Nemis adabiyoti tarixi to sh k en t m u m to z so
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- Nachtsgedanken
- Ein Jiingling liebt ein Marchen
- Thomas Mann Buddenbrooks. Verfall einer Familie
- M onkey , little m erry fellow, Thou a rt n a tu re s p u n ch in ello ...
- Gegeniiberstellung Lehrer Direktor
- Hermann Hesse TRACTAT VOM STEPPENWOLF
Haynrix Heine Mein Herz, mein Herz ist traurig Das G edicht wurde von Heine 1823 geschrieben und gehort dem Zyklus „Die Hcimkehr". 1. Beachten Sie folgende W orter und Realien. lehnen, -te, -t - suyanmoq, tiralmoq die B astei - germ aniyadagi to g ’ tizmalari der Kahn - qayiq, das Lusthaus - shahar chekasidagi uy die M agd - ishchi ayol das Gesum m - g ’uvillash die Flinte - qurol, miltiq prasentieren, -te, -t - kim nidir m uhofazaga olmoq, taqdim etm oq ] % schultem. -le, -t, - qurolni yelkaga olmoq, ein rotgerockter Bursche - qizil kurtkali yigit 2. Lesen Sie das Gedicht durch. Beachten Sie die Stimmung des Autors. Mein Herz, mein Herz ist traurig, Doch lustig leuchtet der Mai; Ich stehe. gelehnt an der Linde, Hoch auf der alten Bastei. Da drunten flieBt der blaue Stadtgraben in stiller Ruh’; Ein Knabe fahrt im Kahne, Und angelt und pfeift dazu. Jenseits erheben sich freundlich, In winziger. bunter Gestalt, Lusthauser, und Garten, und Menschen, und ochsen, und Wiesen, und Wald. Die Magde bleichen Wasche, Und springen im Gras herum: Das Muhlrad staubt Diamanten, Ich hore sein femes Gesum m ’. Am alten grauen Turme Ein Schilderhauschen steht; Ein rotgerockter Bursche Dort auf und nieder geht. Er spielt mit seiner Flinte, Die funkelt im Sonnenrot, Er prasentiert und schultert, Ich wollt, er schosse mich tot. 3. Wie fiihlt sich der Dichter an diescm Tag? nehmen Sie den Text zu Hilfe. Wie geht es den anderen handelnden Personen? Finden Sie die Belege dazu. 4. Meinen Sie, dass das ein trauriges Gedicht ist? Beweisen sie bitte Ihre Behauptung. 5. Vergleichen Sie das Gedicht „mein Herz“ von Heine o i t dem „Mailied1' von Goethe. die Handlung spielt ,,Mailied“ Goethe „Mein Herz“ Heine wann? im Mai im Mai wo? wie? warum? 1 197 B elegen Sie bitte Ihre B ehauptungen m it B eispielen aus den Texten. 6. S chreiben Sie das G edicht in eine Erziihlung um. das Fraulein stand am Meere D as G edicht „D as Fraulein stand am M eere“ ist ironisch gefarbt. Eine AuBerung, die das G egenteil von dem m eint, was sie w ortlich sagt, nennt man ironisch. Ironie ist ein M ittel der Kritik. 1. B eachten Sie folgende W orter. seufzen, -te, -t - nafas olm oq va chiqarm oq, h o ’rsinm oq riihren, -te, -t - tegm oq, q o ’l urm oq 2. L esen Sie das G edicht vor. * ^ D as Fraulein stand am M eere U nd seufzte lang und bang, Es riihrte sie so sehre D er Sonnenuntergang. M ein Fraulein! sein Sie m unter. D as ist ein altes Stuck; H ier vom e geht sie unter Und kehrt von hinten zuriick. 3. D enken Sie liber folgende Fragen nach. 1) w odurch w irkt H eines G edicht ironisch? 2) W ie verhalt sich die handelnde Person im G edicht? 4. S agen Sie bitte Ihre M einung Liber das G edicht. Im diistem A uge keine Trane, Sie sitzen am W ebstuhl und fletschen die Ziihne: 198 Deutschland, w ir weben dein Leichentuch, W ir weben hinein den dreifachen Fluch - W ir weben, wir weben! Ein Fluch dem Gotte, zu dem w ir gebeten In W interskalte und Hungersnoten; W ir haben vergebens gehofft und geharrt, E r hat uns geafft und gefoppt und genarrt - W ir weben, w ir weben! Ein Fluch dem Konig, dem Konig der Reichen, Den unser Elend nicht konnte erweichen, D er den letzten G roschen von uns erpresst Und uns wie Hunde erschieBen lasst - W ir weben, wir weben! Ein Fluch dem falschen V