Nemis adabiyoti tarixi to sh k en t m u m to z so
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- Bertolt Brecht (1898-1956) Die Dreigroschenoper (1927) Die Moritat von Mackie Messer
- Die Seerauber-Jenny
- Bertolt Brecht Gegen Verfuhrung
- Der Blumengarten
- Franz Kafka (1883-1924) Vor dem Gesetz
- Eine kaiserliche Botschaft
- Der Anfbruch
- Wolfgang Borchert Das Brot (1947)
Stufen 1. Beachten Sie folgende W orter. welken, -te, -t - so ’lmoq, b o ’shashmoq, die W eisheit - donolik, donishm andlik, oqillik, die Tugend - yaxshi hislat, drohen, -te, -t - d o ’q, po’pisa qilmoq W ohlan! — O lg’a! M ag liihmender G ew ohnung sich entraffen - falajlik holatidan chiqib keta oladi 2. M achen Sie sich m it dem G edicht ,,Stufen“ bekannt. * * * W ie jede Bliite welkt und jed e Jugend D em Alter weicht, bliiht jede Lebensstufe, Bliiht jede W eisheit auch und jede Tugend Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das H erz bei jedem Lebensrufe Bereit zum A bschied sein und Neubeginne, Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern In andere, neue B indung zu geben. U nd jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, D er uns beschiitzt und der uns hilft zu leben. 210 W ir sollen heiter R aum und R aum durchschreiten, An keinem wie an einer H eim at hangen, D er W eltgeist will nicht fesseln uns und engen, Er will uns S tuf um Stufe heben, weiter. K aum sind w ir heim isch eine Lebenskreise U nd traulich eingew ohnt, so droht Erschlaffen, N ur w er bereit zum A ufbruch ist und Reise, M ag lahm ender G ew ohnung sich entraffen. Es w ird vielleicht auch noch die T odesstunde U ns neuen R aum en ju n g entgegensenden, Des Lebens R u f an uns w ird niem als enden. W ohlan dann, H erz, nim m A bschied und gesunde! 3. D as G edicht ,,Stufen“ tragt einen ausgesprochen philosophischen C xarakter, der D ichter schreibt folgendes. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschutzt und der uns hilft zu leben. Des Lebens R u f an uns wird niemals enden. W ie verstehen Sie diese W orte? Erklaren Sie es bitte. 4. Im G edicht sind folgende Verse. Wie jede Bliite welkt und jede Jugend Dem Alter weicht, bliiht jed e Lebensstufe. W elche L ebensstufen konnen Sie nennen? 5. W as ist Hirer M einung nach fur die Stufe „Jugend" cxarakteristisch? W elche A ufgaben stehen nach der M einung von H esse vor der Jugend? 6. In Schillers ,,H offnung“ geht es auch um bestim m te Lebensstufen. W odurch unterscheiden sich die H auptideen der G edichte von Schiller und H esse? A nalysieren Sie dabei die W ortw ahl d er beiden Dichter. 7. W ie ist das G edicht ,,Stufen“ Ihrer M einung nach? N ehm en Sie de T ext zu Hili'e. 211 optim istisch - lebensfiroh - idealistisch - nachdenklich - pessim istisch - traurig - philosophisch - m unter Kann m an das eindeutig sagen? 8. W arum heiBt das G edicht ,,Stufen“? W elche B edeutung hat der Titel fur die G esam tidee des G edichtes? V ergleichen Sie die Titel der G edichte von Schiller und Hesse. Bertolt Brecht (1898-1956) Die Dreigroschenoper (1927) Die Moritat von Mackie Messer Jahrmarkt in Soho Die Bettler betteln, die Diebe stehlen, die Huren huren. Ein Moritatensanger singt eine Moritat. U nd der Haifisch, der hat Zahne Und die tragt er im Gesicht U nd M acheath, der hat ein M esser Doch das M esser sieht man nicht. Ach, es