Tiefe vor, die seinem Durchmesser in etwa entspricht. Dieses Stadium formt den primären 106 Krater, an den sich eine Zone von geschmolzenem Gestein anschließt, worauf dann nach außen hin immer grobteiliger zertrümmertes Gestein folgt. Den Kompressionswellen folgen Entlastungswellen, die mit den Verdichtungswellen konstruktiv interferieren. An diesen Interferenzzonen ist nun ein Absplittern einer dünnen Gesteinsschicht, dem so genannten Spall, zu beobachten. Diese Gesteinstrümmer werden mit hoher kinetischer Energie ausgestoßen. Dieser Prozess findet allerdings nicht in direkter Kraternähe statt, sondern in Distanzen von bis zu 200 km. Ab etwa 0,2 Sekunden nach dem Aufprall folgt parallel zu der noch nicht abgeschlossenen Kompressionsphase das Exkavationsstadium. Durch die Stoßwelle entsteht im tiefen Krater eine stark komprimierte Schicht, da jenes Gestein, welches nicht verdampft ist, keine Möglichkeit zum Ausweichen hat. Durch die daran anschließende Entlastung und das durch das schlagartige Verdampfen des gesamten Wassers in der Erdkruste entstehen enorme Kräfte, die das Grundgebirge, das sich nach oben hin ausdehnt, bis in eine Tiefe von 6.000m zerstören und eine signifikante Zerklüftung zurückbleibt. Ein Teil der zertrümmerten Gesteine werden ausgeworfen und es strömt neues Material radial nach. Durch die Wirkungen von Kompressions- und Entlastungswellen entsteht so der nach oben gerichtete Exkavationsstrom. Im Randbereich entstehen Schollen, die durch die Strömung in eine chaotische Bewegung gebracht werden und somit die Schollenzone am Kraterrand und den kristallinen Wall bilden. Am Ende dieser Phase, also nach etwa 3 Minuten hat der Krater in etwa seine endgültigen Ausmaße erreicht. Daran anschließend folgt die Suevitablagerung. Hierunter versteht man das Zusammenbrechen der Eruptionssäule wegen des versiegenden Massennachschubs von unten her. Hierbei wird in Ausfall-Suevit, der sich gleichmäßig über die Bunten Trümmerterrassen verteilt, und Rückfall-Suevit, der in den Krater zurücksinkt, unterschieden. Zu den bedeutendsten Ergebnissen zählt wohl die Bildung des ca. 400 km² großen, abflusslosen Kratersees, der schließlich versalzt. Im Laufe der folgenden 2.000.000 Jahre verlandet dieser Kratersee schließlich und während der Eiszeiten findet hier eine Lößablagerung statt. 107 Abb. 90: Schematischer Ablauf des Meteoriteneinschlags (Quelle: http://www.wikipedia.de/ries ) 108 Abb. 91: Schematischer Ablauf des Meteoriteneinschlags (Quelle: Abb. 4: Alexander Deutsch (Münster): Kollisionen im Sonnensystem, Einschlagskrater – Zeugen eines kosmischen Bombardements in Georg Wefer (Hrsg.): Expedition Erde, Wissenswertes und Spannendes aus den Geowissenschaften, Bremen 2006, S 18) 109 Abb. 92: Schematischer Ablauf des Meteoriteneinschlags (Quelle http://www.sternwarte-singen.de/bilder/meteoriteneinschlag_grafik3_vss2004.gif) Literaturverzeichnis: • Mattmüller, C.R. (1994): Ries und Steinheimer Becken. Geologischer Führer und Einführung in die Meteoritenkunde. Stuttgart. • Chao, Hüttner, Schmidt-Kaler: Aufschlüsse im Ries-Meteoritenkrater • Gall, Müller, Stöffler (1978): Verteilung, Eigenschaften und Entstehung der Auswurfsmassen des Impaktkraters Nördlinger Ries • Hüttner, Schmidt-Kaler(1999): Wanderungen der Erdgeschichte: Meteoritenkrater Nördlinger Ries Internetquellen: • http://www.springerlink.com/content/wp583876605465u3/ • http://www.wikipedia.de/ries Zugriff am 02.03.2008 110 Martin Börner, Bastian Becker 