aterlande, W'o nur gedeihen Schm ach und Schande, W o jede Blum e friih geknickt, W o Faulnis und M oder den W urm erquickt - W ir weben, wir weben! Das Schiffchen fliegt, der W ebstuhl kracht, W ir w eben em sig Tag und N acht - Altdeutschland, w ir w eben dein Leichentuch, W ir weben hinein den dreifachen Fluch, W ir weben, w ir weben! Nachtsgedanken Denk icb an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den S chlaf gebracht, Ich kann nicht m ehr die Augen schlieGen, Und m eine heiBen Tranen fliefien. Die Jahre kommen und vergehn! Seit ich die M utter nicht gesehn, 199 Z w olf Jahre sind schon hingegangen; Es w achst m ein Sehnen und Verlangen. M ein Sehnen und V erlangen wachst. D ie alte Frau hat mich behext, Ich denke im m er an die alte, Die alte Frau, die Gott erhalte! Die alte Frau hat mich so lieb, Und in den Briefen, die sie schrieb, Seh ich, wie ihre H and gezittert, W ie tief das Mutterhar-z erschiittert. Die M utter liegt m ir stets im Sinn. Z w olf Jahre flossen hin, Z w olf lange Jahre sind verflossen, Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen. Deutschland hat ew igen Bestand, Es ist ein kem gesundes Land, M it seinen Eichen, seinen Linden W ird ich es im m er w ieder finden. Nach D eutschland lechzt ich nicht so sehr, W enn nicht die M utter dorten war; Das V aterland wird nie verderben, Jedoch die alte Frau kann sterben. Seit ich das Land verlassen hab, So viele sanken dort ins Grab, Die ich geliebt- wenn ich sie zahle, So will verbluten m eine Seele. U nd zahlen muss ich - M it der Zahl Schw illt im m er hoher m eine Qual, M ir ist, als walzten sich die Leichen A uf m eine Brust - Gottlob! Sie weichen! 200 Gottlob! Durch meine Fenster bricht Franzosisch heitres Tageslicht; Es kom mt mein W eib, schon wie der M orgen, Und liichelt fort die deutschen Sorgen. Ein Jiingling liebt ein Marchen Ein Jiingling liebt ein M archen, Die hat einen andern erwahlt; D er andre liebt eine andre Und hat sich mit dieser vermahlt. Das M adchen heiratet aus Arger Den ersten besten Mann, Der ihr ihn denn W eg gelaufen; Der Jiingling ist liber dran. Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie im m er neu; U nd wem sie ju st passieret, Dem bricht das Her/, entzwei. Am Meer Das Fraulein stand am M eere Und seufzte lang und bang, Es riihrte sie so sehre Der Sonnenuntergang. „M ein Fraulein, sei’n Sie munter, Das ist ein altes Stuck; Hier vom e geht sie unter Und kehrt von hinten zuriick." Loreley Ich weiB nicht, was soil es bedeuten, Dass ich so traurig bin; 201 Ein M archen aus alien Zeiten, Das kom m t m ir nicht aus dem Sinn. Die Luft ist kiihl und es dunkelt, Und ruhig flieBt der Rein; D er Gipfel des Berges funkelt Im Abendsonnenschein. Die schonste Jungfrau sitzet Dort oben wunderbar; Ihr goldnes G eschm eide blitzet, .Sie kam m t ihr goldenes Haar. Sie kammt es mit goldenem Kamme Und singt ein Lied dabei; Das hat cine w undersam c, G ew altige M elodei. Den Schiffer im kleinen Schiffe E rgreift es m it wildem W eh; Er schaut nicht die Eelsenriffe, Er schaut nur hinauf in die Hoh. Ich glaube, die W ellen verschlingen Am Ende Schiffer und Kahn; Und das hat mit ihrem Singen Die Lore-Ley getan. Thomas Mann Buddenbrooks. Verfall einer Familie 1. Beachten Sie folgende W orter und Redew endungen. der Unfug - bem a’ni, beo’xshov, tasqara, das A m usem ent - ermak, ovunchoq, der K andidat - nom zod 202 die Anstalt - o ’quv m uassasasi die A ufsicht haben - nazoral qilmoq, kuzatm oq, grunzen, -te, -t, - hurrak otmoq, schielend - g'ilay, die Fratze - bashara, turq, der Tannenzapfen — archa g ’uddasi (mevasi), zw inkem , -te, -t - k o ’z qism oq, pirpiratm oq, die