sind des Haifischs Flossen Rot, w enn dieser B lut vergieBt! M ackie M esser tragt ‘nen H andschuh D rauf m an keine U ntat liest. A n der T hem se griinem W asser F allen plotzlich Leute um! Es ist w eder Pest noch C holera D och es heiBt: M acheath geht um. An ‘nem schonen blauen Sonntag Liegt ein toter M ann am Strand 212 Und ein M ensch geht um die Ecke Den man M ackie M esser nennt. Und Schm ul M eier bleibt verschwunden Und so m ancher reiche M ann Und sein G eld hat M ackie M esser Dem m an nichts bew eisen kann. Von links nach rechts geht Peachum mit Frau und Tochter tiber die BUhne spazieren. Jenny T ow ler ward gefunden M it ‘nem M esser in der Brust Und am Kai geht M ackie M esser D er von allem nicht gewusst. W o ist A lfons Glite, der Fuhrherr? Kom m t das je ans Sonnenlicht? W er es im m er wissen konnte - M ackie M esser weiB es nicht. Und das groBe Feuer in Soho Sieben K inder und ein Greis - In der M enge M ackie M esser, den M an nicht fragt und der nichts weiB. Und die m inderjahrige W itw e deren Nam en jed er weiB W achte auf und w ar geschandet - M ackie, w elches war dein Preis? Unter den Huren ein Gelachter, und aus ihrer Mitte lost sich ein Mensch und geht rasch iiber den ganzeti Platz weg. 213 Die Seerauber-Jenny M eine Herren, heute sehen Sie mich G laser abwaschen Und ich m ache das Bett fur jeden. U nd sie geben m ir einen Penny und ich bedanke mich schnell Und sie sehen m eine Lum pen und dies lumpige Hotel Und sie wissen nicht, mit wem sie reden A ber eines Abends wird ein Geschrei sein am Hafen U nd man fragt: W as ist das fur ein Geschrei? Und man wird mich lacheln sehen bei meinen G lasem Und man sagt: Was lachelt die dabei? Und ein S chiff mit acht Segeln U nd mit fiinfzige Kanonen W ird liegen am Kai. M an sagt: Geh, wisch deine Glaser, mein Kind Und man reicht m ir den Penny hin. Und der Penny wird genom m en, und das B ett wird gem acht! (Es wird keiner m ehr drin schlafen in dieser Nacht.) Und sie wissen im m er noch nicht, w er ich bin. A ber eines Abends wird ein Getos sein am Hafen Und man fragt: W as ist das fiir ein Getos? Und man wird mich stehen sehen hinterm Fenster Und man sagt: Was lachelt die so bos? Und das S chiff mit acht Segeln Und mit fiinfzige Kanonen W ird beschieBen die Stadt. M eine Herren, da wird wohl ihr Lachen aufhoren Denn die M auem werden fallen hin Und die Stadt wird gemachl dem Erdboden gleich N ur ein lum piges Hotel wird verschont von jedem Streich Und man fragt: W er wohnt Besonderer darin? Und in dieser Nacht wird ein Geschrei um das Hotel sein Und man fragt: W arum wird das Hotel verschont? Und man wird mich sehen treten aus der Tiir gen M orgen Und man sagt: Die hat darin gew ohnt? 214 Und das S chiff mit acht Segeln Und mit ftinfzige Kanonen W ird beflaggen den Mast. Und es werden kom m en hundert gen M ittag an Land Und werden in Schatten treten Und fangen einen jeglichen aus jeglicher Tur Und legen ihn in Ketten und bringen vor mir Und fragen: W elchen sollen wir toten? Und an diesem M ittag wird es still sein am Hafen W enn man fragt, wer wohl sterben muss. Und dann werden Sie mich sagen horen: Alle! Und wenn dann der K opf fallt, sag ich: Hoppla! Und ein Schiff mit acht Segeln Und mit fiinfzige Kanonen W ird entschw inden mit mir. 215 Bertolt Brecht Gegen Verfuhrung 1. Beachten