20. Datierung des Riesereignisses 20.1 Einleitung - beim Riesereignis wurden Gesteine des kristallinen Grundgebirges beim Einschlag aufgeschmolzen, die radioaktive Uhr dadurch auf „Null“ gestellt und man ermittelte ein Alter zwischen 15 und 15,2 Millionen Jahren - Altersbestimmungen an Impaktiten sind von allgemeinem Interesse - allgemein geht es um die Ermittlung des vermutlichen Alters eines Objekts - man unterscheidet zwischen relativer und absoluter Datierung 20.2 Relative und absolute Datierung 20.2.1 Relative Datierung - vergleicht das Alter verschiedener Gesteinsschichten miteinander, ohne das tatsächliche Alter zu messen - Leitprinzip: ältere Schichten sind eher abgelagert als jüngere und somit sind ältere Schichten unter jüngeren zu finden - Ausnahmen z.B. bei Überschiebungen → ein Gesteinsblock kann durch tektonische Prozesse angehoben und über einen jüngeren geschoben werden - Zuordnung durch Leitfossile 20.2.2 Absolute Datierung - Altersbestimmung mit exakter Zeitangabe, z.B. anhand radiometrischer Verfahren - Unabhängiger Zerfall radioaktiver Isotope steht im Vordergrund (keine äußeren Einflüsse z.B. durch Temperatur oder Feuchtigkeit) - Zerfallsgeschwindigkeit wird durch die Halbwertzeit ausgedrückt - Wichtige radiometrische Verfahren sind die Radiokohlenstoff-Methode, die Kalium- Argon-Methode, die Thermolumineszenz-Methode und die Elektronen-Spin-Resonanz- Methode - Kalium-Argon und Spaltspurenmethode sind für die Datierung der Gesteine im Nördlinger Ries von Bedeutung 111 20.3 Kalium- Argon- Methode - bekannt seit Anfang der 50er Jahre - ist eine radiometrische Altersbestimmung und gehört zu den wichtigsten Datierungsverfahren in der Geochronologie - unter dem Oberbegriff werden verschiedene Techniken zusammengefasst: Neben der konventionellen Kalium-Argon-Technik ( 40 K/ 40 Ar) sind dies die Argon-Argon-Technik ( 40 Ar/ 39 Ar) und die Argon-Laser-Technik - günstige Voraussetzung ist die weite Verbreitung und die große geochemische Häufigkeit des Kaliums 20.3.1 Methodische Grundlagen - natürliches Kalium besteht aus den drei Isotopen 39 K (93,2581%), 40 K (0,01167%) und 41 K (6,7302%), die anteilsmäßig in einem festen Verhältnis zueinander stehen - von diesen ist 40 K radioaktiv und zerfällt zu 40 Ar (unter Elektroneneinfang) und 40 Ca (unter β-Strahlung) - wenn in einem Gesteinsmaterial das Kaliumisotop 40 K vorhanden ist, so nimmt dessen Häufigkeit mit der Zeit ab, während die des Zerfallsprodukts 40 Ar zunimmt - Edelgas Argon ist das dritthäufigste Gas (0,934%) in der Atmosphäre (große Häufigkeit als Folge des 40 K Zerfalls in der Erdkruste mit anschließender 40 Ar Freisetzung in die Atmosphäre) - Anteilsmäßig hoher Wert an Luftargon bei geologisch jungen Proben, was deren Datierbarkeit erschwert und sogar unmöglich machen kann - Überschüssiges Argon kann zum Zeitpunkt der Nullstellung in der Probe gelöst verbleiben und in das Kalium-Argon-System vererbt werden - Scheinbar überhöhte Kalium-Argon-Alter, wenn keine vollständige Entgasung zum Zeitpunkt der Nullstellung stattgefunden hat → verhältnismäßig stärkere Auswirkung bei geologisch jungen Proben als bei älteren - Erkennung und Korrektur dieses Problems anhand der Laser-Methode - Verjüngte Kalium-Argon-Alter ergeben sich, wenn Argon aus den Mineralen herausdiffundiert (das System muss nach der Nullstellung geschlossen bleiben) - Rückhaltevermögen von Argon ist bei verschiedenen Mineralen recht unterschiedlich - Sinkt mit steigender