Knallerbse - paqqildoq es hagelt - d o ’l yog’moq zusam m enbuchstabieren - hijjalab o ’qimoq, ohne zuviel Zuversicht - isbonqiram ay, ishonchsizlik bilan, aschfahl - kulrang das Schnupftuch - dastio ’mol, duzen, -te, -t - sansiramoq die R eal-U nlersekunda - ,,Real“ bilim yurtining ikkinchi bosqich o ’quvchisi die U berrum pelung - to ’satdan hujum qilmoq, 2. Lesen Sie den text, beachten Sie die stilistischen Besonderheiten. * * * Alle waren vergnugt, denn jetzt kam eine lustige Stunde, vor der sich keine Seele zu furchten brauchte, und die nichts als Unfang und A m usem ent versprach. Es war das Englische bei dem Kandidaten M odersohn, der seit ein paar W ochen probeweise in der A nstalt wirkte. Aber er hatte wenig Aussieht, engagiert zu werden, es ging allzu frohlich in seinen Stunden zu ... Einige blieben im Chem iesaale und andere gingen ins K lassenzim m er hinauf; aber auf dem Hofe brauchte jetzt niem and zu frieren, denn droben au f dem Korridor hatte schon w ahrend der Pause Herr M odersohn die Aufsicht, und der wagte keinen hinunterzuschicken. Auch gait es, Vorbereitungen zu seinem Em pfange zu treffen... Es wurde nicht einm al ein wenig stiller in der Klasse, als es zur vierten Stunde schellte. Alles schwatzte und lachte, voll Freunde auf den tanz, der nun bevorstand. G raf M olln, den K opf in beide Hande 203 gestiitzt, fuhr fort, sich niit R oderich Usher zu beschaftigen, und Hanno saB still und sah dem Spektakel zu. Einige ahm ten Tierstim m en nach. Ein Hahnenschrei zerriss die Luft, und dort hinten saB W asservogel und grunzte genau wie ein Schwein, ohne dass man sehen konnte, dass diese Leute aus seinem Innem kam en. An der W andtafel prangte eine groBe K reidezeichnung, eine schielende Fratze. Und als dann H err M odersohn eintrat, konnte er trotz der heftigsten A nstrengungen die Tiir nicht hinter sich schlieBen, weil ein dicker Tannenzapfen in der Spalte stak, der erst von A dolf Todtenhaupt entfem t w erden m u sste... D er Kandidat M odersohn w ar ein kleiner, unansehnlicher M ann, der beim G ehen eine Schulter schrag vor anschob, m it einem sauerlich verzogenen Gesicht und einem sehr diinnen schwarzen Bart. Er w ar in furchtbarer Verlegenheit. Im m er zw inkerte er m it seinen blanken Augen, zog den Atem ein und offnete den M und, als w ollte er etw as sagen. A ber er fand nicht die W orte, die notig waren. Nach drei Schritten, die er von der Tiir aus zuriickgelegt, trat er auf eine Knallerbse, die einen Larm verursachte, als habe er au f D ynam it getreten. Er fuhr heftig zusam m en, lachelte dann in seiner Not, tat als sei nichts geschehen und stellte sich vor die m ittlere Bankreihe, indem er sich nach seiner Gewohnheit, schief gebiickt, m it einer H andflache auf die vorderste Pultplatte stiitzte. A ber man kannte diese seine Lieblingsstellung, und darum hatte man diese Stelle des Tisches m it Tinte beschm iert, so dass H err M odersohn sich nun seine ganze kleine, ungeschickte Hand besudelte. Er tat, als bem erke er es nicht, legte die nasse und geschw arzte Hand auf den Riicken, und sagte m it w eicher und schw acher Stimme: „Die Ordnung in der Klasse lasst zu wiinschen iibrig.“ Hanno B uddenbrook liebte ihn in diesem A ugenblick und blickte unbew eglich in sein hilflos verzogenes Gesicht. A ber W asservogels G runzen ward im m er lauter und natiirlicher und plotzlich prasselten eine M enge Erbsen gegen die Fensterscheibe, prallten ab und fielen rasselnd ins Zim m er zuriick. „Es hagelt“, sagte jem and laut und deutlich; und H err M odersohn schien dies zu glauben, denn er zog sich ohne weiteres aufs Katheder zuriick und verlangte nach dem KJassenbuche. [...] ,,Fedderm ann“, sagte er, „wollen Sie, bitte, das G edicht aufsagen.