Sie folgende W orter. die W iederkehr - qaytish verftihren, -te, -t - y o ’ldan urm oq, boshini aylantirm oq betriigen, о, о - aldam oq genugen, -te, - t - yetarli bo'lm oq vertrosten, -ete, -et, - ishontirm oq der M oder - m og’or, p o ’panak (yom onlik nishonasi) die Erlosten - ozod etilganlar, halos etilganlar, der E rloser - haloskor Schliirft er schnellen Ztigen! - yutoqib iching! Zu Fron und A u s g e z e h r- m ardikorlik va ozib -to ’zishga 2. lesen Sie den Text, beachten Sie die stilistischen Besonderheiten: Rhythm us, W ortfolge, A usrufezeichen, M etaphern. * * * Lasst euch nicht verfiihren! Es gibt keine W iederkehr. D er Tag steht in den Tiiren; Thr konnt schon den Nachtw ind spiiren: Es kom m t kein M orgen mehr. Lasst euch nicht betriigen! Das Leben wenig ist, Schliirft es in schnellen Ziigen! Es wird euch nicht genugen, W enn ihr es lassen miisst! Lasst euch nicht vertro sten ! Ihr habt nicht zu viel Zeit! Lasst M oder den Erlosten! Das Leben ist am groBten; Es steht nicht m ehr bereit. 216 Lasst euch nicht verfiihren Zu Fron und Ausgezehr! W as kann euch Angst noch riihren? Ihr sterbt mit alien Tieren Und es kom m t nichts nachher. 3. V ersuchen Sie zu bestim men: W en spricht B. Brecht an? W ein sagt er: „Lasst euch nicht verfiihren11? 4. Suchcn Sie bitte im Text des G edichtes die Stellen, wo der D ichter erkliirt, warum man sich nicht verfiihren lassen soil. 5. Denken Sie bitte nach. W ie erklart der D ichter dem Leser, dass das Leben sehr kurz ist? nehm en Sie den Text zu Hilfe. 6. W elche stilistischen Besonderheiten haben Sie bem erkt? W oran sieht man, dass G edicht aus unserer Zeit stam m t? 7. Analysieren Sie bitte die Stim m ung des Gedichtes. V ersuchen Sie bitte, logische V erbindungen festzustellen. Der Blumengarten Und hier ein anderes Beispiel Brechts lyrisch Schaffens. Das G edicht ist den „B uckow er E legien1' entnomm en. 1. Lesen Sie das Gedicht und merken Sie sich stilistische B esonderheiten. * * * Am See, tief zw ischen Tann und Silberpappel B eschirm t von M auer und G estrauch ein Garten So w eise angelegt m it m onatlichen Blum en Dass er vom M arz bis zum O ktober bliiht. Hier, in der Friih, nicht allzu haufig, sitz ich Und wiinsche mir, auch ich m og allezeit In den verschiedenen W ettem , guten, schlechten Dies oder jenes A ngenehm e zeigen. 2. W as ist der H auptgedanke des G edichtes? 217 Franz Kafka (1883-1924) Vor dem Gesetz Vor dem G esetz steht ein Tiirhiiter. Zu diesem Tiirhiiter kom m t ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. A ber der Turhiiter sagt, dass er ihm jetzt den Eintritt nicht gew ahren konne. D er Mann iiberlegt und fragt dann, ob er also spater werde eintreten diirfen. „Es ist m oglich“, sagt der Tiirhiiter, „jetzt aber“. D a das Tor zum Gesetz offen steht wie im m er und der Tiirhiiter beiseite tritt, biickte sich der M ann, um durch das Tor in das Innere zu sehen. Als der Tiirhiiter das m erkt, lacht er sagt: „W enn es dich so lockt. versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehen. M erke aber: Ich bin m achtig. U nd ich bin nur der unterste Turhiiter. Von Saal zu Saal stehn aber Tiirhiiter, einer m achtiger als der andere. Schon den Anblick des Dritten kann nicht einm al ich m ehr ertragen.“ Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet; das G esetz soli doch jedem und im m er zuganglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Turhiiter in seinem Pelzm antel genauer ansieht, seine groBe Spitznase, den langen, diinnen, schwarzen tatarischcn Bart, entschlieBt er sich, doch lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekomm t. D er Turhiiter gibt ihm einen Schemel und lasst ihn seitwarts von der Tiir sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er m acht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermiidet den Tiirhiiter durch seine Bitten. Der Tiirhiiter Stellt ofters kleine Verhore m it ihm an, fragt ihn iiber seine Heim at aus und nach vielem andern, es sind aber teilnahm slose Fragen, wie sie groBe Herren stellen, und zum Schlusse sagt er ihm im m er wieder, dass er ihn noch nicht einlassen konne. D er M ann, der sich fur seine reise m it vielem ausgeriistet hat, verw endet alles, und sei es noch so wertvoll, um den Tiirhiiter zu bestechen. D ieser nim mt zw ar alles an, aber sagt dabei: „Ich nehm e es nur an, dam it du nicht glaubst, etw as versaum t zu haben.“ W ahrend der vielen Jahre beobachtet der M ann den Tiirhiiter fast ununterbrochen. Er vergisst die anderen Tiirhiiter und dieser erste scheint ihm das einzige H indem is fur den Eintritt in das Gesetz. V erflucht den ungliicklichen Zufall, in den ersten Jahren und laut, spater, als er alt wird, brum m t er nur noch vor sich hin. E r wird kindisch, und, da er in dem jahrelangen Studium des Tiirhiiters auch die 218 Flohe in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die FI о he, ihm zu helfen und den Tiirhiiter um zustimm en. SchlieBlich wird sein Augenlicht schwach, und er weiB nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird, oder ob ihn nur seine Augen tauschen. W ohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverloschlich aus der Tiire des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht m ehr lange. Vor seinem Tode sam m eln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen der ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den Tiirhiiter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden Korper nicht m ehr aufrichten kami. der Tiirhiiter muss sich tief zu ihm hinuntem eigen, denn der GroBenunterschied hat sich sehr zu Ungunsten des M annes verandert. „W as w illst du denn jetzt noch w issen?“ fragt der Tiirhiiter, ,,du bist unersattlich.“ „Alle streben doch nach dem G esetz," sagt der M ann, „wieso kom m t es, dass in den vielen Jahren niem and auBer mir Einlass verlangt hat?“ D er Tiirhiiter erkennt, dass der M ann schon an seinem Ende ist, und, um sein vergehendes G ehor noch zu erreichen briillt er ihn an: „H ier konnte niem and sonst Einlass erhalten, denn dieser Eingang w ar nur fur dich bestim m. Ich gehe jetzt und schlieBe ihn.“ Eine kaiserliche Botschaft Der Kaiser - so heiBt es - hat dir, dem Einzelnen, dem jam m erlichen Untertanen, dem winzig vor der kaiserlichen Sonne in die fem ste Fem e gefliichteten Schatten, gerade dir hat der K aiser von seinem Sterbebett aus eine B otschaft gesendet. Den Boten hat er beim Bett niederknien lassen und ihm die B otschaft ins O hr geflustert; so sehr war ihm an ihr gelegen, dass er sich sie noch ins Ohr wiedersagen lieB. Durch Kopfnicken hat er die R ichtigkeit des Gesagten bestatigt. Und vor der ganzen Zuschauerschaft