Temperatur - Anzeichen von Verwitterung oder anderen sekundären Veränderungen sollten nicht stattfinden - Komplikationen können durch Einsatz spezieller Datierungsmethoden erkannt und erfolgreich umgangen werden 112 Abb. 93 : Zerfall von Kalium-40 Abb. 94 : Gesteinsanalyse mit der Kalium/Argon- Methode 20.3.2 Praktische Hinweise - bei der Datierung geologisch junger Proben sollten wegen der Gefahr des Überschussargons verschiedene Minerale aus demselben Gestein untersucht werden - Probengröße variiert sehr je nach zu datierendem Mineral und erwartetem Alter - Bei quartären Basalten sollten handgroße Proben verwendet werden - Kaliumreiche Mineralphasen ermöglichen hingegen die Datierung von mm großen Einzelkörnern - Mit der konventionellen Kalium-Argon-Datierung werden meist Genauigkeiten von 2-4% erreicht , für geologisch junge Proben sind die Fehler jedoch größer 20.3.3 Anwendung bei Tektiten und Impaktgläsern - Bildung von Tektiten ist mit einer vollständigen Entgasung verbunden, so dass die Kalium-Argon-Uhr das Einschlagsereignis datiert - Kalium- Argon-Alter der Tektite stimmen gut mit Spaltspurdaten überein - An Impaktgläsern machen sich manchmal die hohen Gehalte an atmosphärischem Argon sehr störend bemerkbar 20.4 Spaltspurenmethode - Datierungen mittels nuklearer Spaltspuren beruhen auf dem radioaktiven Zerfall des Uranisotops 238 U durch spontane Kernspaltung - Zwei etwa gleich schwere Kerne entstehen, die sich mit hoher Energie voneinander entfernen und dabei im Kristallgitter einen „Schusskanal“ mit Gitterdefekten hinterlassen - Diese Gitterdefekte können durch Anätzung mit Säure sichtbar gemacht werden, - Maß für das Spaltspuralter ist die Spaltspurdichte und die Konzentration von Uran im Kristall 113 - Für jüngere Alter sind höhere Urangehalte erforderlich und unter günstigen Umständen reicht die Datierungsgrenze bis in den archäologischen Altersbereich - Es handelt sich um Abkühlalter (sie geben nicht an, wann das Gestein aus einer Schmelze entstanden ist, sondern wann es auf eine bestimmte Temperatur abgekühlt war) - Mit Spaltspuren wird entweder die Bildung oder eine sekundäre Erhitzung datiert - Bestimmungen beruhen darauf, dass Spaltspuren wärmeempfindlich sind - Spaltspuren kommen nur unterhalb einer mineralspezifischen Temperatur vor (in Apatit z.B. unterhalb von ~110°C) - Bei erhöhten Temperaturen werden im Kristallgitter Diffusionsprozesse aktiviert, die zum Ausheilen der Spaltspuren führen können - Bildungszeitpunkt wird datiert, wenn in einem Glas oder Mineral alle seit der Bildung entstandenen Spaltspuren gespeichert wurden - Eine sekundäre Erhitzung wird datiert, wenn das Material später Erhitzungen erfährt, die intensiv genug sind, um die vorhandenen Spaltspuren völlig auszuheilen → Spaltspuruhr wird auf Null zurückgestellt und somit die letzte Erhitzung datiert - Mischalter ergeben sich bei unvollständiger Ausheilung, die zeitlich irgendwo zwischen Bildung und Erhitzung liegen und schwer interpretierbar sind - Neben Basalten, vulkanischen Gläsern, Tephren und Tiefseevulkaniten findet die Spaltspurdatierung auch für die im Nördlinger Ries charakteristischen Impaktgesteine Anwendung - Sowohl Tektite als auch Kratergläser sind gut für die Spaltspurdatierung geeignet - Sie gehören zu den ersten Materialien, in denen Spaltspuren beobachtet und die damit datiert wurden Abb. 95: Spaltspuren im Apatitkristall (Quelle: Gleadow et al., 2002) |
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