“ ,,Fehlt!“ schrie eine M enge verschiedenartiger Stim m en. Und dabei saB Fedderm ann groB und breit an seinem Platze. [...] 204 Herr M odersohn blinzelte und buchstabierte sich einen neuen Namen zusammen. ,,W asservogel“, sagte er. ,,Verstorben!“ rief Petersen, der vom G algenhum or ergriffen worden war. H err M odersohn blinzelte abermals, er blickte um sich, verzog sauerlich den M und sah dann w ieder ins K lassenbuch, indem er mit seiner kleinen, ungeschickten Hand auf den Namen zeigte, den er nun aufrufen wollte. ,,Perlem ann“, sagte er ohne zuviel Zuversicht. „Leider dem W ahnsinn verfallen‘\ sprach Kai G raf M olln klar und fest; und unter w achsendem Hallo wurde auch dies b estatigt... Endlich fand sich einer, der w eder tot noch wahnsinnig w ar und es iibem ehm en wollte, die englischcn Verse aufzusagen. Es handelte sich um ein Gedicht, das „The m onkey" hieB. „ M onkey , little m erry fellow, Thou a rt n a tu re 's p u n ch in ello ... “ Es gab eine M enge Strophen, und der Schuler KaBbaum las sie aus seinem Buche vor. H erm M odersohn gegeniiber brauchte m an sich nicht den geringsten Zwang anzutun. Und der Larm war im m er noch arger geworden. Alle FiiBe waren in Bewegung und scharrten den staubigen Boden. Der Hahn krahte, das Schwcin grunzte, die Erbsen flogen... A uf einm al verstum mte alles. Der R ezitierende unterbrach sich. Herr M odersohn selbst richtete sich auf und lauschte. Etwas Liebliches geschah. feine und glockenreine Kliinge drangen aus dem Hintergrunde des Zim m ers und flossen suB, sinnig und zartlich in die plotzliche Stille. Es w ar eine Spieluhr, die jem and m itgebracht hatte und die „Du, du liegst m ir am H erzen" spielte, m itten in der englischen Stunde. Genau aber in dem Augenblick, da die zierliche M elodie verklang, vollzog sich 205 etw as F urchterliches... es brach iiber alle A nw esenden herein, grausam, unerwartet, iibergewaltig und lahmend. Ohne dass nam lich geklopft worden ware, offnete sich mit einem R uck die Tiir sperrangelw eit, etwas Langes und U ngeheures kam herein, stieB einen brum m enden Lippenlaut aus und stand mit einem einzigen Seitenschritt m itten vor den B an k en ... Es w ar der liebe Gott. H err M odersohn war aschfahl gew orden und zerrte den Armstuhl vom Katheder herunter, indem er ihn mit seinem Schnupftuche abwischte. Die Schuler waren em porgeschnellt wie ein M ann. Sie pressten die Arm e an die Flanken, stellten sich auf die Zehenspitzen, beugten die Kopfe und bissen sich auf die Zungen. Es herrschte tiefe Lautlosigkeit. Jem and seufzte vor Anstrengung, und dann w ar alles w ieder still. D irektor W ulicke m usterte eine W eile die salutierendcn Kolonnen. w orauf er die Arme m it den trichterform igen schm utzigen M anschetten erhob und sie m it weit gespreizten Fingem senkte, wie jem and, der voli in die Taste greift. „Setzt euch"‘, sagte er dabei m it seinem Kontrabassorgan. E r duzte jederm ann. Die Schuler versanken. Herr M odersohn zog mit zittem den Hiinden den Arm stuhl herbei, und der Direktor setzte sich zur Seite des Katheders. „Bitte nur fortzufahren“, sagte er; und das klang genauso entsetzlich, als hatte er gesagt: „W ir werden ja sehen, und wehe dem jen ig en ..." Es war klar, w arum er erscheinen war. Herr M odersohn sollte vor ihm eine Probe seiner Unterrichtskunst ablegen, sollte zeigen, was die R eal-U ntersekunde in sechs oder sieben Stunden bei ihm gelernt hatte; es gait Herrn M odersohns Existenz und Zukunft. D er Kandidat bot einen traurigen Anblick, als er wieder auf dem K atheder stand und jem anden zur W iederholung des Gedichtes „The m onkey" aufrief. Und wie bislang nur die Schuler gepriift und begutachtet worden waren, so geschah es nun gleichzeitig auch mit dem L eh rer... 206 Ah, er erging beiden Teilen schlecht! Das Erscheinen Direktor W ullickes war eine Ubcrrumpelung, und niemand, bis auf zwei oder drei, war vorbereitet. 