seines Todes - alle hindernden W ande werden niedergebrochen und auf den weit und hoch sich schwingenden Freitreppen stehen im Ring die GroBen des Reiches - vor alien diesen hat er den Boten abgefertigt. Der Bote hat sich gleich au f den W eg gemacht; ein kraftiger, ein unermiidlicher M ann; einmal diesen einmal den andem Arm vorstreckend schafft er sich Bahn durch die M enge; findet er W iderstand, zeigt er au f die Brust, wo das Zeichen der Sonne ist; er kom m t auch leicht vorwarts, wie kein anderer. Aber die M enge ist so groB; ihre W ohnstatten nehm en kein Ende. Offnete sich freies Feld, wie wiirde er fliegen und bald wohl hortest du das herrliche Schlagen 219 seiner Fauste an deiner Tiir. A ber statt dcssen, wie nutzlos miiht er sich ab; im m er noch zwiingt er sich durch die G em acher des innersten Palastes; niem als wird er sie iiberwinden; und gelange ihm dies, nichts ware gew onnen; die Treppen hinab m usste er sich kam pfen; und gelange ihm dies, nichts ware gew onnen; die Hofe wiiren zu durchm essen; und nach den Hofen der zweite umschlieBende Palast; und w ieder Treppen und Hofe; und wieder ein Palast; und so weiter durch Jahrtausende; und stiirzte er endlich aus dem iiuBerstem T or — aber niem als, niem als kann es geschehen -, liegt erst die Residenzstadt vor ihm , die Mitte der W elt, hochgeschiittet voll ihres Bodensatzes. Niem and dringt hier durch und gar mit der Botschaft eines Toten. - Du aber sitzt an deinem Fenster und ertraum st sie dir, wenn der Abend kom m l. Der Anfbruch Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen. Der D iener verstand mich nicht. Ich ging selbst in den Stall, sattelte mein Pferd und bestieg es. In der Fem e horte ich eine Trom pete Blasen, ich fragte ihn, was das bedeute. Er wusste nichts und hatte nichts gehort. Beim Tore hielt er m ich auf und fragte: „W ohin reitest du, H err?“ „Ich weiB es nicht", sagte ich, „nur weg von hier, nur weg von hier. Om m erfort weg von hier, nur so kann ich m ein Ziel erreichen." „Du kennst also dein Ziel?" fragte er. ,,Ja“, antw ortete ich, „ich sagte es doch: W eg-von-hier, das ist m ein Z iel.“ „Du hast keinen Essvorrat m it“, sagte er. „Ich brauche keinen", sagte ich, „die Reise ist so lang, dass ich verhungem muss, wenn ich au f dem W eg nichts bekomm e. Kein Essvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Gliick eine wahrhaft ungeheuere R eise.“ 220 Wolfgang Borchert Das Brot (1947) Plotzlich wachte sie auf. es war halb drei. Sie uberlegte, warum sie aufgew acht war. Ach so! In der Kiiche hatte jem and gegen einen Stuhl gestoBen. Sie horchte nach der Kiiche. Es war still. Es war zu still, und als sie m it der Hand iiber das Bett neben sich fuhr, fand sie es leer. Das war es, was es so besonders still gem acht hatte: sein Atem fehlte. Sie stand auf und tappte durch die dunkle W ohnung zur Kiiche. In der Kiiche trafen sie sich. Die Uhr war halb drei. Sie sah etwas WeiBes am Kuchenschrank stehen. Sie machte Licht. Sie standen sich im Hemd gegeniiber. Nachts. Um halb drei. In der Kiiche. A uf dem Kiichentisch stand der Brutteller. Sie sah, dass er sich Brot abgeschnitten hatte. Das M esser lag noch neben dem Teller. Und auf der Decke lagen Brotkriimel. W enn sie A bend zu Bett gingen, machte sie im m er das Tischtuch sauber. Jeden Abend. A ber nun lagen Kriimel