3. Der Schriftsteller gebraucht in dieser Geschichte die Antithese, d. h. eine Gegenuberstellung von zwei verschiedenen Erscheinungen, um sie zu verdeutlichen. Finden Sie die Antithese im Auszug. Ubertragen Sie die Tabelle auf ein Blatt Papier und fiillen Sie diese aus. Beachten Sie dabei die vom Schriftsteller gewahlte Lexik. Gegeniiberstellung Lehrer Direktor AuBeres Stimme Benehmen Reaktion der Schuler 5. Stellen Sie fest, wem der Autor seine Sympathien entgegenbringt. W arum? Auf wessen Seite liegen Ihre Sympathien? Begriinden Sie Ihre Meinung. 6. W ie wiirden Sie diesen Auszug aus dem Roman betiteln? 7. Schreiben Sie bitte einen Aufsatz zum Thema: „Ein guter Lehrer von heute. Wie stelle ich ihn mir vor?“ Hermann Hesse TRACTAT VOM STEPPENWOLF Nur fur Verriickte Es war einmal einer namens Harry, genannt der Steppenwolf. Er ging auf zwei Beinen, trug Kleider und war ein Mensch, aber eigentlich war er doch eben ein Steppenwolf. Er hatte vieles von dem gelemt, was Menschen mit gutem Verstande lernen konnen, und war ein ziemlich kiuger Mann. Was er aber nicht gelem t hatte, war dies: mit sich und 207 seinem Leben zufrieden zu sein. Dies konnte er nicht, er w ar ein unzufriedener M ensch. Das kann wahrscheinlich daher, dass er im Grunde seines Herzens jederzeit wusste (oder zu wissen glaubte), dass er eigentlich gar kein M ensch, sondern ein W olf aus der Steppe sei. Es mogen sich kluge M enschen dariiber streiten, ob er nun wirklich ein W olf war, ob er einer, vielleicht schon vor seiner Geburt, aus einem W olf in einen M enschen verzaubert worden w ar oder ob er als M ensch geboren, aber mit der Seele als Stcppenw olfes begabt und von ihr besessen w ar oder aber ob dieser Glaube, dass er eigentlich ein W olf sei, bloB eine Einbildung oder K rankheit von ihm w ar Zum Beispiel ware es ja moglich dass dieser M ensch etw a in seiner Kindheit wild und unbiindig und unordentlich war, dass seine Erzieher versucht hatlen, die Bestie in ihm totzukriegen, und ihm gerade dadurch die Einbildung und den Glauben schufen, dass er in der Tat eigentlich eine B estie sei, nur m it einem diinnen Uberzug von Erziehung und M enschentum dariiber. M ann konnte hieruber lang und unterhaltend sprechen und sogar Bucher dariiber schreiben; dem Steppenw olf aber ware dam it nicht gedient, denn fur ihn w ar es ganz eincrlei, ob der W olf in ihm hineingehext oder - gepriigelt oder aber nur eine Einbildung seiner Seele sei. W as andre dariiber denken m ochten, und auch was er selbst dariiber denken mochte, das war fiir ihn nichts wert, das holte den W olf doch nicht aus ihm heraus. Der Steppenw olf hatte also zwei Naturen. eine m enschliche und eine wolfische, dies w ar sein Schicksal, und es mag wohl sein, dass dies Schicksal kein so besonderes und seltenes war. Es sollen schon viele M enschen gesehen w orden sein, welche viel vom Hund oder vom Fuchs, vom Fisch oder von der Schlange in sich hatten, ohne dass sie darum besondere Schw icrigkeiten gehabt hatten. Bei diesen M cnschen lebte eben der M ensch und der Fuchs, der M ensch und der Fisch nebeneinander her, und keiner tat der andern weh, einer half sogar dem andern, und in manchen M anne, der es weit gebracht hat und beneidet wird, w ar es m ehr der Fuchs oder Affe als der M ensch, der sein Gluck gem acht hat. Dies ist ja jederm ann