auf dem Tuch. Und das M esser lag da. Sie fiihlte, wie die Kelte der Fliesen langsam an ihr hoch kroch. Und sie sah von dem T eller weg. „Ich dachte, hier ware w as11, sagte er und sah in der Kiiche umher. „Ich habe auch etwas gehort“, antwortete sie, und dabei fand sie, dass er nachts im Hemd doch schon recht alt aussah. So alt wie er war. Dreiundsechzig. Tagsiiber sah er m anchm al jiinger aus. Sie sieht doch schon alt aus, dachte er, im Hemd sieht sie doch ziem lich alt aus. Aber das liegt vielleicht an den Haaren. Bei den Frauen liegt das Nachts im m er an den Haaren. Die m achen dann auf einm al so alt. „Du hattest Schuhe anziehen sollen. So barfuss au f den kalten Fliesen. Du erkaltest dich noch.“ Sie sah ihn nicht an, weil sie nicht ertragen konnte, dass er log. Dass er log, nachdem sie neununddreiBig Jahre verheiratet waren. „Ich dachte, hier ware w as“, sagte er noch einm al und sah wieder so sinnlos von einer Ecke in die andere, „ich horte hier was. Das dachte ich, hier ware w as.“ „Ich hab auch was gehort. A ber es war wohl nichts.“ Sie stellte den Teller vom Tisch und schnippte die Kriimel von der Decke. „Nein, es war wohl nichts“, echote er unsicher. 221 Sie kam ihm zu Hilfe: „K om m man. Das w;ir wohl drauBen. Komm man zu Bett. Du erkiiltest dich noch. A uf den kalten Fliesen." Er sah zum Fenster hin. ,,Ja, das muss wohl drauBen gew esen sein. Ich dachte, es ware hier.“ Sie hob die Hand zum Lichtschalter. Ich muss das Licht ausm achen, sonst muss ich nach dem T eller sehen, dachte sie. Ich darf doch nicht nach dem T eller sehen. „K omm m an", sagte sie und m achte das Licht aus, „das war wohl drauBen. Die Dachrinne schlagt im m er bei W ind gegen die W and. Es w ar sicher die Dachrinne. Bei W ind klappert sie immer. “ Sie tappten sich beide iiber den dunklen K orridor zum Schlafzim m er. Ihre nackten FiiBe platschten auf den FuBboden. „W ind ist j a “, meinte er, „W ind war schon die ganze N acht.“ Als sie im Bettlagen, sagte sie: ,,Ja, W ind w ar schon die ganze Nacht. Es war wohl die D achrinne.“ ,,Ja, ich dachte, es ware in der Kiiche. Es war wohl die D achrinne er sagte das, als ob er schon halb im Schlaf w are." Aber sie m erkte, wie unecht seine Stim m e klang, wenn er log. „Es ist kalt“, sagte sie und gahnte leise, „ich krieche unter die Decke. G ute N acht." „N acht", antw ortete er und noch: „Ja, kalt ist es schon ganz schon." Dann w ar es still. Nach vielen M inuten horte sie, dass er leise und vorsichtig kaute. Sie atm ete absichtlich tief und gleichmiiBig, dam it er nicht m erken sollte, dass sie noch wach war. Aber sein Kauen w ar so regelmiiBig, dass sie davon langsam einschlief. Als er am niichsten Abend nach Hause kam, schob sie ihm vier Scheiben B rot hin. Sonst hatte er im m er nur drei essen konnen. „Du kannst ruhig vier essen", sagte sie und ging von der Lam pe weg. „Ich kann dieses Brot nicht vertragen. Isst du man eine mehr. Ich vertrage es nicht so gut." Sie sah, wie er sich tief iiber den Teller beugte. Er sah nicht auf. In diesem A ugenblick tat er ihr leid. „Du kannst doch nicht nur zwei Scheiben essen", sagte er au f seinen Teller. „Doch. Abends vertrage ich das Brot nicht gut. IB man. IB m an." Erst nach einer W eile setzte sie sich unter die Lampe an den Tisch. 222 |
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