bekannt. Bei Harry hingegen w ar es anders, in ihm liefen M ensch und W olf nicht nebeneinander her, und noch viel w eniger halfen sie einander, sondern sie lagen in standigen Todfeinschaft gegeneinander, und einer lebte dem andern lediglich zu Leide, und wenn Zwei in Einem Blut und Einer Seele m iteinander 208 todfeind sind, dann ist das ein iibles Leben. N un jed er hat sein Los, und leicht ist keines. Bei unsrem Steppenw olfe nun w ar es so, dass er in seinem Gefiihl zw ar bald als W olf, bald als M ensch lebte, wie es bei alien M ischw esen der Fall ist, dass aber, w enn er W o lf war, der M ensch in ihm stets zuschauend, urteilend und richtend auf der Lauer lag — und in den Zeiten, wo er M ensch war, tat der W o lf ebenso. Zum Beispiel, wenn H arry als M ensch einen schonen G edanken hatte, eine feine, edle Em pfindung fiihlte oder eine so genannte gute T at verrichtete, dann bleckte der W olf in ihm die Zahne und lachte und zeigte ihm m it blutigem Hohn, wie lacherlich dieses ganze edle Theater einem Steppentier zu G esicht stehe, einem W olf, der ja in seinem H erzen ganz genau dariiber B escheid wusste, was ihm behage, nam lich einsam durch Steppen zu traben, zuzeiten Blut zu saufen oder eine W olfm zu jagen, - und, vom W o lf aus gesehen, w urde dann jed e m enschliche Handlung schauerlich kom isch und verlegen, dum m und eitel. A ber ganz ebenso w ar es, w enn Harry sich als W olf fiihlte und benahm , w enn er andem die Zahne zeigte, wenn er Hass und Todfeinschaft gegen alle M enschen und ihre verlogenen und entarteten M anieren und Sitten fiihlte. Dann nam lich lag das M enschenteil in ihm auf der Lauer, beobachtete den W olf, nannte ihn Vieh und B estie und verdarb und vergallte ihm alle Freude an seinem einfachen, gesunden und w ilden W olfswesen. So w ar dies m it dem Steppenw olf beschaffen, und man kann sich vorstellen, dass H airy nicht gerade ein angenehm es und gliickliches Leben hatte. Doch soil dam it nicht gesagt sein, dass er in ganz besonderem Grade ungliicklich gew esen sei (obwohl es ihm selber allerdings so erschien, wie denn jed er M ensch die ihm zufallenden Leiden fur die groBten halt). M an sollte das von keinem M enschen sagen. Auch w er keinen W olf in sich hat, braucht darum nicht gliicklich zu sein. Und auch das unglucklichste Leben hat seine Sonnenstunden und seine kleinen Gliicksblumen zw ischen dem Sand und Gestein. So w ar es denn auch bei dem Steppenwolf. E r w ar m eistens sehr ungliicklich, das ist nicht zu leugnen, und ungliicklich konnte er auch andre m achen, nam lich wenn er sie liebte und sie ihn. Denn alle, die ihn lieb gew annen, sahen im m er nur die eine Seite in ihm. M anche liebten ihn als einen feinen, klugen und eigenartigen M enschen und waren dann entsetzt und enttauscht, wenn sie plotzlich den W olf in ihm entdecken mussten. Und das m ussten sie, denn Harry w ollte, wie jedes 209 W esen, als Ganzes geliebt werden und konnte darum gerade vor denen, an deren Liebe ihm viel gelegen war, den W olf nicht vergerben und wegliigen. Es gab aber auch solche, die gerade den W o lf in ihm liebten, gerade das Freie, W ilde, Unzahm bare, G efahrliche und Starke und diesen w ieder w ar es dann auBerordentlich enttauschend und jam m erlich, wenn plotzlich der wilde, bose W olf hatte , auch noch M ozart horen. Verse lesen und M enschheitsideale haben wollte. Gerade diese waren m eistens besonders enttauscht und bose, und so brachte der Steppenw olf seine eigene D oppelheit und Zw iespaltigkeit auch in alle frem den Schicksalc hinein, die er beriihte. Download Do'stlaringiz bilan baham: |
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